
https://queer.de/?45512
München
CSD München verbannt die CSU von der Demonstration
Bei der Münchner CSD-Parade am 24. Juni wird es keinen Wagen der CSU geben. Eine entsprechende Anmeldung lehnten die Veranstalter*innen ab. "Disqualifiziert" habe sich die Partei u.a. mit ihrer Hetze gegen eine Drag-Lesung für Kinder.

Protestschild beim Münchner CSD 2017 (Bild: IMAGO / ZUMA Wire)
- 9. Mai 2023, 05:26h 4 Min.
Die CSU darf in diesem Jahr nicht mit einem Truck am CSD München teilnehmen. "Der CSD hat eine Anmeldung der CSU für die PolitParade abgesagt", teilten die Organisator*innen am Montagnachmittag in einer Pressemitteilung mit. "Die Partei hat sich in den Augen der Veranstalter*innen-Vereine insbesondere in den letzten Tagen wieder klar für eine Teilnahme am Münchner CSD disqualifiziert."
Voraussetzung, um beim Christopher Street Day dabei zu sein, sei der "glaubhafte und konsequente Einsatz für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz aller queeren Menschen", heißt es in der Erklärung. "U.a. durch die jüngsten Forderungen von Teilen (nicht nur) der Münchner CSU zum Verbot einer Drag-Lesung in der Münchner Stadtbücherei scheint dies wenig glaubhaft. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sich die Partei mit der Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe mit der Ehe zwischen Mann und Frau immer noch schwertut, wie das neue Grundsatzprogramm beweist."
Queerfeindliche Tiraden gegen Drag-Lesung
In den vergangenen Tagen hatten zahlreiche CSU-Politiker*innen Stimmung gegen eine für den 13. Juni geplante Drag-Lesung für Kinder in der städtischen Münchner Bibliothek gemacht. CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach von "woker Frühsexualisierung", der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Hans Theiss erfand eine geplante "#Sexualkunde durch Drag Queens" und die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss München-Bogenhausen kündigte einen Antrag an, um das Event zu verbieten (queer.de berichtete).
"Wer polemisch arbeitet, der ist auf dem CSD nicht am richtigen Ort", erklärte Tobias Oliveira Weißmantel, Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe, die zu den CSD-Veranstalter*innen gehört, gegenüber der Tageszeitung "tz". "Es geht bei Drags überhaupt nicht um Sexualisierung. In diesem Fall sind es verkleidete Menschen, die aus kindgerechten Büchern vorlesen", wird er von "Bild" zitiert. "Durch solche Kommentare wird das Leben einer ganzen Community infrage gestellt. Hier ist noch mal ganz deutlich geworden, wie die CSU zu Toleranz steht."
Für Kritik hatte in den letzten Tagen auch ein Besuch von Andreas Scheuer und zwei weiteren CSU-Bundestagsabgeordneten beim extrem rechten und queerfeindlichen US-Gouverneur Ron DeSantis gesorgt (queer.de berichtete). In ihrem am Wochenende verabschiedeten neuen Grundsatzprogramm (PDF) wendet sich die CSU gegen einen angeblichen "linken Kulturkampf in Form von Identitätspolitik, Wokeness und Cancel Culture". Auch sechs Jahre nach dem Ende des Eheverbots für lesbische und schwule Paare bekennt sich die Partei noch immer "zur traditionellen Ehe von Mann und Frau" (queer.de berichtete).
Wird SPD-OB Dieter Reiter weiter Schirmherr sein?
Noch offen ist, ob Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) weiterhin Schirmherr des CSD München sein wird. Auch der SPD-Politiker hatte die Drag-Lesung öffentlich verurteilt. "Ich habe für diese Art Programm kein Verständnis und glaube nicht, dass das für Vierjährige geeignet ist", sagte das Stadtoberhaupt der "Bild"-Zeitung. "Ich würde mit meinen Enkeln nicht hingehen" (queer.de berichtete). Mit Reiter werde zunächst ein Gespräch geführt, kündigte Tobias Oliveira Weismantel an.
Dem Treffen am Dienstag hat der SPD-Politiker bereits zugestimmt. Für seine Aussagen fand er bislang weder Worte des Bedauerns noch nahm er sie zurück (queer.de berichtete). Er lehne die Kunstform Drag nicht ab, stellte Reiter am Montag lediglich klar. Forderungen, die Lesung zu unterbinden, hält er "für absolut überzogen". Eltern könnten selbst entscheiden, ob sie mit ihren Kindern hingehen wollen oder nicht. Er stehe "auch weiterhin stabil an der Seite der gesamten queeren Szene", so der Rathauschef.
CSU-Chef: Dann muss auch Reiter ausgeschlossen werden
Gegenüber dem "Merkur" protestierte der Münchner CSU-Vorsitzende Manuel Pretzl gegen das CSD-Verbot für seine Partei. Er gehe weiter davon aus, dass die CSU Teil der Demonstration sein werde. "Toleranz ist keine Einbahnstraße. Wer Vielfalt feiert, muss auch vielfältige Meinungen akzeptieren", so Pretzl. Wenn Kritiker*innen der Drag-Lesung beim CSD nicht willkommen seien, müsse auch OB Reiter ausgeschlossen werden.
Die Münchner CSD Pride Weeks unter dem Motto "Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!" finden in diesem Jahr vom 10. bis zum 25. Juni statt. Höhepunkt ist die CSD-Politparade am Samstag, den 24. Juni. (mize)

Trotzdem habe ich mich in dieser Umfrage hier für B entschieden.