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Westerland
Sylt: Die Punks sind wieder da – und planen einen CSD
Im vergangenen Jahr haben Punks auf Sylt für viel Aufsehen und auch manche Empörung gesorgt. Nun sind sie mit ihrem Protestcamp unter dem Motto "Sylt für alle" zurück auf der Insel. Einiges ist aber anders als im Sommer 2022.

Bereits im vergangenen Jahr gab es auf Sylt ein Protestcamp von Punks (Bild: IMAGO / Andre Lenthe)
- 25. Juli 2023, 01:32h 4 Min.
Vom Bahnhof in Westerland geht es rechts lang, am Porschezentrum und Aldi vorbei und die Festwiese Tinnum entlang. Auf einer Grasfläche etwa eine Viertelstunde Fußmarsch von der Innenstadt entfernt haben mehrere Punks und andere Demonstrant*innen am Montag ihr Protestcamp aufgeschlagen. Bis zum 20. August wollen sie bleiben und unter dem Motto "Sylt für alle" auf die Spaltung der Gesellschaft aufmerksam machen. "Wohnen sollte ein Grundrecht sein", sagt Jonas, einer der Organisator*innen. "Und nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass sich manche Menschen für zwei, drei schöne Wochen im Sommer eine dicke Villa kaufen." Auch soziale und Klimagerechtigkeit, der Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus sind Themen, die Teilnehmer*innen in den Fokus rücken wollen.
"Konkrete Aktionen haben wir tatsächlich noch gar nicht so geplant, weil wir den Menschen die Möglichkeit geben wollen, sich einzubringen und auch, um spontan auf Gegebenheiten zu reagieren", sagt Jonas. "Wir haben ein bisschen den Wunsch, einen Christopher-Street-Day zu veranstalten. Mal sehen, was sich ergibt." Der erste Tag soll vor allem für die Planungen genutzt werden, um Campregeln festzulegen oder die verschiedenen Platzbereiche – so soll es beispielsweise unter anderem einen Non-Konsum-Bereich geben, wo Rauchen und das Trinken von Alkohol verboten ist, und auch einen Flinta-Bereich. Flinta steht für Frauen, Lesben, Inter, Nonbinär, Trans und Agender.
Kreisverwaltung erlaubt maximal 300 Camper*innen
An diesem Montagvormittag bauen knapp 20 Punks ihre Zelte auf der Wiese auf. Für die Anmeldung des Camps schätzten die Veranstalter*innen die Zahl der Teilnehmenden auf 20 bis 50. Am Rand der Wiese stehen drei mobile Toiletten. Diese gehören zu den diversen Vorgaben, die die nordfriesische Kreisverwaltung am Freitag in einem Auflagenbescheid zur Bedingung für das Camp erklärt hat. Den Auflagen zufolge ist die Veranstaltung auf maximal 300 zeltende Personen begrenzt. Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr und Nachtruhe ab 22 Uhr sind einzuhalten. Von der Versammlung dürfen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Dies betreffe unter anderem Störungen von Aktivitäten der unmittelbaren Nachbarschaft, hieß es.
Im vergangenen Sommer hatten gegen die Entwicklung Sylts protestierende Punks wochenlang in einem Park vor dem Rathaus von Westerland gezeltet. Bewohner*innen und Urlauber*innen beschwerten sich über Lärmbelastung und Verunreinigungen; schließlich musste das Lager nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss geräumt werden. Seit dem Frühjahr dieses Jahres sind dort Klang- und Lichtinstallationen aufgebaut. Ein neuerliches Zeltlager von Punks ist damit an dieser Stelle unmöglich geworden.
Die Urlauber*innen bekommen vom Protestcamp wenig mit
In Westerland bekommen die meisten Menschen zunächst nichts von dem neuerlichen Besuch der Punks auf der Insel mit. Familien leihen Fahrräder, Paare bummeln durch die Innenstadt oder sitzen in den Straßencafés. Eine Reisegruppe macht einen Treffpunkt aus, bevor sie sich trennt. Am Brunnen, der im vergangenen Sommer einer der Hotspots der Punks war, sitzen Urlauber*innen. Dass die Punks zurück sind, habe sie noch nicht bemerkt, sagt eine Urlauberin aus Hannover. Sie sehe das aber auch entspannt. Mit einer Einschränkung: Dass nicht wieder so gepöbelt und gegrölt werde. Und auch der Gestank sei abschreckend gewesen. Das Anliegen der jungen Leute im Protestcamp finde sie aber gut. Es stimme ja, Sylt habe sich massiv verändert, sagt die Frau, die seit 44 Jahren in den Urlaub auf die Insel fährt.
Zurück im Camp der Punks. Ob sie lieber zentral in Westerland ihr Lager aufgeschlagen hätten? "Natürlich, haben wir weniger Publikum als letztes Jahr, aber es ist auch eine gute Option. Geschützter auch für uns. Weniger Gefahr, dass wir irgendwelche Ruhestörungen begehen oder Geruchsbelästigungen", sagt Organisator Marvin, angehender Jurastudent und wie Jonas aus Frankfurt am Main. "Hier kommen auch ständig Leute vorbei, alle paar Minuten, zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Hund. Und da vorne sind verschiedene Einkaufsmöglichkeiten, und von da aus werden wir auch noch mal auf uns aufmerksam machen." (cw/dpa)













