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Israel
Über 150.000 Menschen bei Pride-Parade in Tel Aviv
Der größte CSD im Nahen Osten stand zum 25. Jubiläum vor dem Hintergrund massiver innenpolitischer Spannungen in Israel. Bei sonnigen Temperaturen wurde ausgelassen gefeiert – aber immer wieder war auch der Ruf "Demokratie!" zu hören.

CSD direkt am Strand: Über 150.000 Einheimische und Besucher*innen aus aller Welt zogen am Donnerstag bei sonnigen Temperaturen an der Promenade von Tel Aviv entlang (Bild: Roni Kamhazi)
- 9. Juni 2023, 03:47h 3 Min.
Über 150.000 Menschen haben in der israelischen Küstenstadt Tel Aviv am Donnerstag bei der 25. Pride-Parade für LGBTI-Rechte demonstriert. Beim größten CSD im Nahen Osten tanzten zahlreiche bunt zurechtgemachte Menschen mit Regenbogenfahnen auf und um Festwagen herum. Begleitet wurde der Zug von Protesten gegen queerfeindliche Regierungsmitglieder.
Die Demoparade, eröffnet von Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai, begann am Gordon Beach und zog sich entlang der Promenade bis zum Aviv Beach, auf der Höhe des Carmel Markts, wo sie mit einer großen Party endete. Neun bunt dekorierte Trucks bahnten sich mit musikalischen Acts und der Dragqueen Erika Histerika Genderika als Schirmfrau ihren Weg durch die Stadt. Huldai sagte bei seiner Eröffnungsrede: "Das Pride-Wochenende begann mit einer klaren Botschaft für alle: Wir sind alle gleich, wir sind alle Menschen, und wir alle verdienen es, ohne Angst zu lieben, wen immer wir wollen."
Die israelische Kultur- und Wirtschaftsmetropole Tel Aviv gilt in der Region als Oase der Akzeptanz gegenüber queeren Menschen. "Es ist ein großes Fest und ich möchte heute dabei sein, um die LGBTQ-Gemeinschaft zu unterstützen", sagte die 26-jährige Pride-Teilnehmerin Elise Zhdanva.
Mehrere Kabinettsmitglieder sind extrem queerfeindlich
Die jährlich stattfindende Parade findet in diesem Jahr vor dem Hintergrund massiver innenpolitischer Spannungen in Israel statt. Seit Monaten spaltet die rechts-religiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weite Teile der Gesellschaft. Auch die queere Community befürchtet eine Verschlechterung ihrer Rechte. Mehrere Kabinettsmitglieder sind extrem queerfeindlich. Insbesondere die streng-religiösen Parteien lehnen gleiche Rechte für LGBTI ab. Sie sehen dies als Verstoß gegen jüdische religiöse Gebote an.
Yael Ben Yosef sagte, sie nehme wegen der innenpolitischen Lage an der Parade teil. "Wir müssen zeigen, dass wir da sind, dass wir keine Angst haben und dass sie uns nicht wegsperren können", sagte die 22-jährige Studentin. "Wir werden weiterkämpfen, bis wir komplett gleichberechtigt sind." Wie bei den seit 23 Wochen anhaltenden Protesten gegen die Justizreform war auch bei der Pride-Parade immer wieder der Ruf "Demokratie!" zu hören.
Offizielle Abschlussfeier erst am Freitag
An der Parade beteiligten sich auch tausende Besucher*innen aus dem Ausland. Einer von ihnen war der 27-jährige Leon Müller aus Frankfurt. Er und sein Freund seien "extra für die Pride" nach Israel gekommen, sagte er. "Wir haben viel darüber gehört, wir wollen die israelische Pride-Stimmung spüren", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Auch der Berliner Fotograf Burghard Mannhöfer ließ sich die diesjährige Parade nicht entgehen – seine Bilder zeigen wir in der unten verlinkten Galerie.
Die Abschlussfeier ist in diesem Jahr erst einen Tag nach der Parade am Freitag geplant. Bei dem Konzert im Stadtpark werden erneut Zehntausende Menschen erwartet. Auftreten werden u.a. Israels Star-DJ Offer Nissim sowie ESC-Gewinnern Netta Barzilai. (mize/AFP/dpa)
