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Folge 21 von 53
Schwule Symbole im Film: Spielen und Spielzeuge
Neben Gesellschaftsspielen und Spielzeugen wie Puppen, Teddybären und Spielzeug-Drachen lohnt sich auch ein Blick auf Luftballons, die ebenfalls wie Spielzeuge verwendet werden.

Glück im Spiel und in der Liebe: Schach in "Im Spiegel des Sommers" (2006)
21. Mai 2023, 07:17h 24 Min. Von - Diese Artikelserie wurde gefördert von der Homosexuellen Selbsthilfe e.V., www.hs-verein.de.
Spiele – verbotene Spiele, "Toys" und "Boy Toys"
Spiele sind Ausdruck der Kulturen und Zeiten, aus denen sie stammen, und schon eine antike Vasenmalerei eines Kreiselspiels zwischen zwei Männern könnte eine "Bildformel für die erotische Beziehung" sein (Gundel Koch-Harnack: "Erotische Symbole", 1989, S. 77-78). In der heutigen Zeit werden Spiele nicht nur sexualisiert und mit Fragen des Zeitgeistes in Verbindung gebracht, sondern auf sie werden auch gesellschaftliche Wertvorstellungen projiziert. Dabei verweisen Spiele auf die vergangene Kindheit, unser gegenwärtiges Sozialverhalten und auf zukünftige Entwicklungen.
Wenn Kinder spielen
Kinder werden durch Spielzeug beeinflusst und sollen so ihre spätere soziale Rolle kennenlernen. Kann "anderes" Spielzeug Jungen zu "anderen" Männern erziehen und sie sogar "schwul machen", wie teilweise befürchtet wird? Ich halte es für richtig, dass es in "Dem Himmel so fern" (2002) unthematisiert bleibt, dass die Tochter Ballettschuhe und der Sohn eine Dampflokomotive bekommt, weil der Film in den Fünfzigerjahren spielt, als geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug noch nicht hinterfragt wurde. Heute wird über die Prägung von Geschlechterrollen durch Spielzeug leidenschaftlich diskutiert. Andere Filme behandeln dies mit ironischem Humor, so wenn die Eltern in "Sirenito" (2003) glauben, von dem gewünschten Kinderspielzeug auf die homosexuelle Orientierung ihres Sohnes schließen zu können. In "Männer al dente" (2010) wird darauf hingewiesen, dass Tomaso als Kind nicht mit Autos spielen durfte. Damit steht die merkwürdige Annahme im Raum, dass er deswegen schwul "geworden" sei.
Wenn Erwachsene spielen
Bestimmte Gesellschaftsspiele sind – auch wenn es nicht ausgesprochen wird – darauf angelegt, eine physische oder psychische Nähe zwischen den Spielpartner*innen zu erzeugen. Damit meine ich nicht nur ein homoerotisches Strip-Poker wie in Andy Warhols "Horse" (1965). Wer wie in "The Favor 2" (2012) "Twister" spielt, möchte eine erotisch-körperliche Nähe. Wer "Wahrheit oder Pflicht" spielt, will, dass psychisch die Hüllen fallen. Entsprechende Filmszenen mit "Wahrheit oder Pflicht" sind in "Am Lagerfeuer" (1999/2000), "Crush" (2000), "En Colo" (2010), "Holiday Camp" (2010) und "Ich fühl mich Disco" (2013) zu sehen. In "Querelle" (1982) verliert Querelle absichtlich beim Würfelspiel, damit er sich als Verlierer seinem Spielpartner Nono sexuell hingeben kann, wie es die besonderen Regeln in diesem Fall verlangen.

Körperliche Nähe dank Twister in "The Favor 2" (2012)
Wenn Spiele kommentiert werden
Manchmal machen Kommentare zu Gesellschaftsspielen Aussagen über schwule Lebenswelten und zum Sozialverhalten schwuler Männer. Anhand eines Kartenspiels wird in "Brille mit Goldrand" (1987) diskutiert, ob der andere eigentlich ein Spielpartner oder ein Spielgegner ist, und in "The Everlasting Secret Family" (1988) werden anhand von Tarot-Karten Lebenskrisen aufgezeigt. Ein Kartentrick in "Der Mann meines Herzens" (1997) führt zu einer Äußerung über die "Magie" der schwulen Liebe, ein Backgammon-Spiel in Bernardo Bertoluccis "Die Träumer" (2003) verweist mit der Äußerung "Die Einsätze waren erhöht worden" auf die psychische Dynamik einer Ménage-à-trois, wobei diese Filmszene mit dem deutschen Untertitel des Films "Verbotene Spiele zu dritt" korrespondiert. Bei einem Brettspiel wird in Pedro Almodóvars Film "Schlechte Erziehung" (2004) deutlich, dass sich Enrique ("Ich habe die Schnauze voll vom Verlieren") auch im Leben wie ein Verlierer fühlt.

