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Baptistenkirche Zuverlässiges Wort

Auch am CSD-Wochenende hetzten die Pforzheimer Fundis gegen LGBTI

In Pforzheim fand am Samstag der erste CSD statt. Doch in der örtlichen Fundigruppe wurde wieder zum Hass aufgerufen, Persönlichkeiten der Stadt als "Schwuchtel" beleidigt. SPD und CSD-Organisator*innen fordern ein Einschreiten der Behörden.


Bruder Moses bei seiner Hetzpredigt am Sonntag (Bild: Screenshot / Youtube)

Auch am Tag nach dem ersten Christopher Street Day im baden-württembergischen Pforzheim ist in der Baptistenkirche Zuverlässiges Wort am Sonntag wieder zu Hass gegen LGBTI aufgerufen worden. Der Laienprediger, der bereits in der Vergangenheit als Bruder Moses in der Gemeinde und im Internet aufgetreten war, machte in seiner Rede den zentralen Stellenwert deutlich, den der Hass auf Queers in der Sekte einnimmt: Die meisten Menschen, die Moses in Kreisen der baptistischen Sekte kennengelernt habe, hätten den Sektenführer der US-Mutterkirche, Pastor Steven Anderson, zuerst wegen dessen Predigten gegen "Homos" kennengelernt und "wurden schließlich gerettet".

In der Predigt ging es unter anderem erneut um die Todesstrafe für Homo­sexuelle. Auch der deutsche Anführer der Gruppierung, Anselm Urban, hetzte wieder über das Internet mit und beschimpfte Persönlichkeiten der Stadt als "Schwuchtel".

CSD-Organisation und SPD fordert Einschreiten der Behörden

Die Pforzheimer CSD-Organisator*innen verurteilten gegenüber queer.de die erneuten Ausfälle. Ein Mitglied des den CSD ausrichtenden Spotlight Pforzheim e.V. forderte strafrechtliche Konsequenzen und zeigte sich entsetzt über die bisherigen Ergebnisse der Strafverfolgung. Es dürfe nicht sein, dass die Fundamentalist*innen die Freiheit hätten, ihre Hassbotschaften weiter zu verbreiten, sagte Denis Hasani.

Die Hassreden der Baptistenkirche Zuverlässiges Wort machten zudem deutlich, "wie wichtig der CSD in Pforzheim war". Man habe mit dem Fest gezeigt, dass die Stadt "nicht nur queer ist, sondern, dass die Botschaft der Liebe und Akzeptanz die des Hasses überwindet". Die Reden der LGBTI-Aktivistin und Linken-Politikerin Laura Halding Hoppenheit und der evangelischen Dekanin Christiane Quincke hätten die Dringlichkeit einer inklusiven und liebenden Kirche verdeutlicht, so Hasani. Der erste Pforzheimer CSD fand am Samstag als Straßenfest mit Ständen statt. Über den Lauf des Tages sollen mehrere Hundert Besucher*innen an der Veranstaltung teilgenommen haben.

/ pznews | Paywall-Bericht zum ersten CSD der Stadt
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Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die baptistische Sekte seit Mai vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet wird (queer.de berichtete). Der queerpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Florian Wahl, begrüßte das. Weil Queerfeindlichkeit aber keinen Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem darstelle, sei es mit der alleinigen Beobachtung der Pforzheimer Gruppe nicht getan.

Die erneuten Hetzpredigten nannte Wahl zutiefst beunruhigend und vollkommen inakzeptabel. In der Vergangenheit sei Queerfeindlichkeit "als Phänomen, das sowohl in rechtsextremen und völkischen als auch in religiös motivierten Extremismusgruppen eine Rolle" gespielt habe, nicht gewürdigt worden. "Um Licht in diesen Bereich zu bringen, haben wir eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, die diese Fragen klären soll", so Wahl gegenüber queer.de.

