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Eurovision Song Contest
Eurovision-Finale 2023: Alle Songs im Überblick
Wir stellen euch die 26 Beiträge des britisch-ukrainischen ESC aus Liverpool vor und tippen, welche Länder bei der Punktevergabe ganz vorne landen.

Finnland (l.) und Schweden (r.) dürften den Sieg unter sich ausmachen, Deutschland okay bis gut abschneiden (Bild: EBU (alle Bilder))
13. Mai 2023, 16:25h 13 Min. Von
"United by Music" – unter diesem Motto treten heute 26 (von insgesamt 37 teilnehmenden) Ländern im Finale des Eurovision Song Contest in Liverpool an. Zum ersten Mal seit 1980 findet der ESC nicht im Gewinnerland statt: Nach dem Sieg der ukrainischen Band Kalush Orchestra ("Stefania") im Vorjahr wurde der Austragungsort ins Heimatland des letztjährigen Zweitplatzierten Sam Ryder ("Space Man") verlegt.
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Das TV-Event steht unter dem Schatten zahlreicher Zerrüttungen innerhalb der europäischen Innen- und Außenpolitik, insbesondere des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. In den Vorbereitungen arbeitete die BBC stark mit dem Rundfunk Suspilne zusammen, um die ukrainische Kultur angemessen würdigen. So wird der TV-Journalist Timur Miroshnychenko, der den ESC 2017 in Kiew mitmoderierte, in den Shows eingesetzt. Die Moderation übernehmen die ukrainische Rock-Musikerin Julija Sanina sowie auf britischer Seite Sängerin Alesha Dixon und Schauspielerin Hannah Waddingham. Auch der schwule irische Talkmaster Graham Norton, der ESC-Kommentator der BBC, wird im Finale als Mitmoderator auftreten.
Die Show wird ab 21 Uhr im Ersten und auf eurovision.de gezeigt, zum letzten Mal mit Peter Urban als deutscher Kommentator. In der Flaggenparade und den Interval Acts dürfen sich Fans auf viele bekannte Eurovision-Gesichter wie Jamala, Go_A, Verka Serduchka, Mahmood und Duncan Laurence und viele Überraschungen und Highlights freuen – ein Surpise-Act probte zudem unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine weitere Überraschung wurde am Freitag publik: Im nächsten Jahr kehrt Luxemburg in den Wettbewerb zurück, erstmals seit 1993.
Alle Finalbeiträge in der Startreihenfolge

V.l.: Österreich, Portugal, Schweiz, Polen
1. Österreich: Teya & Salena – Who the Hell is Edgar?
"OMG, you're such a good writer!" – Mit diesem flapsigen Spruch startet nicht nur das diesjährige Eurovision-Finale, sondern auch der eingängige Pop-Song aus dem Hause Österreich. Mit Edgar-Allan-Poe-Referenzen (und der passenden Schreibmaschine im Hintergrund), stilbrechenden Kirchengesängen und einem treibenden Beat präsentieren Teya und Salena den besten österreichischen Beitrag seit Jahren. Die gelangweilte Tanzchoreografie und die durch die gesamte Liverpool-Arena hörbaren "Poe, Poe, Poe!"-Rufe durch das Publikum werden sicherlich für gute Stimmung bei Public-Viewing-Partys sorgen.
Prognose: Top 10 sollte drin sein – das Publikum wird es lieben.
2. Portugal: Mimicat – Ai coração
Was habe ich mich gefreut, als ich Portugal ins Finale habe einziehen sehen! "Ai coração" ist ein optimistischer Folklore-Pop-Song mit einer charismatischen Sängerin und einem theaterähnlichen Treiben auf der Bühne, der Freude bereitet. Leider sehen die Buchmacher*innen Mimicat deutlich auf der rechten Seite der Punktetabelle, der Zauber kann sich bei dieser ungünstigen Startposition wahrscheinlich nicht hundertprozentig entfalten.
