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Folge 26 von 53

Schwule Symbole im Film: Fenster

Fenster sind vielfältige Projektionsflächen für Gefühle. Durch sie nehmen wir unsere Umwelt wahr. Gardinen können einen Blick verhindern, ihn aber auch gleichermaßen fesseln.


Melancholie im poetischen Kurzfilm "We Once Were Tide" (2011)

Fenster – ein Blick ins Innere

Fenster bieten beim "Fensterln" die Möglichkeit der erotischen Begegnung und sind eine Projektionsfläche für melancholische Aus- und Einsicht. Das Fenster, durch das Menschen hinausschauen, ist ein Ort der Sehnsucht und Selbstreflexion. Der Blick in ein fremdes Fenster hinein ist öffentlich, aber auch intim und fällt oft auf eine Gemeinschaft, wodurch das Fenster zur Projektionsfläche für den Wunsch nach Nähe wird. Ein erleuchtetes Fenster wirkt emotional verstärkend. Das Schließen und das Öffnen von Fenstern stehen für ein Sich-Öffnen und ein Sich-Verschließen gegenüber anderen Menschen.

Fensterln

Die filmischen Anfänge des Fensterln-Motivs im schwulen Zusammenhang stehen nicht in Verbindung mit homoerotischen Phantasien, sondern mit heterosexuellen Verwechslungskomödien aus dem Genre der sogenannten "Lederhosenfilme". In "Pudelnackt in Oberbayern" (1969) landet der junge Vinz beim Fensterln ausgerechnet im Bett des Bürgermeisters. Dann gibt es einen Schrei, eine Entschuldigung und Vinz zieht sich dezent zurück. Ähnlich sind die Szenen in "Die liebestollen Apothekertöchter" (1972): Der Untermieter Nikolaus gelangt durch ein Fenster sogar zweimal ins Bett eines Apothekers, was damit schon fast zu einem Running Gag wird.


Wenn Männer im falschen Bett landen. Szene aus "Pudelnackt in Oberbayern" (1969)

Die erste mir bekannte Filmszene über schwules Fensterln ist in "Maurice" (1987) zu sehen, worin Scudder mit einer Leiter durch das Schlafzimmerfenster zu Maurice gelangt und über Nacht bei ihm bleibt. In "Fliegengewicht" (2014) kommt es zu einem nächtlichen Besuch durch das Schlafzimmerfenster, aber nur in der Phantasie zu einer auch homoerotischen Begegnung. In "Chanson der Liebe" (2007) ist das Herumturnen eines Männerpaares am Schlafzimmerfenster sehr gekonnt wie ein erotisches Katz- und Maus-Spiel inszeniert.

Eine Fensterln-Szene in der Zeichentrick-Serie "Die Simpsons" steht mit Zensur in Verbindung: Laut Kommentar auf einer "Simpsons"-DVD durfte die homoerotische Phantasie des schwulen Smithers, in der Mr. Burns durch sein Schlafzimmerfenster hineinfliegt, zunächst nicht ausgestrahlt werden, weil die Beule unter der Bettdecke als Andeutung einer Erektion gesehen wurde. Nach der Veränderung der Zeichnung und der Erklärung, dass es sich in der neuen Zeichnung um den Abdruck seines rechten Knies handle, konnte die Szene gezeigt (Folge 4/7) und später sogar wiederholt werden (Folgen 6/3, 7/10).


Ein schwuler Traum wird zensiert: Mr. Burns fliegt auf Smithers ("Die Simpsons", Folge 4/7)

Der Blick hinein

Es gibt erstaunlich viele Sachbücher, die sich im Bereich Film, Literatur und bildende Kunst nur mit den Blicken in Fenster hinein oder aus Fenstern heraus befassen. Ein Beispiel von vielen ist Heinz Brüggemann, der sich in seinem Buch "Das andere Fenster: Einblicke in Häuser und Menschen" (1989) nur mit dem Blick hinein beschäftigt. Bei dem Blick hinein sehen die Zuschauer*innen nicht nur in das Innere von Gebäuden, sondern sinnbildlich auch in das Innere von Menschen und wissen dadurch besser, was diese innerlich bewegt.

