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Staatliche Queerfeindlichkeit

Ungarn ermutigt zu anonymen Anzeigen gegen queere Menschen

Die ungarische Regierung verteidigt das neue Gesetz, mit dem Regenbogenfamilien bei staatlichen Behörden denunziert werden können, mit einem zynischen Hinweis auf den von der EU geforderten Schutz von Whistleblower*innen.


"Befreiung oder Verbot": Protestschild mit Anspielung auf den Namen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán beim Budapest Pride 2021 (Bild: IMAGO / ZUMA Wire)
  • 21. April 2023, 02:31h 9 3 Min.

Die ungarische Regierung hat ein neues queer­feindliches Gesetz verteidigt, mit dem Bürger anonym Menschen melden können, welche "die Rolle von Ehe und Familie" oder Geschlecht "in Frage stellen". Laut dem ungarischen Kabinettschef Gergely Gulyas dient das Gesetz der Harmonisierung mit einer EU-Richtlinie von 2019 über den Schutz von Hinweisgeber*­innen, sogenannten Whistleblower*­innen. "Wir haben einen europäischen Standard übernommen" und gleichzeitig "einige Aspekte hervorgehoben", sagte Gulyas am Donnerstag.

Nach dem neuen Gesetz, das vergangene Woche vom ungarischen Parlament verabschiedet wurde, können Bürger*­innen "im öffentlichen Interesse" und "zum Schutz der ungarischen Lebensweise" andere Menschen melden – und zwar auch dann, wenn Mitbürger*­innen "Zweifel" an der "verfassungsmäßigen Rolle von Ehe und Familie" hegen.

Seit einer Änderung von 2019 ist in der ungarischen Verfassung festgeschrieben, dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich ist, dass ein Vater ein Mann ist und eine Mutter eine Frau (queer.de berichtete).

Kritik von Amnesty International

Viele Ungar*innen drückten in Onlinediensten ihre Sorge aus, dass Kinder aus Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern weggenommen werden könnten. Andere beklagten, dass die vage Formulierung auch auf geschiedene Paare oder Paare, die keine Kinder wollten, angewandt werden könnte.

Aron Demeter von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete das Gesetz als "legalen Nonsens", der zu Selbstzensur und Angst in der LGBTI-Community führe, ohne tatsächliche Sanktionen nach sich zu ziehen. "Es ist eine direkte Fortsetzung der homophoben und transphoben Kampagne der Regierung", sagte Demeter.

Bei einem Besuch am Donnerstag in Budapest sprach die französische Europaministerin Laurence Boone mit verschiedenen Minister*innen über das Thema. Sie habe "erklärt, dass dies natürlich kein Gesetz ist, das den europäischen Werten entspricht", sagte sie. "Es ist kein gutes politisches Signal."

Immer neue und schärfere Gesetzen gegen LGBTI

Ungarn war einst eines der liberalsten Länder in der Region. Homosexualität wurde bereits Anfang der 1960er Jahre entkriminalisiert, gleichgeschlechtliche Partnerschaften wurden 1996 anerkannt.

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Doch seit 2018 drängt der extrem rechte Ministerpräsident Viktor Orban, der sein Land als "christliches Bollwerk" in Europa sieht, mit immer schärferen Gesetzen Freiheiten zurück. Seine Regierung verbot unter anderem den Forschungsbereich Gender Studies, den Eintrag von Geschlechtsanpassungen im Personenstandsregister und die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.