Prognose: Obwohl mich der Beitrag entzückt, sehe ich ihn leider auf Platz 15-20.
3. Schweiz: Remo Forrer – Watergun
Remo Forrer bringt die erste Ballade des Abends. "Watergun" hat eigentlich alles, was eine gute ESC-Ballade braucht: einen talentierten Sänger, ein vielversprechendes Instrumental, ein vorantreibendes Arrangement – und doch springt bei mir der Funke nicht über. Die Lichteffekte und Tanzeinlagen wirken für den doch recht unscheinbaren Song überzogen: es ist schwer, einen emotionalen Zugang zu dem schweizerischen Beitrag zu finden.
Prognose: Ebenfalls auf der rechten Seite der Punktetabelle.
4. Polen: Blanka – Solo
Vielleicht mag ich einigen Leser*innen damit vor den Kopf stoßen, aber der polnische Beitrag ist für mich die Negativseite des Eurovision Song Contest: Eine ekelhaft auf Eingängigkeit getrimmte Melodie, lieblose PowerPoint-Übergänge und -Schnitte, quietschbunte nicht zusammen passende Kostüme – alles hier schreit nach Konformismus und Einheitsbrei.
Prognose: Die Jury wird das schwer mit Punkten würdigen können, das Publikum scheint aber Gefallen daran zu finden. Mehr als Platz 15 wäre dennoch überraschend.

Serbien, Frankreich, Zypern, Spanien
5. Serbien: Luke Black – Samo mi se spava
Der serbische Beitrag sticht durch seine Synthiepop-Einflüsse und einem narrativen Verlauf innerhalb der Performance stilistisch heraus. Luke Black besingt/beflüstert Gefühle der Isolation und Einsamkeit, äußert wispernd vor wummernden Bässen und Teufelsstimmen sein Bedürfnis zu schlafen, um der Welt zu entfliehen. Der Beitrag selbst mag sperrig sein, Lukes Art der Performance und seine gekonnten Bewegungen ebneten ihm nichtsdestoweniger den Weg ins Finale.
Prognose: Obwohl ich Gefallen an dem Song finde, rechne ich mit einer schlechten Jury-Bewertung und einer Platzierung im Mittelfeld.
6. Frankreich: La Zarra – Évidemment
Man packe eine französische Diva, jede Menge Drama und ein Chanson sowie Dancepop-Elemente zusammen – und ich bin glücklich! La Zarras "Évidemment" ist ein verführerischer und schmissiger Beitrag, der neben gesanglichem Talent (leider im Halbfinale noch etwas unsicher) und einer charismatischen Persona unzählige französische Klischees vereint: Neben funkelnden Diskolichtern und meterhoch aufragenden Podest ist es aber doch immer wieder die nationalbetonte Zeile "À chanter la Grande France" ("Ich besinge das große Frankreich") und die dahinter eingeblendete riesige Landesflagge, die mir bitter aufstoßen.
Prognose: Jury und Publikum bringen das gleichermaßen in die Top Ten.
7. Zypern: Andrew Lambrou – Break A Broken Heart
Wenn ein Schönling wie Andrew Lambrou im Sandregen die Kopfstimmen-Töne von Duncan Laurences "Arcade" (niederländischer Siegertitel 2019) nachahmt, dann mag das vielleicht eine ansehnliche Vorstellung sein, mit einem überzeugenden Beitrag hat das aber nur wenig zu tun. Dafür fehlen es Performance und Sänger an emotionalem Identifikationspotenzial und Charme.
Prognose: Relativ weit hinten.
8. Spanien: Blanca Paloma – EAEA
Die Kamera folgt Blanca Paloma durch die roten Fadenvorhänge, im Hintergrund pulsiert ebenso tiefrotes Licht des treibenden Elektro-Beats: Nicht nur farblich ist in dieser Performance alles akkurat aufeinander abgestimmt, auch die Mixtur aus Flamenco und modernen Klängen gelingt "Eaea" richtig gut. Es ist ein simpler, aber effektiver Auftritt mit souveräner Kameraführung und starker gesanglicher Leistung.
