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Folge 33 von 53

Schwule Symbole im Film: Grundfarben, Schwarz und Weiß

Es gibt viele Farben, die auf eine bunte queere Szene verweisen. Im ersten Teil über Farben geht es um die Bedeutungen der Grundfarben und um die von Schwarz und Weiß.


Revolution unter dem roten Stern: Poster zum Film "Clandestinos. Die Rebellion beginnt jetzt!"

Farben – Ausdruck von Gefühlen und Neigungen

Symbolische Zuschreibungen von Farben stehen oft mit archetypischen Erfahrungen mit der Natur in Verbindung. Farben können "Gefühlswerte, Beziehungen und Kontraste, Dramen und Spannungen vermitteln und auf Temperament, Gattung, Neigung und Hierarchie verweisen" (Wolf Donner / Jürgen Menningen: "Signale der Sinnlichkeit. Filmerotik mit anderen Augen", 1987, S. 100-106). Farbsymbole sind nicht immer erklärbar und können sich regional unterscheiden. So werden Pornos im Chinesischen als "Gelbe Filme" und im Englischen als "Blue Movies" umschrieben. Als die drei wichtigsten Grundfarben werden meistens Rot, Gelb und Blau (RGB) angesehen.

Das Zusammenspiel vieler Farben – eine bunte Schwulenszene

Auf die vielen bunten Farben des Hanky-Codes (Folge 11) oder des Regenbogens habe ich bereits verwiesen bzw. werde ich noch verweisen. Viele Farben wirken vor allem in ihrem Zusammenspiel oder in ihrer Aufeinanderfolge. Der schwule "Zorro mit der heißen Klinge" (1981) ist nacheinander in violetter, blauer, roter und goldener Kleidung zu sehen. Das macht keine Aussage über die einzelnen Farben, aber darüber, dass sich dieser schwule Zorro dem traditionellen Schwarz der Filmfigur verweigert. Der Film ist ein frühes Beispiel dafür, dass Schwule nicht nur stereotyp rosa, sondern auch äußerst bunt sein können.


Der schwule "Zorro mit der heißen Klinge" (1981) ist nicht schwarz, sondern bunt

Die Handlung des Films "Cowboys & Angels" (2003) ist – so die Werbung – "im Stahlblau der coolsten Clubs, im Tiefschwarz der dunkelsten Nacht und im Rubinrot der heißesten Küsse" angesiedelt. Wer als Regisseur seinen Film mit solchen Worten bewirbt, weiß um die emotionale Wirkung von Farben. Es ist nicht unüblich, Farben in diesen Bedeutungen zu verwenden, sondern nur, diese so deutlich zu benennen. Es gibt eine plastische Szene in der US-Serie "Queer als Folk" (Folge 2/5), bei der sich ein farblicher Vergleich aufdrängt, weil sie als Splitscreen gestaltet ist: Das Büro des Büroangestellten Ted in den Farben Beige bis Grau wird der bunten Welt Emmetts erkennbar entgegengesetzt.

Kombinationen von Farben – Gut und Böse

In vielen Filmen kommt es auf das Zusammenspiel von Farben an. Es sind Kombinationen, die manchmal leicht zu decodieren sind, wie in "Under control" (1999): Hier kämpft der "gute" Jackie Chan (in Weiß) nicht nur mit "bösen" Männern (in Schwarz), sondern auch mit einem Schwulen (in Rosa). Nicht immer ist die Decodierung jedoch so einfach, denn Farben haben vielschichtige Bedeutungen, wie zum Beispiel Schwarz, das gleichermaßen für den Tod, für Würde oder einfach nur für Coolness stehen kann.


Jackie Chan (weiß) kämpft in "Under control" (1999) mit einem Schwulen (rosa)

Komplementärfarben, die man auch als Ergänzungsfarben bezeichnet, sind zwei Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen. Sie bilden besonders starke Kontraste, die in Filmen – auch bezogen auf Filmfiguren – in ihrer Zusammensetzung harmonisch wirken können. Dazu gehören etwa Blau und Gelb wie bei den entsprechend gekleideten Männern in "Hier und da" (2011). Ähnliches kann für die häufige Zusammenstellung von Schwarz und Weiß gelten.


Passen gut zusammen: Die Farben und die Männer in "Hier und da" (2011)

Pornos – Bunte Farben und Nationalfarben

Der Porno "Colors of Sex" verweist mit seinem Titel darauf, wie bunt die schwule Szene sein kann. Beispiele für das Zusammenwirken mehrerer Farben in schwulen Pornos sind auch Titel und Cover, die sich auf die drei Farben der US-Nationalflagge beziehen ("Red, White and Blue"). Der Film "Red, White & Blew" signalisiert mit Tattoos und soldatischen Erkennungsmarken ("dog-tags") zusätzlich Patriotismus.


Farbenfroher Sex in "Colors of Sex" und die Nationalfarben in "Red, White & Blew"


Rot – Liebe, Leidenschaft und Lustmord

Rot bezieht seine Bedeutung aus den archetypischen Erfahrungen der Menschen mit Blut und Feuer. Es steht im Mittelpunkt der Vorstellungen von Lebensenergie und hat damit einen Bezug zu so unterschiedlichen Emotionen wie Liebe, Leidenschaft, Aggression und Wut. Die Bezeichnung "Rotlichtviertel" beruht auf den konträr wirkenden Assoziationen von Eros und Gefahr. Seine wichtigste Bedeutung hat Rot als Warnfarbe, zum Beispiel bei roten Ampeln und der Roten Karte beim Fußball. In einzelnen Religionen steht Rot mit dem Teufel in Verbindung und symbolisiert Laster und Sünde.

