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Nie waren queere Freiheit und Unterdrückung so nah

Die Doku "Eldorado – Alles, was die Nazis hassen" führt vor Augen, wie ausschweifend die queere Szene in den 1920er Jahren in Berlin leben konnte – und wie alles kurz darauf zerstört wurde. Ein berührendes Highlight mit beängstigender Aktualität!


Hochwertige Reenactments lassen die Zuschauer*innen die Atmosphäre im legendären Club Eldorado spüren (Bild: Netflix)

In einem Eldorado herrschen paradiesische Zustände. Ursprünglich hieß so ein sagenumwobenes Goldland in Südamerika, das zahlreiche Konquistador*innen anlockte und im 16. Jahrhundert deren Abenteuerlust weckte. Einen passenderen Namen für ein queeres Vergnügungslokal konnte es also gar nicht geben: Das Eldorado in der Berliner Motzstraße war weit über die Grenzen der Stadt bekannt. Sagenumwoben, paradiesisch – das trifft auch auf das Lokal zu.

Wohl kaum ein anderer Ort steht stellvertretend so sehr dafür, was man mit den Goldenen Zwanzigern verbindet: ausschweifende Partys, rauschhaftes Glück, hemmungsloser Hedonismus und schließlich eine bis dato einmalige Offenheit gegenüber queeren Lebensweisen.

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Gast im Eldorado: SA-Führer Ernst Röhm


Poster zum Film: "Eldorado" kann ab 28. Juni 2023 auf Netflix gestreamt werden

Eine neue Netflix-Dokumentation nimmt also das Eldorado zum Ausgangspunkt – aber nicht nur, um den liberalen Geist der Stadt zu feiern. Vielmehr will "Eldorado – Alles, was die Nazis hassen" zeigen, wie nah damals Freiheit und Verfolgung lagen. Und wie beides sich kreuzte, etwa wenn der schwule SA-Führer Ernst Röhm ebenso im Eldorado ein- und ausging.

Es ist eine schwer vorstellbare Gleichzeitigkeit, die damals herrschte. Die szenische Dokumentation des deutsch-ungarischen Regisseurs Benjamin Cantu macht sie auf eindrückliche Art erlebbar (Interview mit Benjamin Cantu). Dafür sorgen insbesondere die hochwertigen Reenactments, stets in ein sanftes, goldenes Licht gehüllt, die einen die Atmosphäre im Eldorado spüren lassen. Die Szenen sind schnell geschnitten, detailverliebt, manchmal in Slow Motion – insgesamt einfach wahnsinnig gut inszeniert.

Tennis-Profi muss wegen schwuler Beziehung ins Gefängnis

Ergänzt werden diese Szenen durch umfangreiches Archivmaterial sowie klassische Expert*­innen-Stimmen als Talking Heads. Doch auch sie sind spürbar aufwändig und viel Gespür für Belichtung in Szene gesetzt. Und vor allem sind die Expert*­innen – wie auch das Produktionsteam – divers.


Darf in der Doku nicht fehlen: Sexualwissenschaftler und Aktivist Magnus Hirschfeld (re.) auf einem Archivfoto (Bild: Netflix)

Dramaturgisch überzeugt "Eldorado – Alles, was die Nazis hassen" vor allem deshalb so gut, weil sich Auf und Ab beständig abwechseln. Und weil es einige Figuren gibt, die sich als rote Fäden durch den Film ziehen und an deren Leben deutlich wird, unter welchem Glück, später unter welcher Verfolgung sie leben mussten.

Dazu gehören etwa Toni Ebel und Charlotte Charlaque, zwei der ersten Menschen weltweit, die eine geschlechts­angleichende Operation durchführen ließen. Ihre Geschichte erzählt die kanadische Aktivistin Morgan M. Page. Außerdem zieht sich die steile Karriere und der tiefe Fall des Tennis-Profis Gottfried von Cramm durch den Film. Er gehörte zu den beliebtesten und erfolgreichsten Sportler*­innen des Landes, ehe er nach Paragraf 175 zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Als Vorbestraftem hatte er auch nach Kriegsende unter dem Urteil zu leiden.

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Beängstigende Aktualität

Die vielleicht am meisten berührende Geschichte, die "Eldorado" erzählt, ist aber die von Walter Arlen. Der 102-jährige Künstler erzählt selbst davon, dass er sich als Jugendlicher in Lumpi verliebt hat. Der Kontakt zwischen den beiden jüdischen Männern brach jedoch ab – und es dauerte lange, bis Walter Arlen vom Schicksal seiner Jugendliebe erfuhr.

Direktlink | Offizieller Trailer zum Film
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Diese persönlichen Schicksale, die Reenactments und die vielen Expert*innen-Stimmen machen "Eldorado" zu einer ganz besonderen Dokumentation, deren beängstigende Aktualität nie direkt angesprochen wird, die aber stets mitschwingt. Netflix beweist einmal mehr, dass queere Themen auf der Plattform einen ganz besonderen Stellenwert haben.

Infos zum Film

Eldorado – Alles, was die Nazis hassen. Dokumentarfilm. Deutschland 2023. Regie: Benjamin Cantu. Laufzeit: 92 Minuten. Sprache: deutsche Originalfassung. Ab 28. Juni 2023 auf Netflix
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