Prognose: Auch wenn es spannend bleibt, welchen affektiven Eindruck Spanien auf das Publikum haben wird, ist es ein Jury-Favorit und eine starke Anwärterin auf einen guten Top 10-Platz.

Schweden, Albanien, Italien, Estland
9. Schweden: Loreen – Tattoo
Es ist ein Moment, der sich genauso groß anfühlt wie vor elf Jahren, als sich Loreen mit "Euphoria" barfuß in das Herz des Publikums tanzte und sang. Nun startet sie ihre Performance zwischen zwei riesigen LED-Wänden, eingehüllt in mysteriösem Rauch. "Tattoo" ist ein magischer Auftritt, der zeigt, was für eine großartige Stimme und Energie diese schwedische Künstlerin auf der Bühne hat. Hier sitzt jeder Kamerawinkel, jede Bewegung, jeder Ton – es ist ein Fest für Augen und Sinne.
Prognose: Es wird spannend um den (fast schon sicheren) skandinavischen Sieg! Wer wird das Kopf an Kopf-Rennen zwischen Schweden und Finnland gewinnen?
10. Albanien: Albina & Familja Kelmendi – Duje
"Duje" ist sinnbildlich exakt derselbe Song, den Albanien jedes Jahr zum ESC schickt: eine große weibliche Stimme, unterlegt mit modernen folkloristischen Elementen und einem Hang zur Dramatik. Die Familienband Albina & Familija Kelmendi besingt vor Windows-Hintergrundbildern und maßloser Pyrotechnik die Kraft der traditionellen Kernfamilie. Selbst wenn die Sänger*innen eine süße Chemie untereinander haben und die Performance zweifelsohne unterhält, ist der Finaleinzug weiter ein Wunder.
Prognose: Einer der letzteren Plätze.
11. Italien: Marco Mengoni – Due vite
Hier wirkt alles so abgedroschen und behäbig: Leider hat mich das sonst so konsequent gute Powerhouse Italien in diesem Jahr etwas enttäuscht. "Due Vite" wird zwar von dem charismatischen, attraktiven Gesangstalent Marco Mengoni überzeugend vorgetragen, der Song ist jedoch eine austauschbare Ballade, zu der ich keinen Zugang finde.
Prognose: Eurovision liebt Italien, ich sehe hier trotz der starken Konkurrenz eine stabile Top-10-15-Platzierung.
12. Estland: Alika – Bridges
Und hier kommt das zweite, etwas zu präsent in Szene gesetzte nationale Symbol: das sich selbst spielende Klavier, das den Titel des repräsentierten Landes trägt: "Estonia". Für Alika wird es in dem Startplatz nach Italien mit einer weiteren (für mich etwas stärkeren) Ballade und vor Finnland als Siegesanwärter sicherlich schwer. Dabei ist "Bridges" ein süßer, gut vorgetragener Beitrag mit einer überzeugenden Steigerung. Schade finde ich allerdings, dass der Barbara-Dex-Award, der Spottpreis für das schlechteste Outfit, abgeschafft wurde, denn diese skurrile, babyblaue Mischung aus Schlafanzug und Jumpsuit lenkt negativ von der Performance ab.
Prognose: Leider sehe ich für Alika nur eine Platzierung im hinteren Feld.

Finnland, Tschechien, Australien, Belgien
13. Finnland: Käärijä – Cha Cha Cha
Wenn die ganze Liverpool-Arena ekstatisch "Cha Cha Cha" mitschreit, ist wirklich klar: Mit seinem elektrisierenden Mix aus Rap-Gewitter und Euro-Dance könnte Käärijä der zweite Sieg für Finnland gelingen. Ihm ist es gelungen, der Zelebration von Androgynität und Albernheit aus dem nationalen Finale noch eine Schippe draufzulegen und eine Performance zu kreieren, die ab der ersten Sekunde Freude bereitet. Es ist, und das meine ich im besten Sinne, ein waschechter Eurovision-Banger.
