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Trotz Kritik aus dem Ausland
Uganda: Präsident unterzeichnet drakonisches Anti-LGBT-Gesetz
Auch in Uganda kann Homosexualität künftig mit der Todesstrafe belegt werden – bei wiederholten "Verstößen". Das neue Gesetz bestraft auch die "Werbung" für Homosexualität.
- 29. Mai 2023, 12:50h 3 Min.
Trotz internationaler Kritik hat Ugandas Präsident Yoweri Museveni am Montag ein Gesetz unterzeichnet, das die Gesetzgebung gegen Homosexuelle drastisch verschärft. Museveni unterschrieb nach Angaben von Parlament und Präsidialbüro im Onlinedienst Twitter eine leicht geänderte Fassung des "Anti-Homosexualitäts-Gesetzes 2023", welches das Parlament in dieser Form Anfang Mai auf den Weg gebracht hatte (queer.de berichtete).
Homosexuelle Handlungen können in dem ostafrikanischen Binnenstaat bereits jetzt nach Bestimmungen, die ursprünglich aus britischer Kolonialzeit stammen, mit bis zu lebenslänglicher Haft belegt werden, seit einer Überarbeitung im Jahr 2000 können auch Frauen bestraft werden.
Künftig kann bei "schwerer Homosexualität" die Todesstrafe verhängt werden – dazu zählen unter anderem Geschlechtsverkehr mit Menschen unter 18 oder über 75 Jahren oder Missbrauch. Aber auch eine mehrfache Verurteilung wegen homosexueller Handlungen kann zu der Verhängung der Todesstrafe führen. Diese wurde allerdings seit Jahren nicht mehr angewendet, obwohl sie in der ugandischen Verfassung verankert ist.
Twitter / ulle_schauws | Eine erste Reaktion der Grünenpolitikerin Ulle SchauwsFurchtbar! Das zutiefst menschenverachtende, homosexuellen- und queerfeindliche Gesetz greift nach der Unterschrift des Präsidenten jetzt in #Uganda. Es war auch massive Propaganda von Evangelikalen, die hierzu beigetragen hat. Solidarität! Politisch auf allen Ebenen https://t.co/b8e3a8VUvO
Ulle Schauws (@ulle_schauws) May 29, 2023
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Der neue Gesetzesentwurf stellt klar, dass es noch keine Straftat ist, sich als homosexuell zu bezeichnen. Erst "die Beteiligung an homosexuellen Handlungen" stelle ein Vergehen dar. Museveni hatte im April eine erste Fassung des Gesetzentwurfes, die auch eine reine Identifikation als beispielsweise queer oder auch ausdrücklich als trans bestraft hätte, an das Parlament zurückgeschickt (queer.de berichtete). Auch die Eskalation von Homosexualität zu einem Kapitalverbrechen hatte Museveni zunächst kritisiert.
Auch "Homo-Propaganda" kann mit Haft belegt werden
Bereits der "Versuch" homosexueller Handlungen ist mit zehn Jahren Haft bestrafbar, in den "schweren" Fällen mit 14 Jahren. Bei versuchten oder durchgeführten Handlungen wird Betroffenen für den Rest des Lebens verboten, mit Kindern zu arbeiten. Minderjährige können selbst wegen Homomsexualität bestraft werden, mit bis zu drei Jahren. Gestrichen im Vergleich zum ersten Entwurf wurde eine Passage, wonach bestraft werden kann, wer homosexuelle Handlungen anderer nicht den Behörden meldet – sie gilt weiter bei den "schweren" Vergehen.
Weitere Regelungen aus dem Entwurf vor der Unterzeichnung: Die "Werbung" für Homosexualität kann mit zehn Jahren Haft oder einem Verbot einer Organisation von zehn Jahren geahndet werden, was praktisch queeren Aktivismus, eventuell auch Aids-Prävention und weiteren Support unmöglich macht. Das gleiche Strafmaß gilt unter anderem für die Vermietung von Räumlichkeiten für "homosexuelle Handlungen" oder etwa der Teilnahme an einer gleichgeschlechtlichen Hochzeit. Offenbar auch in der letzten Fassung enthalten: Gerichte können Sozialdienste zur "Rehabilitierung" einer verurteilten homosexuellen Person verpflichten, also eine Art "Heilung" anordnen.
International wurde das Gesetz scharf kritisiert, unter anderem von den USA, der EU und einzelner Länder wie Deutschland, den Vereinten Nationen und Menschenrechtsgruppen. Es erfreut sich aber in Uganda breiter öffentlicher Unterstützung. Im Parlament stimmte nur ein einzelner Abgeordneter gegen die letzte Fassung des Entwurfs, alle anderen dafür.
Twitter / UNAIDSJoint statement by the leaders of the @GlobalFund, UNAIDS and @PEPFAR on #Ugandas Anti-Homosexuality Act 2023.
UNAIDS (@UNAIDS) May 29, 2023
Read statement – https://t.co/1xkDKdm2f5 pic.twitter.com/VN9RHa7FMO
Schon vor Unterzeichnung des Gesetzes seien die Auswirkungen zu spüren gewesen, so der ugandische LGBT-Aktivist Sam Ganafa gegenüber der dpa. Krankenhäuser würden Homosexuelle abweisen, da die Einrichtungen fürchteten, von der Regierung schikaniert zu werden. "Das ist eine traurige Nachricht. Unsere Leute müssen sich wieder verstecken", so Ganafa.
Bereits 2014 war eine Strafverschärfung für homosexuelle Handlungen vom Parlament beschlossen und von Museveni unterzeichnet, aber dann vom Verfassungsgericht aus formalen Gründen für ungültig erklärt worden (queer.de berichtete). Die Verschärfung war tatkräftig von us-amerikanischen evangelikalen Organisationen unterstützt worden. (cw)
