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Folge 27 von 53
Schwule Symbole im Film: Türen
Durch Türen erhalten wir Zugang zu anderen, wobei auch Ausgänge als Eingänge verwendet werden können. Wer den Schlüssel eines anderen besitzt, hat vielleicht auch den zu seinem Herzen

Zugang zu einer Leiche und zum Herzen: Schlüssel in "Das Bildnis des Dorian Gray" (2009)
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2. Juli 2023, 02:50h 19 Min. - Diese Artikelserie wurde gefördert von der Homosexuellen Selbsthilfe e.V., www.hs-verein.de.
Tor und Tür – Zugang zum Inneren von Menschen
Tore und Türen sind Orte des Übergangs, erkennbar z. B. an dem Brauch, eine Braut über die Schwelle zu tragen. Aus dem 16. Jahrhundert stammt der Brauch der Türweihe durch die Sternsinger, der das Böse abhalten soll. Türen trennen das Private vom Öffentlichen. Der Zutritt durch eine Tür zum Inneren einer anderen Wohnung steht oft symbolisch für den Zugang zum Inneren eines Menschen in psychischer und physischer Hinsicht. So wird die Tür zum Symbol für eine Körperöffnung – in traditioneller Lesart symbolisiert z. B. die Vagina das Urtor des Lebens, durch das wir bei der Geburt die Welt betreten.
Türen im Film
Einen guten ersten Einstieg in das Thema bietet die Arte-Kompilation "Türen im Film" (hier online). Als Beispiel für die Äußerung "In Fantasyfilmen öffnen Türen symbolträchtig den Weg in fremde Welten" (00:50 Min.) wird eine Szene aus dem schwulen Kultfilm "The Wizard of OZ" gezeigt, als Judy Garland als Dorothy durch eine Tür eine bunte Phantasiewelt betritt (1:10 Min.). Verschlossene Türen können uns auch von anderen trennen oder uns den Weg zu ihnen versperren (2:00 Min.), während das Öffnen von Türen symbolisch für sexuelle Erlebnisse stehen kann (7:45 Min.).
Der Körper als Wohnung der Seele

Die Aufforderung an die Zuschauer*innen "Open the door" in "Leo's Room" (2009)
Der Körper eines Menschen gilt als Wohnung seiner Seele. Das wird im verfilmten Roman "Asphalt-Cowboy" zum Ausdruck gebracht: Die Männer, die mit Joe Buck Sex hatten, "schienen nie zu merken, dass dieser von Joe Buck bewohnt wurde". Deutlicher wird Malik, der in "Le fil" (2009) den Analverkehr mit seinem Freund Bilal mit den Worten beschreibt: "Manchmal lässt er mich eintreten, manchmal ich ihn."
Mit mehrfacher Türsymbolik arbeitet "Leo's Room" (2009): Einen Zugang zu Leo zu bekommen ist nicht einfach, weil ihn von anderen nicht nur eine Zimmer- und eine Wohnungstür, sondern auch noch zwei Haustüren trennen, von denen eine immer verschlossen ist. Ein Filmplakat zeigt Leo liegend im Bett und den Untertitel "Open the door", der sich als Aufforderung in psychischer und physischer Hinsicht verstehen lässt.
Gewaltsames Eindringen
Manchmal gehen Männer, die von ihrem Geliebten nicht ins Innere hineingelassen werden, gewaltsam gegen die Tür bzw. das Tor vor. Der Rammbock, mit dem in "Myra Breckinridge" (1970, hier online, 8:20 Min.) ein Tor gewaltsam geöffnet wird, ist durch Parallelschnitt eine deutliche Analogie zur analen Vergewaltigung eines Mannes durch die trans* Person Myra mit einem Dildo.
László begehrt in "Eh' die Fledermaus ihren Flug beendet" (1989) den minderjährigen Robert, was er auch in aggressiver Form äußert. Als Robert die Tür zu seinem Zimmer verschließt, stößt László ein Messer (= Phallus) in Roberts Tür und schreit mehrfach: "Lass mich rein", was wie der Versuch einer analen Vergewaltigung wirkt. In weniger aggressiver Form hämmert Paul in "Boomerang" (2005) gegen die Tür seines Freundes und schreit: "Lass mich rein!" Man kann es als eine Parallele ansehen, dass in dem Film "Shank" (2009) in Cals Wohnung eingebrochen und er selbst vergewaltigt wird.
Der junge schwule Mark Jenkins möchte in "Gatecrasher" (2012, hier online) mit aller Gewalt ein erfolgreicher Schauspieler werden und legt es deshalb auf eine Affäre mit dem älteren und erfolgreichen James Francis an. Er schleicht sich in dessen Hotelzimmer ein und es kommt zu einer stürmischen gemeinsamen Nacht. Am nächsten Morgen ist James Francis tot. Umgangssprachlich wird unter einem "gatecrasher" u. a. eine Person verstanden, die uneingeladen zu einer Party erscheint.