Das Brettspiel in Pedro Almodóvars Film "Schlechte Erziehung" (2004)
In "The Last Time I Saw Richard" (2014) geht es bei dem Spiel "Vier gewinnt" darum, dass Richard gegenüber Jonas viel zu früh aufgibt. Auch in der US-Serie "Queer as Folk" werden zwischen einem Spiel und dem Leben manchmal Parallelen gezogen. So wird ein Dart-Spiel mit Politik verglichen, weil man in beiden Fällen, um einen Treffer zu landen, eine ruhige Hand benötige und sich mit seinen Augen fest auf das Ziel fixieren müsse (Folge 3/9). Eine Spielzeugeisenbahn, die immer nur im Kreis fährt, ist für Brian so langweilig wie eine zehn Jahre andauernde Beziehung (Folge 5/2).
"Spiele" als Synonym für sexuellen und sozialen Umgang
Die schwule Kurzfilmsammlung "Spiel doch mit den Jungs" (2015) enthält auf dem Backcover rund zehn Wortspiele rund ums Spielen. Sexuelle Spiele werden mit Filmtiteln aufgegriffen wie in "Die Regeln des Spiels" (2002), "Playing in Darkness" (2009), "The Gay Game" (2009) und "Boygame" (2013).
Bei einzelnen Filmtiteln wie "Role/Play" (2010) und "Gay Over" (2014) geht es um soziale Umgangsformen. Mit dem Titel der Tragikomödie "Zurück auf Los!" (2000) wollte der Regisseur und Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss offenbar an das Gesellschaftsspiel "Monopoly" anknüpfen und dies Situationen verbinden, in denen man im Leben zurückgeworfen wird. In "Bademeister-Report" (1973) geht es – mit Bezug auf ein Skatspiel – recht plump und sexualisiert um "drei Jungs zum Stechen".

Das Gesellschaftsspiel "Monopoly" hinterlässt seine Spuren: "Zurück auf Los!" (2000)
Nicht nur Spiele werden sexualisiert, sondern Sex wird mitunter als Spiel dargestellt, wie man es u. a. von der zweiten Silbe des Wortes "Vorspiel" kennt. Mehrere Filme verweisen schon im Titel auf solche Spiele, wie "Die munteren Sexspiele der Nachbarn" (1978), der eine schwule Nebenrolle enthält.
In der US-Serie "Queer as Folk" gehört es zur üblichen Umgangssprache unter Freunden, dass man sich über "Sex-Spielzeug" (Folge 3/1) und einen Sling für das "Spielzimmer" (Folge 5/4) unterhalten kann, was vom Sprachgebrauch her die schwule Lebensrealität sowohl in den USA als auch in Europa wider spiegelt.
"Toy Boy" bzw. "Boytoy"
In der US-Umgangssprache verweisen die Begriffe "Toy Boy" bzw. "Boytoy" auf junge Männer, die das sexuelle "Spielzeug" eines älteren Mannes (oder auch einer älteren Frau) sind. Dabei ist nicht nur die Definition schwierig – z. B. angesichts der Frage, ob trotz des Altersunterschiedes eine ernsthafte Beziehung angestrebt wird -, sondern auch, ob die jungen Männer wie in "Seid nett zu Mr. Sloane" (1970) und "Liberace" (2013) für ihre jeweils älteren Partner tatsächlich nur "Spielzeug" sind (s. das Schlagwort "Boy Toy" in der IMDB zu diesen beiden Filmen). Vor allem in "Seid nett zu Mr. Sloane" geht es um die Frage, wer mit wem "spielt" bzw. wen manipuliert. Hierher gehört auch "The Houseboy" (2007), worin der junge Ricky als eine Form indirekter Prostitution für kostenloses Wohnen mit seinen Vermietern Sex hat. Auf Amazon wird der Inhalt recht passend so zusammengefasst: Ricky arrangiert sich "mit der Rolle als Boy-Toy", aber "Weihnachten soll ein neues Spielzeug her – und Ricky soll verschwinden". Erinnert sei auch an den Film "If …" (1968): Wenn hier ein Jugendlicher als "Teddy-Boy" verkuppelt wird, verdeutlicht dies, wie im Rahmen eines Abhängigkeitsverhältnisses dieser Junge als Spielball anderer herhalten muss. In "Die Frau am Fenster" ("Soko Stuttgart", Folge 14/19, 2023) bringt ein schwuler Mann seinen älteren Lebenspartner Daniel um, weil ihn dieser als "Spielzeug" bezeichnet hat.
Gängige Redewendungen
Das schwule Filmlexikon von Hermann J. Huber ("Gewalt und Leidenschaft", 1989, S. 99, 118) bietet gute Beispiele dafür, wie mit Bezug auf schwule Filme alltägliche Redewendungen, die sich auf Spiele beziehen, wie selbstverständlich verwendet werden. Laut Huber wird in "Die Konsequenz" (1977) der schwule Thomas zum "Spielball" der anderen und in "Maurice" (1987) setzen Clive und Maurice mit ihrer Liebe alles "aufs Spiel". Das gleiche gilt für den Text auf dem Backcover von "Das Ende des Regenbogens" (1979), wonach der Stricher Jimmi weit von den "Spielregeln" des bürgerlichen Lebens entfernt ist.
Pornos – von "Wet Games" bis "Boy Toys"
In Schwulenpornos sind Begriffe wie "Spiele" ("Verbotene Spiele", "Geile Spiele"), "games" ("Ass Games", "Wet Games") und "play" ("Time to Play", "Play Room") gängig, auch in älteren Schwulenpornos wie "A Stiff Game" (Dreißigerjahre) und "Games" (1983).
Bei Filmtiteln mit "Toys" geht es um Sexspielzeug ("Boys with Toys", "Toy Box"). Dass diese "Toys" gedanklich immer noch mit (Kinder-)Spielzeug assoziiert werden, ist an den Bezügen zu erkennen: Zumindest der Titel des Pornos "Toy Stories" spielt erkennbar auf den Animationsfilm "Toy Story" (1995) an und der Schriftzug der Titel "Bareback Boy Toys" und "Gorgeous Toys" lehnt sich an die Schreibweise der bekannten Spielzeugladenkette "Toys 'R' Us" an. In anderen Pornos werden Männer als "Boy Toy" bezeichnet ("Shameless Boytoys", "Old Boys & Young Toys").
Eine deutliche Anspielung auf Spiele ist auch dann gegeben, wenn die Filmcover Abbildungen enthalten, die etwa ein Kartenspiel ("Card Tricks", "Gang Fuckers"), einen Roulette-Tisch ("Get Lucky", "High Rollin': A Black Thang"), ein Dart-Spiel ("Game On!"), ein Spielbrett ("Come and Play With Us") oder ein Puzzlespiel ("The Cruising Game") zeigen. Twister wird auch in Pornos als Spiel der körperlichen Nähe inszeniert ("Twister Twinks").