Prognose: Mindestens Top 3, wenn nicht Sieger.
14. Tschechien: Vesna – My Sister's Crown
Leider befürchte ich, dass diese Performance hinter der Strahlkraft des finnischen Beitrags untegehen könnte. Dabei macht "My Sister's Crown" so vieles richtig: Ein ausdrucksstarker Song über slawischen Zusammenhalt unter Frauen, dreisprachige, teils im Rap vorgetragene Texte und ein starker Refrain, ein mitreißender Auftritt. Die Energie unter den Sängerinnen ist spürbar, die (ikonischen!) langen umher schwingenden Zöpfe bieten viel Nachahmpotenzial für die nächsten ESC-Jahre.
Prognose: Obwohl ich ihnen eine höhere Platzierung wünschen würde, erwarte ich ein stabiles Mittelfeld.
15. Australien: Voyager – Promise
Neben den im Halbfinale ausgeschiedenen maltesischen Beitrag gebraucht auch die australische Band die Ästhetik eines Autos als Prop auf der Bühne, das die Performance gar nicht gebraucht hätte. "Promise" bietet trotz der textlichen Limitierung (die Zeile "Promise me it's gonna be alright" in Dauerschleife) großes Ohrwurm-Potenzial und einen charismatischen Auftritt. Es ist neben Deutschland der einzige rockige Song: Daher könnte Voyager von der Einbettung zwischen Tschechien und Belgien durchaus profitieren.
Prognose: Da der australische und deutsche Beitrag in eine ähnliche Kerbe schlagen, könnte ich mir vorstellen, dass es ein spannendes Rennen zwischen diesen Acts geben wird. Ich rechne durchaus mit der linken Hälfte der Punktetabelle.
16. Belgien: Gustaph – Because Of You
Ein Song wie aus dem Soundtrack jeder beliebigen Staffel "RuPaul's Drag Race": Belgien bedient sich in diesem Jahr einer Ästhetik queerer Selbstzelebration und Gemeinschaftsbetonung. Da gibt es rosa Outfits und Drag Queens auf dem LED-Hintergrund, es wird gevouget, sich mit rosa Fächern Luft zu gewedelt. Das wirkt zwar etwas abgedroschen und zusammengewürfelt, macht aber durchaus gute Laune.
Prognose: Platz 15-20.

Armenien, Moldau, Ukraine, Norwegen
17. Armenien: Brunette – Future Lover
Und mit Armeniens Beitrag folgt die nächste der wenigen Balladen des Abends. Es ist eine aufwändig inszenierte Performance, Brunette startet im Liegen auf einem großen LED-Boden mit ineinander verfließenden Farben, ihren "Future Lover" besingend. Weder diese optischen Leckerbissen oder das beeindruckende gesangliche Talent der Sängerin noch die überzeugende (von der Studioversion des Songs abweichende) Tanzeinlage können jedoch über das größte Problem des Acts hinwegtäuschen: der unfassbar schwache Refrain, der den Song immer wieder ausbremst.
Prognose: Wohl Mittelfeld.
18. Moldau: Pasha Parfeni – Soarele si luna
Trommeln und Flöten sind, das hat die Vergangenheit gezeigt, oftmals ein Erfolgsgarant beim ESC. Pasha Parfeni tritt für Moldau mit einem folkloristischen Dance-Pop-Song an, der trotz des guten Beats nicht so ganz zünden will. Weder der Song noch die Performance geben dem Künstler – bei starker Konkurrenz im Finale – wirklich die Möglichkeit, sich zu entfalten.
