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Uni Göttingen

Studie: Nichtbinäres Geschlecht existierte im prähistorischen Europa

"We Are Everywhere" ist ein beliebter Slogan der queeren Befreiungsbewegung in den USA. Nach Forschungen der Uni Göttingen sind wir wohl auch noch in "Every Time".


Die Forschenden untersuchten hunderte Grabstätten in Europa (Bild: Ivan Radic / flickr)
  • 31. Mai 2023, 16:19h 8 3 Min.

Ein Forschungsteam der Georg-August-Universität Göttingen ist in einer vergangene Woche veröffentlichten Forschungsarbeit zu dem Ergebnis gekommen, dass es bereits im prähistorischen Mitteleuropa vor tausenden Jahren nichtbinäre Menschen gab. Die Studie mit dem Titel "Error or Minority? The Identification of Non-binary Gender in Prehistoric Burials in Central Europe" ist vergangene Woche im britischen Universitätsverlag Cambridge University Press veröffentlicht worden.

Die Archäolog*­innen aus Niedersachsen hatten neolithische und bronzezeitliche Gräber (etwa 5500 v. Chr. bis 1200 v. Chr.) auf Hinweise zum biologischen und sozialen Geschlecht untersucht. Üblicherweise ermitteln sie das biologische Geschlecht anhand der menschlichen Knochen. Auf das soziale Geschlecht einer Person sollen Gegenstände in ihrer Grabausstattung hinweisen. Dabei gilt in sehr vereinfachter Form: Waffen für Männer, Schmuck für Frauen. Dabei fanden sie heraus, dass die gesellschaftliche Rolle prähistorischer Individuen mehrheitlich – aber nicht ausschließlich – durch ihr biologisches Geschlecht bestimmt wurde. Es zeigte sich aber auch, dass die üblichen Methoden fehleranfällig sind.

"Mindestens vier mögliche Kombinationen"

"Viele Menschen gehen davon aus, dass die beiden biologischen Geschlechter zwei soziale Geschlechter hervorbringen", erklärte die Universität Göttingen zu der Studie. "Betrachtet man jedoch das biologische und das soziale Geschlecht getrennt, gibt es mindestens vier mögliche Kombinationen." In vielen Fällen stimme das biologische nicht mit dem sozialen Geschlecht überein, so die Forschenden nach Untersuchung von über 1.000 Individuen, die in neolithischen und bronzezeitlichen Grabstätten in Deutschland, Österreich und Italien bestattet wurden. Der Datensatz decke fast 4.000 Jahre der fernen Vergangenheit ab.

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Das Ergebnis: Das biologische und soziale Geschlecht konnte nur bei etwa 30 Prozent der untersuchten Individuen bestimmt werden. 10 Prozent der Individuen entsprechen den Daten nach nicht der "binären Norm". "Die Zahlen sagen uns, dass wir nicht-binäre Personen historisch gesehen nicht als Ausnahmen von einer Regel betrachten können", sagte Dr. Eleonore Pape. Sie hat die Forschung an der Universität Göttingen durchgeführt und arbeitet nun am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. "Wir sollten sie eher als Minderheiten begreifen, die unter Umständen formal anerkannt, geschützt und sogar verehrt werden konnten."

Dr. Nicola Ialongo vom Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen fügte hinzu, dass dies nur eine der möglichen Interpretationen sei. "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir die tatsächliche Größenordnung noch nicht abschätzen. Das liegt nicht nur an der Fehleranfälligkeit der Methoden, zum Beispiel bei der Untersuchung der Knochen. Wir müssen auch den Bestätigungsfehler berücksichtigen: Wir Menschen neigen dazu, das zu finden, was wir finden wollen." Zukünftig sollen biomolekulare Analysen, zum Beispiel an der DNA und an Proteinen im Zahnschmelz, zusätzliche Daten liefern.

Die Studie führte zu teils heftigen Abwehrreaktionen von queerfeindlichen Kräften. In sozialen Medien wurde den Forschenden ein "hochpolitischer Bias" und "Genderwahn" vorgeworfen. Manche sahen die Studie als Teil einer Verschwörung an, deren Ziel darin liege, das Geschlecht abzuschaffen. (cw)

#1 Lucas3898Anonym
  • 31.05.2023, 17:00h
  • Stellt die Grafik nicht eigentlich Cis und Trans dar?
    Von Nicht-Binär sehe ich da nichts, auch wenn es so beschriftet ist.
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#2 MetzoAnonym
  • 31.05.2023, 20:42h
  • Antwort auf #1 von Lucas3898
  • Ich hatte mir schon ein gutes Stück der Studio angelesen und kann bestätigen, dass hier scheinbar sehr viel zusammen geworfen wird unter dem Begriff Nicht-Binär, ohne dabei wirklich zu bennen welche Identitäten sie damit abdecken wollen.

    Ich finde, dass die mangelnde Differenzierung keiner Community gut tut.
    Es wurde lediglich fest gestellt, dass bei 10% der Gräber das von Archeologen bestimmte Geschlecht "sex" anhand von Beckengröße, ect und das sozial vermutete Geschlecht anhand Grabbeilagen nicht überein stimmte.

    Ob das wirklich alles nicht-binäre Personen waren, oder trans Frauen und trans Männer, oder einfach gender-non-conforming cis Personen oder intergeschlechtliche Menschen, kann sich daraus gar nicht ableiten.

    Ich denke ein Schluss der aus diesen Ergebnissen zugelassen werden kann, wäre höchstens dass auch Menschen in dieser Zeit nicht komplett in ein cis-endo-binäres Raster passten und vielleicht offen genug damit lebten, dass sie entsprechend beerdigt wurden.

    Ob eine entsprechende Beerdigung nun Akzeptanz voraussetzt oder vielleicht auch schwule cis Männer mit Schmuck beerdigt wurden als eine Art Homofeindlichkeit kann ich aber gar nicht beurteilen.

    Auf der anderen Seite kenne ich aus Mythen aber auch aus modernen Gesellschaften in anderen Kulturen Bräuche, dass zum Beispiel kastrierte Männer wie Frauen leben. In Pakistan, Taiwan und Indien gibt es scheinbar lange Traditionen von einem "drittem Geschlecht", welches teilweise spezielle Namen in der Sprache hat, die aber auch nicht eine homogene Gruppe von inter*, trans*, nicht-binären oder anderen geschlechtlichen Minderheiten präsentieren. Diese leben teils ausgestoßen und diskriminiert, gleichzeitig als spirituelle Glücksbringer.

    Wie gesagt stehe ich dem kritisch gegenüber, solche Ergebnisse sofort mit modernen Begriffen zu versehen und diese auch noch inflationär zu benutzen, obwohl hier kein genauer Unterschied fest gestellt werden könnte, welche Identität ein Mensch hatte.
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#3 FinalmSposatoEhemaliges Profil

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