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Ostafrika
Neue Klausel eingefügt: LGBTI in Uganda droht Todesstrafe
Das neue queerfeindliche Gesetz in Uganda sieht bei "schweren" Vergehen sogar die Todesstrafe vor. Die US-Regierung erwägt bei Unterzeichnung durch Präsident Yoweri Museveni wirtschaftliche Sanktionen.

"Der beste Weg ist, dieses Land zu verlassen": Queere Geflüchtete aus Uganda ín einem Camp in Kenia (Bild: IMAGO / ZUMA Wire)
- 23. März 2023, 02:50h 3 Min.
Nach einer chaotischen Parlamentsdebatte bis in die späten Nachtstunden war klar: Uganda hat ein neues Anti-LGBTI-Gesetz. Und das hat es in sich: Queere Menschen, die sich "schwerer" Vergehen schuldig machen, droht im schlimmsten Fall die Todesstrafe. Welche Vergehen im Detail darunter fallen, konkretisierten die Parlamentarier*innen nicht. Auch Personen, die wissentlich mutmaßlich homosexuelle Personen beherbergen, medizinisch versorgen oder ihnen Rechtsbeistand leisten, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden (queer.de berichtete).
Wie aufgeheizt die Stimmung in Uganda ist, zeigte das Verhalten der Parlamentarier*innen während der Aussprache am Dienstag. Eine Parlamentarierin forderte: "Homosexuals should be castrated." Im Englischen kann dies sowohl bedeuten, Homosexuelle zu sterilisieren als auch zu kastrieren. Fox Odoi-Oywelowo, einer der wenigen Abgeordneten, die Kritik an dem Gesetz äußerten, wurde von seinen Kolleg*innen ausgepfiffen. In einer früheren Version des Gesetzes war die Todesstrafe noch nicht vorgesehen, während der Parlamentsdebatte wurde eine entsprechende Klausel jedoch noch spontan aufgenommen.
Hetze gegen LGBTI an der Tagesordnung
In dem ostafrikanischen Land mit rund 45 Millionen Einwohner*innen ist Hetze gegen queere Menschen an der Tagesordnung. Religiöse und politische Führer*innen überbieten sich teilweise mit homophoben Äußerungen – schon lange vor Verabschiedung des Gesetzes. Obwohl es schon jetzt Anti-Homosexuellengesetze gibt, greift das neue Gesetz noch deutlich mehr in die Privatsphäre ein.
Sam Ganafa, Leiter der ugandischen LGBTI-Gruppe Spectrum ruft die Mitglieder der queeren Community jetzt zu Vorsicht auf: "Jeder ruft nach unserer Verfolgung. Mitglieder des muslimischen Glaubens rufen sogar zu unserem Tod auf." Schon jetzt verlören Schwule und Lesben ihre Arbeit oder seien obdachlos, weil Vermieter*innen sie wegschicken. Jetzt würden die Angriffe noch zunehmen.
"Mit diesem Gesetz bleibt uns nichts anderes übrig als Angst und Gefahr. Der beste Weg ist, dieses Land zu verlassen", sagte eine 23-jährige trans Frau am Mittwoch der dpa. Vor zwei Wochen wurde sie von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen, die ihr drohten, ihre Hoden zu entfernen, um sie "zu einer richtigen Frau zu machen".
Präsident steht hinter dem Gesetz
In Kraft tritt das Gesetz zwar erst, wenn es Ugandas Langzeitpräsident Yoweri Museveni unterzeichnet. Sein Wohlwollen hat der 78-Jährige im Vorfeld der Verabschiedung jedoch bereits kundgetan. Bei früheren Gesetzen wie etwa 2021 hatte Museveni noch sein Veto gesetzt, weil er Kritik aus dem Westen fürchtete (queer.de berichtete). Ein 2013 verabschiedetes Gesetz, das ebenfalls die Todesstrafe vorsah, kassierte das oberste Gericht in Uganda wegen eines Verfahrensfehlers wieder ein (queer.de berichtete).
Kritik aus dem Ausland kam von Human Rights Watch und dem UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk, der das Gesetz als eines der "schlimmsten seiner Art in der Welt" bezeichnete (queer.de berichtete). Auch die Europäische Union zeigte sich in einer Stellungnahme tief besorgt. "Die EU lehnt die Todesstrafe unter allen Umständen ab", sagte ein Sprecher des Außenbeauftragten Josep Borrell.
USA erwägen Sanktionen gegen Uganda
Die US-Regierung erwägt wegen des in Uganda verabschiedeten Anti-LGBTI-Gesetzes wirtschaftliche Sanktionen gegen das Land. Wenn das Gesetz tatsächlich in Kraft trete, müsse man sich überlegen, ob man wirtschaftliche Konsequenzen ziehen müsse, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Mittwoch.
Man sei wegen der Verabschiedung des Gesetzes äußerst besorgt, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Es würde die universellen Menschenrechte einschränken, den Fortschritt im Kampf gegen HIV und die Immunschwächekrankheit Aids aufs Spiel setzen und den internationalen Ruf Ugandas beschädigen. (cw/dpa)
