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Geschlechtergerechte Umbenennung
Berlins Innensenatorin eröffnete "Innenminister:innenkonferenz"
Nicht nur der neue Name verspricht Einsatz der Innenminister*innen für gesellschaftliche Vielfalt. Bereden wollen die für die Innenbehörden Verantwortlichen auch Empfehlungen einer Kommission zu queerfeindlicher Gewalt.

Iris Spranger vor dem neuen IMK-Logo (Bild: Sven Darmer)
- 15. Juni 2023, 09:49h 4 Min.
Die Konferenz der Innenminister*innen der Länder findet ein Mal im Jahr unter wechselndem Vorsitz statt. In diesem Jahr ist die Berliner SPD-Innensenatorin Iris Spranger an der Reihe.
Doch unter ihrem Vorsitz ist etwas neu: Die Aufschrift "Innenminister:innenkonferenz" prangt nun als offizielles Logo hinter Spranger an die Wand, wenn sie zu einem Pressetermin an das Mikro tritt. Denn die Konferenz wurde Anfang des Jahres kurzerhand umbenannt. Neben dem Namen steht der Berliner Bär – in Regenbogenfarben. Die Konferenz steht unter dem Leitsatz "Vielfältig. Bunt. Anders."
Konferenz berät auch über queerfeindliche Gewalt
Die dreitägige Konferenz begann bereits am Mittwoch. Spranger begrüßte ihrer Kolleg*innen explizit zur Innenminister*innenkonferenz, wie der Berliner "Tagesspiegel" berichtet. Also: Mit Glottisschlag vor dem Anhängsel "innen".
Zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Gast beraten die Minister*innen in diesem Jahr im Ballsaal des Hotels Pullmann Berlin Schweizerhof am Zoologischen Garten über diverse Themen. Zur Debatte stehen unter anderem ein Verbot von Messern in Zügen, Bahnen und Bussen, der Bereich Migration und Abschiebung, eine Neuregelung der Kriminalisierung von jugendpornographischen Abbildungen und auch die Spionageabwehr.
Instagram / imk2023be | Berlin übernahm den IMK-Vorsitz Anfang des Jahres
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Auf der langen Liste der Tagesordnungspunkte findet sich aber auch die Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt. Die Bundesinnenministerin, die kürzlich zusammen mit dem Bundeskriminalamt die Statistik zu politisch motivierter Kriminalität im Jahr 2022 vorgestellt hatte, sieht in den vergangenen Jahren "eine deutliche Steigerung queerfeindlicher Straftaten". Doch auch des Problems des hohen Dunkelfeldes ist sich Faeser bewusst.
Mehr Regenbogenkompetenz für Polizist*innen
Damit mehr Straftaten von Polizei und Staatsanwaltschaften verfolgt werden, möchte Faeser die Behörden mit mehr "Regenbogenkompetenz" ausstatten. Das bedeutet, dass der Umgang mit sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten bereits in der Polizeiausbildung ein größeres Thema werden könnte. Die Polizei soll zudem zum Abbau der Berührungsängste der Community gegenüber den Beamten in allen Bundesländern dezidierte Ansprechstellen für LGBTI schaffen.
Eine Expert*innenkommission, eingesetzt durch die IMK im Jahr 2021 (queer.de berichtete), empfiehlt zudem eine Reform des Volksverhetzungsparagrafen. Der verbietet es gegenwärtig, zum Hass gegen eine "nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe" aufzustacheln. Die Kommission sähe hier gerne explizit die Merkmale "Geschlecht" und "sexuelle Orientierung" aufgenommen. Zum weiteren Regelungsbedarf bei den queerfeindlichen Straftaten legte die Gruppe einen 19-seitigen Bericht vor.
Beinahe legendären Status genießt das Abschlussfoto der IMK von 2017. Weil das Foto 16 weiße männliche Landesminister zeigte und mit Horst Seehofer (CSU) auch der Bundesinnenminister ein alter weißer Mann war, zog das Dokument männlicher Macht über die Innenbehörden Deutschlands Spott und Kritik auf sich.
Das Abschlussfoto der Innenministerkonferenz 2017.
Posted by ZDF heute on Monday, December 11, 2017
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Sechs Jahre später hat sich das Bild tatsächlich ein klein wenig gewandelt. Neben Spranger sind noch die niedersächsische Ministerin Daniela Behrens (SPD), die sachsen-anhaltische Ministerin Tamara Zieschang (CDU) sowie die schleswig-holsteinische Ministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) als weibliche Besetzungen des traditionell männerlastigen Postens mit von der Partie.
Wie hälst Du es mit der sicheren Vielfaltsgesellschaft?
Alle Landesminister*innen wollte der Berliner Vorsitz in diesem Jahr die Frage beantworten lassen, was diese unter einer "sicheren Vielfaltsgesellschaft" verstehen. Für Spranger ist das "eine Gesellschaft, die den Gedanken der Gleichwertigkeit aller Menschen verinnerlicht hat und lebt". Vorbehalte, Vorurteile und Hass würden fallen, "sodass alle hiervon befreit unabhängig von Geschlecht, der Religion oder Weltanschauung, der ethnischen Herkunft, dem Äußeren, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, dem Lebensalter, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie dem sozialen Status leben können". Auch einige andere Minister*innen äußerten sich ähnlich.
Dem NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) etwa kamen derlei Worte allerdings nicht über den Mund. Für ihn bedeute der Ausdruck, dass "die Menschen in unserem Land sich auf unseren demokratischen Rechtsstaat verlassen können". Das "Sicherheitsversprechen des Staates gegenüber Jedem und Jeder" sei "Grundvoraussetzung unseres friedlichen und solidarischen Zusammenlebens" sowie "Garant für eine selbstbestimmte Entfaltungsmöglichkeit des Einzelnen in Freiheit". Immerhin: Manche Innenminister*innen beantworteten die Frage überhaupt nicht.
Im Mai hatte sich der Regierende Berliner Bürgermeister Kai Wegner (CDU) noch gegen geschlechtergerechte Sprache ausgesprochen. Er werde kein Dokument unterschreiben, das in geschlechtergerechter Sprache verfasst sei, so Wegner (queer.de berichtete). Kritik, auch vom Koalitionspartner SPD, folgte auf dem Fuße. Der neue Vorsitzende der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Dirk Stettner, rückte im Berliner "Tagesspiegel" am Mittwoch das Verhältnis der Partei zu Genderstern und Co gerade. "Kein CDU-Senator" werde mit Sternchen um sich werfen – "aber wir verbieten das niemandem". (jk)















Ein schönes Zeichen gesetzt mit einer Prise Selbstironie.