Rot – Liebe, Leidenschaft und Erotik

Mit der Farbe Rot wird schwule Erotik und Leidenschaft zum Ausdruck gebracht, u.a. durch rote Autos (Folge 31), aber vor allem durch Kleidung wie rote Unterhosen in "Just" (2007) oder die rote Oberbekleidung in "Drift" (2007), "Mathéo" (2009, 5:30 Min., hier online), "Seeing Heaven" (2010) und "Chapo" (2012). Deutlich sexualisierter wirkt es, wenn auch die Bettwäsche, das Bett oder die Matratze rot sind wie in "Roleplay" (2011), "Desnudos" (2013), "Tattoo" (2013) und "Bramadero" (2007).


Rot als Farbe der Liebe in "Tattoo" (2013)

Auch rote Haare wie in "Oranges" (2004), "Lloyd Neck" (2008) und "Danach" (2010) oder ein rotes Zelt wie in "Am Lagerfeuer" (1999) und "A Little Comfort" (2004) können schwule Leidenschaft symbolisieren. Manchmal sind ganze Sexszenen in rotes Licht getaucht wie in "Maricon" (2005) und "Self Service" (2006, 4:10 Min., hier online) oder das gesamte Bild auf dem DVD-Cover ist in rotem Licht gehalten wie in "Head on" (1998) und "Offene Herzen" (1998). In "Kinky Boots" (2005) erklärt eine Dragqueen die Farbe Rot so: "Red is the colour of Sex and fear and danger."

Rot – Rotlichtviertel

Der englische Begriff "red-light district" hat sich um 1900 gebildet, während die deutsche Entsprechung "Rotlichtviertel" erst im Laufe der frühen Zwanzigerjahre auftauchte. In "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971) wird auf die Bedeutung der "Nachtbars" mit "rosaroter Beleuchtung" verwiesen. In "My Uncle Mario" (2007) sollen rotes Licht und ein rotes T-Shirt eine Schwulenkneipe wohl als Bestandteil des Rotlichtviertels kennzeichnen. Auch die Schwulenbars in der "Tatort"-Folge "Liebeswirren" (Folge 705, 2008) und in "Nomansland" (2013) sind in tiefes Rot getaucht.

Rot – Prostitution und Pornografie

Dem Film "Midnight Dancers" (1994) haben die "deutlichen, oft in rötliches Schummerlicht getauchten Bilder schwuler Prostitution (…) ein Verbot der philippinischen Filmbehörde eingebracht" (Axel Schock / Manuela Kay: "Out im Kino", 2003, S. 250). Das Rotlicht hat hier die gleiche Bedeutung wie die roten Unterhosen der Gogo-Tänzer in "Trick" (1999), "The Big Gay Musical" (2009) und "Go Go Reject" (2010) oder der in Rot inszenierte Stricher Selim in "Ein Sohn" (2003).

In der US-Serie "Queer as Folk" ist Emmett eine Zeit lang als Pornodarsteller tätig und räkelt sich dabei in roter Bettwäsche (Folge 2/7). In einer späteren Folge wird vom Rotlicht des Autos so zum jungen Hunter übergeblendet, dass schnell klar wird, dass Hunter anschaffen geht (Folge 3/8).


Emmett räkelt sich in roter Bettwäsche: "Queer as Folk" (Folge 2/7)

Rot – Kommunismus

Der Film "Clandestinos. Die Rebellion beginnt jetzt!" (2007) wird mit einem in Rot gehaltenen Cover und einem fünfzackigen roten Stern beworben. Dieser Stern ist häufig – wie auch hier – ein Symbol für eine sozialistische bzw. kommunistische Weltanschauung und ein internationales Symbol der Arbeiterbewegung, wobei die fünf Zacken fünf Kontinente darstellen. Einige in Rot inszenierte Szenen in diesem Film beziehen sich allerdings auch darauf, dass Xabi als Stricher arbeitet, so dass die Farbe hier ebenfalls auf Prostitution verweist.

Rot – Achtung: Ein rotes Telefon

Wie bei der roten Ampel schafft Rot Aufmerksamkeit und weist auf eine Gefährdungslage hin. Mit einem roten Telefon ist vermutlich noch immer die Vorstellung einer ständigen telefonischen Verbindung zwischen der Sowjetunion und den USA während der Zeit des Kalten Krieges verbunden. In dem Aids-Drama "Buddies" (1985) und in "It's Consuming Me" (2012) stehen die roten Retro-Telefone für eine Warnung, während das rote Telefon des Liebhabers in "Test" (2013) eher mit Leidenschaft in Verbindung steht. Der Film "Drink me" (2015) beginnt mit einem Traum vom Klingeln in einer der früher typischen englischen roten Telefonzellen.


Das rote Telefon in "It's Consuming Me" (2012) – so retro wie die Vorstellung dahinter

Rot – Blut, Mord, Sünde und Teufel

In welcher Form Rot für Blut (Folge 4) stehen kann, habe ich bereits anhand verschiedener Filme wie "Red Dirt" (2000) verdeutlicht. Das gilt auch für alle Filme aus dem Genre des Vampir-Films (Folge 53), wie zum Beispiel "Love Bite" (2008), wo das gesamte DVD-Cover in Rot gehalten und Blut zu sehen ist.

