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Schwuler "Tatort"-Ermittler aus Bremerhaven
Patrick Güldenberg: "Es geht hier auch um seine Emanzipation"
Im "Tatort" feierte Patrick Güldenberg am Sonntag Premiere als neuer Kommissar Robert Petersen. Im Interview schwärmt der Schauspieler von seiner Rolle, die mit einem schwulenfeindlichen Diss geoutet wird.

Robert Petersen (Patrick Güldenberg), Linda Selb (Luise Wolfram), Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer, r.) ermitteln in der "Tatort"-Folge "Donuts" (Bild: Radio Bremen / Jörg Landsberg)
- 3. April 2023, 02:55h 4 Min.
Patrick Güldenberg (geb. 1979) feierte am Sonntag im Bremer "Tatort: Donuts" seinen Einstand als Bremerhavener Kommissar Robert Petersen (queer.de berichtete). Was das für ihn als Schauspieler bedeutet, erklärt der gebürtige Hamburger im einem weiteren Interview. Dabei schwärmte er auch von seiner Rolle, die mit einem schwulenfeindlichen Diss geoutet wird, und darauf so herrlich "normal" reagiert.
Sie sind jetzt ein "Tatort"-Kommissar. Was bedeutet das für Sie als Schauspieler?
Dass ich jetzt "Tatort"-Kommissar bin, freut mich riesig. Es ist ein außergewöhnliches Format, das ganz stark mit der deutschen Fernsehidentität verbunden ist. Auch ich persönlich schaue die Sonntagkrimis wirklich gerne und habe schon viele spannende Abende allein oder gemeinsam mit Freunden damit verbracht.
Im Bremen-"Tatort" spielen Sie Kommissar Robert Petersen. Was mögen Sie an Ihrer Rolle besonders gern?
Das ist eine toll geschrieben Figur, die ich schon beim ersten Lesen des Drehbuches sehr gern zum Leben erwecken wollte. Robert Petersen steht für eine neue Form der Männlichkeit. Im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten Lennard versucht er mit Teamfähigkeit, Intuition, Vertrauen, einer verbesserten Kommunikation und einfach generell einer anderen Herangehensweise den Fall zu lösen. Er macht die Dinge anders, als es viele Männer in der Generation vor ihm getan haben.
An einer Stelle im Film wird Robert Petersen schwulenfeindlich gedisst, sein Coming-out für die Zuschauer*innen. Was halten Sie davon?
Ich finde spannend, dass die Sexualität der Figur sehr selbstverständlich und unaufgeregt erzählt wird. Das hat mir total gut gefallen. Dass diese Figuren aus der Sidekick-Ecke herauskommen und stattdessen einfach mitten im Leben stehen wie alle anderen auch, wollten wir ja unter anderem auch mit der Initiative #ActOut erreichen. Das ist bei diesem Drehbuch wirklich sehr gut gelungen. Dieser Moment, in dem Kommissar Lennard Kommissar Petersen in der Form angreift, ist ein total wichtiger Initiationsmoment. Es geht hier auch um seine Emanzipation, und es ist schön zu sehen, wie er daraus eine große Stärke entwickelt. Weil Petersen so normal darauf reagiert, wirkt Lennard irgendwie alt und aus der Zeit gefallen.
Wie geht es denn mit Ihrer unaufgeregt eingeführten Rolle im Bremen-Krimi weiter?
Im "Tatort: Donuts" bin ich der Bremerhavener Kommissar, der zu den Bremer Ermittlerinnen dazustößt, weil der Freihafen auf Bremerhavener Stadtgebiet ist. Wie es mit Kommissar Petersen weitergeht, ist noch nicht klar. Ich würde mich aber natürlich freuen, wenn es weitergeht.
Regisseur Sebastian Ko hat gesagt, dass es der aufwändigste "Tatort" war, den er jemals gedreht hat. Was haben Sie als Schauspieler davon mitbekommen?
Es gab tatsächlich fast während des gesamten Drehs eine Second Unit, die die ganzen Stunt- und Nacht-Szenen gedreht hat. Außerdem haben wir im Bremerhavener Freihafen gedreht: Aus Zollgründen war es logistisch unglaublich aufwändig, das ganze Team auf dieses Gelände zu bekommen. Aber es war auch echt eine tolle Erfahrung, weil das ja ein Ort ist, an den man normalerweise nicht kommt.
Sie standen schon als Kind vor der Kamera. Wann war Ihnen klar, dass es beruflich wirklich in diese Richtung gehen wird?
Ich wollte schon immer Schauspieler werden, schon seit meinem ersten Besuch im Kindertheater, einem Weihnachtsmärchen. Mein großes Glück war, dass ich in den 1990er Jahren in Hamburg großgeworden bin. Damals wurde dort unheimlich viel gedreht und so gab es eines Tages auch an meiner Schule einen Aushang für ein Casting. Da bin ich dann hin und durfte auch sofort anfangen zu spielen. Meine Eltern haben mich glücklicherweise immer unterstützt, obwohl sie aus einem ganz anderen Kontext kommen – sie haben im Büro gearbeitet. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.
Und was ist Ihr liebster Ausgleich zur Schauspielerei?
Ich reise viel und mache sehr gerne Sport. Beispielsweise gehe ich gerne klettern, mache Yoga und Kraftsport. Außerdem bin ich beim Urban Sport Club angemeldet und probiere da immer mal wieder neue Sportarten aus. Neulich habe ich einen "Brazilian Jiu-Jitsu"-Kurs gemacht. Das war großartig. Ich habe aber einen sehr illustren, bunten Freundeskreis, mit dem ich sehr viele unterschiedliche Dinge unternehme. Generell versuche ich, einen guten Ausgleich zur Arbeit zu schaffen, indem ich mein Leben recht spannend gestalte. (cw/spot)

Links zum Thema:
» Der "Tatort: Donuts" in der ARD-Mediathek
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Mehr zum Thema:
» Früheres Interview: Wie bedeutend ist ein queerer "Tatort"-Kommissar, Patrick Güldenberg? (29.03.2023)
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Meine Fresse, es ist Tatort, es ist 2023, lasst die Akteure doch das anders sein als etwas normales spielen. Nicht ein schwuler Kommissar, sondern ein Kommissar, der auch schwul ist.