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Brendan Fraser: "Allzu oft sind Menschen wie Charlie unsichtbar"
Für seine Rolle als schwer übergewichtiger Schwuler in "The Whale" erhielt Brendan Fraser einen Oscar, musste sich aber auch Kritik gefallen lassen. Das sagt er selbst über die Rolle seines Lebens.

Brendan Fraser als Charlie in "The Whale" (Bild: A24)
30. April 2023, 15:59h - 5 Min. Von
Mit der Komödie "Airheads" begann 1994 die Karriere des kanadischen Schauspielers Brendan Fraser. Der Durchbruch folgte als Höhlenmensch in "Steinzeit Junior". Zum großen Kassenschlager avancierte das Fantasy-Spektakel "Die Mumie", die zwei Fortsetzungen fand. Dass er auch anders kann, bewies Fraser 1997 an der Seite von Ian McKellen in "Gods and Monsters", wo er den gutaussehenden Gärtner des schwulen Horrorfilm-Regisseurs James Whale verkörpert.
Zum Skandal gerieten die Vorwürfe des Schauspielers, der Präsident der Hollywood Foreign Press Association hätte ihn 2003 sexuell genötigt. Durch die Scheidung und den Tod seiner Mutter geriet Fraser in eine Depression. Nun feiert er mit "The Whale" ein triumphales Comeback.
In dem Drama, das seit Donnerstag in den Kinos läuft (Filmkritik von Sebastian Galyga), spielt er den schwulen Dozenten Charlie, der mit dem Suizid seines Partners nicht zurechtkommt und sich in die Fresssucht flüchtet. Bei der Weltpremiere in Venedig wurde das Werk von Darren Arnofsky frenetisch gefeiert (queer.de berichtete). Der 54-Jährige holte für die Rolle seines Lebens einen Oscar (queer.de berichtete). Dass der heterosexuelle Fraser als Schwuler im "Fat suit" zu sehen ist, kritisierten allerdings nicht nur dickere Schauspielende wie der schwule Daniel Franzese (queer.de berichtete).
Das sagt der Schauspieler selbst über "The Whale" – wir dokumentieren Ausschnitte aus den offiziellen Produktionsnotizen.
Über den Respekt vor der Rolle
Ich gebe zu, dass ich etwas eingeschüchtert war. Ich hatte wirklich Angst davor. Aber das hat mir nur gezeigt, wie wichtig es ist, noch tiefer zu graben als ich glaubte graben zu können. Ich kombinierte alles, was ich in meinem Berufsleben gelernt habe, versuchte alle Elemente der Charakterbildung zu einem einheitlichen Ganzen zusammenzufügen, und dann gab ich noch alles, was in mir selbst steckte dazu. Ich war dankbar für diese Chance. Ich habe alles, was ich konnte, auf die Leinwand gebracht. Es gab nichts, was ich zurückhielt. Es ist alles da.
Über seinen Charlie
Charlie ist kein Engel, aber er ist unglaublich menschlich. Innerlich sprich aus ihm Walt Whitman. Charlie liebt das Leben und all seine Schönheit, aber er versteckt sich davor. Charlies Unfähigkeit, seine Trauer zu bewältigen, rührt daher, dass er nicht der Mensch sein kann, der er sein wollte. Er ist voller Schuldgefühle über Alans Tod, Schuldgefühle darüber, dass er das Leben mit seiner Tochter verpasst hat, Schuldgefühle über all die Dinge, die hätten sein können- Er ist nicht berechnend oder böswillig, aber er hat großen Schaden angerichtet – vor allem, weil er nicht ehrlich war. Und jetzt befindet er sich in einem Kampf gegen sich selbst. Er hat die Auseinandersetzung mit seinen Lieben zu lange aufgeschoben, und jetzt ist es fast zu spät. Wenn er seinen Schülern sagt, dass sie einen Weg finden müssen, die Wahrheit zu sagen, dann spricht er damit eher zu sich selbst als zu anderen. Jetzt hat er nur noch ein paar Tage, und er hat keine Ahnung, ob er Erlösung finden wird oder nicht.
Über seine Gefühle

Poster zum Film. "The Whale" läuft seit dem 27. April 2023 bundesweit im Kino
Ich weiß nur zu gut, wie es sich anfühlt, gnadenlos verspottet und lächerlich gemacht zu werden. Aber vielleicht nicht mehr als jeder andere in der heutigen Welt oder in den sozialen Medien. Ich fühlte mich so glücklich, dass ich es geschafft hatte, die Rolle zu bekommen. Ich bewundere Darren und seine Arbeit zutiefst, und ich sah, was der Film sein könnte. Mein Herz machte einen Sprung vor Freude, Teil davon zu sein.
Über Vorurteile und Würde
Allzu oft sind Menschen wie Charlie unsichtbar. Nur ihre Familien oder ihre Betreuer kennen sie, und wir bekommen nur einen flüchtigen Eindruck davon, wer sie sein könnten. Was ich aus den Gesprächen mit den Menschen gelernt habe, ist, dass sie – wie jeder andere auch – wollen, dass ihre Geschichte erzählt wird. Sie möchten dabei fair und ehrlich behandelt werden. Das war für mich der Maßstab.
Über seine Maske
Wir haben eine knappe Woche Zeit, um diesen Mann kennenzulernen. Ich weiß, dass die Leute zuerst nach der Grenze zwischen Künstlichkeit und Realität suchen werden. Ich hoffe, dass sie unsichtbar bleibt und die beeindruckende Maske sich so gut einfügt, dass sie in den Hintergrund tritt, während man von der eigentlichen Geschichte mitgerissen wird. Ich dachte: "Das müsste eigentlich in der Tate Modern hängen." Die Prothese war sehr lebensecht. Durch eine besondere Airbrush-Technik waren die Transparenz der Haut und die darunter liegenden blauen Äderchen detailgenau dargestellt. Man erkannte, welche Auswirkungen das Körpergewicht auf die Haut hat, aber man konnte auch das Einfühlungsvermögen spüren, das in der Arbeit steckte.
Über das Gefühl als 270-Kilo-Mann
Es bedurfte viel intensiver Übung, um zu lernen, wie man sich darin bewegt. Ich habe ganz neue Muskeln entwickelt, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt. Es war bei weitem die härteste körperliche Reise, die ich als Schauspieler bisher antrat. In der Wüste herumzulaufen war im Vergleich dazu ein Kinderspiel, so viel ist sicher. Der Anzug hatte auch einen symbolischen Charakter. Es spielte nicht nur das körperliche, sondern auch das emotionale Gewicht eine Rolle. Wenn alles, was man tut, eine monumentale Anstrengung kostet, dann fühlen sich deine Entscheidungen umso wichtiger an.
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Über den Stellenwert von "The Whale"
Diese Erfahrung habe ich noch nie gemacht. Es war eine intensive persönliche Reise, die mich wie verwandelt zurückließ. Ich hoffe, das gilt auch für die Zuschauer. Ich hoffe, dass sich die Leute mit Charlie auf die Suche nach Wahrheit begeben. Ich hoffe, dass sie das Gefühl haben, dass es wichtig ist, die Wahrheit über sich selbst auszudrücken – das war für Charlie wichtig, das war für mich wichtig, und das ist in jedem Leben wichtig.
The Whale. Drama. USA 2022. Regie: Darren Aronofsky. Cast: Brendan Fraser, Sadie Sink, Ty Simpkins, Hong Chau, Samantha Morton, Sathya Sridharan. Laufzeit: 117 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. FSK 12. Verleih: Plaion Pictures. Kinostart: 27. April 2023.

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