Auf die Zuschreibung von Rot als Symbol für Blut und Mord beziehen sich die Filmcover des Thrillers "Cruising" (1980), der von einem Serienmörder handelt, und von "Picco" (2010), in dem es um einen Foltermord in der JVA Siegburg geht. Als symbolische Verweise auf Sünde und den Teufel sind die rot gehaltenen Filmcover von "Latin boys go to hell" (1997) und "Hellbent" (2004) zu verstehen.
In Luchino Viscontis "Tod in Venedig" (1971) verweisen die roten Haare eines Sängers und eines Gondoliere auf die Farbe des Teufels und des Bösen, weshalb diese Figuren als Todesboten interpretiert werden (Wikipedia).


Rot wie die Hölle: Das Filmposter zu "Latin boys go to hell" (1997)

Pornos – Rot als Farbe für Sex und Fisten

Auch in Pornos verweist die Farbe Rot auf Erotik und Sex, wie auf den in Rot gehaltenen DVD-Covern mit den roten Unterhosen der Darsteller in "Emo Twinks" und "Twink Twister". Häufig findet sich eine sprachliche Verbindung mit "hot" ("Red Hot Latinos", "Red Hot Fuckers", "Red, hot and horny") – bei einem Film zudem eine Referenz an die Musikgruppe "Red Hot Chili Peppers" ("Red Hot Chili Sex"). Im letzteren Fall verweist Chilis auf "scharf" – in seiner auch sexuellen Bedeutung.

In Schwulenpornos steht Rot entsprechend dem Hanky-Code für Fisten ("Code Red", "Red Alert"). Auch der Pornotitel "Red Handed" bezieht sich in Verbindung mit dem Bildmotiv auf das Fisten, wobei der Titel jedoch – wie auch bei dem Porno "Red-Handed Fuckers!" – wohl auch als ein Wortspiel zu verstehen ist, das sich auf die Redensart von einem Erwischen auf frischer Tat bezieht.

Pornos – Rot als Farbe für Rotlichtbezirk und Kommunismus

Auch das Rot des Rotlichtbezirks ("Red Light", "Quartier Chaud") fußt auf der Mischung aus Gefahr und Eros, die diesen Stadtvierteln zugeschrieben wird. Mehrere Darsteller ("Big Red", "Red Fire") und auch einige Pornolabels benennen sich nach der Farbe Rot und verbinden dies mit Symbolen von Gefahr und Stärke ("Bulldog Red", "Red Eagle Films", "Red Devil Entertainment"). In Verbindung mit der Cover-Gestaltung geht es bei "Red Ass Twinks" um Spanking und damit um blutunterlaufene Hintern.

Die Angst vieler Amerikaner*innen und Brit*innen vor dem Kommunismus, der angeblich die kapitalistische Gesellschaft im Geheimen infiltriert, wird mit dem Titel "Reds under the Bed" ironisch und sexualisiert aufgegriffen. In dem Porno "Raw Redheads" geht es nicht um Politik, sondern um die Haarfarbe, die ebenfalls mit stereotypen sexuellen Zuschreibungen assoziiert wird.


Rot als Code für das Fisten in "Code Red" und für den Rotlichtbezirk in "Red Light"


Blau – tief, kalt und traurig

Die Wirkung von Blau beruht auf der (wahrnehmbaren) Farbe des Meeres und des Himmels. Darauf aufbauend wird Blau vor allem als kalte und tiefe Farbe empfunden. Im zwischenmenschlichen Bereich ist Blau ein ambivalentes Symbol, weil es sowohl emotionale Kälte als auch eine besondere Tiefe einer Beziehung zum Ausdruck bringen kann. Auch Pornos ("Blue Movies") und besondere bzw. teure Dinge ("Blue Chips") werden mit der Farbe Blau bezeichnet. "Blue" drückt auch Melancholie und Traurigkeit aus, etwa in der davon abgeleiteten Musikrichtung Blues.

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Blau – Homosexualität


Blaue Slips und blaues Cover als Werbung für eine Kurzfilmsammlung

Blau kann unmittelbar für Homosexualität stehen. Im Französischen bedeutet "l'amour bleu" die homo­sexuelle Liebe, wobei selbst in dem bekannten Buch von Cécile Beurdeley "L'amour bleu" (1979) über Homosexualität in der Literatur- und Kunstgeschichte keine historischen Beispiele oder Hintergründe dazu aufgeführt werden. Bei früheren Namen von amerikanischen Bars konnte das Wort "blue", wie in "Blue Pheasant", Homosexualität implizieren ("In the Heart of Showbiz. A Biographical Triography of Variety", 2011, S. 474). Nach deutlichen Belegen in der Filmgeschichte sucht man jedoch vergebens. Wenn der Filmhistoriker Vito Russo ("Die schwule Traumfabrik", 1990, S. 39-40) versucht, die "vielleicht deutlichste homo­sexuelle Rolle" des Schauspielers Franklin Pangdorn als Tom in "Only Yesterday" (1933, 4:20 Min., hier online) zu untermauern, verweist er auf eine recht banal wirkende Schaufensterszene, in der Tom von der Farbe Blau schwärmt und betont, dass diese etwas mit ihm mache. Was, bleibt im Film allerdings offen.

Mit dem Titel "Blue Briefs" (Amazon-Affiliate-Link ) (= blaue Slips) und dem Bild eines Mannes mit einem blauen Slip wurde eine schwule Kurzfilmsammlung vermarktet. Warum dafür die Farbe Blau ausgewählt wurde, bleibt – ähnlich wie beim Coming-out-Film "Blue" (2007) und dem Kurzfilm "Ultra Bleu" (2016, hier online) – allerdings unbekannt.

