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ILGA World
Datenbank zur weltweiten LGBTI-Rechtslage veröffentlicht
Sind lesbische Kontakte im Iran illegal? Was muss man in Florida tun, um seinen Geschlechtseintrag zu ändern? Und wo auf der Welt ist "Konversionstherapie" verboten? Eine ILGA-Karte zeigt es.

Diese Karte zeigt die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Kontakte auf der Welt (Bild: ILGA)
24. März 2023, 11:47h - 4 Min. Von
Die ILGA, die sich inzwischen ausgeschrieben "International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association" nennt, ist ein international zu den Menschenrechten von LGBTI arbeitender Zusammenschluss.
Oft arbeitet sie mit Institutionen der Vereinten Nationen oder überstaatlichen Menschenrechtsgerichtshöfen zusammen, um die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten auf der ganzen Welt zu erkämpfen. Gegründet wurde die NGO bereits 1978, stammt also aus der Frühzeit der Regenbogenbewegung seit den Kämpfen um das Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street.
Um diesen internationalen Kampf weiter zu erleichtern, haben die ILGA-Leute nun eine Webseite mit einer Datenbank veröffentlicht, die die LGBTI-Rechtslage in allen Staaten auf einheitliche und übersichtliche Weise abbildet.
Suche nach Themengebieten
Einzelne rechtliche Aspekte lassen sich durch die Datenbank auf übersichtlichen Karten anzeigen. Diese Karten können dann wiederum exportiert und zum Beispiel für die Berichterstattung genutzt werden. So sieht etwa die globale Situation zur Beschränkung des Ausdrucks und der Kleidung aus, bei ILGA "freedom of expression" genannt:

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Auch die Frage der staatlichen Anerkennung der geschlechtlichen Identität transgeschlechtlicher Menschen ist enthalten. Die Karte hierzu:

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Weitere Themengebiete, nach denen die ILGA die LGBTI-Rechtslage auffächert, sind etwa die Kinderadoption gleichgeschlechtlicher Paare, Verbote von geschlechtszuweisenden Operationen intergeschlechtlicher Kinder, Verbote von Konversionstherapien, Diskriminierungsschutz in unterschiedlichen Gebieten oder Gesetze zu Hasskriminalität.
Suche nach Ländern
Möchte man die Rechtslage in einem bestimmten Land angezeigt bekommen, lässt sich mit einem Klick auf das Land eben diese anzeigen – aufgefächert nach den genannten Themengebieten. Hinzu kommen Verweise auf die aktuelle Nachrichtenlage aus dem Land.
So lässt sich über den Iran schnell herausfinden, dass gleichgeschlechtliche Kontakte dort illegal sind, zuletzt durch eine rechtliche Ergänzung bestärkt im Jahre 2013. Ein Erklärungstext geht auf die Geschichte und Details der Verfolgung ein. Daraus geht hervor, dass sowohl der gleichgeschlechtliche Kontakt von Männern wie Frauen illegalisiert ist.
Als "livat" versteht die iranische Gesetzeslage demnach etwa "penetration of a man's sex organ (penis), up to the point of circumcision, into another male person's anus", während "musaheqeh" definiert ist als "where a female person puts her sex organ on the sex organ of another person of the same sex". Außerdem kennt der Iran die Todesstrafe für homosexuelle Menschen.
Was die Nachrichtenlage anbelangt, erfahren wir, dass im Iran zuletzt eine queere Aktivistin aus der Haft freigelassen worden ist. Die EU hatte sowohl ihre als auch die Freilassung einer anderen Frau gefordert. Die Nachricht stammt vom 17. März diesen Jahres. Bei der Freigelassenen handelt es sich übrigens um die Lesbe Sareh Sedighi Hamedan (queer.de berichtete).
Über Spanien erfährt man hinsichtlich der staatlichen Anerkennung transgeschlechtlicher Menschen, dass es diese seit 2007 gibt. Ein Self-ID-Gesetz gibt es auch, und zwar seit 2023 (queer.de berichtete). Demnach sind weder Diagnosen, Hormonbehandlungen, Operationen, Sterilisationen, Alltagstests, Gutachten, Zeug*innen, Scheidungen und Kinderlosigkeit erforderlich, um in Spanien das rechtliche Geschlecht ändern zu können.
Allerdings ist die Spalte für Geschlechtsmarker für nichtbinäre Menschen nicht hellblau wie die anderen, sondern nur gelb: Die Möglichkeit einer solchen Anerkennung variiert. Ein Info-Icon gibt eine kurze Erklärung: Demnach ermöglichen einige autonome Kommunen die nichtbinäre Registrierung, aber nicht der ganze Staat.
Such nach Bundesstaaten
Doch die ILGA-Datenbank enthält nicht nur Wissen zu den Staaten. Sie unterteilt die Staaten auch jeweils in ihre Bundesstaaten, Föderationsgebiete oder Regionen. Dass das wichtig ist, lässt sich erahnen, wenn man an die Lage in den Vereinigten Staaten denkt, wo republikanisch regierte Bundesstaaten gegenwärtig eine kaum zu überblickende Fülle an Einzelgesetzen einbringen und verabschieden.
Die Übersicht darüber, welche US-Bundesstaaten sogenannte Konversionstherapien verbieten, ergibt etwa dieses Ergebnis:

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Und wer wissen möchte, in welchen Staaten sich die Gesetzgeber*innen welche Gemeinheiten ausgedacht haben, um transgeschlechtliche Personen dahingehend zu überprüfen, ob sie wirklich trans sind, bevor sie ihren Geschlechtseintrag ändern dürfen, kann das ebenfalls tun:

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Doch die Föderal-Ansicht ist nicht nur in den USA möglich, sondern generell für alle Staaten. Außerdem enthält die Datenbank Wissen zu internationalen Menschenrechtsverträgen und weiteren Mechanismen der Menschenrechtsarbeit auf UN-Ebene. So könnte das Tool durchaus zu einer nützlichen Hilfestellung für die Arbeit von LGBTI-Menschenrechtsvereinen und -Aktivist*innen, Journalist*innen, Forscher*innen und Studierenden werden, und zwar auf der ganzen Welt. Oder einfach nur interessant für Neugierige.
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Links zum Thema:
» Die Datenbank der ILGA World