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CSD Hannover

Polizei ermittelt nicht wegen Vergewaltigung, niemand half getretenem Jungen

Die Polizei in Hannover sieht bei der bekannt gewordenen Sexualstraftat am Rande des CSD keine Vergewaltigung. Und: Dem getretenen trans Jungen kam zunächst niemand zur Hilfe.

Der brutale Angriff auf einen trans­geschlechtlichen Mann und eine nichtbinäre Person am Rande der CSD-Demonstration am 27. Mai in Hannover hat in der vergangenen Woche bundesweit für Entsetzen gesorgt. In dieser Woche kam die Meldung hinzu, dass es außerdem noch zu einer Vergewaltigung einer Teilnehmerin gekommen sein soll (queer.de berichtete).

Doch die Informationslage in dem Vergewaltigungsfall ist nach wie vor dünn. Das dürfte auch an den Umständen der Tat liegen, die nach queer.de-Informationen inzwischen von der Polizei in Hannover ermittelt wird. Der zu Boden gestoßene und getretene trans­geschlechtliche Junge hat inzwischen Medien von der Attacke erzählt. Und der Landesverband des LSVD fordert Maßnahmen der Landesregierung.

Geschädigte von Vergewaltigung minderjährig

Gegenüber der "Hannoverschen Allgemeinen" hatte Cora Weiler vom Verein Andersraum, der den CSD veranstaltet, erstmals von der Vergewaltigung am Rande des Straßenfests berichtet. Die Tat habe sich in der Nähe der Oper ereignet. Die Betroffene habe sich anschließend bei Helfer*innen vom Arbeiter-Samariter-Bund gemeldet, die wiederum die Polizei verständigten.

Die Zeitung hat inzwischen in einem weiteren Artikel berichtet, dass sich die Tat zwischen 21 Uhr und dem Ende des an den CSD anschließenden Straßenfestes um 22 Uhr ereignet haben soll. Der Arbeiter-Samariter-Bund bestätigte der Zeitung demnach auch, dass die Helfer*innen in der Sache die Polizei verständigt hätten.

Die Polizei in Hannover antwortete queer.de auf Anfrage, dass man aufgrund des Alters der involvierten Personen keine genaueren Auskünfte erteilen werde. Laut "Hannoversche Allgemeine" soll die Geschädigte minderjährig sein. Eines aber sagt die Polizei durchaus: Das, was das betroffene Mädchen dem Personal des Arbeiter-Samariter-Bundes gegenüber mutmaßlich als Vergewaltigung bezeichnet hat, will man bei der Polizei nicht dem entsprechenden Strafrechtsparagraphen 177 zuordnen, der auf "Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung" lautet.

"Bei dem benannten Sachverhalt handelt es sich nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht um eine Straftat gemäß § 177 StGB", so Pressesprecherin Anne Wellhöner. Weshalb stattdessen ermittelt wird, teilte die Beamtin nicht mit. Auch den CSD-Organisator*innen liegen laut Antwort an queer.de keine weiteren Informationen vor.

Prügel-Opfer: Schon mehrfach queerfeindliche Attacken ausgesetzt gewesen

Der durch Tritte gegen den Kopf verletzte 17-jährige transgeschlechtliche Jonas B. hat gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel" sowie dem im Osten Niedersachsens angesiedelten Nachrichtenportal "News38" seine Sicht der Attacke geschildert. Demnach sei er mit drei Freund*innen auf dem CSD gewesen. Auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof sei seine beste Freundin, die eine Regenbogenfahne um sich geschlungen gehabt habe, "von einem Typen beleidigt und geschlagen" worden. Als B. eingegriffen habe, sei die Gruppe, aus der der Täter stammte, auf den Rest der CSD-Reisegruppe losgegangen. Die Tat geschah in Sichtweite der CSD-Parade.

Nach einer Weile des Herumdiskutierens soll der Haupttäter zweimal nach B. geschlagen, ihn aber nicht getroffen haben. Danach habe er ihn am Kragen gepackt und zu Boden gestoßen. An der Stelle endet die Erinnerung des Betroffenen. Mehrere der Täter sollen B. am Boden liegend auch gegen den Kopf getreten, beleidigt und dann ein aus der Tasche gefallenes Mobiltelefon gestohlen haben. Im Krankenhaus sei eine Schädel- und Halswirbelprennung diagnostiziert worden.

B. beklagt die mangelnde Courage von Passant*innen: "Es standen genug Personen um uns herum, die hätten eingreifen können. Aber keiner hat uns geholfen. Zwei erwachsene Personen kamen erst, als ich schon auf dem Boden lag", sagte er dem "Tagesspiegel".

Welche Schwierigkeiten queere und transgeschlechtliche Personen haben, wenn sie auf Hilfe Anderer angewiesen sind, zeigt auch die Erzählung von Jonas B.: Im Krankenhaus sei ihm trotz der massiven Gewalteinwirkung durch den Kopf gegangen, seine geschlechtliche Identität und seine sexuelle Orientierungzu verbergen.