László will reingelassen werden, in "Eh' die Fledermaus ihren Flug beendet" (1989)
In mehreren Filmszenen wird homophobe Wut durch Schmierereien an Türen ausgelassen, wie bei den Haus- und Wohnungstüren in "Anders als die anderen" (aka "Tea and Sympathy", 1956), "Beverly Hills, 90210" (Folge 4/26) und "Tacet" (2003). Gleiches gilt für die Garagentüren in "Der Teufelskreis" (1961) und "Mein Leben in Rosarot" (1997). Diese Türen können als Projektionsfläche verstanden werden, wobei die Wut eigentlich den Schwulen oder denen, die man dafür hält, gilt.
Die Tür in Sprichwörtern und Redewendungen

Eine Tür, die auf einen Männertyp verweist: "The Man Next Door" (2012)
Es gibt viele Redewendungen wie "Torschlusspanik", "jemandem die Tür vor der Nase zuschlagen" und "mit der Tür ins Haus fallen", die auf symbolische Bedeutungen verweisen. In China werden Stricher als "Mann in der Tür" bezeichnet.
Was sich "hinter verschlossenen Türen" abspielt, beleuchtet die Dokumentation "The Reality Behind Closed Doors" (2009, Trailer online) mit Interviews, in denen neun Schwule aus ihrem Leben erzählen.
Zu den sexuellen Redewendungen im schwulen Kontext gehört "Outdoor-Sex". Allein die IMDB verzeichnet unter den Schlagwörtern "Gay" und "Outdoor-Sex" mehr als 30 Filme, wobei die symbolische Bedeutung erwartungsgemäß weder in der IMDB noch in den Filmen wie "Felix" (2000), "Der Fremde am See" (2013) und "Freier Fall" (2013) reflektiert wird.
Einige schwule US-Filme greifen mit ihren Filmtiteln einen in den USA bekannten sympathisch-schüchternen Männertyp auf, der als "the man next door" bzw. "the boy next door" bezeichnet wird. Zu diesen Filmen gehören "The Boys Next Door" (1985), "Boy Next Door" (1999), "The Boy Next Door" (2008) und "The Men Next Door" (2012), bei denen die Bildgestaltung der Cover nahelegt, dass die dahinterliegende symbolische Bedeutung nicht weiter reflektiert wird.
Das Plakat von "The Appointment" (2010) mit zwei Männern in benachbarten Häusern und der Filmtitel "A casa ao lado" (= "Die Tür im nächsten Haus", 2015) spielen beide mit der Vorstellung des fremden und gleichzeitig vertrauten Nachbarn, mit dem man "Tür an Tür" lebt und wo aus einem "Beiwohnen" ein Beischlaf wird. Bei "Apartment Zero" (1988) gilt für die Türsymbolik das gleiche, auch wenn das Verhältnis der beiden Männer im Homoerotischen bleibt. Wer wie in "Thermopylae" (2005, hier online, 8:50 Min.) vor einer verschlossenen Tür steht, bekommt keinen Zugang zu einer Person. Die "zugeschlagene Tür" bedeutet Ausgrenzung und führt zu einem Gefühl "draußen vor der Tür" zu stehen. In "The Living End" (1992) und "And Thou Shalt Love" (2007) wird einem Schwulen die "Tür vor der Nase zugeschlagen". In "All over Brazil" (2003, hier online, 4:30 Min.) wird ein schwuler Sohn "vor die Tür gesetzt", was über die auch sichtbare Haustür unmittelbar verstanden werden kann.
Weitere Bedeutungen: Zugang und Schwelle
Einzelne Filme greifen Türen in surrealistischen Filmsequenzen in ihren symbolischen Bedeutungen wie Zugang, Weg und Perspektive auf. In "Der Mann meines Herzens" (1997) steht ein erwachsener Mann bei einem Besuch bei seinem Vater vor einer vier Meter großen Tür, die durch die Größe seine (ehemals) kindliche Perspektive spiegelt. In "La clave" (2013, hier online, 4:45 Min.) steht eine Tür in surrealistischer Weise mitten in einer Wüste und lädt zum Durchgehen ein.