"Blue Boys"

In mehreren Filmen kommt die Bezeichnung "blue boys" vor, wobei sich ein möglicher gemeinsamer Ursprung schwer herleiten lässt. Die Serie "Blue Boys" (2016) handelt von Mobbing in der Schule und einem schwulen Paar, wobei sich der Titel auf den gespielten Song "Blue Boy" von Straylands bezieht. Die Dokumentation "Blue Boy" (2019) handelt von der Berliner Stricherbar "Blue Boy Bar" und der Kurzfilm "Blue Boy" (2019, R: Ben Massey) erzählt von den Schwierigkeiten eines nicht geouteten Jugendlichen auf der Suche nach seinem "blue boy". Möglicherweise beziehen sich alle diese Filme indirekt auf das gleichnamige berühmte Gemälde von Thomas Gainsborough (1769/70).

Blau – Tiefe einer Beziehung und Mystik

Blau kann Naturerlebnisse mit positiven menschlichen Gefühlen verbinden. Bei den betont blauen Covern der Filme "Sommer wie Winter" (2000) und "Boys" (2014) geht es nicht nur darum, dass das Meer und das Wasser in den Filmen eine besondere Rolle spielen, sondern um die Tiefe der Männerbeziehungen, die darin zum Ausdruck kommt. Zu nennen ist hier auch eine Szene in "Bruderschaft" (2009), in der das Bad zweier Männer im tiefen blauen Meer die Tiefe ihrer Beziehung ausdrückt. Ähnlich zu bewerten sind in "The Fruit Machine" (1988) die Szenen mit dem Delfin und den homo­erotischen Träumen von Eddie. In "Four Moons" (2014) wird über die Farbe Blau und den Mond eine besondere Verbundenheit zweier Männer assoziiert.

Die umgangssprachliche Bezeichnung "burning blue" wirkt ein wenig ambivalent, weil sie Elemente von Brennen und Tiefe vereint. Sie wird folgendermaßen erklärt: "To love someone with a love that is more than love and to truly mean it" (s. urbandictionary). Gemeint ist also keine erkaltete, sondern im Gegenteil eine besonders intensive Beziehung. Sie erscheint im Titel des Films "Burning Blue" (2013), der von der Liebe zwischen zwei Marinesoldaten handelt. (Der Titel spielt bestimmt auch auf die Marine an, die ja ebenfalls mit der Farbe Blau assoziiert wird).

Als tiefe Farbe kann Blau auch eine mystisch wirkende Situation unterstreichen und betonen. Ein in Nebel getauchter Wald in blauen Farbtönen wirkt zum Beispiel in "Brookton Hollow" (2010) gleichermaßen geheimnisvoll und mystisch.


Eine besonders tiefe Beziehung in "Burning Blue" (2013, Ausschnitt)

Blau – Einsamkeit und emotionale Kälte

Szenen in Blau können aber auch die Einsamkeit und Melancholie schwuler Männer zeigen, in diesem Sinne erscheinen sie mehrfach u.a. in "Der bewegte Mann" (1994). Erinnert sei auch an die im blauen Licht gehaltenen Szenen an der deutsch-deutschen Grenze in "Westler" (1985). Oft werden Gefängniszellen und Hotelzimmer als emotional kalte Orte gezeigt: Im Gefängnisfilm "The Boys of Cellblock Q" (1992) und in "Red Dirt" (2000) sind in tiefem Blau gehaltene Blicke durch Fenster nach draußen zu sehen, in "Drift" (2000) steht Joel traurig draußen im Regen in kaltem Blau und schaut in ein Fenster hinein. In "From Beginning to End" (2009) muss ein Mann weit entfernt von seinem Freund eine Zeit in einem Hotelzimmer verbringen. Die männliche Prostitution – als eine Form von Sexualität ohne Gefühl und Emotionen – lässt sich gut mit blauen Elementen charakterisieren, ein Beispiel ist das anonyme Hotelzimmer in "Doorman" (2006). In "Die Folge" (2004) stehen die blauen Hochhäuser mit ihren vielen anonymen Büros für kalte, homophobe Berufsstrukturen. Ein tiefes Blau als Ausdruck von Nacht und Kälte ist in "Clancy's Kitchen" (1997) und "Into the night" (2002) zu sehen. An dieser Stelle möchte ich auch an den lesbischen Film "Blau ist eine warme Farbe" (2013) erinnern. Bei Blau bestimmt auch die Helligkeit den Symbolgehalt mit: Dunkles Blau wird eher als Symbol für Kälte und helles Blau (im Kontrast zu Rosa, Folge 34) eher als Symbol für "Männlichkeit" eingesetzt.


Die Einsamkeit im Gefängnis: "The Boys of Cellblock Q" (1992)

Blau – Melancholie und Tod

Die besondere Färbung des Himmels während der Dämmerung wird häufig mit melancholischen Gefühlen assoziiert. Die Zeit der Abenddämmerung wird im Deutschen als "blaue Stunde" bezeichnet, wobei es ähnliche Bezeichnungen auch in anderen Sprachen gibt. Nach dieser Himmelsfärbung bzw. dem davon abgeleiteten Gefühl wurden offenbar die queeren Filme "Die blaue Stunde" (1992), "The Blue Hour" (OT: "Onthakan", 2015) und "Die blauen Stunden" (OT: "After Love", 2015) benannt.