Mir sind rund zehn Filme bekannt, in denen sich schwule Protagonisten bei einem Blick in ein Fenster ein sexuelles Abenteuer, die große Liebe, ein Zuhause, Reichtum oder sonstige Dinge wünschen. Das früheste mir bekannte Beispiel ist "Lot in Sodom" (1933, hier online, 13:05 Min.), wo Sodomiter durch ein Fenster in die Wohnung von Lot schauen, der gerade von zwei Engeln besucht wird. Aufgrund der Bibelgeschichte und ihrer Rezeption ist klar, dass es sich bei den Sodomitern um gleichgeschlechtlich sexuell begehrende Männer handelt. In "Drift" (2000) sieht der eifersüchtige Joel von außen durch ein Fenster, wie sich Ryan und Leo küssen, wobei er in einem doppeldeutigen Sinn im Regen steht. In "Last Call" (2009) fällt der Blick durchs Fenster auf einen gedeckten Tisch und in "Wofür hältst du mich?" (2009) auf eine harmonisch wirkende Familie. In der US-Serie "Queer as Folk" (Folge 2/8) guckt der schwule Emmett sehnsüchtig in das Schaufenster eines Juwelierladens. Diese Szene hat eine zusätzliche Bedeutung, weil sie eine Referenz auf Audrey Hepburn im Film "Frühstück bei Tiffany" (1961) darstellt.


Der schwule Emmett begehrt wie Audrey Hepburn schönen Schmuck ("Queer as Folk", Folge 2/8)

Der Blick hinaus

Bei dem in vielen Filmen inszenierten Blick hinaus ist das Fenster meistens mit unbestimmter Sehnsucht verbunden, der Blick fällt oft in eine Dunkelheit bzw. Leere und verstärkt so ein Gefühl von Einsamkeit. Mir sind rund 25 Filme bekannt, bei denen Schwule in einem solchen Zusammenhang aus dem Fenster schauen. Diese Szenen wirken verstärkt, wenn sie – wie in den beiden Kurzfilmen "Mathéo" (2009, hier online) und "Utopies" (2012, hier online) – als Schlussszenen verwendet werden. Zu den bekannteren Filmen gehört der DDR-Film "Coming Out" (1989), wo Philipp am Ende des Films ohne konkretes Ziel aus dem Fenster in eine unklare Zukunft schaut, ähnlich wie Scott in "Liberace" (2013). Sehr ausführlich ist das Fenster in dem poetischen Kurzfilm "We Once Were Tide" (2011, hier online) in Szene gesetzt, in dem Anthony und Kyle ihre letzte gemeinsame Nacht verbringen.

Weitere Elemente können die Wirkung verstärken, wie z. B. eine nasse Fensterscheibe in "Diumenge" (2012, hier online, 10:30), die über die Regentropfen (= Tränen) den Eindruck von Melancholie und Traurigkeit vermittelt. In "Ich fühl mich Disco" (2013) wird Florians Blick aus dem Fenster optisch mit einem sogenannten "Traumfänger" gekoppelt. Der Blick aus einem Gefängnisfenster hinaus hat, wie in "Der Kuss der Spinnenfrau" (1985) und "The Boys of Cellblock Q" (1992, hier online, 53:35 Min.), wegen der Sehnsucht nach Freiheit eine eigene und besonders große Bedeutung. Die Szenen sind in Blau gehalten, was hier auf emotionale Kälte verweist.