Über den Zugang zum Vater: "Der Mann meines Herzens" (1997)
Es gibt einen Hochzeitsbrauch, bei dem der Bräutigam die Braut über die Türschwelle trägt und sie damit symbolhaft von einer Lebensphase in die andere hinüberfährt. Auf diese Weise soll sie vor bösen Geistern beschützt werden, die früher in den Ritzen und Schwellen der Häuser vermutet wurden. Dieses patriarchalische Ritual lässt sich kritisch hinterfragen, weil damit weibliche Unselbständigkeit und Geschlechterhierarchie zum Ausdruck gebracht wird. Dieses Übergangsritual ist auch in der US-Serie "Queer as Folk" (Folge 5/3) zu sehen, wo David seinen Freund Michael über die Türschwelle trägt. In derselben Serie wird später eine vergleichbare Schwellensymbolik deutlich: Die Tür aus der Praxis des Therapeuten heraus wird als eine "Schwelle" – im Sinne eines neuen Lebensabschnitts – bezeichnet (Folge 4/2).
David und Michael streiten sich darüber, ob sie den Stricher Hunter bei sich zu Hause aufnehmen sollen oder nicht. Dabei fällt der Satz: "Wenn man die Tür schließt, dann passiert auch niemals etwas" (Folge 3/8), der gut die ambivalente Symbolik einer geschlossenen Tür verdeutlicht, die schließlich nicht nur Sicherheit, sondern auch Abgeschiedenheit bedeuten kann. Eine Staffel später möchte Michael zusammen mit Justin bei einem Asiaten ein Aphrodisiakum für Brian kaufen, das ihnen mit dem Kommentar überreicht wird: "Es soll das Feuer von deinem Lebenstor wiederaufleben lassen" (Folge 4/10). In der chinesischen Medizin bzw. Philosophie verweist "Lebenstor" oder "Tor des Lebens" auf "ming men" und damit auf die ursprüngliche Vitalität eines Menschen.

David trägt Michael in einen neuen Lebensabschnitt: "Queer as Folk" (Folge 5/3)
Pornos mit Tür-Motiven
Einige Schwulenpornos zeigen als Bildmotiv eine Tür als sexuell zu deutendes Motiv. Es geht um anonymen, spontanen und flüchtigen Sex. In "Hotel Ruble" ist es eine Hoteltür, hinter der gleich vier Männer Sex haben werden und bei der das "Bitte nicht stören"-Schild wie ein Phallus inszeniert ist. In ähnlicher Form werden auch Schlafzimmertüren in Szene gesetzt ("Masseur", "My Buddy Did Gay Porn?!").
In Schwulenpornos wird der Begriff "Outdoor"-Sex im Titel manchmal mit anderen Symbolen kombiniert ("Outdoor Games"; "Outdoor Job. Condomless"). Der Pornotitel "Out-Door, Back-Door" spielt gleich in doppelter Weise mit dem Tür-Symbol.
Einige Pornos aus der Reihe "Boys Next Door" zeigen im Hintergrund eine Tür und knüpfen damit bewusst an die ursprüngliche Tür-Symbolik an ("The Boy Next Door", "Bad Boy Next Door" und "The Guys Next Door"). Das schwule Porno-Label "Next Door Studios" ist nicht nur mit vielen Filmen, sondern auch mit unterschiedlichen Logos auf dem Markt präsent.
Einige Filme machen über den Bild-Text-Zusammenhang deutlich, dass der Anus als eine Tür zum Körper verstanden wird ("Open Door", "Open Door Open Ass"). Zwei Filme arbeiten zusätzlich bei der Cover-Gestaltung mit dem Tür-Motiv: In "Behind the Secret Door" sieht man Sex vor einer roten Tür und in "Behind Closed Doors" eine Treppe, die zu einer Tür im blauen Himmel führt.
Der Pornotitel "Open House" bringt über eine US-Redensart das zum Ausdruck, was im Deutschen als "Tag der offenen Tür" bezeichnet wird und im Porno sexuell zu verstehen ist. Würde der Porno einen solchen deutschen Titel tragen, würde es zwischen der amerikanischen und der deutschen Redewendung nur einen unwesentlichen Unterschied geben: Bei diesem Porno ist das offene Haus ein Symbol für den Körper, im Falle einer deutschen Übersetzung des Pornotitels wäre die "offene Tür" ein Symbol für den Anus.

