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Künstliche Intelligenz
Wie ein schwuler Tech-Unternehmer zum Gesicht der KI wurde
Sam Altmann ist Chef des ChatGPT-Entwicklers OpenAI. Das Internet half ihm als Jugendlicher beim Coming-out. Heute glaubt er an den großen Nutzen von Künstlicher Intelligenz für die Gesellschaft, warnt aber auch vor "ernsthaften Risiken".

Sam Altman am Dienstag bei einer Anhörung im US-Senat (Bild: IMAGO / ZUMA Wire)
- Von Julie Jammot, AFP
18. Mai 2023, 11:59h - 4 Min.
Wenn Sam Altman über die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz spricht, ist er zugleich begeisterter Befürworter wie auch vorsichtiger Mahner. "Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, fast jeden Aspekt unseres Lebens zu verbessern", sagte der Chef des ChatGPT-Entwicklers OpenAI diese Woche vor dem US-Kongress. "Sie birgt aber auch ernsthafte Risiken."
Der 38-jährige Technologie-Unternehmer ist mit der Veröffentlichung von ChatGPT zum Gesicht der Künstlichen Intelligenz geworden. Er weiß aber um die Befürchtungen vieler Menschen mit Blick auf die tiefgreifenden Veränderungen, die KI mit sich bringen könnte. Bei einer Anhörung im US-Senat, für die er die im Silicon Valley übliche lässige Bekleidung gegen einen dunkelblauen Anzug und Krawatte eintauschte, warb er deswegen unter anderem für staatliche Regeln für den Sektor, um potenzielle Risiken einzudämmen.
Verantwortungsvoller Umgang mit Künstlicher Intelligenz
Schon bei der Gründung von OpenAI im Jahr 2015 als Non-Profit-Unternehmen war es um einen verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz gegangen. KI könne der Gesellschaft großen Nutzen bringen, ihr aber auch potenziell großen Schaden zufügen, erklärte damals das Gründer*innen-Team, dem unter anderem Altman, Tesla-Chef Elon Musk sowie einer Reihe von KI-Expert*innen angehörten. "Unser Ziel ist es, digitale Intelligenz so voranzubringen, dass es am wahrscheinlichsten ist, dass sie der Menschheit als Ganzes nutzt."
Für Furore sorgte OpenAI dann im November mit der Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT, der in Sekundenschnelle komplexe Texte erstellen kann. Der öffentlichkeitswirksame Schritt machte das Potenzial von KI auch für Lai*innen deutlich und weckte zugleich große Bedenken über die künftige Entwicklung dieser Technologie. Kritiker*innen warnen unter anderem, Künstliche Intelligenz könnte zur Verbreitung von Falschinformationen führen, Arbeitsplätze zerstören und letztlich durch Menschen nicht mehr kontrollierbar werden.
Altman ist sich dieser Risiken bewusst. Im Gespräch mit einem "New York Times"-Reporter verglich er die Arbeit von OpenAI einst sogar mit dem Manhattan Project, mit dem die USA im Zweiten Weltkrieg die Atombombe entwickelten. Dem Magazin "New Yorker" sagte er 2016: "Wir versklaven KI, oder sie versklavt uns." Der Jung-Unternehmer zeigt sich überzeugt, dass die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ohnehin erfolgen wird, und dass er die Entwicklung als Pionier in verantwortungsvolle Bahnen lenken kann.
Coming-out-Hilfe über das Internet
Der in St. Louis im Bundesstaat Missouri aufgewachsene Altman hatte sich im Silicon Valley schon einen Namen gemacht, lange bevor er mit ChatGPT weltweit bekannt wurde. Interesse an Computern und Technologie hatte er schon als Kind: Zu seinem achten Geburtstag bekam Altman seinen ersten Apple-Mac geschenkt.
Das Internet half ihm als Jugendlicher im konservativ geprägten Mittleren Westen, seine Homosexualität zu akzeptieren, wie er 2014 dem Magazin "Esquire" sagte. Er habe zunächst niemanden gehabt, mit dem er über das Thema habe sprechen können, im Netz aber Gesprächspartner und "menschliche Verbindung" gefunden.
Vom Studienabbrecher zum erfolgreichen Unternehmer
Altman studierte Informatik an der kalifornischen Elite-Universität Stanford, schmiss das Studium aber und gründete die App Loopt, mit der Nutzer*innen ihren Standort mit Freund*innen und Verwandten teilen konnten. Später stieg er beim Startup-Inkubator Y Combinator ein, der Erfolgsunternehmen wie dem Wohnungsvermittler Airbnb und dem Lieferservice DoorDash Starthilfe leistete. 2014 wurde Altman Chef von Y Combinator. Den Posten gab er fünf Jahre später ab, um sich mehr auf OpenAI konzentrieren zu können.
Dort trieb er den Umbau von einem Non-Profit-Unternehmen zu einem Unternehmen voran, das begrenzte Gewinne erwirtschaften und ausschütten darf. 2019 stieg der Software-Riese Microsoft mit einer Milliarde Dollar bei OpenAI ein. Im Januar sagte Microsoft eine weitere Finanzspritze von laut Medienberichten zehn Milliarden Dollar zu.
Altman ist aber nicht nur an Künstlicher Intelligenz interessiert. Der Sportwagen-Fan und Hobby-Flugzeugpilot hat 375 Millionen Dollar in das Fusionsenergie-Startup Helion investiert. Altman arbeitet zudem an der Kryptowährung Worldcoin, deren Nutzer*innen sich anhand ihrer Iris identifizieren sollen.
Altman ist überzeugt, dass Technologie und insbesondere KI die Welt zu einem besseren Ort machen kann. "Ich bin super optimistisch", sagte er einmal in einem Podcast. "Es ist immer leicht, schlechte Nachrichten zu lesen und darüber nachzudenken, wie schlecht alles ist. Aber die guten Dinge sind richtig gut und werden viel besser."