Was man von den "Homos" lernen kann

Die am Tag nach dem CSD über das Internet verbreitete Predigt von Bruder Moses trägt den Titel "Was wir von den Homos lernen können". Darin führt er eine Liste von Dingen auf, die man als Fundi-Christ*in aus der Existenz von LGBTI ziehe. Darunter: dass man selbst "normal" sei, dass man die Gültigkeit und Notwendigkeit der Todesstrafe durch sie verstehe oder dass Männer männlich werden müssten.

Man sehe nicht nur in Pforzheim, wie Gesellschaften in der ganzen Welt "von den Regenbogenflaggen und der A-I-D-S-Gemeinschaft vereinnahmt" würden. Sie kämpften "für ihre sogenannten Rechte", meint Moses, und hebt seine Hände zu Anführungszeichen. LGBTI zwängen Menschen, sie zu akzeptieren. Als Christ*innen aber sei man "natürlich" von ihnen "abgestoßen". "Das ist schlimm! Was sie tun ist schlimm! Sie sind schlechte Menschen! Das ist etwas, was der Herr hasst!" Es gäbe "nur eine einzige positive Sache an diesen Menschen: HIV!"

Sehe man sie sich an, lerne man als Christ*in: "Wir sind normale Menschen. Amen!" Die Bibel beschreibe LGBTI als "schmutzige und unvernünftige Tiere" – etwas, das man sagen dürfe, da die Bibel nicht verboten sei. "Das zählt nicht als Volksverhetzung". LGBTI würden sich doch selber "queer" nennen, was so viel wie "nicht normal" heiße, so Moses. Synonyme des englischen Wortes seien "merkwürdig, seltsam, komisch", mit anderen Worten: "nicht normal". Gleichzeitig forderten sie, wie normale Menschen behandelt zu werden. Das beweise, dass Queers "über jede Vernunft erhaben sind".

Auch normale Menschen hätten ihre Probleme, seien nicht perfekt. Das gelte auch für den Prediger, der manchmal zu viel esse, zu faul oder ängstlich sei. Und: "Manchmal fällt es mir schwer, meine Augen rein zu halten, wenn ich spärlich bekleidete Frauen sehe auf der Straße". Das seien normale Kämpfe. "Aber Gott sei Dank – wenn ich Homos ansehe, bin ich sicher, dass ich absolut normal bin". Er fühle sich zu Frauen hingezogen, nicht zu Männern.

Hass und Mord statt Konversionstherapie

"Homos" müsse man mit dem Evangelium nicht erreichen, führt Moses die Vorzüge der Pforzheimer Sekte und ihrer Mutterorganisation in den USA aus. Andere Christ*innen würden LGBTI in ihre Gemeinden einladen und gäben sich Mühe, "Homos zu bekehren". Das aber sei Zeitverschwendung, da sie Gott hassten.

Einmal führt Moses das in seiner Predigt so aus: "Wenn du wirklich glaubst, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, oder wenn du die Tatsache hasst, dass du als Mann geboren wurdest und dich als Frau identifizierst – lass mich dir sagen – hasst du Gott." Auf diesen Hass reagiere man mit Hass: "Wir sind hier als Baptistenkirche Zuverlässiges Wort, wir sind hasserfüllt! Ich bin ein hasserfüllter Christ!"

Darum sei Bruder Moses auch mit dem 2020 eingeführten Verbot der sogenannten Konversionstherapie gegenüber jungen Menschen einverstanden. Das Gesetze solle vielmehr auf alle Altersgruppen ausgeweitet werden. Der Grund: Man könne LGBTI nicht "bekehren". Christ*innen, die es dennoch versuchten, sollte die Regierung ins Gefängnis werfen.

Das leitet den Prediger auch zu seinem nächsten Punkt, den man von der Beschäftigung mit LGBTI lernen könne: "Wir verstehen die Gültigkeit und die Notwendigkeit der Todesstrafe." Wenn die Todesstrafe "gegen diese Menschen" vollstreckt würde, lägen darin "einige Vorteile". Zum Beispiel würde Gott die Nation schützen und segnen, sie würde Erfolg haben.

