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Ab Donnerstag im Kino

Kaiserin Sisi aus moderner queerer Perspektive

Frauke Finsterwalder erzählt in ihrem zweiten Spielfilm "Sisi & Ich" mal derb, mal feinfühlig vom Schicksal der österreichischen Kaiserin Elisabeth und der Beziehung zu einer ihrer Hofdamen.


Gräfin Irma (Sandra Hüller, li.) verliebt sich Hals über Kopf in die mitreißend charismatische Sisi (Susanne Wolff) und ihre modernen Ideen (Bild: DCM / Bernd Spauke)

Kaum eine Besprechung zu einer der aktuellen Sisi-Produktionen kommt ohne den Verweis auf die Marischka-Trilogie aus den 1950ern aus: Egal ob Marie Kreutzers "Corsage", die Serien "Sisi" und "Die Kaiserin" oder nun "Sisi & Ich" – immer gilt es, zu prüfen, wie die neuen Geschichten den filmischen Mythos der "Sissi"-Reihe aktualisieren und durchbrechen können.

Bei all den Hinweisen auf weibliche Selbstermächtigung, Kritik am Patriarchat und Masturbationsszenen fällt da manchmal unter den Tisch, dass das Bild der österreichischen Kaiserin in Film und Literatur längst viel komplexer und lebendiger ist, als es der ständige Fokus auf Marischkas Schnulzen nahelegt – man denke nur an Romy Schneiders Darstellung einer desillusionierten Elisabeth in Luchino Viscontis "Ludwig II." von 1973. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Film wie "Corsage" mit seinen ahistorischen Selbstermächtigungsgesten (das Haareabschneiden, der ausgestreckte Mittelfinger etc.) vielleicht gar nicht mehr so wagemutig und bahnbrechend, sondern vor allem plakativ und ein wenig bemüht.

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Komisch und wunderbar fotografiert


Poster zum Film: "Sisi & Ich" startet am 30. März 2023 bundesweit in den Kinos

Frauke Finsterwalders "Sisi & Ich" blickt nun ebenfalls aus einer betont zeitgemäßen Perspektive auf das Leben Elisabeths und setzt bei der Inszenierung ganz auf Anachronismen (auf dem Soundtrack sind unter anderem Nico und Le Tigre zu hören). Basierend auf dem Drehbuch von Finsterwalder und ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Christian Kracht ("Faserland"), wird die Geschichte der ungarischen Gräfin Irma von Sztáray erzählt, die zur Hofdame Sisis ernannt wird und zu diesem Zweck nach Griechenland reist. Hier residiert die Kaiserin zurückgezogen und abseits der beengenden höfischen Etikette im Kreis ihrer engsten Vertrauten. Auch Irma kann nach und nach die Gunst Elisabeths gewinnen, und so entwickelt sich eine komplexe, von homo­erotischen Zwischentönen geprägte Beziehung zwischen den Frauen.

Zehn Jahre liegen zwischen Finsterwalders gelungenem Erstling "Finsterworld" und ihrem zweiten Spielfilm. Vor allem die erste Hälfte von "Sisi & Ich" schließt dabei an den sarkastischen Ton und den genauen Blick auf Absurditäten von "Finsterworld" an. Der Film ist dabei nicht nur komisch, sondern auch wunderbar fotografiert: Kameramann Thomas Kiennast fängt die Drehorte in Malta, Bayern und Wien in mitunter betörenden Bildern ein.

Zwischen Aufbruch und alten Mustern

Herausragend sind auch die Darsteller*innen: Susanne Wolff gibt die charismatische Kaiserin und Georg Friedrich ihren schwulen Schwager Erzherzog Viktor von Österreich. Das Herz des Films ist jedoch die Figur Irma, die Sandra Hüller ("Toni Erdmann") mit abseitigem Humor und entwaffnender Naivität verkörpert. Vor allem ihr ist es zu verdanken, dass man der Geschichte auch noch folgt, wenn die Leichtigkeit des Anfangs aufgegeben wird und Finsterwalder menschliche Abgründe erkundet. Diese ernsthaftere zweite Hälfte von "Sisi & Ich" wirkt im Vergleich recht konventionell und verliert sich ein wenig in melodramatischen Klischees. Erst zum Finale hin gelingt es Finsterwalder, den überzeichneten Figuren doch noch nahezukommen.

So bleibt am Ende ein interessanter, sehenswerter Film, der wie seine Protagonistinnen nur mit Mühe zu sich selbst findet und zu hin- und hergerissen ist zwischen Aufbruchsstimmung und alten Mustern, um wirklich voranzukommen.

Direktlink | Offizieller Trailer zum Film
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Infos zum Film

Sisi & Ich. Drama. Deutschland, Schweiz, Österreich 2023. Regie: Frauke Finsterwalder. Cast: Sandra Hüller, Susanne Wolff, Georg Friedrich, Tom Rhys Harries, Markus Schleinzer, Sophie Hutter, Angela Winkler. Laufzeit: 132 Minuten. Sprache: deutsche Originalfassung. FSK 12. Verleih: DCM. Kinostart: 30. März 2023
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