Die Einbettung der Tür in einen erotischen Kontext in "Hotel Ruble" und eine Art "Tag der offenen Tür" als Porno in "Open House"
Hintertür und Backstage – Eintritt durch den Hinterneingang
In Analogie zur Vordertür als Symbol für die Vagina ist die Hintertür ein Symbol für den Anus. Die Formulierungen "durch die Hintertür eintreten" und "hintenrum verkehren" bezögen sich sowohl auf Analkoitus als auch auf Heimlichtuerei als Erfordernis infolge gesellschaftlicher Ächtung von Homosexualität, schreibt der Sprachwissenschaftler Jody Skinner ("Bezeichnungen für das Homosexuelle im Deutschen", 1999). Auch "Backstage" und "Backroom" sind Begriffe, die sich auf den Anus beziehen können. In der chinesischen Symbolik verweist die "hintere Halle" auf den Anus bzw. Darm und eine "Blume" in der "hinteren Halle" auf Analverkehr.
Sprachsymbol "Hintertür"
Verbale Anspielungen auf eine "Hintertür" im Sinne von Anus sind oft nicht mehr als doppeldeutige verbale Wortspiele, die im Kontext der jeweiligen Szene verklemmt, aber auch ganz witzig sein können. Dazu gehören Sätze wie "Halt deinen Hinterausgang sauber" in "Alles Routine" (1999), "Kein Eintritt durch den Hintereingang" in "Ab in den Knast" (2006), der "Geheimtunnel von deinem Vorgarten zu meinem Hinterngarten" in "Big Bang Theory" (Folge 4/12) und die Frage von Rod: "Hat er dir die Hintertür aufgemacht?" in "Edge of Seventeen" (1998). In den Originalfassungen sind diese Sätze vermutlich vergleichbar.
Die Verwendung von Wortvariationen wie "Hintertürchen-Machenschaften" im Kontext von heimlichen Gedanken und/oder Taten überschneidet sich mit homosexueller Symbolik, was u. a. bei einem Gespräch zwischen Homer und Mr. Burns in den "Simpsons" (Folge 4/17) deutlich wird.
Bildsymbol "Hintertür"
In einigen Filmen ist die Hintertür, auf die in doppeldeutiger Form Bezug genommen wird, auch zu sehen, womit das jeweilige Gebäude in seiner symbolischen Bedeutung als Sinnbild für den Körper wahrnehmbar ist. Insgesamt eher undeutlich bleibt eine Szene aus der Polizeiserie "Hooperman" (Folge 41) mit einem Angriff der Polizei durch eine Hintertür, bei dem ein Schuss den schwulen Polizisten Silardis in seinen Hintern trifft.
In "Mysterious Skin" (2004) und "Dream Boy" (2008) findet der sexuelle Kindesmissbrauch seine Entsprechung in Szenen, in denen mit Gewalt von hinten in ein Haus eingebrochen wird. Die symbolische Bedeutung bleibt, obwohl in beiden Filmen nicht durch die Tür, sondern durch ein Fenster eingestiegen wird. Die literarischen Vorlagen der beiden Filme verstärken diese Symbolik u. a. durch den Hinweis, dass sich in einem der Häuser Tierkot befindet. Der Film "Mysterious Skin" basiert auf Scott Heims Roman "Unsichtbare Narben", "Dream Boy" auf Jim Grimsleys gleichnamigem Roman.
Backstage und Backroom
Schwieriger zu fassen sind dagegen "Backstage"-Szenen: Das deutlich fokussierte "Backstage"-Schild in "Seeing Heaven" (2010), in dessen Nähe ein Mann anal vergewaltigt wird, kann sich zwar auf den Anus beziehen, muss es aber nicht. In "Oscar Wilde" (1997) wird direkt im Anschluss an eine Sex-Szene zum "Stage Door"-Schild eines Theaters übergeblendet. Es kennzeichnet den Hintereingang des Theaters, wo Stricher versuchen, Oscar Wilde wegen seiner Homosexualität zu erpressen.
Als "Backrooms" oder "Darkrooms" werden abgedunkelte Räume in schwulen Bars bezeichnet, die für anonyme homosexuelle Kontakte konzipiert sind, wie in "What I Want From You" (2012). Neben dem Problem der Doppeldeutigkeit ergibt sich hier das Problem der Übersetzungen. So wird im deutschen Bonus-Material der Doku "The Celluloid Closet" (1995) eine Äußerung von Harvey Fierstein über "Backroom-Bars" fälschlicherweise mit "Hinterhof-Bars" statt mit "Darkroom-Bars" übersetzt.
Auch der "backyard" (= Hinterhof, umgangssprachlich für Hintern) in "När bromsvajern släpper" (2008) als Ort der Zärtlichkeiten von zwei Männern muss sich nicht unbedingt auf den Anus beziehen.

