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Nach Malte-C.-Prozess

Urteil gegen Nuradi A. rechtskräftig

Zu fünf Jahren Haft wurde Nuradi A. wegen der Tötung von Malte C. verurteilt. Das Urteil und damit auch die Auffassung des Gerichts zum Tatmotiv sind jetzt rechtsgültig geworden. Unklar ist, ob A. abgeschoben wird.


Die Justitia steht als Sinnbild für Unvoreingenommenheit vor Gericht (Symbolbild) (Bild: Tim Reckmann / flickr)
  • 31. März 2023, 14:27h 12 3 Min.

Das Urteil gegen den 21-jährigen Nuradi A., der Malte C. in Münster getötet hat, ist rechtskräftig. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung legten ein Rechtsmittel ein, um den Fall vor einer höheren Instanz weiter zu verhandeln.

Nuradi A. war Mitte der vergangenen Woche nach Jugendstrafrecht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Außerdem hatte das Gericht eine Unterbringung in einer Erziehungsanstalt für suchtkranke Straftäter angeordnet. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Nuradi A. sich der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht hat (queer.de berichtete).

Fraglich ist, wie viel von den fünf Jahren Haft A. in Deutschland wird absitzen müssen. Im Raum steht noch immer die Abschiebung ins russische Tschetschenien.

Auch am Motiv ist nicht mehr zu rütteln

Durch die Rechtskraft des Urteils gilt auch die umstrittene Auffassung des Gerichts als gültig, wonach Nuradi A. Malte C. nicht aus Queerfeindlichkeit geschlagen habe, sondern aus einer ihm zugrundeliegenden Aggressivität und Streitsucht und Enthemmung durch Alkohol- und Drogenkonsum.

Nuradi A. hatte beim Münsteraner CSD im vergangenen August zunächst mehrere Teilnehmende beleidigt. Als der 25-jährige Malte C. couragiert dazwischen ging, schlug ihm der Täter auf die Brust und mehrfach gegen den Kopf. Das Opfer fiel mit dem Hinterkopf aufs Pflaster und starb einige Tage später an den Folgen eines Schädelhirntraumas (queer.de berichtete).

Wird Nuradi A. abgeschoben?

Laut "Münstersche Zeitung" steht weiterhin die Frage im Raum, ob der junge Mann seine Haft in Deutschland absitzen oder nach Russland abgeschoben wird. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte das Aufenthaltsrecht von Nuradi A. beendet, der mit seiner Mutter und seiner Schwester ursprünglich wegen einer Krebsbehandlung der Schwester nach Deutschland gekommen war.

Vor dem Verwaltungsgericht Münster hat A. bereits gegen die drohende Abschiebung geklagt. Das Gericht hat allerdings die Auffassung vertreten, wonach die mögliche Homosexualität von A. kein Grund zur Aussetzung einer Abschiebung sei. Für den Straftäter hatte es die eigentlich längst verbotene Argumentation ins Feld geführt, wonach er seine Homosexualität bisher ja auch nicht gelebt hatte. Es spielte damit auf die schon mehrfach untersagte Praxis an, queere Personen auch in Verfolgerstaaten abzuschieben, weil sie ihre Identität dort ja auch "diskret" leben könnten.

Die "Westfälischen Nachrichten" hatten dazu aus einem einstweiligen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Januar zitiert, in dem es um seinen Asylanspruch ging: "Sollte der Antragsteller homosexuell sein, stellte dieses jedenfalls kein zentrales Element seiner Identität dar". Der Angeklagte selbst habe geschildert, "dass sich seine Homosexualität nicht nach außen manifestiert und es selbst in Deutschland nicht zu homosexuellen Kontakten kommt oder gekommen sei". Zudem, so heißt es in der Entscheidung, gebe es in anderen Teilen Russlands angeblich sichere Orte für Homosexualität (queer.de berichtete).

Das Verwaltungsgericht hat die Behauptung von Nuradi A., homosexuell zu sein, zudem auch bestritten. Doch in der Strafsache war das gleichgeschlechtliche Begehren des Täters durchaus anerkannt worden. Es floss mutmaßlich mit in die Entscheidung ein, bei A. kein queerfeindliches Tatmotiv anzunehmen. Laut "Münstersche Zeitung" obliege es nun der*dem Vollstreckungsleiter*in des Ortes der Haft, ob und gegebenenfalls wann es während der fünfjährigen Haftstrafe zu einer Abschiebung kommt. (jk)

#1 Lucas3898Anonym
  • 31.03.2023, 14:54h
  • Wobei er ja gegen die Abschiebung klagen kann und das ggf. auch bis vor das BVerfG oder den EGMR.
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#2 _Patrick_Profil
  • 31.03.2023, 15:07hRLP
  • Dass ich diese Strafe für viel zu gering erachte, hatte ich ja bereits im voran gegangenen Artikel offenbart, aber noch verstörender finde ich, dass man in einem sog. Rechtsstaat darüber "diskutiert", einen Menschen in ein Land abzuschieben, das vor nicht allzu langer Zeit in der Weltöffentlichkeit stand, weil es jene Menschen wie Nuradi systematisch verfolgt, gefoltert und ermordet hat.

    Diese Abschiebung, zumal sie ggü. Tschetschenien logischerweise angekündigt und begründet werden müsste und Nuradis sexuelle Orientierung nun im Gerichtsprotokoll vermerkt und öffentlich ist, käme einem Todesurteil gleich. Das ist alttestamentarisches Auge um Auge, Zahn um Zahn und einer Demokratie unwürdig.

    Verbrecher, auch Totschläger und Mörder, haben Menschenrechte. Nuradi hat für seine Tat zu büßen, und das in voller Länge, mit der Aussicht auf Reintegrierung, so es seine geistige Verfasstheit nach den fünf Jahren zulässt. Wenn nicht, sollte er zum Schutz der Allgemeinheit sicherheitsverwahrt, aber nicht mit dem Regierungsflieger zur Hinrichtung oder seinem Ehrenmord geflogen werden.

    www.hrw.org/de/news/2017/05/26/russland-saeuberungen-gegen-s
    chwule-tschetschenien


    www.lsvd.de/de/ct/918-homosexuelle-tschetschenien
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#3 SkandalAnonym
  • 31.03.2023, 15:14h
  • "Durch die Rechtskraft des Urteils gilt auch die umstrittene Auffassung des Gerichts als gültig, wonach Nuradi A. Malte C. nicht aus Queerfeindlichkeit geschlagen habe"

    Ein Skandal.

    Genau wie das Strafmaß:
    einem Menschen wurde vorsätzlich der Rest seines Lebens geraubt und der Täter kriegt nur 5 Jahre. Wenn er die absitzt, ist der in 2-3 Jahren raus, wenn er einen auf arme Kindheit macht. Und wenn er in sein homophobes Heimatland abgeschoben wird, ist er dort ein freier Mann und braucht keinen einzigen Tag für seine Tat zu büßen.

    Das ist der deutsche "Rechts"staat.
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