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In eigener Sache

Nach über fünf Monaten: Ermittlungen gegen queer.de eingestellt

Unser Nachruf auf Ex-Papst Joseph Ratzinger beschäftigte seit Januar Polizei und Staatsanwaltschaft. Jetzt endlich wurde die Akte geschlossen, "da ein Anfangsverdacht eines strafrechtlich relevanten Handelns nicht festgestellt werden konnte".


Der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger alias Papst Benedikt XVI. war vom 19. April 2005 bis zu seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Er starb am 31. Dezember 2022 im Alter von 95 Jahren (Bild: Fabio Pozzebom/ABr / wikipedia)

Fast ein halbes Jahr brauchten Polizei und Staatsanwaltschaft, um herauszufinden, was eigentlich sehr offensichtlich ist: Unser am Silvestertag veröffentlichter Nachruf auf den emeritierten Papst Benedikt XVI. "Mit Ratzinger starb einer der größten queerfeindlichen Hetzer" ist durch die Presse- und Meinungsfreiheit geschützt und hat gegen keinerlei Gesetze verstoßen.

Die Nachricht, auf die wir so lange warten mussten, erreichte uns am Donnerstagnachmittag: "Das durch die Berliner Staatsanwaltschaft an die Staatsanwaltschaft Köln zur Übernahme übersandte Verfahren mit dem dortigen Aktenzeichen 237 UJs 219/23 konnte hier nunmehr endlich aufgefunden und unter dem hiesigen Aktenzeichen 121 UJs 362/23 übernommen werden", teilte uns die Staatsanwaltschaft Köln per E-Mail mit. "In der Sache wurde unverzüglich formal die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt, da ein Anfangsverdacht eines strafrechtlich relevanten Handelns nicht festgestellt werden konnte."

So sehr wir uns über die klare Aussage freuen, so bleibt doch die wichtige Frage, die die Staatsanwaltschaft Köln leider nicht beantwortet: Warum wurde mehr als fünf Monate lang ermittelt, wenn doch nicht einmal ein Anfangsverdacht besteht?

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Angezeigt wegen "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener"

Begonnen hatte die Justizposse am 6. Januar in Berlin. Eine Woche nach Veröffentlichung des Ratzinger-Nachrufs informierte uns eine Oberkommissarin der Hauptstadt-Polizei, dass sie gegen queer.de wegen des Verdachts der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" ermittelt, und forderte uns auf, das tatverdächtige Redaktionsmitglied zu benennen. Eine anonyme Person hatte gegen queer.de online Strafanzeige erstattet.

Der Angriff auf die Pressefreiheit schlug Anfang des Jahres hohe Wellen. Zahlreiche Medien berichteten über den Fall, auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) schaltete sich ein.

Die Ermittlungen waren aber nicht nur skandalös, sondern eindeutig rechtswidrig: Bevor die Berliner Polizei überhaupt nur auf die Idee kam, uns zum Bruch des Redaktionsgeheimnisses aufzufordern, hätte sie zunächst einen Blick in das Strafgesetzbuch werfen und den Background der anzeigeerstattenden Person prüfen müssen. Bei der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" handelt es sich nämlich nach § 194 Abs. 2 um ein sogenanntes Antragsdelikt – und das Antragsrecht steht nur den in § 77 Abs. 2 genannten Angehörigen zu. Nun hat, wie allgemein bekannt, der Herr Ratzinger weder Ehefrau oder Ehemann noch eingetragenen Lebenspartner hinterlassen, ebenso keine Kinder oder Enkel, auch seine Eltern und Geschwister sind bereits gestorben. Im Falle von Benedikt kann eine "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" also überhaupt nicht mehr festgestellt werden.

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Gleich zweimal war die Akte verschwunden

Eine hochpeinliche Geschichte für die Ermittlungsbehörden. Und doch gelang es ihnen, noch eins draufzusetzen: Gleich zweimal war die Akte für mehrere Wochen unauffindbar. Am 11. Januar 2023 wurde das Verfahren von der Berliner Polizei an die Staatsanwaltschaft der Hauptstadt übertragen, dort aber traf die Akte erst über einen Monat später ein. Sie wurde dann "zuständigkeitshalber" an die Staatsanwaltschaft Köln abgegeben, wo sie allerdings erst jetzt – nach vier Monaten, vielen Nachfragen und schulterzuckenden Vertröstungen – gefunden wurde. In unserer Redaktion kam zwischenzeitlich die Vermutung auf, dass die rechtswidrigen Ermittlungen vertuscht werden sollten.

"Die Sache ist damit erledigt", heißt es in der gestrigen E-Mail der Staatsanwaltschaft Köln. Die Frage, ob queere Menschen der Arbeit von Polizei und Justiz bei solchen Vorgehens- und Arbeitsweisen wirklich vertrauen können, ist jedoch noch lange nicht geklärt.

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#1 LothiAnonym
  • 16.06.2023, 11:04h
  • Ein Eigentor. War nicht anders zu erwarten. Über die Dauer bis die Anwaltschaft zu dieser Ansicht gelangt ist, kann man auch getrost hinwegsehen.
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#2 gut soAnonym
  • 16.06.2023, 11:48h
  • erst einmal alles gute zum überstandenen angriff auf die pressefreieheit!

    habt ihr eine rechtliche möglichkeit herauszufinden, wer diese anzeige unrechtmäßigerweise gestellt hat?
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#3 georg1234Anonym
  • 16.06.2023, 12:29h
  • Die Antwort auf die Frage, warum das Verfahren so lange dauerte ergibt sich doch aus dem Anschreiben:
    Die Akte wurde "endlich gefunden ", lag also irgendwo ganz unten ..:-)))
    Halte ich durchaus für glaubhaft
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