LGBTI zu töten schütze wiederum unschuldige Menschen – ein Gebot der Nächstenliebe. Sogar gegenüber den Ermordeten sei die Todesstrafe ein Akt von Nächstenliebe, da sie verhindere, dass "diese Perversen noch schlimmer werden" und dass sie dann in der Hölle "eine noch größere Verdammnis erleiden" müssten. Wer Liebe für "Homos" empfinde, sollte die Todesstrafe für sie also unterstützen.

Sei ein Mann!

Ein eigener Abschnitt ist Moses auch die Männlichkeit von Männern wert. Die sieht er durch LGBTI untergraben. Wenn man "diese Homos" sehe, lerne man, dass man männlich werden müsse. Man lebe nämlich "in einer Welt, in der dieses homosexuelle Verhalten auch Hetero-Männer betrifft", "auch normale Männer". Zum Beispiel sehe er manchmal "junge, hübsche Frauen auf der Straße". Die seien dann aber mit einem Mann zusammen, der einen "man bun", also einen Zopf, habe. Männer trügen lange Haare oder pinke T-Shirts mit Blumen, liefen "genau so wie diese Frau". Daraufhin äfft der Prediger überspielt feminines Verhalten nach, winkelt die Hände an.

Die Männer hätten "einen hohen Östrogen-Spiegel", trügen kurze Shorts und entblößten ihre "hässlichen haarigen Oberschenkel". Es mache ihn wahnsinnig, wenn er Christen treffe, die sich so verhielten. Sogar die anderen evangelikalen Gemeinden seien "voll von Schwuchteln": "Alle diese Männer sind ein Haufen Schwuchteln!"

"Sei ein Mann! Sei ein Mann!" ruft er den Zuhörer*innen entgegen. Als Mann müsse man eine Frau heiraten, die "zuhause bleiben und sich um den Haushalt und die Kinder kümmern will". Männer sollten eine Führungspersönlichkeit, ein "leader" sein, kein "Idiot, der eine 50/50-Ehe eingeht". An anderer Stelle heißt es in Anspielung auf eine Äußerung des evangelischen Pastors Quinton Ceasar auf dem Evangelischen Kirchentag, dass Gott nicht queer sei, sondern "männlich" sei.

Sekte wegen Hass auf LGBTI gegründet

Schließlich lerne man von LGBTI, dass man "Seelen gewinnen gehen" müsse, die Sektenbezeichnung für die Straßenrekrutierung neuer Mitglieder. "Dein Mut, dich gegen die Homos zu stellen, wird die Menschen retten."

Vor neun Jahren sei Moses nach Deutschland gekommen, habe "diese Homos" kennengelernt und sie von der Bibel überzeugen wollen. Doch die Verärgerung, die er beim Anblick Homosexueller empfunden habe, habe letztlich dazu geführt, dass er den Predigten der Mutterkirche der Pforzheimer Baptist*innen aus den USA zugestimmt und die Bibel "ganz" gelesen habe. Je mehr "sich dieser Dreck verbreitet", je mehr Menschen "einer Gehirnwäsche unterzogen" würden, desto mehr werde es auch geben, die sich aus Verärgerung darüber Gottes Gesetzen zuwendeten.

Die meisten Menschen, die Moses in Kreisen der baptistischen Sekte kennengelernt habe, hätten den Sektenführer Pastor Steven Anderson denn auch "zuerst wegen seiner Predigten gegen Homos kennengelernt und wurden schließlich gerettet – ist das nicht toll?" Moses seien daher auch die Konsequenzen seiner Predigten gegen LGBTI egal. "Tue dein Schlimmstes! Nimm mir meinen Job weg, nimm mir meine Kleidung weg, nimm mir mein Essen weg, schick mich ins Gefängnis, nimm mein ganzes Geld weg, schick mich zurück nach Indien, werf mich ins Feuer – es ist egal! Ich werde nie aufhören, die Wahrheit zu predigen!" Er liebe Gott mehr als sein Leben.

