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Stand-up-Comedy
Anekdoten aus einer queeren Ehe
Jetzt auf Netflix: Im neuen Programm "Something Special" reißt Hannah Gadsby auch mal Witze über die leichteren Momente des Lebens. Immer wieder geht es um die Beziehung mit Ehefrau und Produzentin Jenney Shamash.

Hannah Gadsby erreichte internationale Aufmerksamkeit mit der Stand-up-Show "Nanette", die 2018 auf Netflix ausgestrahlt wurde (Bild: Netflix)
10. Mai 2023, 04:01h 3 Min. Von
Wer im vergangenen Jahr Hannah Gadsbys Auftritt in Berlin verpasst hat (der einzige in Deutschland!), darf sich jetzt besonders freuen, denn endlich ist das jüngste Programm des queeren Comedy-Stars auch als Special bei Netflix verfügbar. Der Titel lautet inzwischen nicht mehr "Body of Work", sondern "Something Special" – und das klingt nicht umsonst nach einer romantischen Hollywood-Komödie.
Dieses Mal, so verkündet Gadsby gleich zu Beginn des in Sydney aufgezeichneten, knapp 75-minütigen Auftritts, sei ein Feelgood-Abend angesagt. Für einen kurzen Moment ist man irritiert, schließlich wurde Gadsby international 2018 mit dem Programm "Nanette" bekannt, einer sehr bitteren, gnadenlos ehrlichen, enorm berührenden und trotzdem ungemein witzigen Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie bekannt.
Als Anti-Comedy feierten manche das, andere fühlten sich an TED-Talks erinnert. Auf jeden Fall war es anders als alles, was man sonst auf Stand-up-Bühnen zu sehen bekommt. Nicht zuletzt durch die Themensetzung, verhandelte Gadsby – selbst lesbisch und nichtbinär – doch auf sehr persönliche Weise eigene traumatische Erfahrungen mit Homofeindlichkeit, Sexismus und Gewalt. Ähnlich wie zwei Jahre später "Douglas", wo Gadsbys Autismus-Diagnose mitsamt kunsthistorischen Exkursen im Fokus stand, war das in gewisser Weise geradezu revolutionär. Und allemal wegweisend, wenn man daran denkt, was nicht viel später Jerrod Charmichael mit "Rothaniel" machte.
Ein unromantischer Heiratsantrag als Klammer
Doch tatsächlich ist nun "Something Special", was Tonfall und Themen angeht, ein wenig anders gelagert. Gadsby scheint sich eingelebt zu haben, im noch neuen Ruhm, in der eigenen Identität, im Dasein als Autist*in. Seit 2021 ist Gadsby mit der Produzentin Jenney Shamash verheiratet und offenkundig ziemlich glücklich, nimmt doch diese Beziehung viel Raum ein im neuen Programm. Es geht um das Kennenlernen der Schwiegereltern, die Hochzeitstorte und nicht zuletzt den Antrag, dessen reichlich unromantische Umstände die Klammer des Auftritts darstellt. Zwischendurch gibt's natürlich ein paar Abstecher in andere Gefilde, Ex-Freundinnen etwa oder auch zwei nicht gerade reibungslos verlaufene Begegnungen mit Jodie Foster. Auch für gelegentliche Seitenhiebe gegen heterosexuelle cis Männer bleibt Zeit.

Hannah Gadsby im Feelgood-Abend "Something Special" (Bild: Netflix)
Noch immer teilt Gadsby also viel Autobiografisches mit dem Publikum, auch alte Traumata oder der Autismus werden dieses Mal nicht komplett ausgeblendet. Aber erstaunlich ist es schon, wie viel näher dran – nicht zwingend im Tonfall, aber doch in Aufbau und Themensetzung – das Ganze dieses Mal an konventionelleren Stand-up-Programmen ist. Auch im Vergleich mit "I'm an Entertainer", der neuen Show der ebenfalls lesbischen Komikerin Wanda Sykes, die ab dem 23. Mai bei Netflix zu sehen ist.
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Wer etwa hofft, Gadsby würde – wie online oder auch auf Tournee – gegen die transfeindlichen Ausfälle des (auch von Netflix finanzierten) Kollegen Dave Chapelle wettern oder sich sonst wie über das sich drastische verschlechternde gesellschaftspolitische Klima äußern, wird in "Something Special" enttäuscht. Auch werden dieses Mal nicht alteingesessene Comedy-Gepflogenheiten auf den Kopf gestellt.
Doch warum sollte nicht auch Hannah Gadsby einfach mal Witze reißen über die schöneren, leichteren Momente des Lebens? Sehr viel smarter und witziger als bei fast allen Kolleg*innen ist das jedenfalls noch immer.
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Nein, davon kann keine Rede sein. Bitte ruhig mehr davon. Und bloß ja keine Synchronisation hier vornehmen.