"Backstage"-Schild in "Seeing Heaven" (2010, Ausschnitt)
Pornos mit "Backdoor"-Motiv
In Schwulenpornos arbeiten viele Filme mit dem Ausdruck "Backdoor". Die zum Teil bewusste Verwendung als Symbol lässt sich daran erkennen, dass als Bildmotiv eine Hintertür oder ein ähnliches Motiv gezeigt wird. Dazu gehören neben Filmen mit einer sichtbaren Hintertür ("Backdoor Buddies", "Backdoor Boys") auch die mit einem Vorhang in einem Backstage-Bereich ("Backstage", "Backstage in Berlin"), einer Hintertreppe ("Backstairs") oder einem Hinterhof-Bereich ("Backyard").
Die symbolische Bedeutung geht bei anderen Pornos nicht allein deshalb verloren, weil auf Filmcovern keine Architektur abgebildet ist ("Backdoor to Paradise", "Backdoor Latinos", "Through the Backdoor", "Knocking on the Backdoor" und "Backyard Boys") oder wie in "Backyard Orgy" im Hintergrund nur ein Haus erkennbar ist. Auch die Bezeichnung des Anus als "Halle" ("2 Bare Dicks in my Hall of Shit") und die Fokussierung des Analbereichs in Verbindung mit der durch den Filmtitel erreichten Aufforderung zum Eintritt ("Rear Entry", "Private Entry") stellt eine deutliche Analogie zwischen einem Gebäude und einem menschlichen Körper her.

Manchmal ist im Hintergrund eine Hintertür zu sehen ist ("Backdoor Buddies"). Der Film "Backstage" hat einen ähnlichen sexuellen Hintergrund
Schlüssel und Schloss – Schlüssel zum Herzen und zu sexuellem Erleben
Ein Schlüssel hat wie der "Schlüssel zum Herzen" diverse symbolische Bedeutungen. Auf heterosexuellem Gebiet ist der Schlüssel (= Phallus) in einem Schlüsselloch (= Vagina) ein altbekanntes Symbol für Vaginalverkehr. Einen Schlüssel zu besitzen kann u. a. Macht und Autorität zum Ausdruck bringen. Der Schlüssel hat als "Gegenstand des Abschließens" auch die Bedeutung eines Schutzsymbols, was sich insbesondere dann zeigt, wenn Schlüssel und Schloss in einem Gefängnis als Symbole des Wegschließens und des Befreiens eingesetzt werden.
Penetrationssymbol
In Analogie zur heterosexuellen Symbolik steht der eingeführte Schlüssel als Phallus in einigen Filmen für Analverkehr. Für ihre Zeit deutlich ist eine Szene in "Abendanzug" (1986), in der der bisexuelle Bob (D: Gérard Depardieu) gegenüber Antoine das Öffnen eines Türschlosses verbal sexualisiert: "Ein Schloss muss man erst mal einspeicheln, wie alles, wo du was reinsteckst. Du nimmst ein bisschen Spucke und wartest, bis es aufgeht."
In "Aaron. Albeit a Sex Hero" (2009, hier online, 1:04:20) bezieht sich die Frage "Is it in?" in doppeldeutiger Form sowohl auf einen Schlüssel als auch auf die sexuelle Phantasievorstellung des Zuschauers, die dadurch entsteht, dass hinter dem Fragenden ein Mann steht, der von hinten versucht, seine Handschellen zu lösen.
Schlüssel zum Herzen bei schwulen Paaren
Den Schlüssel zu der Wohnung eines anderen Mannes zu bekommen ist symbolisch der "Schlüssel zum Herzen" und deutet meistens auf ein schwules Liebesverhältnis hin. So ist in "Kreuz und queer" (OF: "Bedrooms & Hallways", 1998, hier online) das Spielen mit dem Schlüssel – wie auch schon auf dem DVD-Cover zu sehen ist – ein sexuelles Angebot. Der Schlüssel ist im Film zudem ein Art Running Gag: Ein Immobilienmakler hat die Schlüssel zu den Wohnungen seiner Kund*innen und trifft sich dort mit seinem Freund zum Sex. Im Kurzfilm "The Keys" (2011, hier online) sind Schlüssel fast das einzige Thema und sinnbildlicher Ausdruck dafür, dass ein Mann mit seinem Ex noch nicht abgeschlossen hat.
Die (fokussierte) Übergabe des Wohnungsschlüssels in "Chanson der Liebe" (2007) bedeutet, dass ein Vertrauensverhältnis besteht und Ismaël und Erwann gemeinsam die Nacht verbringen werden. In mehreren schwulen Filmen sind Szenen, in denen die Schlüssel an einen Freund übergeben werden, besonders in Szene gesetzt.