Die Fundis wüssten, dass LGBTI "letztendlich zerstört werden". "Sie werden verlieren und wir werden gewinnen", ist sich der Prediger sicher, "denn die Übeltäter werden ausgerottet – Amen!" Die Arme der Gottlosen würden zerbrochen, sie würden umkommen, im Rauch vergehen. In seinem Abschlussgebet dankt Moses Gott unter anderem dafür, dass dieser versprochen habe, die bösen Menschen, die "heute umherziehen", zu vernichten – gemeint waren wohl die tags zuvor durch Pforzheim ziehenden CSD-Demonstrant*innen. "Wir beten, dass du deinen Zorn auf die Schwuchteln herab segnen lässt und sie zu deiner Zeit vernichtest."

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Anselm Urban hetzte mit

Auch der in die USA geflohene Gründer des deutschen Sektenablegers Anselm Urban war wieder per Netz zum Hetzen zugeschaltet. In seiner Rede bezeichnet er einen ehemaligen, schwulen Schulleiter einer evangelischen Grundschule in Urbans Heimatstadt Görlitz als "Schwuchtel" und behauptete, dieser habe sich wegen der Kinder in die Institution eingeschlichen.

Die CSD-Teilnehmer*innen von Pforzheim liebten nur sich selbst, ihre "Perversion", ihren "Schmutz" und "Dreck". Sei seien "verdammte Schwuchteln", "kranke Psychopathen", "allesamt Vergewaltiger, allesamt Verbrecher". Die "Homos da draußen" würden "deine Kinder vergewaltigen" wollen.

Es gebe dennoch einige Pforzheimer*innen, die "diese Hunde", die "Schwuchteln da draußen hegen und pflegen" würden, etwa die Dekanin und CSD-Schirmherrin Christiane Quincke. Urban wisse nicht, "was das Vieh für ein Geschlecht hat". "Fahr zur Hölle" und "gib dir die Kugel!", ruft er ihr entgegen.

Auch Pforzheims Ersten Bürgermeister Dirk Büscher sowie den Rektor des Pforzheimer Theodor-Heuss-Gymnasiums Stefan Mielitz nennt Urban jeweils "Schwuchtel". Der Stadt Pforzheim droht er mit Zerstörung durch Feuer.

Es sei gut und ein Meilenstein, wenn sich queere Jugendliche der Stadt nicht auf die Straße trauten, wie Caleb Davis vom örtlichen "Queer Space" berichtet hatte. Die Jugendlichen sollten sich selbst einschließen. "Verhungert, bis ihr sterbt!" und "Gebt euch die Kugel!", ruft Urban ihnen zu. Die Baptistenkirche Zuverlässiges Wort Pforzheim würde die Straßen der Stadt durch ihre Aktivitäten so sicherer machen. "Lasst uns eine gerechte Stimmung in Pforzheim erzeugen".

-w-

#1 Vic von der ElbeAnonym
  • 22.06.2023, 09:19h
  • Danke, dass Ihr kontinuierlich berichtet!
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#2 MagsAnonym
  • 22.06.2023, 11:27h
  • Ich bin zutiefst erschrocken, angewidert und nahezu sprachlos. Was sind das nur für Menschen? Eine Frage der Zeit bis sich ein Jünger berufen fühlt zur Tat zu schreiten. Die Justiz muss hier schnellstmöglich durchgreifen und zwar, zur Abwechslung, bevor etwas passiert das über diese abartige Hetze hinaus geht.
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#3 Nepomuk73Anonym
  • 22.06.2023, 13:02h
  • Der sogenannte "Heilige Zorn" vergiftet den Verstand, Angst und Wut verschütten ihn. Der Hass erwürgt die Menschlichkeit. Hier zeigt es sich im schlimmsten Gewand eines narzistischen Ideologen, der sich und seinen Seelenzustand predigt, hetzt im Namen seines sich zusammengeschusterten Gottesbildes, um sich aufgrund der eigenen Unwichtigkeit mit einer Autorität zu schmücken, die jenseits von gut und böse nicht greifbar ist. Psychotisch entrückte Persönlichkeit mit vermeintlichem Charisma. Ein diabolischer Schmierenkömodiant des tragischen Faches in meinen Augen.
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