Blau ist – neben Schwarz – auch eine Farbe des Todes. In "Blue" (1993) – dem letzten Film Derek Jarmans – reflektiert dieser vor einer blauen Leinwand über sein baldiges Sterben aufgrund von Aids und verleiht seinen Gedanken einen tiefen Ausdruck. Jarmans "Blue" ist eine meditative Bildfläche in kobaltblau. "Blau wird zum Symbol der Hoffnung, der Spiritualität. Blau, so Jarman, sei 'sichtbar gemachte Finsternis' und 'ein offenes Tor zur Seele'" ("Out im Kino", 2003, S. 65).


Prostitution zur blauen Stunde in "Die blaue Stunde" (1992)

Kombination von Blau und Rot – kalt und heiß

Die Verbindung von Rot und Blau kann eine Kombination aus emotionaler Kälte (Blau) und heißer Leidenschaft (Rot) vermitteln. Das wird bei der zweigeteilten Postergestaltung von "Latter Days" (2003) deutlich, der von der Liebe zwischen dem reservierten Mormonen Aaron (Blau) und dem Playboy Christian (Rot) handelt. In "From Beginning to End" (2009) ist die leidenschaftliche Tanzszene des Liebespaares (Rot) konträr zur späteren räumlichen Trennung und dem einsamen Hotelzimmer (Blau) inszeniert.


Die Farben Rot und Blau in "Latter Days" (2003)

Bei Stricher-Geschichten wird manchmal der Stricher in roter Kleidung oder rotem Licht gezeigt und die restliche Szenerie in Blau gehalten. Diesen Farbkontrast sieht man bei den Strichern in "Into the night" (2002), "Dummer Junge" (2004) und "Strapped" (2010). Der Kurzfilm "Porn Punk Poetry" (2014) über den Stricher Damon sind viele Szenen in Blau und Rot gedreht. Dabei fallen vor allem die Szenen mit zwei Partys auf: einer recht gemütlichen Party, die Damon mit seiner Freundin besucht (Rot), und einer späteren Party, auf der er sich prügelt (Blau).

Der Regisseur François Ozon hat mit "Peter von Kant" (2022) eine Art Hommage an Rainer Werner Fassbinder geschaffen. Der "Tagesspiegel" (21. September 2022) vertritt offenbar die Meinung, dass man Ozons Einstellung zu dem ebenfalls schwulen Regisseur Fassbinder indirekt an der Verwendung der Farben Rot und Blau ablesen könne: Ozon "verteufele" den Protagonisten Peter von Kant (angelehnt an Fassbinder) nicht, sondern sein Film "ist in warmen Rottönen gehalten" und erst später nach der Trennung Peters von Amir "in Nachtblau".

Wilhelm Große (2012) geht in seiner Interpretation von Thomas Manns Novelle "Der Tod in Venedig" (1971) auch auf die Farben Rot und Blau ein: "Rot (wie die Erdbeere) als die Farbe der Liebe erinnert an Aschenbachs Liebe zu Tadzio und dem Schönen" und auch seine spätere rote Krawatte ist für Große ein Symbol des Homo­erotischen. Dagegen verbänden der Matrosenanzug und der Badeanzug (beide blau) Tadzio "mit dem Meer", was auch in der Luchino-Visconti-Verfilmung "Tod in Venedig" (1971) umgesetzt worden sei. Das Blau stehe damit nicht für Kälte, sondern für die Tiefe des Meeres.

Kombination von Blau und Rot – "weiblich" und "männlich"

Um auf das binäre Geschlechtersystem Bezug zu nehmen, wird meistens auf die Farben Blau (= "männlich") und Rosa (= "weiblich"), in seltenen Fällen aber auch auf Blau (= "weiblich) und Rot (= "männlich") zurückgegriffen. Franz J. Röll ("Mythen und Symbole in populären Medien", 1998, S. 160) versucht anhand von Luchino Viscontis "Die Verdammten" (1969) aufzuzeigen, wie bei dem "Transvestiten" Martin diese beiden Farben eingesetzt werden. Martin, dessen Kleidungsfarbe Weiblichkeit repräsentiert, sei "auf der Suche nach seiner Männlichkeit" und werde erst später "'männlich' aktiv".

Leichter nachvollziehbar ist die farbliche Bedeutung in der Dokumentation "Red Without Blue" (2007) in Verbindung mit dem Bildmotiv, mit dem dieser Film beworben wird. Der schwule Mark trägt ein rotes T-Shirt, Claire – die seit einer geschlechts­angleichenden Operation so heißt – ist mit einem blauen Oberteil zu sehen. Beide wurden als eineiige Zwillinge geboren.


Das Geschlechtersystem in Farben: "Red Without Blue" (2007)

Pornos – Blau steht für das Porno-Genre und die Arbeiterklasse

In Schwulenpornos werden Titel verwendet, die sich auf die englische Bezeichnung für das Porno-Genre "Blue Movie" beziehen ("Blue Moves"). Der Pornotitel "Blueprint" hat eine weitergehende Bedeutung und ist "another term for 'porn movie' in 70s/80's" (urbandictionary).

In den USA wird im Berufsleben zwischen "white collar" (Angestellte im Anzug) und "blue collar" (Arbeiter) unterschieden, wobei es hier eine sprachliche Nähe zum deutschen Begriff für Arbeitskleidung "Blaumann" gibt. Einige US-Pornos beziehen sich vom Titel und Inhalt her auf Arbeiter ("Blue Collar Balls", "Blue Collar"), die klischeemäßig mit Schmutz und Kraft assoziiert werden.

