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Übergriff in Berlin
"Die Schwuchtel schlägt zurück"
"Sticks & Stones"-Gründer Stuart Cameron berichtet davon, wie er sich gegen einen queerfeindlichen Angreifer wehrte – und anschließend nicht unglücklich war.

Stuart Cameron hat eine Message an den homophoben Angreifer… (Bild: privat)
- 12. Mai 2023, 11:47h 3 Min.
Stuart Cameron, der Gründer der queeren Job- und Karrieremesse "Sticks & Stones", hat vergangenen Freitag auf TikTok sehr selbstbewusst von einem queerfeindlichen Übergriff auf ihn in Berlin berichtet. Der 43-Jährige betitelte das knapp dreiminütige Video, in der er mit einer lädierten Nase zu sehen ist, mit den Worten: "Die Schwuchtel schlägt zurück."
In dem Video erzählte Cameron, wie ihn am Vortag ein Mann gegen 15 Uhr im Prenzlauer Berg offenbar wegen seiner gemachten Fingernägel als "Scheiß-Schwuchtel" beschimpft und mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte. "Das hat etwas wehgetan, ich hab mich dann aber an Taekwondo erinnern können", so Cameron weiter. Dann habe der Angreifer einen "kräftigen Kick in die Eier" bekommen. Anschließend sei es ihm trotz des Schreckens gut gegangen, berichtete Cameron: "Ich fühl mich nicht als Opfer."
TikTok / Stuart Bruce Cameron@stuart.bruce.cameron Die Schwuc**el schlägt zurück.. Was tun, wenn man angegriffen wird, weil man queer ist. Meldet es u.a. bei @MANEO_Berlin #queer #pride #lgbt
Originalton – Stuart Bruce Cameron
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Cameron sagte aber auch, dass nicht in jeder Situation sein Verhalten ein Vorbild sei: Bei einem derartigen Übergriff solle man zunächst einmal versuchen, eine Konfrontation zu vermeiden – die angreifende Person könnte schließlich ein Messer mit sich führen. Man sollte außerdem Anzeige erstatten und auch über den Vorfall reden, um ihn zu verarbeiten. Falls man sich verteidigt, empfahl Cameron: "Habt kein schlechtes Gewissen." Und weiter: "Ich fühl mich echt nicht schlecht. Es tut mir nicht leid, dass er leiden musste."
Gegenüber queer.de beschrieb Cameron den Täter als Ende 30- oder Anfang 40-jährigen wohl einheimischen Mann, der zirka 1,85 Meter groß und alkoholisiert war. Cameron erklärte weiter, er wolle den Vorfall noch der Polizei melden, mache sich aber keine Hoffnungen, dass der Täter zur Rechenschaft gezogen wird. Schließlich habe wohl niemand sonst den Vorfall gesehen – und er wisse aus Erfahrung, dass es ohne Zeug*innen oder Videomaterial kaum eine Chance auf ein Gerichtsurteil gebe. Bei einer Anzeige würde die Tat aber zumindest in der Statistik aufgenommen werden.
"Ich glaube übrigens, dass ich mich vor allem deswegen so gut fühle, weil ich bei unserem letzten Proudr-Event mit einer Lesbe gesprochen hatte – und sie erzählte, dass sie sich bei einem ähnlichen Vorfall auch verteidigt hatte und danach sehr gut fühlte", so Cameron weiter. "Darum habe ich auch diesen Post mit dem provokanten Zeigefinger gemacht. Ich wollte zeigen, dass man sich nicht als Opfer fühlen muss, wenn man LGBTIQ+-feindlich angegriffen wird." Freilich merkte er noch an, dass er Gewalt "niemals für gut befinde und immer empfehlen würde, aus einer solchen Situation schnellstmöglich wegzulaufen".
Mehr Übergriffe aus Berlin gemeldet
Die queere Opferberatungsstelle Maneo berichtete erst am Mittwoch über einen Anstieg der Berichte von Übergriffen auf queere Menschen: Demnach seien im vergangenen Jahr 557 Fälle gemeldet worden, die eindeutig queerfeindliche Bezüge gehabt hätten – das sei ein Anstieg von sechs Prozent (queer.de berichtete). (dk)

Und ja, Anzeige zu erstatten ist aus den genannten Gründen sehr wichtig, egal ob etwas dabei herauskommt. Es muss in die Statistik.