Nach russischem Vorbild wurde 2021 vom ungarischen Parlament zudem ein Gesetz gegen "LGBTI-Propaganda" beschlossen (queer.de berichtete). Es verbietet die Darstellung von queeren Menschen sowie die Berichterstattung über LGBTI-Themen in den Medien und an allen Orten, an denen sich Minderjährige aufhalten könnten, also fast überall. Die Europäische Kommission hat wegen dieses Gesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das von 15 EU-Ländern unterstützt wird (queer.de berichtete). (mize/AFP)

#1 LothiAnonym
  • 21.04.2023, 06:35h
  • Das größte Schwein im ganzen Land das ist der Denunziant. Das bekam ich als Erklärung dafür niemals zu Petzen, als ich noch klein war. Ich kann nur hoffen das dieses Gesetz bei den Bürgerinnen u.Bürgern Ungarns kein Gehör findet. Denn das wäre ja zutiefst verabscheuungswürdig.
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#2 MPost67Anonym
  • 21.04.2023, 09:12h
  • Was leider häufig übersehen wird:

    Ungarn, Polen und jetzt auch Italien (um in der EU zu bleiben) haben Regierungen, die auf Basis von freien Wahlen auf demokratischer Basis im Amt sind.

    Was sie dort tun ist durch eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieser Länder legitimiert.

    Was oder wer ist schuld an der weltweit zunehmenden Intoleranz und Radikalisierung?

    Was kann jeder persönlich dagegen tun?

    Festkleben bringt meiner Meinung nach nur eine weitere Verhärtung und gesteigertes Unverständnis.

    Finanzieller Druck scheint mir gerade in dieser Zeit die einzige Triebfeder von Politik und Gesellschaft. Moralisches wird meist nur vorgeschoben.

    Halten wir unser Geld zusammen. DAS würde viel bringen. Geben wir es lieber liberalen Organisationen vor Ort, als es über die Tourismusbranche diesen Regierungen zukommen zu lassen!
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#3 Ith_Anonym
  • 21.04.2023, 09:59h
  • Antwort auf #2 von MPost67
  • "Was oder wer ist schuld an der weltweit zunehmenden Intoleranz und Radikalisierung?"

    Schön, dass du diese Frage stellst.

    Man kann das tatsächlich ziemlich leicht beantworten mit "der Kapitalismus". Alternativ könnte man auch die konkreten Namen der Superreichen nennen, die die Strukturen schaffen, über die Demokratien weltweit seit Jahren systematisch destabilisiert und zersetzt werden. Also Musk z.B., und dann die Chefs von Facebook (Camebridge Analytica bloß mal so ein Stichwort) und Microsoft und Google und so. Russische Superreiche, deren Namen nicht so leicht in der Suchmaschine zu finden sind, haben aber auch schon immer mitgespielt, und Putins Regel, dass Hacking in Russland ausdrücklich erlaubt ist, außer die Cyberangriffe richten sich gegen Menschen mit russischer Staatsbürgerschaft, hat auch einen Teil beigetragen.

    Dann gibt es da auch noch ein paar ziemlich gute Hackinggruppen in Israel.

    Das ist alles tatsächlich ziemlich gut dokumentiert, u.a. teils in internationalen journalistischen Kooperationen. Kann man inzwischen teilweise sogar im deutschen ÖRR kostenlos ansehen, solche Dokus.
    Aber weil die EU nichts davon rafft und nach dem Merkel-Motto "Neuland" agiert wie ein Kleinkind, das sich absichtlich die Augen zuhält, um die wirklichen Probleme nicht zu sehen, fällt ihr nichts Besseres ein als unter dem irreführenden Schlagwort "gegen Kindesmissbrauch" die Massenüberwachung des gesamten Internets einzuführen. Statt mal etwas gegen die wirklichen Probleme in den Strukturen zu tun.

    Achso. Kein einzelner Mensch sollte mehr von dem Machtäquivalent "Geld" besitzen als, sagen wir, ein mittelkleiner Staat, das wäre auch schon eine Lösung.
    Aber ist halt Kapitalismus. Und deswegen darf man nicht hingehen und Leuten Geld wegnehmen, selbst wenn ein Handwerker dafür mehrere tausend Jahre arbeiten müsste und die Verteilung mit Gerechtigkeit offensichtlich nichts zu tun hat.
    Wo man sich mit Geld vom Recht freikaufen kann, kann das Recht auf Dauer nur verlieren.
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