Pornos – Blau für den Himmel, das Meer und die Tiefe


Blau als Farbe des Himmels in planetarer und religiöser Hinsicht: "Angel Blue"

In anderen Pornos ist Blau die Farbe des Himmels ("Angel Blue", "Blue Sky"), des Meeres, des Wassers ("Navy Blue", "Navy Blues", "Into the Blue") und der Träume ("Dreaming in Blue"). Die Farbe Blau in Bezug auf Hotels und Motels ("Blue Hotel", "Blue Motel Bareback") wird meistens verwendet, um Einsamkeit zu veranschaulichen – aber natürlich vor allem, um aufzuzeigen, wie diese überwunden wird.

Pornos – Blau für Sexpraktiken

Einige unscheinbar wirkende Formulierungen verbinden Blau mit sexuellen Anspielungen. So kann ein tiefes Blau für tiefes Eindringen stehen ("Deep Blue"). Ein blauer Drache kann, wie in "Blue Dragons 4", nicht nur auf ein mythisches Wesen und die asiatischen Darsteller verweisen, sondern auch auf Marihuana und eine Sex-Praktik ("its when a crossdress fucks you in the ass then when he's about to cum he makes you lick off your own shit and swallow his cum", s. urbandictionary). Die Bezeichnung "blauer Donner" meint Viagra ("Thunder Blue") und die blaue Donau kann, wie in "Blue Danube", auf blaue Flecken am Penis nach übermäßigem Sex hinweisen (s. urbandictionary). Blaue Augen wie in "Blue Eyed Buddies" und "Some Like It Blu Eyes" können eine Aussage über den Anus treffen ("A well pounded butthole. Usually in homosexual men", s. urbandictionary). Der blaue Mond bezieht sich auf die Hintern der Darsteller ("Return to the Blue Moon", "Once in a Blue Moon").

Es gibt mehr als zehn Pornolabels, die sich in ihrem Namen auf die Farbe Blau beziehen, wie "Blue Demon Movies". Das Pornolabel "Blue Oyster" ist möglicherweise eine Referenz auf die Filmreihe "Police Academy", worin es einen Running Gag mit einer Schwulenbar dieses Namens gibt. Es gibt viele Darsteller ("Blu Kennedy", "Blue Baley"), die sich nach der Farbe Blau benannt haben.

Pornos – Blau und Rot als Kälte und Hitze

Der Porno "Fire and Ice" drückt – genauso wie der fast gleichnamige Spielfilm "Fire & Ice" – nicht nur im Titel Hitze und Kälte aus, sondern inszeniert auch auf der Bildebene Rot für Feuer und Blau für Wasser bzw. "Ice". Die zwei Pornos "Manly Heat Quenched" und "Manly Heat Scorched" ergänzen sich über Text und Bild wie Feuer und Wasser und wurden wohl auch deshalb gemeinsam und farbbetonend vermarktet. Feuer und Eis wirken nicht nur verbal emotionalisierend, sondern auch über die Bilder als Ausdruck menschlicher Polaritäten.


Feuer und Eis bzw. Rot und Blau in "Fire and Ice" (Ausschnitt)


Schwarz – schmutzig, schlicht und schön

Die intensive Wirkung von Schwarz "beruht psychologisch auf dem Erlebnis (…) der Nacht" und dem "Verlöschen aller Farben" (Symbolonline). Schwarz steht für die Würdenträger von Kirchen und Gerichten. Schwarz gekleidete Filmhelden wie Zorro (seit den Zwanzigerjahren) und die "Men in Black" (seit 1997) verkörpern ein dunkles Geheimnis und wirken cool. Viele Künstler*­innen bevorzugen schwarze Kleidung, weil sie Existenzialismus verkörpert. Schwarz ist vor allem die Farbe von Trauer und Tod, im weiteren Sinne aber auch die von Verdorbenheit, von Schmutz, des Bösen und der Sünde.

Schwarze Lederszene – männlich, cool und geheimnisvoll

Friedrich W. Doucet ("Taschenbuch der Sexualsymbole", 1971, S. 122) sieht Schwarz richtigerweise als eine "Symbolfarbe destruktiver zerstörerischer Kräfte", macht dabei jedoch leider keinen Unterschied zwischen den schwarzen Ledermänteln der SS und dem schwarzen SM-Lederfetisch. In diesem Sinne Schwarz als Symbolfarbe ausschließlich negativ zu deuten, ist illegitim – vor allem wenn man bedenkt, wie die schwule Lederszene in einem Film wie "Cruising" (1980) dämonisiert wurde.

In anderen Filmen verweist die schwarze Lederkleidung eher auf Coolness und ein dunkles Geheimnis. Beispiele sind die schwarz gekleideten schwulen Cowboys in "Töte, Django" (1966), Ivo in "No night is too long" (2002) und Pablo in "Ein Jahr ohne Liebe" (2005). Das zum Teil zur Schau gestellte Macho-Gehabe der schwulen Lederszene wird manchmal ironisch gebrochen, wie in "Police Academy" (1.-4. Teil, 1984-1987), "The Gay Bed and Breakfast of Terror" (2007), "Just for Leather" (2004) und "Défense de fumer" (2014). In die Kategorie "schwarz und geheimnisvoll" gehört auch der in Schwarz gekleidete schwule Superheld "Fusion Man" in "Les incroyables aventures de fusion man" (2009, hier online).

Schwarz – schwules Neo-Noir

Das Genre des "Film noir" (= schwarzer Film) bezeichnet bestimmte durch eine pessimistische Weltsicht geprägte US-amerikanische Kriminalfilme der Vierziger- und Fünfzigerjahre. Der Film "Die Spur des Falken" (1941) mit Humphrey Bogart und einer nach Gardenia duftenden Visitenkarte eines Homo­sexuellen wird als erster Vertreter dieses klassischen Genres angesehen.