Prognose: Eher hinteres Mittelfeld.
19. Ukraine: TVORCHI – Heart Of Steel
Das Land hat in den letzten Jahren mehrfach unter Beweis gestellt, dass es versteht, einen Beitrag gut zu inszenieren. Das ist in diesem Jahr ebenfalls gelungen: Das Duo TVORCHI holt in seiner Performance viel mehr aus dem Elektro-R&B-Song heraus, als ich in "Heart Of Steel" zunächst gesehen hätte. Mit verdunkelten Sonnenbrillen bewegen sich die beiden vor mitreißenden Animationen auf gelben LED-Würfeln, geben damit einen lässigen und gleichzeitig distanzierten Auftritt. Nach der überwältigenden Publikums-Solidarität im letzten Jahr bleibt abzuwarten, wie weit die Ukraine heute Abend kommt.
Prognose: Top 10 ist sicherlich drin.
20. Norwegen: Alessandra – Queen Of Kings
Eine Dance-Hymne für bisexuelle Emanzipation aus einem konservativen Umfeld: Die 20-jährige Norwegerin bietet mit "Queen Of Kings" eine tanzbare, eingängige Eurovision-Popnummer, die Spaß macht und in der zugleich ihr starkes Stimmvolumen zur Geltung kommt. Der auf TikTok populär gewordene Song startet mit dramatischem Kirchengesang und gipfelt in einer (leider im Halbfinale verfehlten) Ariana-Grande-ähnlichen Whistle-Note.
Prognose: Klarer Publikumsliebling, Top 10 ist wahrscheinlich.

Deutschland, Litauen, Israel, Slowenien
21. Deutschland: Lord of the Lost: Blood & Glitter
Es fällt mir schwer, im Zusammenhang mit dem Fiasko der deutschen Beiträge in den vergangenen Jahren "Blood & Glitter" objektiv zu bewerten. Letztlich bleibt Optimismus, dass Lord of the Lost das Publikum mitreißen und eine stabile Platzierung erhalten könnte. Die gute Platzierung in der zweiten Hälfte des Abends ist schon einmal vielversprechend. Auch wenn die Performance nicht ohne dramaturgische Schwächen auskommt, macht dieser Act viel richtig: gute Live-Stimmung, eine androgyne Mixtur aus Lack, Leder und Pyrotechnik und mit einer Metal-Nummer ein stilistischer Ausbruch aus dem (kontinuierlich) sehr poplastigen ESC-Teilnehmer*innen-Feld. Und wenn der überaus charismatische Frontsänger Chris Harms "BLOOD AND GLITTER!!" in die Kamera schreit, dann macht das schon was mit mir. Ich hoffe, mit dem restlichen Publikum auch.
Prognose: Oberes Mittelfeld bis Top 10 sind realistisch.
22. Litauen: Monika Linkyte: Stay
Nach den überzeugenden litauischen Beiträgen der vergangenen Jahre (man denke an den Publikumsliebling The Roop und das verführerische "Sentimentai" 2022) präsentiert Monika Linkyte einen eher unscheinbaren Song, der trotz eines gewissen Charmes unterzugehen droht. Zwar finde ich es süß, wie sie aktiv den Augenkontakt zu ihren Hintergrundsängerinnen sucht. Die Mischung von Ballade und Gospel-Elementen wirkt jedoch wie eine klobige Verflechtung zweier unterschiedlicher Lieder, durch die man schlecht den Zugang zu "Stay" findet.
Prognose: Eher weiter hinten.
23. Israel: Noa Kirel – Unicorn
Sie ist ein israelischer Superstar und geht in dieser Performance in die Vollen: Noa Kirel präsentiert mit "Unicorn" einen campy Song, der an keinem anderen Ort funktioniert als Eurovision. Die seltsame Aussage "I got the power of a unicorn" spitzt sich im Refrain zu zum Neologismus "feminine-phenomenal". Ihre poppige Ballade wird unversehens durch den Ausruf "Europe, you wanna see me dance?" unterbrochen, und es folgt die angekündigte, sehr beeindruckende Tanzeinlage (die an den Erfolg von Spaniens "SloMo" anknüpft), während die ganze Halle laut "Unicorn" schreit. Alles an dieser Nummer ist chaotisch und unterhaltsam zugleich.
