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Online-Studie
BZgA: Konversionsbehandlungen weiter ein Problem in Deutschland
Die "Heilung" oder Unterdrückung ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität wird Menschen auch drei Jahre nach dem Teilverbot entsprechender Behandlungen noch immer angeboten.

Pseudo-Symbolbild: Eine "Heilung" von Homosexualität ist nicht möglich
- 20. Juni 2023, 10:09h 3 Min.
Pseudo-Therapien, welche die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität unterdrücken oder ändern sollen sind auch drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz vor entsprechenden sogenannten Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG) noch immer präsent. Das zeigen die ersten Ergebnisse der Online-Befragung "Unheilbar queer? – Erfahrungen mit queerfeindlichen Haltungen in Deutschland" und Daten, die das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) im Auftrag der Initiative LIEBESLEBEN der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Rahmen einer Fachkräftebefragung erhoben hat.
/ bzga_de#Konversionsbehandlungen sind auch 3 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen noch immer präsent. So die Ergebnisse einer Befragung & Daten, die @UKEHamburg im Auftrag der #BZgA-Initiative @LIEBESLEBEN_DE erhoben hat: https://t.co/D5KX4JE23z pic.twitter.com/MNhmQJ4sb0
BZgA (@bzga_de) June 20, 2023
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Darauf wies die BZgA am Dienstag in einer Presseerklärung hin. Demnach wurden bis zu über einem Drittel der über 3.500 befragten queeren Menschen Handlungen vorgeschlagen, um ihre sexuelle Orientierung oder ihre Geschlechtsidentität zu "ändern" (29 Prozent / 29 Prozent) beziehungsweise zu unterdrücken (32 Prozent / 43 Prozent). Oft seien sich Befragte nicht sicher, ob ihnen entsprechende "Angebote" nahegelegt wurden. "Eine mögliche Erklärung ist hier, dass die tatsächliche Absicht des Angebots verschleiert wird", heißt es auf der Webseite zu den Ergebnissen. "Denn sogenannte Konversionsbehandlungen verstecken sich häufig hinter pseudo-wissenschaftlichen Begriffen und Anbietende solcher Behandlungen treten anfänglich oft sehr freundlich und verständnisvoll auf."

Einige Ergebnisse der Online-Befragung
Die Teilnehmenden der Umfrage erhielten solche Vorschläge im Kontext religiöser Gemeinden und Gemeinschaften, in der Klinik, in der Schule, bei der Beratung oder der Psychotherapie und sogar in der Familie. Und ihnen wurden dort entsprechende Handlungen etwa von Eltern, sonstigen Familienangehörigen, aber auch von Freund*innen, Lehrer*innen, Erzieher*innen, Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen empfohlen.
Noch immer rechtfertigen Seelsorgende und Therapeut*innen Behandlungen
Befragt wurden zudem rund 600 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Seelsorgende in Hamburg und Schleswig-Holstein – mit teils erschreckenden Ergebnissen. So hatte rund ein Viertel (23 Prozent) der befragten Seelsorgenden Kenntnis von Konversionsbehandlungen, die zum Teil auch nach Inkrafttreten des Gesetzes stattfanden. Auch waren 14 Prozent der Psychotherapeut*innen und 32 Prozent der Seelsorgenden der Meinung, dass es durchaus Umstände geben könne, in denen Konversionsbehandlungen gerechtfertigt wären.
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Das vom Bundesgesundheitsministerium unter dem damaligen Minister Jens Spahn (CDU) vorbereitete und im Mai 2020 beschlossene Gesetz zum Verbot von Konversionsbehandlungen verbietet entsprechende Angebote gegenüber Minderjährigen – von Ausnahmen abgesehen aber nicht bei Erwachsenen (queer.de berichtete). Auch können Eltern nicht bestraft werden und das Werbeverbot hat mehr Ausnahmen als Wirkung (queer.de berichtete).
Im Mai 2022 hatte die BZgA eine Telefonberatung zum Schutz vor Konversionsbehandlungen gestartet (queer.de berichtete). "Ein qualifiziertes Beratungsteam der BZgA ist mit verlässlichen Informationen und bei persönlichen Anliegen online über die Website von LIEBESLEBEN und telefonisch unter der Nummer 0221 8992 876 erreichbar", so die BZgA. Die Beratung ist kostenfrei und anonym.
/ bzga_deBZgA-Initiative @LIEBESLEBEN_DE startet Telefonberatung zum Schutz vor Konversionsbehandlung. Das anonyme & kostenfreie Beratungstelefon startet zum #IDAHOBIT*, dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, am 17. Mai. https://t.co/4v8iCTaFd4 pic.twitter.com/hzooXCt1oX
BZgA (@bzga_de) May 12, 2022
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"Konversionsbehandlungen können einen erheblichen Eingriff in die Gesundheit darstellen", betonte Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der BZgA, am Dienstag. Neben dem Beratungsangebot fördere man Forschung, "um queerfeindliche Erfahrungen sichtbar zu machen" und die Angebote zu verbessern. "Die neuesten Forschungsergebnisse verdeutlichen, wie wichtig verlässliche und persönliche Unterstützungen wie die Angebote von LIEBESLEBEN sind, um Betroffene besser zu schützen." (cw/pm)