Der Film "Lost & broken" (2013, hier Trailer) bietet Referenzen an den für den "Film noir" typischen Pessimismus, der jedoch auch ironisch gebrochen wird. Was bleibt, sind ein Film aus dem Genre des "Neo-Noir" (= neues Schwarz) und ein schwuler Protagonist, der mit seinem schwarzen Anzug vor allem cool und geheimnisvoll wirkt.


Das neue Schwarz in "Lost & broken" (2013)

Schwarz – böse

Es ist vollkommen legitim, böse Menschen stereotyp mit schwarzer Kleidung zu kennzeichnen. Die homophoben Schläger in "Nicht der Homo­sexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971), "Ovo" (2012), "Beneath the Skin" (2015) und "Zurück in die Vergangenheit" (Folge 4/12, 1992) sowie schwule Kriminelle wie in "Criminal Minds" (Folge 3/17), der Dealer in "Umleitung ins Glück" (2007) und die Täter eines bewaffneten Überfalls in "The Fluffer" (2001) sind mit der Farbe Schwarz gut gekennzeichnet.


Leicht zu decodieren: Die Männer in Schwarz sind die Bösen und der Mann in der Mitte das schwule Opfer in "Nicht der Homo­sexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971)

Schwarz – Tod

Schwarz steht in vielen – nicht nur in schwulen – Filmen für den Tod. Auf Beerdigungen wie in der US-Serie "Queer as Folk" (Folgen 2/16, 4/7) ist die Farbe Schwarz stets präsent. In der "Tatort"-Folge "Kaputt" (Folge 1098, 2019) wird mit einer schwarzen Binde und einem Bild an den ermordeten schwulen Polizisten Frank Schneider gedacht. Es sind ganz typische Situationen für die Inszenierung von Schwarz, die die meisten auch aus ihrem Leben kennen.


Die Kommissare Ballauf und Schenk trauern um den ermordeten schwulen Kollegen Frank Schneider ("Tatort", Folge 1098)

Zu den unkonventionellen filmischen Inszenierungen der Farbe Schwarz gehört eine Szene in "Majoretten im Weltraum" (1997), in der kurz eine schwarze Leinwand zu sehen ist, als es um Aids und das Sterben geht. In "Ich liebe dich, ich kann das nicht" (2012) ist die schwarze Bettwäsche ein Vorverweis auf den Suizid nach einem positiven HIV-Test. In "Memories" (2010) ist es ebenfalls die schwarze Bettwäsche und in "Last Dance" (2015) ein Trauertanz in schwarzer Kleidung, die den Tod der jeweiligen Partner optisch vermitteln. Die zwei sich liebenden Männer in "Crush" (2009) sind in Schwarz gekleidet, was nicht nur eine Vampir-Referenz ist, sondern sich wohl auch auf die Gothic-Szene bezieht und damit für den Tod steht. In "Beginners" (2010) trägt Hal vollständig schwarze Kleidung, als er im Krankenhaus erfährt, dass er unheilbar erkrankt ist.

Kombination Schwarz und Rot – Tod trifft auf Leidenschaft bzw. Liebe

Schwarz steht in "Abschiedsblicke" (1986) für einen an Aids erkrankten Schwulen und in "Is it a sin?" (2012) für einen Suizid. Kontrastierend dazu sind die jeweiligen fürsorglichen Freunde in Rot zu sehen. In "The Lair" (2007) kommt diese Farbkombination Schwarz/Rot in einer Person zum Ausdruck, da der in diesen Farben gekleidete schwule Vampir gleichermaßen für homo­erotisches Begehren und für den Tod durch einen Vampir-Biss steht, was in ähnlicher Form- und Farbgestaltung auch für den homo­erotischen Vampirfilm "Brotherhood" (Teil 1, 2001) gilt. Sebastian Castro hat in seinem Musikvideo "Theban" (2013, hier online) eine antike schwule Armee aus 150 Liebespaaren in dieser Farbkombination dargestellt. Auch das ist passend, weil diese Paare gleichermaßen nach innen eine Armee der Liebenden (= Rot) und nach außen hin eine den Tod bringende militärische Einheit (= Schwarz) sind.


Eine Armee der Liebenden in Sebastian Castros "Theban" (2013)

Kombination Schwarz und Rot – Kirche trifft auf Leidenschaft

Schwarz als Zeichen der Würde der katholischen Kirche versus Rot als Zeichen der Leidenschaften zeigen die in diesen beiden Farben gehaltenen Filme "Seminarista" (2011) und "Choirboy" (2014, auch verfügbar als Hardcore-Fassung).

Der Film "Férfiakt" (2006) ist ebenfalls von Schwarz und Rot geprägt, wobei Schwarz hier eher für ein dunkles Geheimnis und Rot auch für Gefahr steht. Der ältere Tibor trägt schwarze bzw. dunkle Klamotten, sein Auto ist schwarz. Rot steht für die Gefahr, die von dem 19-jährigen Zsolt ausgeht, was sich auch in der Kleidung widerspiegelt und das Licht, mit der die Szene auf der Drogenparty beleuchtet wird, auf die Tibor von Zsolt mitgenommen wird. Es ist unklar, woher Zsolt das Geld hat, um sich die schwarze Lederhose und die rote Jacke zu kaufen. Als sich Zsolt vor einer roten Wand von Tibor einen blasen lässt, sind seine Hände plötzlich rot wie Blut, die er Tibor daraufhin ins Gesicht schmiert.

