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"Der letzte Sessellift"

In Irvings neuem Roman gibt's nur eine nicht-queere Person

John Irving ist einer der bekanntesten amerikanischen Romanautoren. Mit 81 Jahren und nach einer längeren Pause meldet er sich wieder zurück: "Der letzte Sessellift" soll sein letzter langer Roman sein, wie er sagt.


John Irving im November 2022 in Toronto (Bild: IMAGO / ZUMA Press)
  • Von Sabine Glaubitz, dpa
    12. Mai 2023, 10:38h 2 4 Min.

John Irving schreibt gern lange Romane, in denen immer viel passiert: Sex zwischen älteren Frauen und jüngeren Männern, Inzest, Söhne, die auf der Suche nach unbekannten Vätern sind. Sein jüngstes Werk "Der letzte Sessellift" (Amazon-Affiliate-Link ) macht da keine Ausnahme. Im Gegenteil. Sein 15. Roman ist über 1.000 Seiten lang und wieder eine dichte Familiensaga mit viel Sex und vielen queeren Figuren. Ein unverkennbarer Irving-Roman, der sich dennoch von seinen anderen Werken unterscheidet – nicht nur, weil er sein letzter langer Roman sein soll.

"Der letzte Sessellift", im Original "The Last Chairlift", ist die Geschichte von Adam Brewsters Leben und Familie von den 1940er Jahren fast bis heute. Seine Mutter, Little Ray, ist Skilehrerin, die ihm nicht verrät, wer sein Vater ist. Was wir gleich zu Beginn erfahren ist, dass sie 1941 als 18-Jährige in der Kleinstadt Aspen in dem US-amerikanischen Bundesstaat Colorado an den nationalen Abfahrts- und Slalom-Meisterschaften teilnahm. Doch statt mit einer Medaille kehrte sie schwanger in ihre Heimat New Hampshire zurück.

Die Aids-Krise und der Hass auf Schwule


"Der letzte Sessellift" ist Ende April 2023 im Diogenes Verlag erschienen

Die Reise geht durch fünf weitere Jahrzehnte in dichten Handlungssträngen – von Exeter, wo auch Irving 1942 geboren wurde, über New York bis Toronto, wo der amerikanisch-kanadische Autor heute lebt. Sie spielen vor dem politischen Hintergrund der Aids-Krise unter Präsident Reagan und dem langsam wachsenden Hass und der Intoleranz gegenüber homo­sexuellen Menschen.

Es ist ein hemmungsloser Kuss, der zum Dreh- und Angelpunkt von Irvings Geschichte wird. Im Alter von 13 Jahren drückt ihn seine sportliche Mutter auf sein Bett und gibt ihm einen inzestuösen Kuss, der ihn völlig verstört und viele Fragen in ihm auslöst. Dann verkomplizieren sich die Dinge: Wir entdecken, dass seine Mutter mit Molly zusammenlebt, einer Pistenpflegerin, jedoch eine Vernunftehe mit einer sieben Jahre jüngeren Englisch-Lehrkraft eingeht, die eine Transition beginnt. Im Verlauf des Romans treffen wir auch Adams Großeltern, seine Tanten, seine Onkel und seine Freundinnen.

"Der letzte Sessellift" ist eine unverkennbare Irving-Geschichte mit wiederkehrenden Themen, tragikomischem Ton, schwarzem Humor und markanten Charakteren. Es geht um Kampf, gleich­geschlechtliche Beziehungen, Gewalt, Verlust und Familiengeheimnisse. Und immer wieder brechen über das Leben der Romanfiguren Schicksalsschläge und Katastrophen herein: Adams Vater wird von einem Blitz getroffen, bei einem antifeministischen Anschlag kommen 14 Frauen ums Leben.

Irving hat selbst queere Geschwister

Irving vermischt gerne Fiktion und Autobiografie. In fast allen seinen Romanen taucht ein Kind auf, das nicht alles über seine Familie oder die Umstände seiner Geburt weiß – so wie er, der seinen leiblichen Vater nicht kannte. Seine Protagonist*innen sind gern Schriftsteller*innen und die Kleinstadt Exeter einer seiner bekannten Roman-Schauplätze. Und wenn es in seinen Romanen immer wieder um LGBTI-Themen geht, dann deshalb, weil er mit einer lesbischen Schwester und einem schwulen Bruder aufwuchs, denen Hass, Diskriminierung und Anfeindungen entgegenschlugen.

Dennoch unterscheidet sich sein neuer Roman von seinen anderen: Nahezu alle Menschen seien queer, bis auf Adam, sagte er in einem Interview der "Kleinen Zeitung". "Ich habe das Ganze aber umgedreht, und die queeren Menschen sind alle 'normaler' als Adam", erklärte er. Denn Adam als vermeintlich "normaler" cis-hetero Typ lege sexuell das seltsamste Verhalten an den Tag.

Irving hat 14 Romane geschrieben, die fast alle zu Bestsellern wurden. Mit "Garp und wie er die Welt sah" schaffte er 1978 seinen überwältigenden Durchbruch, "Gottes Werk und Teufels Beitrag", das 1985 erschien, wurde 1999 sogar verfilmt. Das Drehbuch dazu schrieb er selbst, wofür er mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.

Mit 81 Jahren hat er nun sein letztes langes Werk geschrieben, wie er der kanadischen Zeitung "Toronto Star" sagte. Womöglich auch sein letztes schlechthin: Denn "Der letzte Sessellift" ist ein Konzentrat seiner 40-jährigen Schriftstellerei. Dazu passt auch die Länge des Romans.

Infos zum Buch

John Irving: Der letzte Sessellift. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anna-Nina Kroll und Peter Torberg. 1.088 Seiten. Diogenes Verlag. Zürich 2023. Gebundene Ausgabe: 36 Euro (ISBN 978-3-257-07222-8). E-Book: 34,99 €

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#1 LothiAnonym
  • 12.05.2023, 11:09h
  • Das ist echt schon merkwürdig. Vor einigen Tagen schaute ich im Internet nach diesen tollen Autor was er so neues herausgebracht hat. Da sprang mir sogleich der Buchtitel entgegen. Mit einem seiner Werke: Gottes Werk und Teufels Beitrag, hat er mich total überzeugt als Leser. Zudem diese Buchverfilmung sogar einen Oskar gewann.
    Keine Frage, wieder ein Roman dem man die über 1000 Seiten verzeiht. Bin echt gespannt.
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#2 _Patrick_Profil
  • 12.05.2023, 13:49hRLP
  • Ich brach eben in schallendes Lachen aus. Um die ersten Meinungen zum Buch nachzulesen, klickte auf den Amazon-Link, wo das Buch als "Bestseller Nr.1 in Sexratgeber für Schwule" geführt wird. Ich kann nicht mehr.
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