Verbindung zwischen einem Gesellschaftsspiel und Sex: "Card Tricks" und "Game On!"
Schach – Klug durchdachte Züge, um nicht angreifbar zu sein
Schach – das "Spiel der Spiele" – ist ein altes Brettspiel, bei dem zwei Parteien mit Taktik und Strategie versuchen, die Figuren des Gegners zu schlagen und den König mattzusetzen. In übertragenem Sinne geht es bei Bezügen auf Schach darum, wie man sich im Leben positioniert, wie man am besten agiert und die Reaktionen anderer persönlich und politisch mit einkalkuliert. Auf diese Weise kann ein Schachbrett "als Weltbühne verstanden werden, auf der der Mensch das Drama seines Lebens spielt" (Symbolonline).
Schach im Film
Die Arte-Kompilation "Schach im Film" (hier online) ist eine der anspruchsvolleren Folgen aus der "Blow Up"-Serie. Es wird darin gezeigt, dass Schach in Filmen als Symbol für Stärke und Macht mit realen Herrschern in Verbindung gebracht werden kann (2:25 Min.). Es steht außerdem für die "feine Gesellschaft" sowie für "gute Erziehung und Luxus" (2:50 Min.). In Gefangenschaft wird es aus Langeweile gespielt (4:00 Min.). Als Beispiel dafür wird "Der wilde wilde Westen" (1974) von Mel Brooks genannt: Der Gefangene Bart (D: Cleavon Little) teilt dem Sheriff Jim (D: Gene Wilder) mit, dass zu seinen Hobbys Schach und "Bumsen" gehören. Bart möchte daraufhin mit ihm lieber Schach spielen (4:50 Min.). "Das Schachspiel bekräftigt oft die Anspannung in geschlossenen Räumen" und steht auch für persönliche Konfrontationen (5:10 Min.). "Das politische Schach stellt die Machtmanipulation dar, bis hin zur Verschwörung", und ist deshalb typisch für Spionagefilme (7:10 Min.). Auch mit "Liebesangelegenheiten" kann das Schachspiel verbunden werden (8:15 Min.).

Zwei Männer wollen in "Der wilde wilde Westen" (1974) lieber Schach spielen statt Bumsen
Schach bei den Monarchen Karl V. und Edward II.
Bei zwei historischen Monarchen bot sich das Schachspiel als Symbol für ihr politisch-strategisches Vorgehen an. In der Arte-Dokumentation "Homosexualität. Comeback des Hasses" (2015) wird Kaiser Karl V. bei einem Schachzug gezeigt, während berichtet wird, wie er sich zur Homosexualität positionierte. Mit dem Text "ein weiterer Beweis für den ideologischen und politischen Charakter der Unterdrückung" (von Homosexuellen) nehmen die Filmemacher*innen Bezug auf das von ihm erlassene Strafgesetzbuch "Constitutio Criminalis Carolina" (CCC) von 1532.
Derek Jarman bringt in seinem Film "Edward II." (1991) u. a. durch das Schachspiel zum Ausdruck, wie die Gegenspieler des schwulen englischen Königs Edward II. versuchen, diesen anzugreifen und auszuschalten.

Ein Schachspiel in Derek Jarmans "Edward II." (1991)
Schach – das soziale Leben als Spielfeld
Der Film "Spionage" (1955) behandelt die Zeit der königlichen und kaiserlichen Doppelmonarchie in Österreich-Ungarn. Darin verweisen mehrere Äußerungen beim Schachspiel nicht nur auf die frühere Bedeutung von Schach als Kriegsspiel, sondern auch darauf, wie sich bei dem homosexuellen Spion Alfred Redl das Spielerische und das Politische mit dem Sexuellen mischen. Auf einem Poster zu Luchino Viscontis Film "Gewalt und Leidenschaft" (1974) wurden die Figuren des Films wie Schachfiguren inszeniert. Im Film selbst geht es zwar nicht um politische, aber um private Machtkonstellationen. Im weiteren Sinne gehört in diesen Kontext auch der Film "Neurosia" (1995), in dem Rosa von Praunheims Mutter mit Bezug auf ein Schachspiel und den Filmtod ihres Sohnes bedauert, dass sie nun leider die "Königin" los sei.