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Fenster öffnen und schließen

Fenster wirken auch durch Verschließen und Öffnen – sei es des Fensters selbst oder der Fensterläden. Menschen können sich so verschlossen zeigen oder sich selbst und das Fenster gegenüber anderen öffnen. Richtig pathetisch wird dies in Rosa von Praunheims Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971) mit einer Stimme aus dem Off zum Ausdruck gebracht: "Und zum Beweis möchte er die Fenster aufreißen und aller Welt zeigen, wie schön es sein kann, wenn sich zwei Männer lieben."

Zwei Filme zeigen das Öffnen eines Fensters in Verbindung mit jugendlichem Schülerprotest, Befreiung und indirekt mit Homosexualität: In "You are not alone" (1978) schließt ein Erzieher im Internat das Fenster und ein Jugendlicher, der sich wie im Knast fühlt, macht es wieder auf. Der schwule Lehrer Wieland bittet in "Eine Liebe wie andere auch" (1983) darum, das Fenster zu schließen, wogegen jedoch ein schwuler Schüler protestiert, weil die Leute doch hören sollen, was "wir hier treiben". Das zunächst offene Fenster des schwulen Julien (D: Xavier Dolan) in "Miroirs d'été" (2006) steht für Beobachtung und Voyeurismus und das später geschlossene Fenster dafür, dass Privates auch privat bleibt.


Innere Freiheit, die sich im Öffnen eines Fensters zeigt: "You are not alone" (1978)

Die Fenster in "Spiegelbild im goldenen Auge"

"Filmhistorisch bemerkenswert ist 'Spiegelbild im goldenen Auge' unter anderem (…) wegen der Vielzahl von Fenster-(…)motiven (…). Viele Szenen sind als Fensterdurchsicht inszeniert, wobei die Kamera jeweils den Standort einer Figur einnimmt, die durch ein Fenster hindurch ein Geschehen beobachtet. Fenster dienen in dem Film auch als Bindeglied zwischen Innenräumen und Außenwelt: zwei Bereichen, denen in vielen Szenen ein symbolischer Charakter zugewiesen wird (innen = Bezwingung der homosexuellen Impulse; außen = Entfesselung der homosexuellen Impulse)" (Wikipedia).

Zeitfenster

Fenster haben, wie bei der Redensart von einem "Zeitfenster", auch die seltene Bedeutung eines Zeitintervalls. In "Anders als die anderen" (Originaltitel: "Tea and Sympathy", 1956) wird im Zusammenhang mit einem Blick durch ein Fenster ein Zeitsprung in die Vergangenheit ausgelöst. Am Ende von "Maurice" (1987, hier online, 2:16:30 Min.) kapselt sich Clive von Maurice ab und verrammelt seine Fensterläden. Als er später aus dem Fenster schaut, erscheint ihm in seiner Erinnerung noch einmal Maurice, der ihm zuwinkt und ihn an frühere glückliche Zeiten erinnert.
In "Queer as Folk" ist die Rede von einem Zeitfenster für Sex (Folge 3/4) und von einem für eine Sperma-Probe (Folge 3/5).

Das Fenster zum Hof

"Die Frau am Fenster" ("Soko Stuttgart", Folge 14/19, 2023) ist eine Art schwule Version von Alfred Hitchcocks bekannten Film "Das Fenster zum Hof" (1954). Es ist daher gerechtfertigt, die Äußerungen, die sich auf Hitchcock beziehen, wenigstens zum Teil auch auf diese Soko-Folge zu übertragen: "Im Grunde ist alles, was sich auf der gegenüberliegenden Seite abspielt, die Symbolisierung von Sehnsüchten und Wünschen einerseits, von Ängsten und Abgründen andererseits" (Wikipedia).

Pornos mit Fenster-Motiv

Im Schwulenporno "The Twinks Next Door" ist das offene Fenster wie die Körperhaltung des jungen Mannes auf dem Cover als Einladung an den Zuschauer zu einer Art medialem Fensterln zu verstehen. Das Fenster ist daher ebenso Teil der Inszenierung wie die wehend wirkenden Vorhänge, die weiter unten in diesem Artikel behandelt werden. Ähnlich auffordernd blickt ein Mann den Zuschauer an, der auf dem Cover von "I know, you're watching" mit einer Erektion vor einem Fenster steht und wo Bild und Text auf Voyeurismus verweisen. Auch das weit geöffnete Fenster in "Neighborhood Cock" gibt eine sexuelle Offenheit wieder, die sich nach Bild und Text auf den Nachbarn bezieht.


