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Frankfurt am Main
Hass auf queere und jüdische Menschen: Bomben im Kinderzimmer gebaut
Das Frankfurter Oberlandesgericht verurteilte einen 21-Jährigen, der Sprengkörper für einen Anschlag gebastelt hatte. Als der junge Mann dem Verfassungsschutz auffiel, beschäftigte er sich bereits mit der Suche nach einem Anschlagsziel.
- 9. Mai 2023, 02:19h - 3 Min.
Wegen der Planung eines Terroranschlags und der versuchten Gründung einer terroristischen Vereinigung ist ein mutmaßlicher Rechtsextremist vom Frankfurter Oberlandesgericht zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er mit selbst gebauten Sprengsätzen Anschläge verüben wollte, um einen Bürgerkrieg zu entfachen. Der 21-Jährige aus Nordhessen nahm das Urteil am Montag an, die Generalbundesanwaltschaft kann noch Revision einlegen. Sie hatte eine Jugendstrafe von fünf Jahren gefordert, die Rechtsanwältin plädierte für eine Haftdauer von drei Jahren und sechs Monaten.
Seit seiner Festnahme im September 2021 habe sich der Mann positiv entwickelt, sagte der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats in seiner Urteilsbegründung. Die Verhandlungen in dem aufwendigen Prozess seien für ihn eine Art Therapiesitzung gewesen, die erhaltene Aufmerksamkeit habe dem Mann sichtlich gutgetan. Er nehme zudem an einem Aussteige-Programm für Rechtsextremist*innen teil.
Leiter der "Atomwaffen Division Hessen"
Ein Geheimagent des Verfassungsschutzes war dem Mann auf die Spur gekommen, der in Chats nach Mitstreitern für eine von ihm geführte "Atomwaffen Division Hessen" suchte. Anhänger*innen der "Atomwaffen Division" (AWD) vertreten eine rassistische, antisemitische und nationalsozialistische Weltanschauung. Sie streben laut dem Richter einen Bürgerkrieg an, in dem alle, die ihrem Feindbild entsprechen – etwa jüdische und homosexuelle Menschen -, getötet werden sollen. 2019 soll die AWD Deutschland Morddrohungen gegen zwei Grünen-Politiker aus dem Bundestag ausgesprochen haben.
Der nun verurteilte Mann hatte bis zu seiner Festnahme bei seinen Eltern gelebt. In seinem Kinderzimmer baute er laut der Urteilsbegründung Sprengkörper mit enormer Explosionskraft, zum Teil versehen mit gefährlichen Stahlkugelsplittern. Zudem versuchte er im Internet, Schusswaffen für seinen Anschlag zu kaufen. Wo genau er diesen verüben wollte, wusste er noch nicht, ihm schwebten der Bundestag oder Schulen vor. "Er spielte die Szenarien in Gedanken durch", so der Vorsitzende Richter.
Auch Verfahren wegen Kinderpornografie
Bereits im Grundschulalter entwickelte sich der Urteilsbegründung zufolge in ihm Hass. Der Junge habe sich nach Aufmerksamkeit gesehnt, sich in der Familie und später auch in der Schule ausgegrenzt gefühlt. Mit Beginn der Pubertät interessierte er sich demnach zunehmend für Pyrotechnik, Militär und Nationalsozialismus. Er kleidete sich mit Springerstiefeln und Tarnanzug, aus seiner rechtskonservativen Haltung wurde Rechtsextremismus, was er auch offen zeigte. Bei der AWD habe er seine innere Heimat gefunden, sagte der Richter. Gewalt und das Töten hätten ihn fasziniert.
Nach seiner Festnahme fanden die Ermittler bei ihm auch etliche Videos und Fotos, die Kinderpornografie zeigen. Dazu läuft noch ein Strafverfahren gegen ihn. (cw/dpa)
