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Von Konservativen geliebte Kabarettistin

Lisa Eckhart bei "Nuhr im Ersten": Inzucht und Sodomie als Spitze der Queerness

Für ihre angeblich immer nicht so gemeinten Witze über Minderheiten ist Lisa Eckhart bekannt und berüchtigt. Jetzt machte sie sich über die Ausgrenzungserfahrungen von Queers lustig.


Lisa Eckhart am Donnerstag bei "Nuhr im Ersten" (Bild: ARD)

Die Kabarettistin Lisa Eckhart hat in der ARD-Show "Nuhr im Ersten" vom Donnerstag Queers mit Inzucht und sexuellen Handlungen mit Tieren in Zusammenhang gebracht.

Immer wieder sorgen vermeintlich nicht so gemeinte Aussprüche der Österreicherin etwa auch zulasten von Frauen oder Jüd*innen für Kritik. Tenor: Hinter Eckharts angeblicher Witzelei über Antisemitismus – ein Argument, mit dem sie sich selbst verteidigt – verbirgt sich selbst Antisemitismus, eine Witzelei über Jüd*innen.

Inzucht und Sodomie als Queerness gelabelt

So oder so ähnlich lassen sich nun auch Eckharts Kommentare zu Queerness und Sexualität im provinziellen Raum verstehen, die sie in einem an eine Regenbogenfahne erinnernden Kleid vortrug. Die Sexualmoral auf dem Land sei "ja queerer als man denkt", erzählt sie da: "Man paart sich interfamiliär sowie speziesübergreifend. Mehr Regenbogen geht nicht!" Dagegen sei "die Gay Pride eine Terrakottaarmee".

Vermutlich meinte Eckhart allerdings den Ausdruck "intrafamiliär", also innerhalb einer Familie und nicht zwischen verschiedenen Familien, womit auf die gängige Vorstellung von Endogamie beziehungsweise Inzucht in der Provinz angespielt wäre. Die allermeisten sexuellen Handlungen innerhalb von Familien finden dabei im Rahmen sexueller Gewalt und Missbrauchsbeziehungen gegenüber Kindern statt. Somit schwingt im Witzeln über Inzucht auch immer die Vorstellung von ihre Töchter vergewaltigenden und dabei schwängernden Vätern mit.

Obwohl aber das Land vermeintlich so queer sei, heiße es in der Stadt: "Wenn man ein bisschen anders ist, wird man am Land schief angeschaut". Dem entgegnet die Komikerin: "Ja was denn sonst? Geradeaus schauen kann da keiner." Das brauche man nicht persönlich zu nehmen. Unklar erscheint, was sie damit meint, dass niemand geradeaus schauen könne: eine Anspielung auf hohen Alkoholkonsum, körperliche Beeinträchtigung als Resultat von Endogamie oder darauf, dass es sich diejenigen, die "anders" sind, aufgrund ihres Auftretens selbst zuzuschreiben hätten, dass sie schief angeschaut werden.

Die Provinz gilt weithin als besonders queerfeindlicher Raum, in dem queere Menschen eben nicht nur schief angeschaut, sondern auch körperlich angegriffen, sozial ausgegrenzt und sogar getötet werden. So wurde etwa der Schwule Christopher W. 2018 im sächsischen Aue aus Schwulenhass ermordet (queer.de berichtete). 2020 ermordeten Rechte zudem einen Schwulen im thüringischen Altenburg. Auch die 16-jährige Brianna Ghey wurde im Februar in der nordenglischen Provinz ermordet, nachdem sie eine transfeindliche Hasswelle über sich ergehen lassen musste (queer.de berichtete). Erst gestern vermeldete die Bundesregierung einen weiteren deutlichen Ansteig der queerfeindlichen Straftaten in Deutschland (queer.de berichtete).

Queerfeindlichkeit in Böhmermann-Parodie vorweggenommen

Die Ausgabe von "Nuhr im Ersten" war mit einiger Spannung erwartet worden, weil sich jüngst Jan Böhmermann in einer aufwändigen Parodie der Sendung des Kollegen und seinen Gaststars angenommen hatte. Dabei stellte Böhmermann vor allem auf die notorisch rechten Talking Points in der Show im Ersten ab. Im Anschluss an die Parodie hatte die Punkband "Team Scheiße" auf der Böhmermann-Bühne über "all die gottverfluchten Nazischweine" gesungen.

Auch auf die Queerfeindlichkeit Lisa Eckharts war in der Böhmermann-Sendung vom 24. März bereits angespielt worden. Die Schauspielerin Sophie Berger hatte dort die österreichische Landsfrau Eckhart parodiert. Sie sei eine Frau – "oder?" fragte Berger das Publikum nach für Eckhart typischen sexuellen Anspielungen darauf, dass sie vom "Wokemeister" (Wachtmeister) bitte bei der Festnahme "ruhig ein bisschen fester" fest genommen werden wolle. Um dann transphob fortzufahren: "Oder nicht? Na ich hoffe doch! Wann haben Sie zuletzt eine echte Frau gesehen? Das weiß man ja mittlerweile gar nicht mehr."

