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Nach Boykottaufrufen
Plötzlich liebt Gloria von Thurn und Taxis queere Menschen
Kürzlich hat Gloria von Thurn und Taxis noch über Homosexualität als "tierischer Instinkt" und "Sünde" gesprochen – angesichts von Boykottaufrufen will sie aber jetzt ganz weltoffen sein.

Gloria von Thurn und Taxis fühlt sich missverstanden (Bild: IMAGO / Sammy Minkoff)
- 12. Mai 2023, 15:26h 3 Min.
Die Regensburger Schlossfestspiele stehen dieses Jahr wegen ihrer Schirmfrau Gloria von Thurn und Taxis besonders in der Kritik: Das seit 2003 stattfindende Kulturevent, bei dem dieses Jahr Stars wie Giovanni Zarrella, Simply Red und Eros Ramazotti rund um das Thurn-und-Taxis-Schloss St. Emmeram auftreten, schmückt sich ausgerechnet mit der wegen ihrer extrem menschenfeindlichen Äußerungen berüchtigten 63-Jährigen. Nach Boykottaufrufen startet die selbsternannte Fürstin nun offenbar eine PR-Kampagne – und versucht auch, ihre queerfeindlichen Äußerungen vergessen zu machen.
"Das Bild, das der Boykottaufruf über mich zeichnet, ist so weit weg wie sonst etwas von der Realität", erklärte Thurn und Taxis in einem am Donnerstag erschienen Bericht der "Mittelbayerischen Zeitung" (Bezahlartikel). "Im Schloss habe ich Homosexuelle und auch Transsexuelle seit vielen Jahren begrüßt, da wusste man in Regensburg noch gar nicht, was Transsexualität eigentlich ist."
Zudem behauptete die adlige Unternehmerin, sie habe ihre Kinder zur Weltoffenheit erzogen. Als Beweis für ihre angebliche Queerfreundlichkeit wurde in dem "Mittelbayerischen"-Artikel ein Bild veröffentlicht, dass die Adlige und ihre Tochter gemeinsam mit trans Künstlerin Ser Serpas zeigt.
"Tierische Instinkte" und "Teufel"
Tatsächlich fiel Thurn und Taxis aber in den letzten Jahren immer wieder durch menschenverachtende Äußerungen auf, die auch gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten gerichtet waren. Erst vor einem halben Jahr war sie etwa zu Gast im Youtube-Kanal "Achtung, Reichelt!" und sprach in Zusammenhang mit Homosexualität von "tierischen Instinkten" und "Sünde" (queer.de berichtete). Schwule und Lesben forderte sie auf, ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit geheim zu halten. In der Vergangenheit hatte sie die gleichgeschlechtliche Ehe bereits als "Angriff auf die klassische Familie" und Werk des Teufels bezeichnet. Außerdem unterstützte sie die extrem queerfeindliche sogenannte Demo für alle.
100 lokale Künstler*innen haben bereits vor mehreren Wochen in einem offenen Brief die Öffentlichkeit aufgerufen, das Schlossfestival wegen Thurn und Taxis zu boykottieren. Die Fürstin falle nämlich "durch rassistische, homophobe und wissenschaftsfeindliche Äußerungen auf". Der Adligen wird auch vorgeworfen, den Klimawandel und den sexuellen Missbrauch durch Geistliche zu verharmlosen oder abwertend über Nicht-Weiße zu sprechen ("Der Schwarze schnackselt gerne"). "Dieses menschenfeindliche Verhalten kann und darf nicht länger hingenommen werden", so das Resümee.
"Die konservative Welt berichtet, dass nun auch Politik und Verwaltung der Stadt Regensburg offiziell von der...
Posted by Recht auf Stadt – Regensburg on Sunday, April 30, 2023
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Auch Gewerkschaftler*innen haben genug vom fürstlichen Hass: Die DGB-Jugend Oberpfalz bezeichnet die 63-Jährige etwa in der Kampagne "Thurn und Toxisch" als "Sorgenkind von Regensburg".
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Veranstalter über Boykottaufruf: "Da lache ich drüber"
Bislang reagieren die Schlossfestspiele sehr locker auf die Kritik: Reinhard Söll, der das Event mitorganisiert, sagte kürzlich etwa laut AZ herablassend: "Da lache ich drüber." Der Initiator des Boykottaufrufs sei lediglich ein "bekannter Linksradikaler, der einen Hass gegen die Fürstin" habe. Gegenüber dem "Spiegel" (Bezahlartikel) prahlte er: "Der Vorverkauf läuft ausgezeichnet."

Der Auftritt von Sänger und ZDF-Moderator Giovanni Zarrella wird auf der Homepage der Schlossfestspiele beworben
Laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin wird der Protest dieses Jahr ernster genommen als in den Vorjahren – so sei er "größer und von bundesweiter Ausstrahlung". BMW überdenke etwa sein Engagement als Hauptsponsor der Festspiele. Die Firma stehe für Toleranz, Antidiskriminierung, Chancengleichheit, Freiheit, Interkulturalität und Diversität, teilte der Konzern mit. "Diesen – für uns unverhandelbaren – Grundwerten stehen dokumentierte Äußerungen von Gloria Fürstin von Thurn und Taxis entgegen." Künftig würde die Unterstützung des Autobauers an "bestimmte Forderungen" geknüpft.
Die Fürstin forderte gegenüber dem "Spiegel" Toleranz für ihren Hass: "Eine Gesellschaft, die für sich in Anspruch nimmt, divers und tolerant zu sein, sollte die freie Meinungsäußerung auch von den Menschen tolerieren, die nicht ihre eigene Meinung widerspiegeln." (dk)

Ihr Worte sind so glaubwürdig, wie die von Mielke (Stasiminister), der sagte, dass er alle liebt.