Das Spielen mit dem Schlüsselbund als sexuelles Angebot: "Bedrooms & Hallways" (1998)
Schlüssel zum Herzen von anderen
Ein "Schlüssel zum Herzen" ist nicht immer sexuell zu verstehen: So ist in "Queer as Folk" (Folge 3/12) die Übergabe des Haustürschlüssels an den Stricher Hunter nicht nur ein Vertrauensbeweis, sondern auch das äußere Zeichen, dass Hunter nun als Teil einer schwulen Familie angesehen wird.
Ein junger schwuler Mann hilft in "I Choose" (2013, hier online, 10:10 Min.) einer älteren trans* Person im Haushalt. Erst langsam wächst ein Vertrauensverhältnis, bis am Ende des Films der junge Schwule den Schlüssel zur Wohnung erhält. Der "Schlüssel zum Herzen" wird in "Desnudos" (2013, hier online) variiert: Zuerst gibt Fran seinem Freund Javier seinen Wohnungsschlüssel, damit er jederzeit kommen kann. Kurz darauf wird Javier von seinem Vater wegen seiner Homosexualität rausgeworfen und muss seinen Schlüssel abgeben. Er verlässt das Haus und wirft dabei einen Blick auf Frans Schlüssel.
Symbol des Wegschließens
Wegen der emotionalisierenden Wirkung wird – trotz moderner Verschlusssysteme – das Wegsperren von Straftäter*innen "hinter Schloss und Riegel" immer noch in anachronistisch anmutender Form akustisch mit dem Scheppern eines Schlüssels oder dem Klicken eines Schlosses verbunden. Hier gibt es, ähnlich wie bei den Schlüsseln von Autos, symbolische Überschneidungen.
Während der Erpressung in "Schlechte Erziehung" (2004) wird das Zimmer abgeschlossen, was die Wirkung einer aussichtslos erscheinenden Situation verstärkt. In "Tango Apasionado" (2006) wird die Wohnungstür mit einem scheppernden Schlüssel abgeschlossen, damit ein Mann nicht einfach so gehen kann, und in "Chapo" (2012, hier online, 13:10 Min.) ist das Abschließen der Tür ein Vorverweis auf die durch diese Zwangslage ermöglichte Vergewaltigung.
Im Psychothriller "Jetzt gehörst du mir" (2007, hier Trailer) ist eigentlich das Haus der Protagonist. In diesem Haus wird der schwule Mieter Jeffrey im Keller gefangen gehalten. Sein Vermieter hat den Schlüssel und die sogenannte "Schlüsselgewalt". Dieser Begriff – der auf die Antike zurückgeht – wirkt hier allerdings unpassend, weil er Rechte meint, die sich durch den Besitz eines Schlüssels ergeben.
Zugang zu einem verbotenen Bereich
Der Schlüssel kann Türen zu "verbotenen Bereichen" öffnen, wie in "Pianese Nuncio" (1996), wo ein Junge ein für ihn verbotenes Zimmer aufschließt und damit abstrakt das Thema des Films, sexuellen Missbrauch, aufgreift.
Einen mehrschichtigen Umgang mit dem Motiv Schlüssel bietet "Das Bildnis des Dorian Gray" (2009), wo der bisexuelle Dorian Gray mit einem Schlüssel, den er immer an seinem Hals trägt, nicht nur den Ort seines gemalten Bildes, sondern auch den Ort des von ihm verübten Mordes abschließt. Aus seinem Umfeld wird mit Bezug auf die Schlüssel die Frage gestellt: "Welche Geheimnisse eröffnet er?" Für einen anderen Mann ist der Schlüssel an Dorian Grays Hals der "Schlüssel zu deinem Herzen".
Offenbarung
In seiner Bedeutung als ein Offenbarungssymbol ist der Schlüssel häufig in Märchen zu finden. "Der vierte Mann" (1983) zeigt neben dem Schlüsselloch-Blick auch den Traum von einem großen Schlüssel, der diverse Interpretationen zulässt und auch als Offenbarungssymbol verstanden werden kann. In "La clave" (= "Der Schlüssel", 2013, hier online, ab 1:15 Min.) verweist der Schlüssel des Protagonisten gemeinsam mit einer Tür auf den Weg zu seinem Unbewussten.