Es sei wohl kein Zufall, erteilte Berger als Lisa Eckhart Feministen und queeren Männern einen weiteren satirischen Seitenhieb, dass immer "die zum Schoßhündchen degeneriertesten, nägellackiertesten Männer" den Feminismus für sich entdeckten. Die feministischen Männer "mit ihren billigen Plastikperlenketten" würden aber nicht gecancelt, obwohl sie auch "Cultural Appropriation" betrieben. "Hey! Meine Kultur ist kein Kostüm!" rief Berger entsprechend dem rechten Gespür für das Witzige an Minderheiten aus.

Dominanzgesellschaftlicher Seitenhieb auf Baptistensekte

In der vorherigen Sendung vergangene Woche hatte Nuhr übrigens auch die Berichterstattung über die Pforzheimer Sekte "Baptistenkirche Zuverlässiges Wort" aufgegriffen. Nuhr referierte die Forderung der Fundis nach Todesstrafe für Homosexuelle aufgrund der Bibelstelle aus dem Alten Testament, wonach ein Mann, der bei einem Mann wie bei einer Frau liege, mit dem Tode bestraft werden solle.

"Ich aber sage euch – neutestamentarisch" kommentierte Nuhr die Gruppe um Anselm Urban sodann: "So ihr lieget mit einem Baptisten aus Pforzheim, wie man sonst mit einem Menschen lieget, so soll euch der Penis abknicken und die Vagina verdorren, denn die Fortpflanzung des Irrsinns muss gestoppt werden."

So wird aus der berechtigten Feindschaft gegenüber Homophobie das übliche Lustigmachen über diejenigen, die in den Augen von Nuhr und seinem Publikum zu abseitig, abstrus, behindert oder schwach sind, um zur Mehrheitsgesellschaft zu gehören oder als Mensch gelten zu dürfen. Die sektiererische Gruppierung stellte Nuhr dabei fälschlich als "die Baptistenkirche" vor.

Zuletzt hatte Dieter Nuhr etwa seine Unterstützung für eine Hamburger Initiative kundgetan, die einen Volksentscheid gegen geschlechtergerechte Sprache anvisiert (queer.de berichtete). Kurz darauf hatte die Anführerin der Initiative, Sabine Mertens, ihre wohl wenig überraschende Queerfeindlichkeit hinter dem Agieren gegen die geschlechtergerechte Sprache ausgeplaudert und Homosexuelle zur Gefahr für die menschliche Evolution erklärt (queer.de berichtete). Auch in Zusammenhang mit dem ausgesprochenen Gendersternchen hatte Dieter Nuhr bereits bei "Nuhr im Ersten" intergeschlechtliche Menschen und Enbies herabgewürdigt (queer.de berichtete).

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#1 FennekAnonym
  • 31.03.2023, 12:28h
  • Interessant, wem die ARD so alles ein Forum bietet...

    Bei LGBTI interssieren die sich nicht für Pluralismus. Und wenn sowas überhaupt mal kommt, dann nur im Nachprogramm versteckt.

    Aber bei solchen Darbietungen zur besten Sendezeit heißt es dann plötzlich, das sei eben eine pluralistische Gesellschaft.

    Kleiner Tipp:
    Hass, Ausgrenzung und Lächerlichmachen haben nichts mit Pluralismus zu tun, sondern das spaltet die Gesellschaft.
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#2 _Patrick_Profil
  • 31.03.2023, 12:36hRLP
  • Wer judenfeindliche Stürmerkarikaturen in Sprache konvertiert, um unter dem Deckmantel satirischer Kunstfreiheit Ressentiments wiederzubeleben und zu verbreiten, macht logischerweise nicht vor queerem Leben halt.

    Wenn sich Frau Eckart nach Juden, Sinti und Roma und LGBT*IQ nun noch den sog. Asozialen widmet, komplettiert sie ihr Witzeset über industriell vernichtete Menschengruppen während der Nazi-Zeit.
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#3 FennekAnonym
  • 31.03.2023, 12:40h
  • Antwort auf #2 von _Patrick_
  • Finanziert von unseren GEZ-Gebühren.

    Sorry, ich bin eigentlich ein Verfechter eines unabhängigen, neutralen (und somit notwendigerweise gebührenfinanzierten) Fernsehens und Radios. Aber wenn man sieht, wen man damit so alles alimentiert, hat man langsam keine Lust mehr darauf.
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