Menschen als Schachfiguren auf einem Poster zu Luchino Viscontis "Gewalt und Leidenschaft" (1974)
Schach – das sexuelle Leben als Spielfeld
Die Schach-Symbolik lässt sich auf unterschiedliche Weise auf das Verhalten und strategische Vorgehen schwuler Männer übertragen. In der Doku "Gay Hollywood. The Last Taboo (2005, 35:05 Min., hier online) wird die Homoerotik zwischen Tom Ripley (D: Matt Damon) und Dickie in "Der talentierte Mr. Ripley" (1999) mit der gemeinsamen Schachspielszene in der Badewanne dokumentiert, die hinsichtlich des nur dezent angedeuteten homosexuellen Verhältnisses am deutlichsten ist. In "Im Spiegel des Sommers" (2006) gewinnt ein Mann ein Schachspiel und die Zuneigung eines jungen Mannes (D: Xavier Dolan) und hat damit Glück im Spiel und in der Liebe.
In "My fair son" (2009) versucht Ray seinem Vater über das Schachspiel seine Liebe zu Xiao Bo zu verdeutlichen. Er erklärt ihm, wo der richtige Platz für die Figuren ist und auf welche unterschiedlichen Weisen sie sich auf dem Schachbrett bewegen können, woraufhin ihm der Vater rät, seine folgenden Züge genau zu überdenken.
Im Vergleich zu gleichberechtigten Verhältnissen auf Augenhöhe sind Prostitutionsverhältnisse je nach Aspekt anders zu bewerten. In "Straßenkinder" (1992) legt ein Freier seinen Ring auf das zwischen ihm und dem Stricher befindliche Schachbrett, bevor er sich ihm nähert. Auch Pädosexuelle werden beim Schachspielen gezeigt. Wenn diese in "Kojak" (Folge 4/5) und "Criminal Minds" (Folge 4/7) beim Schach zu sehen sind, soll dies offenbar aufzeigen, wie systematisch-strategisch diese Männer auch bei der Suche nach Jungen vorgehen.
Schach-Szenen sind ruhige, durchdachte und meistens auf zukünftige Entscheidungen bezogene Momente. Obwohl Schach zu Europas populärsten Brettspielen gehört, scheint es filmisch vor allem als Symbol zu interessieren, seltener als einfache Freizeitbeschäftigung wie in "James" (2012).

Ein Ring auf dem Schachbrett in "Straßenkinder" (1992)
Pornos – Schachmatt und sich ergeben bzw. hingeben
In Schwulenpornos wird Schach selten aufgegriffen, was nicht verwundert, weil es keine direkten sexuelle Assoziationen auslöst und ein sehr kopfbetontes Spiel ist. Manchmal wird es im Rahmen der Handlung sexualisiert ("Fucking Chess Players", "Chess Players"). Auf dem Cover des Pornos "Shagmate" liegt ein Mann auf einer Bettdecke mit Schachquadraten erwartungsvoll auf dem Rücken, als würde er sich einem anderen Mann wie beim Schachmatt ergeben bzw. geschlagen geben, was hier offenbar einem Sichhingeben gleichkommt. Es handelt sich um ein Spiel mit dem ähnlichen Klang der Wörter "checkmate" (= schachmatt) und "shagmate" (= "fuck buddy", jemand, mit dem man sich nur zum Sex trifft; von "to shag" für ficken).
Auch die inhaltlichen Beschreibungen einzelner Pornos sind bemerkenswert: In "Latino Loverboys" küssen sich zwei Männer über einem Schachbrett und werden danach selbst zu Schachfiguren in Sexspielen, in "Bareback Snowboys" wird aus einem Schachspiel ein Sexspiel mit vier Männern und im Porno "Get it up" beschäftigen sich zwei Männer mit zwei Dingen: Holz hacken (= Onanieren) und Schach spielen.

Sich hingeben, nachdem man "schachmatt" gesetzt wurde: "Shagmate"
Puppen – das Spielen mit Puppen und Geschlechterrollen
Puppen sind ein Symbol einer Eltern-Kind-Beziehung und immer noch ein geschlechtsspezifisches Mädchen-Spielzeug. Es gibt regelmäßige Kritik, dass sich z. B. Barbie-Puppen zu stark an traditionellen weiblichen Rollen orientieren, was zeigt, wie Puppen für gesellschaftliche Wertvorstellungen stehen. Die populäre Roman- und Filmfigur Pinocchio verdeutlicht, wie stark in eine Puppe Leben projiziert werden kann. In der therapeutischen Arbeit ermöglicht die Identifikation von Kindern mit einer Puppe Äußerungen über schwierig zu artikulierende Probleme.
Bedeutung für Kinder
In mehreren Filmen werden über Puppen auch Fragen von Geschlecht und sozialer Rolle aufgeworfen, wie bei der trans Frau Bernadette in "Priscilla" (1994), die sich als Kind eine Puppe und keinen Zementmischer zu Weihnachten gewünscht hat, oder beim kleinen Ludovic, der in "Mein Leben in Rosarot" (1997) eine Puppe und nicht, wie einer seiner Mitschüler, einen Spielzeug-LKW in der Schulklasse präsentiert. Weil Ludovics Puppen "Pam" und "Ken" ein Paar sind, will auch er mit einem Jungen zusammen sein und diesen heiraten, weswegen er als "Schwuchtel" beleidigt wird. Es gibt Eltern, die ihren Söhnen das Spielen mit Puppen verbieten, und der Junge in "The Closet" (2011) fragt zu Recht, warum er nicht mit den Spielsachen spielen darf, die er mag – in diesem Fall mit einer Puppe.