Das Fenster als Einladung im Porno "The Twinks Next Door"

Auf dem Cover von "Magic Balls" ist in der hinteren Bildebene ein rundes Fenster zu sehen, das mit der runden Kristallkugel und der magischen Atmosphäre des Films korrespondiert und zeigt, dass nicht nur Bälle (= Hoden) rund sind. Ein ähnlich rundes Fenster ist auf dem Cover von "A hard dick does the trick" zu sehen. Runde Fenster bzw. sogenannte "Fensterrosen" haben eine "starke, suggestive und meditative Wirkung". Sie wirken "machtvoll, schön, beruhigend und harmonisch" und regen "auf Grund ihrer idealen Kreisform immer wieder zu symbolischen Deutungen an" (Wikipedia). Eine davon ist, dass in Umkehrung der Analogie von den Augen als Fenster zur Seele die Fenster als Augen eines Hauses gesehen werden können.


Gardinen und Vorhänge – was wir zeigen und wie wir uns zeigen

Gardinen, Vorhänge und Jalousien bieten Schutz nach innen und suggerieren erotische Geheimnisse nach außen. Ein Vorhang verhindert den eindringenden Blick und fesselt ihn zugleich. In unterschiedlicher Form, u. a. durch Auf- und Zuziehen, macht ein Vorhang deutlich, wie wir uns gegenüber anderen positionieren. Dadurch ergeben sich Parallelen zwischen Vorhängen und den Schleiern von Frauen, die symbolisch für kulturelle Identität, aber auch für Unterdrückung stehen, die verhüllen bzw. schützen, aber auch abgelegt und gelüftet werden können.

Erotische Spiele

Als der Römer Crassus in "Spartacus" (1960, hier die Szene online) seinen Sklaven Antoninus (D: Tony Curtis) mit sexuellen Andeutungen zu verführen versucht, ist sein sexuelles Interesse so durchsichtig wie der erotisch-geheimnisvolle Vorhang, hinter dem sich alles abspielt. Es ist eine Szene, die aufgrund ihrer Homoerotik viele Jahre lang zensiert wurde. Sehr bekannt ist auch das Biopic "Oscar Wilde" (1997), in dem Wilde ausdrücklich betont, dass es sehr klug sei, die Vorhänge im Männer-Bordell geschlossen zu halten, was symbolisch, aber auch als praktische Vorsichtsmaßnahme verstanden werden kann. In "J. Edgar" (2011) fällt die im Kontext eines Vorstellungsgespräches unscheinbar anmutende Frage von Tolson: "Soll ich vielleicht die Vorhänge zurechtziehen, Mr. Hoover?" Sie ist aber bereits ein dezenter Vorverweis auf das Verlangen des FBI-Chefs J. Edgar Hoover (D: Leonardo Di Caprio) nach Clyde Tolson zu verstehen.


Lange zensiert und sehr bekannt: ein Verführungsversuch in "Spartacus" (1960)

Eine ähnliche Wirkung wie Vorhänge haben Jalousien, die durch heimliches Beobachten ebenfalls Teil eines erotischen Spiels werden können. In "My first suite" (1985) werden die Zuschauer*innen direkt angeguckt und der Film "33 Teeth" (2011, hier online, 1:30 Min.) wird mit einer ähnlichen Szene sogar beworben.


