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Am IDAHOBIT
Mexiko führt nichtbinäre Reisepässe ein
Feierlich vergaben die Behörden von Mexiko-Stadt am IDAHOBIT den ersten der neu eingeführten nichtbinären Reisepässe an Aktivist*in Jesus Ociel Baena. Mit dabei: Außenminister Marcelo Ebrard.
- 23. Mai 2023, 13:50h 3 Min.
Mexikanischen Bürger*innen ist es künftig möglich, eine nichtbinäre Identitätsangabe in ihrem Reisepass zu hinterlegen. Demnach sollen Bürger*innen bei der Beantragung eines Reisepasses nicht mehr nur die Optionen "weiblich" und "männlich" ankreuzen können, sondern zusätzlich das inzwischen auch in international anerkannten Reisepässen gebräuchliche "X".
Damit besteht zumindest bei der Ausstellung von Reisepässen Selbstbestimmung. Keinen Einfluss aber hat das neue Verfahren auf die Situation im Inland. Und: Eine Änderung des Namens ist mit der Option auch nicht verbunden.
"Quantensprung für Mexiko"
Den ersten nichtbinären Reisepass stellten die Behörden in Mexiko-Stadt dem Enbie Jesus Ociel Baena aus. In sozialen Medien bezeichnet sich Baena als nicht-binäre Person, Spezialist*in für politische Wahlrechte und Förder*in strategischer Wahlstreitigkeiten mit LGBTIQ+-Perspektive.
Die Vergabe war allerdings kein reiner Amtsakt. Außenminister Marcelo Ebrard nahm an der feierlichen Veranstaltung anlässlich des Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie teil. Die Vergabe bezeichnete er als "Quantensprung" für Mexiko. Im kommenden Jahr möchte Ebrard für die linke Morena-Partei als Präsident*innenschaftskandidat antreten.
Anders als in Reisepässen ist es Mexikaner*innen gegenwärtig offiziell aber nicht möglich, eine nichtbinäre Geschlechtskategorie in ihren nationalen Ausweisdokumenten beziehungsweise bei der behördlichen Erfassung von Personendaten erteilt zu bekommen oder wählen zu können. Ein Antidiskriminierungsgesetz, das die geschlechtliche Identität auch von geschlechtlichen Minderheiten als Merkmal aufführt, gibt es in dem mittelamerikanischen Land im Gegensatz zur sexuellen Orientierung ebenfalls nicht.
Doch ist es einzelnen Personen gelungen, von ihren lokalen Behörden entsprechende Unterlagen ausgestellt zu bekommen. So auch Jesus Ociel Baena. Die aktualisierte Geburtsurkunde hatte Baena erst vor zwei Wochen stolz via Twitter verbreitet. Unter der Kategorie "Sexo" heißt es auf der Urkunde nun: "NO BINARIO".
Twitter / ocielbaena | Die Geburtsurkunde von Jesus Ociel BaenaPrimer acta de nacimiento no binaria en Coahuila y soporten!!! pic.twitter.com/bTtjkeCHBK
OCIEL BAENA (@ocielbaena) May 10, 2023
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Anerkennung vs. Unsicherheit
Auch deutsche Staatsbürger*innen, die in der nationalen Erfassung des Geschlechts einen leergelassenen Geschlechtseintrag oder "divers" haben, erhalten in ihren internationalen Reisepässen den Marker "X".
Mit der Geschlechtskategorie ist zwar eine Anerkennung nichtbinärer und intergeschlechtlicher Personen in ihrem Geschlecht ermöglicht. Doch gerade im internationalen Flugverkehr und bei Einreisen oder Zwischenstopps in Staaten, deren Queerpolitik weniger fortschrittlich ist, geht das eingetragene "X" mit der Furcht vor übergriffigen Behandlungen und Befragungen einher. Haben Deutsche ihren Geschlechtseintrag nach Paragraph 45b des Personenstandsgesetzes geändert, haben sie darum im Reisepass die Möglichkeit, hier nach eigener Wahl als "männlich" oder "weiblich" aufgeführt zu werden.
Das Problem mit der Diskriminierung gibt es auch im Inland, etwa bei Gesundheitsleistungen oder Registrierungsprozessen bei privaten und staatlichen Dienstleistern. So dürfte die anhaltende Diskriminierung dieser geschlechtlichen Minderheiten mit ein Grund dafür sein, warum erst vergleichsweise wenige Personen eine Änderung ihres Geschlechtseintrags in "divers" oder einen leeren Geschlechtseintrag beantragt haben.
Darauf, eine dritte Option in der Kund*innenkommunikation einzuführen, hatte René_ Rain Hornstein im vergangenen Jahr die Deutsche Bahn verklagt (queer.de berichtete). Die dem Konzern von einem Frankfurter Gericht gesetzte Frist zur Einführung der neuen Option hatte die Bahn jedoch Anfang 2023 nicht eingehalten- und stattdessen in letzter Minute eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingereicht (queer.de berichtete). (jk)

Spart auch Kosten für Tinte und Aufwand.