Der Schlüssel zum Weg ins Unbewusste: "La clave" (2013)
Der Schlüssel als Metapher
Als Beispiele für einen Schlüssel als sprachliche Metapher, möchte ich auf einige Filmbesprechungen hinweisen: Nach "Out im Kino" (2003) ist "Das Gesetz der Begierde" (1986) ein "Schlüsselfilm" in Pedro Almodóvars Karriere (S. 143) und der Film "Mishima" (1985) zeigt "Schlüsselszenen" aus Yukio Mishimas Leben (S. 250). Für Vito Russo ("Die schwule Traumfabrik", 1990) ist die angedeutete Vergewaltigung in "Lawrence von Arabien" (1961) ein "Schlüssel" zum Verständnis des Protagonisten (S. 110) und die sexuelle Orientierung ist in "Deathtrap" (S. 231) ein "Schlüsselelement". So wird mit dem Schlüsselsymbol in unterschiedlichen Zusammenhängen auf etwas von zentraler Bedeutung aufmerksam gemacht, das dem Erkenntnisgewinn dient und durch das sich etwas erschließt.
Pornos mit Schlüsselmotiv
Der Schwulenporno "Youth Offenders" wird mit dem Bildmotiv eines Gefängniswärters, der mit einem Schlüssel spielt, vermarktet. Diese Szene bringt – ironisch und verspielt – gut zum Ausdruck, was ebenfalls als "Schlüsselgewalt" bezeichnet wird und bei einem Gefängnis gut als Ausdruck passt.

Der bildhafte Ausdruck von Schlüsselgewalt: "Youth Offenders" (Ausschnitt)
Schlüsselloch – das "Monokel des Voyeurs"
Durch ein Schlüsselloch wird zur sexuellen Lustbefriedigung ein voyeuristischer Blick auf das geworfen, was sich dahinter abspielt, und in Filmszenen dabei erkennbar oft auf Klischees und Schlüsselreize gesetzt. "Blicke durch Fernrohre oder Schlüsselloche, die im Filmbild durch Maskierungen des Bildes illusioniert wurden", sind "frühe Formen der subjektiven Kamera" (Filmlexikon der Uni Kiel). Sie können daher gut als "Monokel des Voyeurs" bezeichnet werden. Die "Schlüssellochperspektive" als Sprachmetapher drückt illegitime Perspektiven oder auch Kritik an der Reduktion auf das Sexuelle aus.
Das Schlüsselloch als Bildmetapher
In schwulen Filmen werden bei einem solchen Blick durch ein Schlüsselloch Männer beim Duschen ("Pianese Nunzio", 1996; "Nobody I know", 1997) oder Männer beim Sex mit anderen Männern ("Christopher und die Seinen", 2011, hier online, 17:30 Uhr) beobachtet. Eine der bekanntesten Szenen bietet wohl "Pasolinis tolldreiste Geschichten" (1972, hier online, 25:00 Min.), worin die Kamera durch ein Loch in einem Vorhang nicht nur einen voyeuristischen Blick auf zwei Männer beim Sex, sondern auch auf den Voyeur selbst wirft. In "Secrets" (2007, hier online, 12:30 Min.) ist der Blick durch das Schlüsselloch die Klammer des Films: Er beginnt mit dem Eindringen des Kamerablicks durch das Schlüsselloch in private Räume. Wenn sich am Ende die Kamera durch das Schlüsselloch aus dem Raum vom homoerotischen Geschehen zurückzieht, wird dem Zuschauer deutlich, dass all das, was er gesehen hat, hinter verschlossenen Türen stattfand und einen sehr privaten Einblick in das Leben der schwulen Protagonisten bot.