Verführung des Zuschauers: "My first suite" (1985)

Das Zuziehen von Gardinen

Wer Gardinen zuzieht, möchte etwas verschleiern und zeigt seine Angst, dass etwas aufgedeckt werden könnte, über das er lieber den Mantel des Schweigens breiten möchte. Bei den Gründen, warum man sich mit dem Zuziehen eines Vorhangs gegen fremde Blicke zu wehren versucht, geht es z. B. um einen erotischen Tanz ("Die Simpsons", Folge 22/7), eine Sex-Party ("The Everlasting Secret Family", 1988), um Sex ("Liberace", 2013) und den Schutz vor Paparazzi ("Clancy's Kitchen", 1997). Männer machen dies auch, um einen sexuellen Missbrauch zu verbergen, wie in dem homophoben Lehrfilm "Christian und sein Briefmarkenfreund" (1972) und in der Komödie "Eis am Stiel 4" (1983). Einen Vorhang ziehen auch die Nachbarn in "Bent" (1997) zu, die kein Unrecht gesehen haben wollen. Den Vorhang zuziehen kann natürlich auch einen ganz praktischen Grund haben, z. B. um sich als moderner Vampir vor der Sonne zu schützen ("Crush", 2009).

In einzelnen Filmen steht das Zuziehen von Vorhängen für einen Kontaktabbruch, wie die Mutter in Bezug auf ihren Sohn in ""Chapo" (2012, hier online, 21:50 Min.). Dass sich Sven in "Dicke Mädchen" (2011) ausgegrenzt vorkommt, als Daniel vor ihm die Vorhänge zuzieht, ist für die Zuschauer*innen unmittelbar spürbar.

Ständig zugezogene Gardinen verdeutlichen die Abgrenzung zur Außenwelt, wie bei dem schwulen Paar in "El Vestido Brillaba" (2013, hier online), der trans Person in "I Choose" (2013, hier online) oder dem an den Folgen von Aids Erkrankten in "Undetectable" (2015). Wegen der symbolischen Gleichsetzung von Schleiern mit Vorhängen kann hier auch noch der schwule Kerwin aus "Zwei irre Typen auf heißer Spur" (1982) erwähnt werden, über den sein Vorgesetzter sagt, dass er alles tue, um seine Homosexualität "zu verschleiern".


Abgrenzung nach außen erfolgt auch durch zugezogene Gardinen: der Aids-Kranke in "Undetectable" (2015)

Das Aufziehen von Gardinen

Wer Gardinen aufzieht, bringt Licht in eine Angelegenheit, wobei die symbolische Bedeutung immer dann deutlich wird, wenn der Erkenntnisgewinn gar nicht über das Licht erreicht wird, sondern mit der Szene nur assoziativ verknüpft wird. Dazu gehört zum Beispiel das Aufdecken eines sexuellen Übergriffs auf einen Jungen ("Kali Ma", 2007, hier online, 3:20 Min.). Am Ende von "14 Wahrheiten" (2003) wird der Vorhang aufgezogen, nachdem viele Wahrheiten ans Tageslicht gekommen sind und man nun klarer sieht. In "Männer al dente" (2010) wird mehrfach das Aufziehen von Gardinen mit Lebensweisheiten und Ratschlägen für den schwulen Tommaso verbunden.

Hervorzuheben ist der indische Kurzfilm "Curtains" (= "Vorhänge", 2012, hier online), in dem Vorhänge die "Hauptrolle" spielen. Der schwule Protagonist philosophiert über seine Homosexualität anhand der Bedeutung von Vorhängen: "There is a life behind this curtains […]. And I do all the things behind these curtains. […] I keep my curtains closed all day. I feel so safe behind them." Der Film endet mit seinem Coming-out und der Äußerung: "Finally I am out of curtains."