Ein Junge darf in "The Closet" (2011) nicht mit einer Puppe spielen
Bedeutung für Erwachsene – Puppen sind klischeehaft "weiblich" und schwul konnotiert
Das Spielen mit Puppen ist weiblich konnotiert. Es entspricht daher der üblichen stereotypen Zuschreibung, wenn sich in der "Tatort"-Folge "Liebe, Sex, Tod" (Folge 356, 1997) Lukas Homann als Frau begreift und als Verkäuferin Judith Homann in einem Supermarkt vor Regalen mit rosa Spielpuppen gezeigt wird.
Weil Schwule stereotyp "Weiblichkeit" zugeschrieben wird, wird ihnen auch seit Jahrzehnten eine besondere Leidenschaft für Puppen unterstellt. Der Filmhistoriker Vito Russo ("Die schwule Traumfabrik", 1990, S. 35) nennt als Beispiel dafür die Sissy-Figur Egbert "Pinky" Fitzgerald, der in "The Gay Divorcee" (1934) gerne "mit Puppen spielt, wenn er in seinem Büro allein ist".
Deutlicher ist diese Zuschreibung bei den "Simpsons": Hier ist "Malibu Stacy" der Name einer besonders bei Mädchen beliebten Puppe und eine Anspielung auf die Barbie-Puppe ("Malibu" ist dabei vielleicht eine Anspielung auf die Serie "Baywatch" und deren Hauptdarstellerin Pamela Anderson, die ein Barbie-ähnliches Weiblichkeitsklischee verkörpert). In der Serie hat der schwule Waylon Smithers die weltgrößte Malibu-Stacy-Puppensammlung (Simpsonspedia). Die Produzenten haben sogar ausdrücklich betont, dass sie mit seiner Puppensammlung – u. a. in den Folgen 5/14, 12/5, 23/13 – bewusst und "sehr subtil auf seine sexuelle Orientierung" anspielen wollten (s. den Kommentar der Produzenten zur Folge 5/14 im Bonusmaterial der im Handel erhältlichen DVD). In der Folge "Lisa kontra Malibu Stacy" (5/14) wird die Bedeutung der Puppe sehr gut sozialkritisch hinterfragt.

Waylon Smithers (r.) und Lisa in der "Simpsons"-Folge "Lisa kontra Malibu Stacy" (Folge 5/14)
In der US-Serie "Queer as Folk" (Folge 3/5) gibt es eine witzige Szene, in der der Song "Barbie Girl" von "Aqua" (hier Audio online) in der Schwulendisco "Babylon" gespielt und dazu eine eigene Puppenshow gezeigt wird. Die Szene ist unterhaltsam und wirkt wie die selbstbewusste Aneignung von klischeehaften Vorstellungen.
Puppen haben eine Stellvertretungs-Funktion
Puppen haben außerhalb ihrer Funktion als Kinderspielzeug und Erinnerung an die Kindheit manchmal auch eine Art Stellvertretungs-Funktion, wie in "Formula 17" (2004), wo Bai vom Psychiater eine Plastikpuppe zum Üben bekommt, um seine Probleme mit dem Küssen zu überwinden. Beim Einschlagen auf eine Puppe wie in "The Living End" (1992) und "Short Bus" (2006) geht es ebenso um Stellvertretung wie bei den aufblasbaren männlichen Gummipuppen in "15. The Movie" (2003) und "Watch out" (2008).
Schaufensterpuppen können als Symbol für Gefühllosigkeit eingesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist die Inszenierung einer leblosen Schaufensterpuppe während einer Vergewaltigung in "Die Vergewaltigung des Richard Beck" (1985). Die Inszenierung einer männlichen Schaufensterpuppe im Schlafzimmer des schwulen Bruno Ferrari (D: Jean-Paul Belmondo) in "Ein irrer Typ" (1977) erschließt sich mir nicht und hat für Ferrari möglicherweise nur die Funktion eines Kleiderständers.
Puppenjunge oder Pupenjunge?
In dem 1968 verfilmten Roman "Katanga" wird der schwule Andre in der deutschen Fassung als "Puppenjunge" bezeichnet und dabei auf sein "weibisch hübsches Gesicht" verwiesen. Auch in dem Film "Der Totmacher" (1995) mit Götz George als schwuler Serienmörder Fritz Haarmann, der in den Zwanzigerjahren spielt, wird auf die damalige Bezeichnung von Homosexuellen und Strichern als "Puppenjungen" aufmerksam gemacht.
Ursprünglich lautete diese Bezeichnung jedoch "Pupenjunge", worauf u. a. Magnus Hirschfeld ("Die Homosexualität des Mannes und des Weibes", 1914, S. 723) hinweist. Nach Angaben des Sprachwissenschaftlers Jody Skinner ("Bezeichnungen für das Homosexuelle im Deutschen", 1999, 2. Bd., S. 258-259) leitet sich "Pupenjunge" nicht von "Puppe" ab, sondern von "pupen" (= furzen). Insofern haben beide Begriffe eigentlich nichts miteinander zu tun. Hubert Kennedy ("Reading John Henry Mackay", 2002, S. 115) weist bei John Henry Mackays Roman "Der Puppenjunge" (1926) auf ein interessantes Detail hin: "Dieser Roman ist schon von der beschönigenden Schreibweise des Titels her bemerkenswert: Der Puppenjunge ist mit Doppel-p geschrieben, während im Roman das Wort 'Pupenjunge' immer mit einfachem p geschrieben ist – also verwandt mit dem Pup, nicht mit der Puppe."
Pornos – "Puppen poppen"