Der Schlüssellochblick in "Pianese Nunzio" (1996)
Die Perspektive durch das Schlüsselloch ist so reizvoll, dass sie manchmal sogar aufs Cover kommt und mit ihr der Film beworben wird. Das Plakat von "Schlüsselloch-Report" (bzw. "Teenage Intimacies", 1973) bietet eine lüsterne Schlüsselloch-Perspektive auf Frauen und Schwule. Bei "Blackmail Boy" (2003) kam die Schlüsselloch-Perspektive, die zwei Männer beim Sex zeigt, auf das Filmplakat, obwohl diese Szene im Film gar nicht vorkommt. Die Zuschauer*innen sollen bei solchen Szenen erkennbar ihren Spaß haben. Es erinnert kaum etwas daran, dass Voyeurismus gesellschaftlich eigentlich negativ konnotiert ist und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung widerspricht.

Ausschnitt aus dem Filmplakat von "Blackmail Boy" (2003)
Schlüssellochperspektive als Sprachmetapher
Im Gegensatz zu solchen Filmszenen wird die "Schlüssellochperspektive" – mit ihrer breiteren Bedeutung – in sprichwörtlicher Form vor allem als Kritik verwendet. Das viele Zuschauer*innen einzelne Szenen in Pasolinis "Die 120 Tage von Sodom" unerträglich fanden, "weil ihnen die Schlüsselloch-Perspektive des lüsternen Voyeurs aufgezwungen wurde" ("DAH-Aktuell", 1995, Heft 9, S. 56), ist genau wie die Äußerung über den Praunheim-Film "Stadt der verlorenen Seelen" (1983), der Zuschauer hätte die "Schlüssellochperspektive […] gerne gegen einen anständigen Logenplatz eingetauscht" (Huber: "Gewalt und Leidenschaft", 1989, S. 164), als deutliche Kritik an den jeweiligen Regisseuren zu verstehen.
In einer übertragenen Bedeutung greift auch Bernardo Bertolucci in "Die Träumer" (2003) das Thema auf: Theo und Matthew unterhalten sich beim gemeinsamen Baden darüber, dass eine Kamera auch ein Schlüsselloch und ein Filmemacher "ein Spanner, ein Voyeur" sei. Mit Schaum wird dabei ein Guckloch geformt und die Zuschauer*innen werden direkt angesehen. Diese – mit Bezug auf Bertolucci auch selbstreferenzielle – Äußerung im Film ist richtig, denn schließlich wurde mit der Erfindung des Kinos "dem Einzelgänger eine neue Form der visuellen Lustbefriedigung eröffnet" und so eine "kollektive Schaulust" institutionalisiert (Maria Weickardt: "Das Fenster in eine andere Welt", 2014, S. 3).

Ist Bernardo Bertolucci nur ein Spanner? Eine Szene aus "Die Träumer" (2003)
Pornos und die Schlüssellöcher
Pornos spielen vergleichbar, wenn auch sexuell deutlicher, mit Voyeurismus. Dazu gehört die klassische Schlüssellochperspektive, wie beim Pornoklassiker "Behind Closed Doors" (1989). Auch der Regisseur Jean Daniel Cadinot hat in seinen schwulen Pornos "Classe de neige" (1985) und "Pension complète" (1988) mit dem subjektiven Blick durch ein Schlüsselloch gearbeitet. Andere, spätere Pornos zeigen Motive, die von der Wirkung her mit einem Blick durch ein Schlüsselloch vergleichbar sind ("Boy Parade").

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kleine Korrektur ... das eigentliche "Urtor" ist nicht die Vagina ... das entspricht eher dem "Foyer" zum. Das "Urtor" ist die Vulva mit ihren "Flügeltüren", den inneren und äußeren Schamlippen, die dergestalt als das Portal angesehen wird, mit dem das Kind zum ersten Mal jenes viel beschriebene Licht des Lebens "erblickt" (interessante Frage ... wie mag es sich für einen Säugling "anfühlen", aus dem Dunkel der Bauchhöhle in das pralle Licht der umgebenden "Location" gepreßt zu werden? Wir alle kennen doch die Situation, aus plötzlicher Dunkelheit dann im "Sonnenlicht" zu stehen und uns an das Umgebungslicht adaptieren zu müssen.)