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Pforzheimer Baptistenkirche
Auch "Bruder Moses" verbreitet Queer- und Frauenhass
Im Fall der Pforzheimer Fundi-Gruppe Zuverlässiges Wort interessiert sich die Staatsanwaltschaft für Anführer Anselm Urban. Doch was wäre der ins US-Exil geflohene Sektenführer ohne Helfer vor Ort?

"Bruder Moses" in einem Video der Pforzheimer Baptist*innensekte (Bild: Youtube / Baptistenkirche Zuverlässiges Wort)
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7. April 2023, 01:02h 7 Min.
Die Pforzheimer Baptistenkirche Zuverlässiges Wort beschäftigt weiter Behörden und Öffentlichkeit. Nun rückt neben Anführer Anselm Urban ein Mann ins Zentrum der Aufmerksamkeit, der so etwas wie die rechte Hand des aus Görlitz stammenden Fundis ist.
"Bruder Moses" ist nicht nur der Verantwortliche für die aus dem Englischen ins Deutsche übersetzten Hetzvideos der US-amerikanischen Muttersekte Faithful Word Baptist Church. In den Pforzheimer Räumlichkeiten halten er wie auch andere Fundis sogenannte Predigten. Darin geht es etwa um die Rolle von Frauen oder um den gerechten Hass auf "Homos".
Besuch bei der Fundi-Sekte
Klar ist: Jetzt, wo sich Anführer Anselm Urban ins US-Exil abgesetzt hat, müssen andere die Gemeindemitglieder begrüßen, die Abläufe organisieren, Ansprachen halten, die Technik für Liveschalten ans Laufen bringen, die Kirchenkollekte verwahren oder in einem Mietvertrag stehen.
Die "Badischen Neusten Nachrichten" haben einen Gottesdienst der Gemeinde besucht. Und was sie da herausfanden, stellt infrage, ob nur Urban für das Treiben der Gruppe verantwortlich zu machen ist. Welche Rolle spielt zum Beispiel der an jenem Tag predigende "Bruder Moses"? Moses sei Inder und stamme eigentlich aus Leipzig, verrät er der Presse. Mehr aber wollte er nicht von sich preisgeben.
Dass Moses technikaffin ist, belegen jedenfalls die von der Gruppe veröffentlichten Propagandavideos. Darin zu hören: Die schwer verwechselbare Stimme von "Bruder Moses" mit ihrem indischen Akzent. Es ist dieselbe Stimme, die man hören kann, wenn Moses, Anselm Urban und der US-Pastor Steven Anderson ihre Videotelefonie-Schalte mitschneiden und im Netz veröffentlichen. Und die selbe Stimme aus älteren Reden von Moses.
Doch der Mann ist auch musikalisch. Auf einem Keyboard soll er bei der von der Zeitung besuchten Veranstaltung Glaubenslieder gespielt und dazu gesungen haben. In seiner Predigt ein hardcore-christliches Weltbild: Gott lasse Katastrophen und Krankheiten zu, weil die Menschen so böse seien. Wer nicht missioniere, in dessen Leben lasse er Unheil zu. Zu Beginn des Gottesdienst seien, so die "BNN", die Gemeindemitglieder abgefragt worden, wie erfolgreich sie beim "Seelengewinnen" gewesen seien. Es ist der in der Sekte geläufige Ausdruck für das Rekrutieren neuer Mitglieder.
Hass, der nach Gewalt ruft
Auch online ist Moses' Predigt zu sehen. Viele Christ*innen glaubten, sagt er da, dass die Welt "frei von Homos sein sollte". Aber die "Homos" wünschten auch, dass die Welt frei von Christ*innen sein sollte. Ergo wünschten auch sie den Christ*innen den Tod. Der Staat müsse die Todesstrafe über "Verwerfliche" verhängen, also über queere Menschen. Man hasse diejenigen, die Gott hassten, übe aber selber keine Gewalt aus. Auch, wenn Moses dann wieder eine Bibelübersetzung zitiert, wonach man ihnen die Zähne "in ihrem Maul" zerbrechen und "Schuld zu ihrer Schuld" hinzufügen solle. Jesus habe gefordert, ihnen einen Mühlstein um den Hals zu binden und sie im Meer zu versenken.
"Diese Homos" würden Kinder pervertieren, in den Schulen beeinflussen und sie zur Sünde verleiten. Sie wollten das Schutzalter zu sexuellen Kontakten herabsetzen und dass Kinder ihr Geschlecht wählen könnten. Die, die "verworfen" seien, würden in der Folge "zu Homos", nicht anders herum.
Ob das vermeintliche Gewaltverbot auch für Gemeindemitglieder oder Kinder von Sektierer*innen gilt, die vom fundamentalistischen Weg abkommen, die Frauen sind, homosexuell begehren oder sich transgeschlechtlich identifizieren, darf angezweifelt werden. Die Berichte über schlimmste psychische, sexuelle wie auch physische Gewalt gegen Mitglieder christlicher Sekten verschiedenster Art sind dazu zu zahlreich. Konkrete Hinweise im Fall der Pforzheimer Gruppierung gibt es hierzu keine.
Es falle Bruder Moses auch schwer, mit Frauen zu arbeiten. Vermeintlicher Grund in diesem Fall: Er komme aus Indien. Frauen nervten ihnen, seien anstrengend. Und: Sie sollten eigentlich zuhause bleiben, kochen und die Kinder versorgen. Alle wären dann glücklicher. Weil das aber nicht unbedingt so sei, müsse man eben lernen, auch mit Frauen auszukommen. Homosexuellen oder "Transen" könne man im Busabteil oder auf der Straße ja einfach aus dem Weg gehen. Auf der Arbeit könne man seinen "biblischen Hass" auf sie behalten, solle aber höflich zu ihnen sein.
Wer an die christliche Botschaft der Baptistenkirche glaube, müsse damit rechnen, verfolgt zu werden. Die Tür hinaus aus dem Gemeindesaal sei die Grenze zwischen einem bequemen Leben und einem solchen in Verfolgung, so Moses. Verfolgung sei "wichtig für ein gesundes christliches Leben", aber nichts im Vergleich zum ewigen Leiden in der Hölle, das ansonsten drohe. Die Anhänger*innen schwört er schon mal auf die Möglichkeit ein, den Job zu verlieren oder eine Geldstrafe aufgebrummt zu kriegen.

