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Neuer Regierungschef
Schottland: Liberaler Muslim schlägt queerfeindliche Christin
Die schottische LGBTI-Community hatte ihren Atem angehalten: Gesundheitsminister Humza Yousaf lieferte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Kate Forbes, die nichts von heiratenden Homosexuellen oder selbstbestimmten trans Menschen hält.

Humza Yousaf wird wohl am Dienstag zum "First Minister" in Schottland gewählt (Bild: Scottish Government)
- 27. März 2023, 16:11h 3 Min.
Humza Yousaf hat sich bei der Urwahl zum Vorsitz der Schottischen Nationalpartei durchgesetzt: Der 37-jährige Landesgesundheitsminister gewann gegen seine beiden Gegenkandidatinnen – Finanzministerin Kate Forbes und die frühere Ministerin für Gemeinschaftssicherheit, Ash Regan. Die Wahl wurde notwendig, nachdem die bisherige SNP-Chefin und schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon vergangenen Monat ihren Rücktritt erklärt hatte (queer.de berichtete). Yousaf gilt nach seiner Wahl auch als designierter Regierungschef.
Die Wahl zum "First Minister" wird voraussichtlich am Dienstag im schottischen Parlament stattfinden – dort regiert die SNP in einer Koalition mit der Liberaldemokratischen Partei. Die Urwahl war auch von LGBTI-Aktivist*innen mit Spannung erwartet worden, da Yousaf im Gegensatz zu seinen Mitbewerberinnen als queerfreundlich gilt.
52 zu 48
Nach Angaben der SNP beteiligten sich 70 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder an der Urwahl, die mit integrierter Stichwahl stattfand – die Mitglieder konnten also ihren Favoriten oder ihre Favoritin angeben und gleichzeitig nennen, wenn sie am zweitbesten bewerteten. Yousaf erreichte in der ersten Präferenz zunächst 48 Prozent, Forbes kam auf 41 Prozent und Regan auf elf Prozent. Nachdem die zweiten Präferenzen von Regan-Anhänger*innen ausgezählt wurden, entschieden sich schließlich 52 Prozent für Yousaf und 48 Prozent für Forbes.
Twitter / theSNP@HumzaYousaf won the leadership election with 52.1% of the votes in the second round, with @KateForbes on 47.9%.
The SNP (@theSNP) March 27, 2023
See the full breakdown of the election result here: https://t.co/A3XxGbLrH7#SNPLeadership23 pic.twitter.com/rneY7jZ3rE
Letzten Monat hatte bei einer Umfrage unter SNP-Mitgliedern Forbes noch vor Yousaf gelegen (queer.de berichtete).
Yousaf ist ein gläubiger Muslim, der seit 2011 Mitglied des schottischen Regionalparlaments ist. Er betonte stets, dass er politische Fragen nicht nach seinem religiösen Glauben treffe. In der Vergangenheit unterstützte er sowohl die Ehe für alle als auch das Selbstbestimmungsgesetz für trans Menschen, das im Januar als erstes Gesetz von der Londoner Zentralregierung mit einem Veto gestoppt worden war.
Seine schärfste Herausforderin Forbes ist dagegen eine evangelikale Christin, die ihren Glauben als einen Grund für die Ablehnung vieler Rechte für LGBTI nennt. Im Wahlkampf hatte die 32-Jährige erklärt, dass sie gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht gestimmt hätte, wenn sie bei der Abstimmung bereits Abgeordnete gewesen wäre. Sie ist auch eine Gegnerin des Selbstbestimmungsgesetzes und erklärte, dass eine trans Frau lediglich ein "biologischer Mann" sei, "der sich als Frau identifiziert". Die dritte Kandidatin Ash Regan lehnte Selbstbestimmung für trans Menschen ebenfalls ab.
LGBTI-Aktivist*innen äußerten sich über die Wahl erleichtert. Manche wiesen jedoch darauf hin, dass es erschreckend sei, dass von einer als queerfreundlich geltenden Partei wie der SNP fast eine Person ins Spitzenamt gewählt worden wäre, die Gleichbehandlung ablehnt.
Twitter / MathewHulbertA huge sigh of relief for Scotland's #LGBT+ communities, as Humza Yousaf wins the SNP leadership.#SNPLeadershipElection #BBCNews
Mathew Hulbert (He/Him) (@MathewHulbert) March 27, 2023
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Twitter / pickle_beeI'm very happy that Humza Yousaf won the SNP leadership and that the Scottish Government will challenge the section 35 order but we shouldn't be quick to forget that 48% of the SNP membership voted to compromise on women and LGBT people's rights.
Beth (@pickle_bee) March 27, 2023
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Yousaf gilt als enger Vertrauter der bisherigen Regierungschefin und wird wohl ihren Kurs fortsetzen. Hauptziel der SNP ist es, sich vom Vereinigten Königreich zu trennen und als eigenständiges Land wieder der Europäischen Union beizutreten. Yousaf ist der erste Muslim, der das Amt des "First Minister" inne haben wird. Er folgt zudem als bislang jüngste Person auf vier Männer und eine Frau, die das Amt in der britischen Provinz seit Erlangung einer begrenzten Eigenverwaltung im Jahr 1999 ausfüllten. (dk)

Die Welt braucht definitiv mehr liberale Muslime in Machtpositionen und gerne auch alle anderen wirklich säkular Gläubigen, die tatsächlich zwischen ihrem persönlichen Glauben und Politik trennen können und NICHT so wie diverse Evangelikale und Katholiken der Meinung sind, ihre religiösen Überzeugungen ALLEN aufzwingen zu dürfen.