Ein junger Inder hat sein Coming-out in "Curtains" (2012)

Wehende Vorhänge

Wehende Vorhänge zeigen eine innere Erregung und sollen ausdrücken, dass Menschen innerlich stark bewegt sind. Die genauen Hintergründe bleiben manchmal im Abstrakten wie im Traum mit den bildgewaltigen wehenden Vorhängen in "The Fruit Machine" (1988) und die wehenden Vorhänge in einem Haus, während es draußen windstill ist, in "Der Mann meines Herzens" (1997). Die wehenden Vorhänge sind vom Bild her stimmig, wenn Menschen stark ergriffen sind, zum Beispiel wenn nach einer geschlechtsangleichenden Operation ein neues Leben beginnt ("I want what I want", 1971, hier online, 1:26:20 Min.) oder der (schwule) Vater verstorben ist ("Beginners", 2010). Mit leicht wehenden Vorhängen werden auch zarte Gefühle ("Außerirdische", 1993, hier Trailer online) und sexuelle Begegnungen ("Queer as Folk", Folge 3/02) visualisiert. In "Beautiful Thing" (1996) und "Machulenco" (2005, hier online, 13:00 Min.) sind beim bzw. nach dem Sex wehende Vorhänge zu sehen.


Unbestimmt, aber bildgewaltig: wehende Gardinen in "The Fruit Machine" (1988)

Theatervorhang

Bei einer Theateraufführung kann ein sich öffnender bzw. schließender Vorhang am Anfang und am Ende eine Klammer darstellen. Der Film "Generic Thriller" (2009) greift mit dem Vorhang auf dem DVD-Cover das im Film behandelte Theaterstück auf und lässt den Film damit selbst wie ein Theaterstück erscheinen. In ähnlicher symbolischer Bedeutung beschreibt Hermann J. Huber den Kurzfilm "Looking for Langston" (1989) mit den Worten: "Nach 40 Minuten wird der Vorhang wieder zugezogen" (Hermann J. Huber: "Gewalt und Leidenschaft", 1989, S. 106). In der Arte-Kompilation "François Ozon aus musikalischer Sicht" (hier online) wird darauf verweisen, wie der aufgehende Vorhang zu Beginn seines Films "Sitcom" auf die Leidenschaft des schwulen Regisseurs für das Theater (4:35 Min.) verweist.

Der letzte Vorhang

Wenn ein Mensch stirbt, fällt sprichwörtlich gesehen der letzte Vorhang wie in "Gardenia. Bevor der letzte Vorhang fällt" (2014). In Analogie dazu zieht Trevor in "Trevor" (1994, hier online, 12:30 Min.) die Jalousien herunter, als er sich mit einer Überdosis Tabletten umbringen möchte, um sich so von dieser Welt zu verabschieden.


Der letzte Vorhang fällt für "Trevor" (1994)

Pornos – Gardinen und Vorhänge als Form der Geheimniswahrung

Auch in Schwulenpornos lässt sich ein Vorhang oder eine Jalousie unterschiedlich erotisch inszenieren. Besondere Bedeutung hat der Vorhang bei Geheimniswahrung im Beichtstuhl ("Cheating faith").

In vielen Filmen sind die Vorhänge ("Twink on Twink", "Pornstar. The best of Jessy Ares") oder auch die Jalousien ("Steamed"; "Hot Wired 2"; "Black Door Brothas 3" und "Black Door Brothas 4") zugezogen und haben dadurch eine besondere erotische Wirkung, weil sie auf etwas Verbotenes verweisen. Diese erotische Wirkung wird noch verstärkt, wenn entweder mit einem Vorhang im privaten Bereich ("Let them eat cake") oder dem in einer Umkleidekabine ("Cock Stalkers") gespielt wird oder ein Mann zwischen den Lamellen einer Jalousie heimlich hindurchschaut ("House of Tricks").


Erotik schimmert durch bei dem Porno "Let them eat cake" und ein Porno als Theaterstück in "L'elisir d'amore"

Es ist selten, dass Pornos auf dem Cover Vorhänge wie einen Theatervorhang inszenieren, wie in "Bear Chested" und "L'elisir d'amore" (= "Das Elixier der Liebe"). Auf diese Weise wirkt auch der Pornofilm wie eine Theateraufführung.

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