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Konsequenzen angedroht
Entsetzen in Deutschland über ugandisches Anti-LGBT-Gesetz
Druck ausüben, Entwicklungshilfe streichen, Geflüchtete aufnehmen – das sind die deutschen Forderungen nach dem skandalös queerfeindlichen Gesetzentwurf, den das ugandische Parlament am Dienstag beschlossen hat.

Die Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg übt scharfe Kritik an Uganda (Bild: Heinrich-Böll-Stiftung)
- 3. Mai 2023, 15:30h 3 Min.
In der deutschen Politik gibt es scharfe Kritik an der Entscheidung des ugandischen Parlaments, ein neues queerfeindliches Gesetz zu verabschieden (queer.de berichtete). Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), forderte den ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni auf, "das Gesetz nicht in Kraft zu setzen, da es den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Ugandas zuwiderläuft". Es handele sich um "eines der weltweit strengsten Gesetze gegen LGBTQ+", schrieb Amtsberg am Mittwoch im Onlinedienst Twitter. Auch in seiner aktuellen Fassung sei es kaum abgemildert worden und sehe in bestimmten Fällen weiterhin die Todesstrafe vor.
Twitter / DeonHumanRightsI urge President @KagutaMuseveni not to enact it into law, which runs counter to Uganda's international human rights obligations. 2/2#SayNoToAHB23
Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg (@DEonHumanRights) May 3, 2023
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Michael Kauch, der Chef der Liberalen Schwulen und Lesben (LiSL), forderte die Bundesregierung zu Konsequenzen auf: "Die Zeit der Leisetreterei muss vorbei sein. Wenn die ugandische Parlamentspräsidentin in Bezug auf das Gesetz meint, die westliche Welt werde es nicht schaffen, 'Uganda zu beherrschen', dann braucht das eine klare Antwort", so der frühere FDP-Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen.
"Wer universelle Menschenrechte als westliche Herrschaft diffamiert, wird dann auch nicht mehr mit westlichen Steuergeldern finanziert", erklärte Kauch weiter. Unter anderem müsse Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den ugandischen Botschafter einbestellen und das Entwicklungsministerium Teile der Entwicklungszusammenarbeit mit Uganda identifizieren, "die im Falle des Inkrafttretens des Gesetzes gestrichen werden sollen". Dazu gehörten "in jedem Fall Mittel, die unmittelbar dem ugandischen Staat zu Gute kommen, über staatliche Institutionen in Uganda abgewickelt werden oder Organisationen im Land unterstützen, die sich positiv zum Anti-Homosexuellen-Gesetz geäußert haben". Queeren Antivist*innen müsse außerdem Asyl gewährt und der präferierte Zugang Ugandas zum EU-Binnenmarkt ausgesetzt werden.
Linke fordert "deutliche Reaktion Deutschlands und der EU"
Auch die oppositionelle Linksfraktion forderte eine "deutliche Reaktion Deutschlands und der Europäischen Union", wie Cornelia Möhring, die entwicklungspolitische Fraktionssprecherin, und Kathrin Vogler, queerpolitische Fraktionssprecherin, erklärten. "Dass Menschen mit einer lebenslangen Haft oder gar dem Tode bedroht werden, weil sie gleichgeschlechtlich lieben – also für eine Handlung, die einvernehmlich zwischen erwachsenen Menschen stattfindet und niemandem schadet -, ist ein unglaublicher Verstoß gegen die universellen Menschenrechte". Auch die Linken forderten "umgehend erleichterte Asylverfahren" sowie die "Finanzierung vieler Safe Spaces".
Das Parlament in Uganda hatte am Dienstag eine leicht veränderte Version des international scharf kritisierten Gesetzes verabschiedet – ohne jedoch von drakonischen Strafen gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen abzurücken. Der neue Entwurf stellt klar, dass es noch keine Straftat ist, sich als homosexuell zu bezeichnen. Erst "die Beteiligung an homosexuellen Handlungen" stelle ein Vergehen dar, das mit lebenslanger Haft geahndet werden kann. Mit dieser Überarbeitung folgten die Parlamentarier*innen der Forderung von Präsident Museveni, den Gesetzestext zu verändern und den "Fakt, homosexuell zu sein", nicht zu bestrafen (queer.de berichtete).
Verändert wurde zudem die Passage über "die Pflicht homosexuelle Akte anzuzeigen". Sie beschränkt sich nunmehr auf sexuelle Vergehen an Kindern oder anderen schutzbedürftigen Menschen.
Entgegen der Forderung des Präsidenten hielt das Parlament allerdings an dem Passus fest, Fälle von "schwerer Homosexualität" zu einem Kapitalverbrechen zu erklären, was bedeutet, dass unter anderem ein erneuter Verstoß gegen das Gesetz mit dem Tod bestraft werden kann. Obwohl die Todesstrafe in der ugandischen Verfassung verankert ist, wurde sie seit Jahren nicht mehr angewendet.
Nach der Abstimmung über die erste Version des Gesetzes im März hatten die Vereinten Nationen, Deutschland und andere westliche Länder Ugandas Präsidenten zu einem Veto gegen das Vorhaben gedrängt. (AFP/cw)

Herr Kauch scheint die jüngsten Verbesserungen des Asylrechts verschlafen zu haben. Asyl muss hier nicht eigens als gesonderte politische Maßnahme gewährt werden, es steht queeren Flüchtenden aus Uganda bereits jetzt zu - und zwar nicht nur Aktivist:innen, sondern allen, deren sexuelle Orientierung und / oder Geschlechtsidentität dort kriminalisiert wird. Was übrigens bereits jetzt, vor der Verabschiedung des verschärften Gesetzes, der Fall ist.
Der barbarische Zustand, dass queere Asylbewerber:innen mit der Begründung, sie könnten ihre Sexualität oder Transidentität ja verstecken, in Verfolgerstaaten abgeschoben werden, wurde schließlich gerade erst von der Ampel beendet. Aber gut, daran hatte die FDP keinen Anteil, das war einfach eine Dienstanweisung ans BAMF, für die man die Stimmen der Liberalen nicht gebraucht hat. Zum Glück für alle queeren Geflüchteten, denn wenn die FDP selbst Angesichts lebenslanger Haftstrafen und Hinrichtungen nur Aktivist:innen für asylbedürftig hält, kann man sich denken, wie sich eine Partei entschieden hätte, für die Queerpolitik in erster Linie die Sicherung der Besitzstände einer winzigen Klasse vermögender, überassimilierter Schwuler und Lesben und vielleicht ein paar dank dickem Konto zu 1000% passender Transmedikalist:innen ist.
Wie man Herr Kauchs Äußerung über westliche Vorherrschaft lesen kann, dazu spare ich mir den Kommentar, den daraus triefenden Imperialismus kann sicher jede:r selbst erkennen. Unser Handeln muss gerade ohne solche Reflexe auskommen, um glaubwürdig zu sein. Wir müssen hier im Westen klarstellen, dass die Einflussnahme von evangelikalen Neokolonialisten kommt und nicht von Leuten, die einfach allen Ugander:innen ermöglichen wollen, ihr Leben zu leben.
Aber gut, dafür müsste man Staaten des Globalen Südens als sich emanzipierende Akteure betrachten, nicht als Befehlsempfänger.