Queerfeindliche Gewalt, so berichtet B., musste auch schon der 17-Jährige mehrfach erfahren. Bereits auf anderen CSDs in diesem Jahr sei er verbal attackiert worden. Anfeindungen kenne er zudem auch von abseits der Paraden. "Wenn ich draußen mit Freunden in Berlin chille, kommen Leute zu uns und wollen uns schlagen." Die Prügelattacke in Hannover sei aber das erste mal gewesen, dass es zu der angedrohten Gewalt auch wirklich gekommen ist.

Weitere queerfeindliche Vorfälle beim Hannoverschen CSD

Nach Informationen der "Hannoverschen Allgemeinen" soll es im Bereich der Georgstraße außerdem noch zu einem Eierwurf auf Teilnehmende gekommen sein. In mehreren Fällen sollen Teilnehmer*innen zudem die Regenbogenfahnen entrissen worden sein. Hinzu kamen Beleidigungen und Pöbeleien.

Hinter der Oper wurde darüber hinaus laut CSD-Organisatorin Weiler eine weiblich gelesene Person begrapscht. Auch in diesem Fall sei Strafanzeige erstattet worden. Laut der CSD-Mitorganisatorin seien am Abend zunehmend Menschen zum Opernplatz gekommen, die nichts mit der queeren Community zu tun hätten. "Es wurde viel gestarrt, und es gab abwertende Kommentare."

Anna Rießen vom Veranstaltungsnetzwerk "We Take Care", zu dem auch der CSD gehört, gibt die in der Community der niedersächsischen Hauptstadt herrschende Stimmung wieder: "Die schrecklichen körperlichen und verbalen Übergriffe, die Menschen beim CSD in Hannover erleben mussten und noch müssen, bestürzen, machen traurig und wütend." Die Polizei bittet um Mithilfe bei der Strafverfolgung und hat Zeug*innen aufgerufen, sich beim Kriminaldauerdienst Hannover unter der Telefonnummer (0511) 109-5555 zu melden.

LSVD Niedersachsen-Bremen fordert Aktionsplan

Weil es in Niedersachsen neben den Attacken vom CSD Hannover auch noch zu Angriffen auf die Parade in Osnabrück gekommen ist und weil außerdem ein schwules Ehepaar in Hooksiel queerfeindlich beleidigt und geschlagen worden sein soll, fordert der Landesverband des LSVD jetzt Maßnahmen von der Landesregierung.

Ein freies und sicheres Leben scheine für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen nicht in ganz Niedersachsen möglich zu sein, so der Verband. "Wenn queere Menschen im Umfeld von Demonstrationen geschlagen, beleidigt und ihnen die Regenbogenflaggen entrissen werden", dann müsse es "mehr als warme Worte" geben. Stattdessen brauche man "ein engagiertes Eintreten gegen LSBTIQ*-feindliche Hasskriminalität".

Der LSVD fordert, den von SPD und Grünen im Vorfeld der Landtagswahlen vom vergangenen Oktober zugesagten Aktionsplan für Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Niedersachsen auf den Weg zu bringen. Der Plan müsse bis in die Kommunen hinein wirken. Auch auf der kommenden Konferenz der Innenminster*innen solle sich Niedersachsen für Maßnahmen stark machen.

Homosexuellen- und transfeindliche Hetze dürfe zudem "niemals bagatellisiert und unter den Tischgekehrt werden", da aus Worten Taten folgten. Der Kampf gegen queerfeindliche Gewalt müsse endlich seinen angemessenen Stellenwert "bei Erfassung, Prävention und Strafverfolgung in ganz Niedersachsen erhalten", so der LSVD-Verband. Das betreffe "gerade auch die ländlichen Räume in unserem Bundesland".

#1 Cynth_Anonym
  • 09.06.2023, 13:09h
  • Ok, dass die weißen Cis-Heten (mutmaßlich männlich), die uns erzählen, dass das jetzt erstmal keine Vergewaltigung ist, dann auch gleich von der Polizei sein würden, so dystopisch hatte ich mir das bei meiner Anmerkung neulich nun nicht vorgestellt.
    Aber ist halt wie bei der Klimakrise: Erst schreien alle immer, wie sehr man übertreibe und dass man Panik verbreite, und im Rückblick stellt man dann leider fest, dass man in Wahrheit noch zu optimistisch gewesen ist.
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#2 JämmerlichAnonym
#3 JalolneAnonym
  • 09.06.2023, 13:53h
  • Antwort auf #1 von Cynth_
  • Schockierenderweise ist es in Deutschland wohl gar nicht so unüblich das für Ermittlungen die Polizei eingeschaltet wird...

    und anscheinend sind die allermeisten von diesen Polizisten wirklich weiß, kp warum, könnte es vielleicht an einer schon immer primär weißen Bevölkerung liegen das es in Deutschlandso viele weiße Menschen gibt ? Oder ist das vllt schon zu hart um die Ecke gedacht....?

    und warum da weitaus mehr cis als trans arbeiten lässt sich in Hinblick auf die Bevölkerungsanteile auch nicht erklären! Ein Mysterium....

    Und dann geben die der Presse bei Anfragen auch noch Statements....
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