Schwule als Puppen in "Puppen poppen"
Nur wenige Schwulenpornos beziehen sich auf Puppen: Zum einen können – vor allem junge – Sexualpartner als Puppen bezeichnet werden ("Puppen poppen", "Baby Doll Boys", "Action Boys. Sexy Dolls", "Sexy Dolls") oder Darsteller sich einen entsprechenden Namen zulegen ("Real Doll"), zum anderen werden gelegentlich Schwule mit Sexpuppen gezeigt ("Puppen, die einfach nicht Nein sagen", "Doll, who just can't say No!").
Aus dem SM-Bereich kommt der Porno "Tossed Around Like a Rag Doll", in dem im Rahmen einvernehmlicher Rollenspiele ein schwuler Mann wie eine Stoffpuppe herumgeworfen wird.
Teddybären – Geborgenheit in der Vergangenheit
Der Teddybär steht mit seinem wärmenden Fell für den Wunsch nach Geborgenheit und Zärtlichkeit. Es scheint, als wenn Kinder an der Kraft des Bären partizipieren können, wenn sie sich mit ihm sicher und beschützt fühlen. Teddybären und andere Plüschtiere haben auch für Erwachsene – nicht nur im Rückblick – eine große emotionale Bedeutung. Das ist auch daran zu erkennen, dass kommerziell erfolgreiche Kinofilme wie "Ted" (2012) und "Ted 2" (2015) für Erwachsene konzipiert sind. Der wichtigste "schwule Bär" ist der Bärentyp, der später noch behandelt wird.
Bedeutung für Kinder
Die Bedeutung von Teddybären und anderen Schmusetieren wird manchmal auf die Kindheit bezogen. In "Mein Leben in Rosarot" (1997) dient ein Teddy als "Pfarrer", der den kleinen Ludovic mit seinem Schulfreund Jérôme verheiratet, womit dem Teddy "Autorität" verliehen bzw. zugetraut wird. Vermutlich hätten sich die beiden Kinder für die gleiche Funktion keine Barbie-Puppe ausgesucht.

Ein Teddy als "Pfarrer" in "Mein Leben in Rosarot" (1997)
Wenn in "Eine Liebe wie andere auch" (1983) der schwule Wieland erzählt, wie ihm sein Vater mit acht Jahren seinen Teddybären wegnahm und er sich mit einem zweiten Bettkissen begnügen musste, steht deutlich die Frage der persönlichen Entwicklung im Raum. (Es lässt sich leicht als eine Parallele erkennen, dass sein Vater von ihm als Linkshänder verlangte, mit der rechten Hand zu schreiben.) In "Beautiful Thing" (1996) wirft Jamies Mutter zwar seine Spielsachen weg, zögert jedoch deutlich, als es auch um seinen Teddy geht.
In mehr als der Hälfte des Films "Transamerica" (2005) ist ein Plüsch-Äffchen präsent, dass für Tobi als Kuscheltier in seiner Kindheit eine große Bedeutung hatte. Das steht auch damit in Verbindung, dass Tobi von seinem Stiefvater sexuell missbraucht wurde und später auf dem Strich landete. Der Film behandelt mehrfach Parallelen zwischen Tobi und seinem trans Vater, der sich inzwischen Bree nennt. Ihm hatte man in der Kindheit einen Frotteehasen abgenommen, als er "zu groß für das Häschen" war.
Bedeutung für Erwachsene – Snoopy
In anderen Filmen wird die Bedeutung von Plüschtieren für erwachsene Schwule hervorgehoben, ohne dabei einen Vergangenheitsbezug herzustellen, sondern um den Wunsch nach Zärtlichkeiten darzustellen. In zwei Filmen geht es dabei konkret um eine Schmusetier mit dem Namen Snoopy, der als Charlie Browns Hund aus der US-Comic- und Zeichentrickserie "Peanuts" berühmt geworden ist. In "A Very Natural Thing" (1974) werden anhand von "Snoopy" als Schmusetier das Schmusen und der Sex des Protagonisten mit seinem Lebenspartner reflektiert. In "Eine Liebe wie andere auch" (1983) bekommt Wieland von seinem Sexpartner ein Schmusetier namens "Snoopy" geschenkt. In der US-Umgangssprache hat "Snoopy" unterschiedliche sexuelle Bedeutungen (s. urbandictionary: u. a. "a symbol of the 'free spirit'", "cutesy slang term for the vagina", "a term for oral stimulation of the penis, or fellatio").
Bedeutung für Erwachsene – Teddybären und andere Schmusetiere
Seit Jahrzehnten haben Teddybären auch auf Schwule eine beruhigende Wirkung. In "Alpenglühn im Dirndlrock" (1974) ist ein Schwuler zu sehen, der dank seines Plüschtieres zufrieden schlafen kann, was sich im Kontext dieser Sex-Klamotte als eine klischeehafte Verkindlichung und damit "Entmännlichung" der schwulen Figur darstellt. Nach Hermann J. Huber trägt der schwule Sebastian in "Wiedersehen mit Brideshead" (1981) ständig einen Teddybären auf seinem Arm ("Gewalt und Leidenschaft", 1989, S. 220). In "Fögi ist ein Sauhund" (1998) tröstet sich Beni mit einem Plüschtier über seine Einsamkeit hinweg, als sein Freund für zwei Wochen verreist, und in "Shared Rooms" (2016) tröstet sich ein Schwuler bei seinen Problemen im Coming-out.
In der "Simpsons"-Folge "Kampf um Bobo" (Folge 5/4) geht der schwule Waylon Smithers sogar so weit, sich als Teddy "Bobo" zu verkleiden, sich auf Burns' Schoß zu setzen und mit "Drück mich, knuddel mich, zupf an meinem Fell" seinen Wunsch nach Zärtlichkeiten zu äußern.

