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Durchbruch
Namibia erkennt gleichgeschlechtliche Ehe erstmals an
Homosexualität ist zwar pro forma in Namibia noch immer verboten, trotzdem erkannte der höchste Gerichtshof nun im Ausland geschlossen Ehen an – auch eine deutsche Klägerin war an der richtungsweisenden Entscheidung beteiligt.

Das kommt einer Revolution in Namibia gleich: Das Höchstgericht erkennt erstmals gleichgeschlechtliche Ehen an, obwohl männliche Homosexualität nach wie vor illegal ist (Bild: Supreme Court of Namibia)
- 16. Mai 2023, 13:59h - 2 Min.
Der namibische Verfassungsgerichtshof in Windhuk hat am Dienstag in einer 4:1-Entscheidung zwei im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt. Das gegenwärtige gesetzliche Verbot der Anerkennung verstoße sowohl gegen den in der namibischen Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz als auch gegen die Unantastbarkeit der Würde eines Menschen, erklärten die Mehrheit. Daher müssten Standesämter alle bestehenden Ehen anerkennen, wenn diese legal im Ausland geschlossen wurden. Die ausländischen Partnerinnen und Partner von homosexuellen Paaren müssten dabei die gleichen Rechte erhalten wie bei heterosexuellen Eheleuten.
LGBTI-Aktivist*innen begrüßten die Entscheidung als Durchbruch von LGBTI-Rechten im Land. Nun hofften sie, einen Stein ins Rollen gebracht zu haben – und am Ende die vollständige Öffnung der Ehe zu erkämpfen.
Geklagt hatte die Namibierin Annette Seiler, die ihre deutsche Partnerin Anita Seiler-Lilles in Deutschland geheiratet hatte, sowie der Namibier Johann Potgieter, der in Südafrika eine Hochzeitszeremonie mit seinem südafrikanischen Partner Matsobane Daniel Digashu feierte.
Twitter / TheNamibian | Die Kläger*innen feiern ihren ErfolgSame-sex marriages legally concluded outside Namibia must be recognised by the Namibian government, the Supreme Court has ruled in a historic judgement. https://t.co/GW09d0krbo pic.twitter.com/bzRTLwQCwM
The Namibian (@TheNamibian) May 16, 2023
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Seiler hatte im Vorfeld gegenüber dem Magazin "New Frame" erklärt, dass sie sich in ihrem fortgeschrittenen Alter "interessantere Aktivitäten" vorstellen könnte als jahrelang vor Gericht um ihr Recht zu streiten. "Wir kämpfen nicht nur für Anitas Recht, in Namibia zu leben. Sollten wir verlieren, müssen wir beide das Land verlassen. Ich bin Namibierin, die dann gezwungen würde, im Exil zu leben, nur weil sie eine Frau liebt."
Instagram / anitaseiler111 | Annette Seiler und Anita Seiler-Lilles teilen ihr Leben auf Instagram mit der Öffentlichkeit
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Namibia ist mehr als zweimal so groß ist wie Deutschland, hat aber nur 2,3 Millionen Einwohner*innen. Das Land erlangte erst 1990 seine Unabhängigkeit von der damaligen Kolonialmacht Südafrika, in dem damals ein homosexuellenfeindliches Apartheids-Regime herrschte. Anders als in Südafrika hielt sich aber in Namibia die queerfeindliche koloniale Gesetzgebung bis heute. So ist männliche Homosexualität nach einem Gesetz aus dem Jahr 1920 immer noch verboten – allerdings wird dieses Gesetz nicht mehr angewandt. Vor der Entscheidung der Höchstrichter*innen wurden gleichgeschlechtliche Beziehungen zudem nicht anerkannt. Es gibt auch keine Antidiskriminierungsrichtlinien. (dk)
