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Urteil
Menschenrechtsgericht: Mitgliedsstaaten müssen gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkennen
In einem wegweisenden Urteil hat der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte Rumänien verurteilt, weil das Land keinerlei Anerkennung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft anbietet.

wikipedia) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte achtet darauf, dass die Mitgliedsstaaten – praktisch alle europäischen Länder außer Diktaturen – die Menschenrechtskonvention einhalten (Bild:
- 23. Mai 2023, 15:32h 2 Min.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Rumänien wegen der Nicht-Gleichbehandlung von homosexuellen Paaren verurteilt (Buhuceanu und andere v. Rumänien, 20081/19 und andere). Dass gleichgeschlechtliche Paare in dem südosteuropäischen EU-Mitgliedstaat nicht heiraten oder eine Partnerschaft eintragen dürften, untergrabe ihre Menschenrechte, urteilte das Gericht am Dienstag. Mit vier zu drei Stimmen sah das Straßburger Gericht Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt, der sich auf das Privat- und Familienleben bezieht.
Keines der Argumente der Regierung gegen eine rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren wiege schwer genug, urteilte nun das Gericht. "Homosexuellen Partnerschaften die Anerkennung zu erlauben, würde die Institution der Ehe nicht beeinträchtigen, weil heterosexuelle Paare immer noch heiraten dürfen", erklärte der EGMR. Auch negative Einstellungen seitens der heterosexuellen Bevölkerungsmehrheit dürften nicht das Recht auf Anerkennung der Beziehung von Homo-Paaren einschränken.
Auswirkungen auch auf andere Länder
Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf andere queerfeindliche Länder wie Polen oder Aserbaidschan haben. Der Gerichtshof erinnerte in dem Urteil daran, dass alle Mitgliedstaaten einen gesetzlichen Rahmen schaffen sollten, der die Anerkennung und den Schutz gleichgeschlechtlicher Paare sicherstellt.
Dem Urteil nicht anschließen wollten sich der armenische Richter Armen Harutyunyan sowie der polnische Richter Krzysztof Wojtyczek – die portugiesische Richterin Ana Maria Guerra Martins hatte zumindest an Teilen der Mehrheitsentscheidung etwas auszusetzen. Für die Mehrheit stimmten neben Gerichtspräsidentin Gabriele Kucsko-Stadlmayer aus Österreich auch Richter aus Großbritannien, Bosnien-Herzegowina und Serbien.
Bis 1996 stand Homosexualität in Rumänien unter Strafe, bis 2002 gab es unterschiedliche Schutzalter für hetero- und homosexuelle Paare. Rechtlich erkennt das Land gleichgeschlechtliche Paare bis heute nicht an. 21 Paare waren 2019 und 2020 vor den EGMR gezogen, weil sie keinen Zugang zu den gleichen Rechten hatten wie heterosexuelle verheiratete Paare.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat, nicht zur Europäischen Union. Er entscheidet auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dem Europarat gehören 46 Mitgliedstaaten an – konkret sind dies alle europäischen Länder mit Ausnahme von Belarus, Kasachstan, dem Kosovo, Russland und dem Vatikanstaat. Formal müssen sich alle Mitgliedsländer an die Entscheidungen des Gerichts halten. Allerdings hat das Gericht keine Sanktionsmöglichkeiten, um Gesetzesbrecher zu bestrafen. (AFP/dk)

Links zum Thema:
» Pressemitteilung des Gerichts (auf Englisch)
Das muss nun die Politik begreifen und ggf. die nationalen Ober- und Verfassungsgerichte in allen Ländern durchsetzen.