Der schwule Waylon Smithers traut sich was ("Simpsons", Folge 5/4), während der von ihm geliebte Mr. Burns sehr irritiert ist
Die pinken Kuscheltiere von Schwulen in den Komödien "Eating Out" (2004) und "Another Gay Sequel" (2008) haben ihre Bedeutung auch durch ihre mit Schwulsein konnotierte Signalfarbe.

Rosa Kuscheltiere in "Another Gay Sequel" (2008)
Auch die US-Serie "Queer as Folk" bietet zwei interessante Szenen, in denen Teddybären eine Rolle spielen: Als Brian Vater wird und ihm kein Name für seinen Sohn einfällt, wird Justins Namensvorschlag Gus angenommen – der Name von Justins früherem Teddybär (Folge 1/6). Später schenkt Brian seinem Sohn einen Teddybären – allerdings einen in Ledermontur (Folge 1/12).
Es ist eine zärtliche Berührung Phils mit seinem Teddybären, der in "Teddy" (2009) einen Erinnerungs-Flashback an seinen Ex-Partner Neil auslöst. Es ist zwar sozial üblich, seinen Teddy mit ins Bett zu nehmen, die Art der Inszenierung macht den Teddy in diesem Film allerdings recht deutlich auch zu einem erotischen Objekt der Begierde.

Erotische Nähe in "Teddy" (2009)
Lebendige Teddybären
Spätestens wenn im Film selbstständig agierende bzw. sprechende Teddybären vorkommen, wird klar, dass diese lebendige und fühlende Lebewesen verkörpern: In "Animals" (2012) hütet Pol vor seinen Freunden das Geheimnis, dass er mit seinem Teddybär eng befreundet ist. Der Teddy beschwert sich sogar, weil Pol den Freunden gegenüber ihre Beziehung verschweigt und ihm diese offenbar peinlich ist. Parallelen zu einer schwulen Beziehung sind hier allzu offensichtlich, aber es geht auch darum, die letzten Spuren der Kindheit, abzulegen.
In "Ted 2" (2015) zieht ein (heterosexueller) Teddybär vor Gericht, um die gleichen Rechte auf eine Adoption wie ein Mensch einzufordern, weil auch er wie ein Mensch fühle: "Als schwulem Kinobesucher kommt einem diese Analogie bekannt vor", schrieb queer.de, was eine homosexuelle Rezeption verdeutlicht. In dem Animations-Kurzfilm "Cruise Patrol" (2013) sind klischeekonträr Teddybären brutale und herumballernde Entführer. Aber letztendlich funktioniert auch dieser Film nur deshalb, weil er das Spielerische und Verschmuste, das üblicherweise mit Teddybären verbunden wird, aufgreift und dabei stark konterkariert. In "Teddybär" (2018) nennt sich ein übergewichtiger, introvertierter Mann "Teddybär". Er wohnt mit seinem Vater in einer winzigen Wohnung in einem Armenviertel von Rio de Janeiro. Die einzige Flucht aus seinem tristen Alltag sind seine Besuche in einer Schwulen-Sauna, obwohl er eigentlich nicht nur Sex will, sondern Liebe sucht.
Ein Teddybär als queerer Filmpreis
Der "Teddy Award" ist ein queerer Filmpreis, der seit 1987 in unterschiedlichen Kategorien an Filme mit queerer Thematik aus dem Berlinale-Programm verliehen wird. Der Preis erhielt seinen Namen mit Bezug auf den Hauptpreis der Berlinale, den Goldenen Bären, der sich wiederum auf den Bären im Berliner Stadtwappen bezieht.
Pornos zum Thema

Teddybären, die "In Your Wildest Dreams" den Wunsch nach Kuscheln auslösen
Zu den wenigen Schwulenpornos, die Teddybären auf dem Cover zeigen, gehört "Puppy Eyes", bei dem die Augen des Darstellers offenbar wie die des Teddys wirken sollen.
In "In Your Wildest Dreams" wird der Teddy durch das Kaminfeuer mit Behaglichkeit, Ruhe, Kuscheln und Sex assoziiert.
Als Darstellername ist der Teddy recht beliebt, mindestens zwölf Darsteller haben sich Namen wie "Teddy Bear", "Teddy Green" oder "Teddy Long" gegeben, womit jedoch nicht unbedingt eine Assoziation mit dem Teddybär beabsichtigt sein muss, da "Teddy" und "Ted" auch geläufige Namen bzw. Kosenamen sind.
Drachen und Ballons – Aufstieg und Absturz
Was sich mehr oder weniger frei im Himmel bewegt, symbolisiert Freiheit und erinnert an den ewigen Menschheitstraum vom Fliegen. Auch Luftballons und Spielzeug-Drachen sind Ausdruck dieser Träume und werden zudem mit unbeschwerten Kindheitstagen in Verbindung gebracht. Heißluftballons werden mit dem Wunsch vieler Menschen assoziiert, sich über die Widrigkeiten des Lebens zu erheben und der Kontrolle anderer zu entziehen. Heißluftballons können allerdings auch abstürzen und so symbolisch an Ikarus aus der griechischen Mythologie erinnern, der der Sonne zu nahe kam.
Spielzeug-Drachen
Filme, in denen Spielzeug-Drachen eine Rolle spielen, assoziieren dieses Motiv mit Freiheiten, manchmal auch mit dem Aspekt sexueller Freiheiten. Das Steuern eines Drachens ist in "Scenes of a Sexual Nature" (2006) eine filmische Klammer um die Geschichten von sieben unterschiedlichen Paaren in einem Park, von denen eines aus zwei Schwulen besteht. In "Felix" (2000) lässt der gleichnamige Protagonist mit einem anderen Mann einen Drachen in den Farben des Regenbogens steigen. Kurz bevor sein Drachen abstürzt, wird er davor gewarnt, dass er den Drachen bei starkem Wind verlieren werde, was wie eine Warnung vor "stürmischen" Zeiten in übertragenem Sinne wirkt. In mehreren miteinander verwobenen Geschichten zeigt "Clapham Junction" (2007) schwules Leben zwischen Liebe und Gewalt. In einer Szene spielen Kinder in einem (Cruising-)Park mit zwei Drachen, von denen einer abstürzt. Kurz danach findet in der Nähe ein homophober Überfall statt. Im Kurzfilm "Dragon" (aka "The Kite", 2016, hier online) ist der eigentliche "Hauptdarsteller" ein Spielzeug-Drachen, der nach 20 Jahren Trennung zwei sich liebende Männer wieder vereint.