"Bruder Moses" (re.) im Gespräch mit Anselm Urban, als der noch in Deutschland weilte (Bild: Youtube / Baptistenkirche Zuverlässiges Wort Pforzheim
Moses' Problem mit Frauen passt zu einer live auf Youtube gestreamten Predigt von "Bruder Andy" unter der unzweideutigen Überschrift "Eure Frauen sollen schweigen in den Gemeinden". Wohlgemerkt: Nicht die Frauen werden angesprochen, sondern deren Männer oder Väter. Oder eben diejenigen, die diese Frauen besitzen – je nach Lesart.
Wie ernst das alles ist, wird auch an einer Bemerkung deutlich. "Bruder Kai" erwarte gegenwärtig sein viertes Kind, erzählt Andy zu Beginn seiner Predigt, die auf den 26. März datiert. Man freue sich für ihn, bete, dass alles gut gehe und dass "nichts irgendwie eingeleitet wird und irgendwas schlechtes passiert". Zu viel medizinische Unterstützung für den schmerzhaften Geburtsvorgang? Die medikamentöse Einleitung der Wehen? Ein Kaiserschnitt? Häufig Tabu für Frauen aus Fundi-Gemeinden. Es muss also gar nicht erst physische Gewalt ausgeübt werden, um ihren Körpern unnötigen Schmerz zuzufügen. Die frauenverachtende Ideologie reicht bereits.
Frauen sollten sich unterordnen, wie es das Gesetz verlange, führt Andy dann in seiner Predigt aus. Christliche Frauen seien aber "ganz normale Menschen wie auch Männer". Darum würden sie die Bibel zuhause auch lesen. Wenn Frauen aber etwas lernen wollten, sollten sie ihre eigenen Männer fragen. Je schneller man das akzeptiere, desto schneller werde man zufriedener sein – "als Frau vor allem". Und "dein Mann wird wahrscheinlich dann auch noch zufriedener sein, weil du dich Gott unterordnest". Immerhin spricht sie Andy an dieser Stelle sogar direkt an. Frauen sollten sich, heißt es noch, still verhalten und nicht über den Mann herrschen. Und das Wort Gottes sei besser als "dieser feministische Dreck".
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Macht sich "Bruder Moses" strafbar?
Medienberichten zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft in Karlsruhe aufgrund der über das Internet gehaltenen, erneuten Hetzpredigt Anselm Urbans von Anfang März nur gegen diesen selbst. Urban hatte darin wieder die Todesstrafe für queer Menschen gefordert. Doch damit er in den Pforzheimer Gemeinderäumlichkeiten zu sehen und zu hören ist, muss es Menschen geben, die die Übertragung technisch realisieren.
Und dann wären da noch die Mordaufrufe in Hetzfilmen wie "Die LGBT-Lüge" (queer.de berichtete). Eingesprochen ist der von den Fundis aggressiv über das Netz verbreitete und via Facebook beworbene, knapp zwei Stunden lange Propagandastreifen schließlich von "Bruder Moses".
Das Video handelt von der zunehmenden Akzeptanz von LGBTI in den USA und enthält unter anderem wütende Predigten der US-Baptisten Jonathan Shelley oder Steven Anderson. Bereits im Trailer schreit Shelley, LGBTI sollten "zurück zur Hölle" gehen oder sich "eine Kugel in den Kopf jagen".
Ein anderer baptistischer Fundamentalist fordert darin ebenfalls mit von Moses geliehener Stimme, Homosexuelle in den Tod zu schicken. Transgeschlechtliche Menschen werden als "widerliche Hunde" tituliert. Im Film werden biblische Belege dafür vorgebracht, dass queere Menschen ermordet werden müssten und dass die Bibel verlange, die Todesstrafe gegen sie zu verhängen. Der Schwulenbewegung wird unterstellt, eigentlich eine Bewegung von Pädosexuellen zu sein.
Die Schwelle zu Volksverhetzung und zur Aufforderung zu Straftaten jedenfalls dürfte mit derlei Aussagen klar überschritten sein. Und anders als bei Anselm Urban befindet sich "Bruder Moses" in Deutschland und ist damit für die Strafverfolgungsbehörden greifbar. So wie weitere, für das Gemeindeleben verantwortliche "Brüder".
Am Mittwoch protestierten Schüler*innen des nahegelegenen Theodor-Heuss-Gymnasiums gegen die Christ*innen, die in der Pforzheimer Zerrennerstraße ihre Räumlichkeiten haben (queer.de berichtete). Zwei grüne Landtagsabgeordnete hatten sich zudem vor zwei Wochen an Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit einer Bitte um Verbot der Gruppierung gewandt, die sie eine kriminelle Vereinigung nannten (queer.de berichtete).













Passende Selbstbeschreibung. Dieser Eindruck beruht sicherlich auf Gegenseitigkeit mit fast allen Menschen.
Wenn er anscheinend fast alle Menschen verachtet oder sonst nicht leiden kann: SpaceX sucht sicherlich noch Freiwillige für die erste Marsmission!