Prognose: Sehr weit oben! Die ESC-Bubble wird es lieben.
24. Slowenien: Joker Out – Carpe diem
Was habe ich mich gefreut, als der eher unscheinbare slowenische Song ins Finale einziehen durfte! Auch wenn ich ein Fragezeichen hinter die Outfit-Wahl der Band Joker Out stellen würde, verbirgt sich hinter "Carpe Diem" ein grooviger rockiger Song mit charmanten Bandmitgliedern, der längst seinen Weg in meine Spotify-Playlist gefunden hat und eine sommerliche und warme Atmosphäre ausstrahlt. Vielleicht könnte das ein Dark Horse sein, aber ich befürchte leider kein überragendes Ergebnis.
Prognose: Eher unteres Mittelfeld.

Kroatien, Großbritannien
25. Kroatien: Let 3 – Mama ŠC
Diese Persiflage auf Putin mit Drag-Diktatoren und Pappmaschee-Atomraketen ist schon jetzt in die ESC-Geschichtsbücher eingegangen: Let 3 tritt mit Kleidern, viel Make-Up und aufgeklebtem Hitler-Bart auf und wird sicherlich für viel Gesprächsstoff am Abend sorgen. Kroatien schickt mit "Mama ŠC!" ein polarisierendes Chaos, das zuweilen etwas überfordernd sein kann, aber unfassbar viel Spaß macht.
Prognose: Von der Jury wird das Lied eher nicht gewürdigt, aber hier rieche ich einen Publikumsfavoriten!
26. Großbritannien: Mae Muller – I Wrote A Song
Das Schlusslicht bildet das Gastgeberland UK mit einer leicht verdaulichen, eingängigen Popnummer. Mae Muller schlägt mit ihrem "I Wrote A Song" in die massentaugliche Kerbe der großen Popgirls und besingt ihre Emanzipation aus der vergangenen Liebesbeziehung. Neben einer flapsigen Performance konnte sie stimmlich im Halbfinale leider nicht überzeugen. Aber ist es doch schön, dass der Eurovision Song Contest in diesem Jahr mit einem "Full Circle Moment" schließt, indem der letzte gesungene Satz "I Wrote A Song" ist und, wir erinnern uns, alles mit dem Spruch "OMG, you're such a good writer!" gestartet ist.
Prognose: Sehe ich im Mittelfeld.
Prognose und Details zur Abstimmung
Unser Tipp für die ersten zehn Plätze, in der Startreihenfolge: Österreich, Frankreich, Spanien, Schweden, Italien, Finnland, Ukraine, Norwegen, Israel und Kroatien.
Das Abstimmverfahren der letzten Jahre hat sich bewährt: Aus den 37 im Gesamtwettbewerb teilnehmenden Ländern vergeben Jurys, die bereits einen Durchlauf vom Freitag bewerteten, und das Televote jeweils Punkte an nur zehn Länder. Damit die Spannung bis zum Ende steigt, werden in der Show zuerst die Jury-Stimmen mit den traditionellen Länder-Schalten vergeben, dann die pro Beitrag zusammengezählten Televoting-Stimmen – neu ergänzt um die Ergebnisse eines Rest-der-Welt-Votings, das wie ein einzelnes zusätzlich abstimmendes Land gezählt wird. Aus Deutschland kann per Anruf, SMS und App abgestimmt werden.

Links zum Thema:
» NDR-Eurovision-Seite
Ich mag vom Jahrgang glaub ich Lord of the Lost am liebsten.