Ein Spielzeug-Drache und schwule Liebe in "Dragon" bzw. "The Kite" (2016)
Spielzeug-Drachen bezieht sich auf den chinesischen Drachen
Der Spielzeug-Drachen ist eine chinesische Erfindung. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass in China der Drache als Fabelwesen eines der vielschichtigsten und bedeutendsten Symbole ist. "Männliche-Drachen-Vorliebe" ist ein chinesischer Ausdruck für Homosexuelle. Das Aufsteigenlassen von Drachen in den Farben des Regenbogens als schwulenpolitische Aktion in China wird in der Doku "Queer China, 'Comrade' China" (2008) daher zu Recht als ein "very Chinese way of celebrating" bezeichnet.
Luftballons
Luftballons, die in die Luft aufsteigen, stehen ebenfalls für Freiheit und sind genauso vielschichtig inszeniert. In "Jeffrey" (1995) ist ein Luftballon, den sich zwei Liebende mehrfach umsichtig zuspielen und der dabei nicht auf den Boden aufkommen darf, ein erklärtes Symbol für Gott. Weil Luftballons mit Träumen assoziiert werden, erinnern die zerplatzten Luftballons in "Wild Tigers I Have Known" (2006) an zerplatzte Träume. In "Hellbent" (2004) dienen Luftballons dazu, auf die Dauer der eigenen Erektion hinzuweisen ("die Ballons halten länger, […] ich halte auch 'ne Weile"), was sich als eine platte Parallelisierung darstellt. In "Inflatable Swamp" (2010) steht jeder einzelne der vielen Luftballons für einen Sexkontakt. An ihnen sind kleine Zettel angebracht, die Kommentare über diese Kontakte beinhalten.

In "Inflatable Swamp" (2010) steht jeder Luftballon für einen Sexkontakt
Exkurs: Heißluftballons
Aufgrund der symbolischen Nähe und Überschneidung möchte ich kurz auch auf Heißluftballons eingehen, die zwar kein Spielzeug sind, aber als Transportmittel noch deutlicher die menschliche Sehnsucht nach einem anderen Ort zum Ausdruck bringen. Dazu gehört die Geschichte von Simon in "Lilies" (1996), der seiner Realität entfliehen möchte und in den Heißluftballon mit dem Namen "Schicksal" einsteigen würde, "um für immer von hier wegzukommen". In "Bevor es Nacht wird" (2000) scheint der Heißluftballon eine reale Fluchtmöglichkeit aus dem homophoben Kuba heraus zu sein, aber er stürzt ab und ein Mann stirbt dabei.
Aufstieg und Absturz behandelt auch "Enduring Love" (= "Beständige Liebe", 2004): Nach einem Unfall mit einem Heißluftballon, bei dem ein Mann ums Leben kam, fühlt sich Jed mit dem ebenfalls überlebenden Joe (D: James-Bond-Darsteller Daniel Craig) untrennbar verbunden, woraufhin er sich in einen krankhaften schwulen Liebeswahn hineinsteigert.

Krankhafter schwuler Liebeswahn in "Enduring Love" (2004)
Pornos zum Thema
Bunte Luftballons sind Sinnbild für Vielfalt, auch im Sinne politisch verstandener Diversität ("Show Your Pride"). In Schwulenpornos ist ein Luftballon auch ein Hinweis auf Partys und Lebenslust und man findet ihn in dieser Bedeutung auch im Kontext von Geburtstagen und ähnlichen Anlässen ("Happy Bareback to You"). Auch der Porno "Big Balloons" zeigt viele Luftballons, die sich hier jedoch – in Anlehnung an die Bezeichnung für große Frauenbrüste – wohl auf die Größe anderer Körperteile beziehen.

Ballons als Ausdruck von Lebenslust und Vielfalt im Porno "Show Your Pride" und "Happy Bareback to You"
Wer im Internet auf der Suche nach schwulen Pornofilmen ist und "gay porn" und "balloon knot" sucht, wird schnell fündig. Das liegt daran, dass der Anus in der US-Umgangssprache wegen einer gewissen Ähnlichkeit auch als "balloon knot" (= Ballonknoten) bezeichnet wird (s. dazu mehrere Erklärungen in urbandictionary).

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