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ZDF-Überraschung

Coming-out bei den Mainzelmännchen

Ein aktueller Clip legt nahe: Conni und Edi von den Mainzelmännchen sind schwul. Ist das ein Zeichen für emanzipativen Fortschritt – oder doch nur clevere Marketingstrategie für das ZDF-Werbeumfeld?


Conni und Edi kommen sich näher – vermutlich in den Dünen von Maspalomas. Oder ist es der Super Paradise Beach auf Mykonos? Florida ist derzeit eher unwahrscheinlich.

Mit ihren glucksenden Kicherlauten und der typisch hyperaktiven Dauerfröhlichkeit standen die Mainzelmännchen nie wirklich in Verdacht, toxischen Männlichkeitsklischees Vorschub zu leisten. Doch auch wenn die Wichtel im Unterschied zu traditionellen Zwergenfiguren keine Bärte tragen, sind sie eindeutig männlich konnotiert – und tragen männliche Namen: Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen.

Ungeachtet dessen werden sie von der Medienpädagogin Maya Götz, Expertin für Geschlechterverhältnisse im Kinderfernsehen am Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen im Bayrischen Rundfunk, in einer Studie als "nicht sexualisierte Wesen" bezeichnet. Tatsächlich brachte bislang keines der Männchen jemals irgendein Begehren zum Ausdruck. Daran hat auch die vorübergehende Einführung zweier Mainzelmädchen in der Spin-off-Serie "Die Mainzels" nichts geändert. Das ZDF legt auf seiner Homepage ausdrücklich Wert darauf, dass es sich bei den von dem Grafiker Wolf Gerlach entworfenen und erstmals am 2. April 1963 zwischen Werbespots eingesetzten Mainzelmännchen um "fiktive Trickfiguren" handle, die "nicht mit real existierenden Personen gleichgesetzt werden können". Themen wie Geschlecht oder sexuelle Identität würden "ganz bewusst nicht thematisiert".

Umso erstaunlicher mutet darum ein Clip aus der aktuellen Mainzelmännchen-Staffel an, der in dieser Woche unmittelbar vor den ZDFheute-Nachrichten über den Bildschirm flackerte. Es handelt sich um nicht weniger als um eine Revolution – zumindest aus Wichtelperspektive.

Edi flirtet mit Conni am Strand

In dem Clip ist eine Strandszene zu sehen, bei der zwei nur mit einer Badehose bekleidete Mainzelmännchen heftig miteinander flirten. Conni liegt mit einem Cocktail an der Seite unter einem Sonnenschirm, da nähert sich ihm Edi. Dieser bleibt kurz stehen und prüft Connis Einverständnis, um sich daraufhin beherzt zu ihm zu legen. Bemerkenswert ist der Augenkontakt der beiden, der unmissverständlich belegt: Hier lässt sich nicht einfach ein Kerlchen auf die freie Liege neben seinem Kumpel nieder, hier geht es um Romantik. Dass diese nicht durch die üblichen Glucks- und Kicherlaute veralbert und abgewertet wird, ist der Wiesbadener Neue Film Produktionsfirma (NFP) ausdrücklich zugute zu halten – wie auch die hohe Kunst, die gesamte Kontaktanbahnung in lediglich drei Sekunden zu erzählen.

So groß die Überraschung über dieses späte Coming-out nun auch sein mag: Für eingefleischte Fans gab es vorab bereits den einen oder anderen Wink mit dem Zaunpfahl. Laut Figurenbeschreibung auf der Website des ZDF-Werbefernsehens erfüllt nämlich der "sensible und verträumte Edi" so manches Schwulenklischee. Als "Feingeist" und "leidenschaftlicher Ästhet" trägt er "immer die hipsten Frisuren", verfügt über "Körperbewusstsein und Stil" und "beherrscht sämtliche Tanzstile". Außerdem wurde er auch schon mit einer Kermit-Handpuppe gesehen.

Conni hingegen war zwar "als einziger mit dem deutschen Raumfahrer Alexander Gerst auf der ISS" und verfügt somit über deutlich draufgängerische Charaktereigenschaften als Edi. Aber "als Trendsetter und Trendjäger", der sich in "kreativen Projekten" auch als "Bildhauer, Maler oder Musiker" ausprobiert, scheint der Mainzelmann mit dem Blaue-Mützen-Fetisch dann doch eine perfekte Ergänzung für Edi zu sein. Warten wir ab, ob sich aus der Affäre über den Urlaubsflirt hinaus etwas entwickelt. In emanzipatorischer Hinsicht sind die bisherigen drei Sekunden schon ein bemerkenswerter Fortschritt – und das ganz ohne Regenbogensymbolik.

Nun wäre es ein Leichtes, den Vorfall kleinzureden oder sich über ihn lustig zu machen. Zudem ist die Versuchung groß, den antikapitalistischen Vorschlaghammer zu schwingen und die schwule Mainzelromanze als pure Verwertungsstrategie im Umfeld des ZDF-Werbefernsehens zu brandmarken.

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Die Verniedlichung von Queerness


Die Leipziger Medienwissenschaftlerin Katrin Köppert warnt in der aktuellen Ausgabe 289 der Zeitschrift "Kunstforum International" vor der Verniedlichung von Queerness

Es fügt sich, dass just zum Zeitpunkt der Ausstrahlung die neue Ausgabe der Zeitschrift "Kunstforum International" herauskam, in der die Leipziger Kunst- und Medienwissenschaftlerin Katrin Köppert vor der Verniedlichung von Queerness als neues Massenphänomen warnt. Dabei werden Köppert zufolge queere Identität und Sexualität in harmlose und vor allem konsumierbare Erzählungen verpackt, wobei die "eckigen Kanten" im Widerstand gegen das Heteronormative abzuschleifen drohten. "Niedlichkeit verbindet Queerness mit Warenästhetik", so Köppert – die damit verbundene "Inklusivität und Akzeptanz" sei nicht mehr als ein Produkt, das von einem Unternehmen eingekauft werden könne.

Diese Argumentation setzt allerdings voraus, dass sich in der Gesellschaft eine grundsätzliche Toleranz gegenüber Queerness etabliert hat, die sich so einfach nicht erschüttern lässt. Denn so niedlich Edi und Conni in dem Clip auch daherkommen: In Russland, Ungarn, Polen oder auch in Florida würde die harmlose Animation höchstwahrscheinlich als "woke Propgaganda" verunglimpft werden – und der Zensur zum Opfer fallen.

Darum ist der aktuelle Vorabendclip der Mainzelmännchen nicht nur cleveres und durchaus legitimes Marketing, sondern auch ein weit über das Wichtelhafte hinausreichender Schritt queerer Emanzipation.

-w-

#1 la_passanteAnonym
  • 24.06.2023, 10:40h
  • Gibt's diesen muffigen 50er-Jahre-Biedermeier-Krampf immer noch?
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#2 MersharrAnonym
  • 24.06.2023, 10:41h
  • Maspalomas? Mykonos? Die Mainzelmännchen machen offensichtlich Urlaub an der Nordsee!

    Und schwule Mainzelmännchen sind keine Überraschung wenn einem aufgefallen ist, dass es keine Mainzelfrauchen gibt.
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#3 döpfnerAnonym
  • 24.06.2023, 10:47h
  • LOL
    Ihr wollt mit dem Artikel jetzt doch nur Springer trollen und die AfD triggern.
    Freu mich schon auf die nächste BILD-Titelseite ("Guten AABEND- Ist das noch NORMAAAAAL?") und Twittertrends wie #Mainzelhomos und #ÖRRKindsgefährdung
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