Pornos – Schwarz verweist auf Hautfarbe und Kleidung

In Schwulenpornos sind "Schwarz", "Black" bzw. "Noir" in erster Linie die präferierten Bezeichnungen für die darstellenden People of Colour. Mit Black ist erkennbar auch eine positive Zuschreibung verbunden ("Men Noir Two", "Black Obsession") und kann nicht nur auf Personen, sondern auch auf die Bürgerrechtsbewegung anspielen ("Black Panther", "Black Power"). "Black" als Hautfarbe wird auch mit anderen Symbolen verbunden, die sich auf Hitze bzw. Leidenschaft ("Black Heat"), Sperma ("Black Milks") oder unsafen Sex ("Bare Black") beziehen. Mehr als bei weißen Darstellern zielen die Farb-Bezeichnungen bei People of Colour auf eine besonders starke Betonung der Männlichkeit ab ("Black Knights 2"), wobei sich Hinweise auf eine Überdosis ("Black Overdose"), Bohrarbeiter ("Black Drillers") und auf Tiere ("Black Mamba", "Black Stallions") als indirekte Hinweise auf stereotyp große Geschlechtsteile von People of Colour lesen lassen. Es gibt einige Porno-Labels ("Black Rat Production", "Black Steel") und Pornodarsteller ("Black Angel", "Black Jack"), die sich nach der Farbe Schwarz benannt haben.


Eine Farbe in "Men Noir Two". Eine Farbe, ein Tier und die Bürgerrechtsbewegung an: "Black Panthers"

In seltenen Fällen geht es bei Verweisen auf die Farbe Schwarz um den Fetisch schwarzer Lederstiefel ("Black Boot Diaries", "Boot Black 1"). Bei einem Porno ist der Titel ("Black Man in Black") eine Referenz auf den (nicht schwulen) Kinofilm "Men in Black", hier geht es auch um die Coolness schwarzer Kleidung. Der Porno "The New Black" zeigt auf dem Cover einen nackten weißen Mann und kann sich vom Titel her sowohl auf etwas Trendiges in der Modewelt als auch auf die Hautfarbe eines anderen Darstellers oder auch auf beides beziehen.

Pornos – Schwarz und Rot – Kirche bzw. Gewalt und Sex

Bei den Schwulenpornos, deren Cover in Schwarz und Rot gehalten sind, haben einige einen deutlichen Bezug zur Kirche ("Choirboy", "Forbidden"). Andere Pornos mit dieser Farbkombination handeln von Gewalt (Schwarz) und Erotik (Rot) bzw. von sexualisierter Gewalt ("Beyond limits", "Pimping Twinks Taken"), was bei dem Porno "The Red and the Black" sogar den Filmtitel bestimmt hat. In anderen Pornos beziehen sich die beiden Farben auf Sex in der Dunkelheit ("Darkroom", Vol. 3 und 4) oder auf Sex in Verbindung mit dem Bösen ("The Bad Seed").


Der Porno "Choirboy" ist thematisch in der Kirche angesiedelt und wird – gekürzt – auch in einer Softcoreversion vertrieben


Weiß – die erotische Faszination einer Farbe, die keine ist

Weiß ist eigentlich farblos, bietet aber trotzdem eine reiche Farbsymbolik. Weiß ist zunächst einmal die Farbe der sexuellen Unschuld und der Reinheit. Die Braut und der Täufling sind Weiß gekleidet. Im Christentum ist Weiß die Farbe der göttlichen Herrlichkeit und der Offenbarung. In Filmszenen ist vor allem Kleidung und Wäsche weiß und bringt positive Aspekte wie Lebensfreude zum Ausdruck. Wer nur weiße Kleidung trägt, wirkt extravagant und fällt auf – alleine schon aufgrund der Schmutzempfindlichkeit weißer Kleidung.

Weiß – religiöse Erleuchtung

Nach seinem Freitodversuch erwacht der junge "Trevor" (1994, 14:05 Min., hier online) in einer Szenerie voll blendend weißem Licht, der üblichen Szenerie für das paradiesische Jenseits als Ort der Offenbarung. Es ist jedoch die Krankenstation, wo er sich prompt in einen gutaussehenden weiß gekleideten Krankenpfleger verliebt – für Trevor eine andere Art von Himmel und im Kontext des anschließenden Coming-outs eine ganz andere Art von Offenbarung. Weißes Licht in einer recht kitschigen Vorstellung vom Tod sieht man auch am Schluss von "Liberace" (2013) zum Tod des Protagonisten, wo eine Krankenschwester wie ein Engel erscheint. In eine ähnliche Richtung gehen Jonathans fast betende Hände vor seinem weißen Hemd in "Jonathan – Die Passion" (2008), die etwas zutiefst Feierliches und Ernstes haben. Auch die vielen Szenen mit weißer Bettwäsche in "Latter Days" (2003), der von der Liebe des Mormonen Elder Aaron Davis handelt, stehen in einem religiösen Kontext.


Eine Krankenschwester wie ein Engel in "Liberace" (2013)

Weiß – Unschuld und Safer Sex

Mit Weiß lassen sich in Filmen auch unterschiedliche Formen von Unschuld vermitteln. Die vollständig weiße Kleidung Sebastians in "Plötzlich im letzten Sommer" (1959) fällt auf und kann auf diese Weise unterstreichen, dass Sebastian ein unschuldiges Opfer seiner Mörder ist. (In der filmhistorischen Dokumentation "The Celluloid Closet" (1995, 43:00 Min., hier online) wird eine Szene aus dem Film gezeigt und der schwule Subtext erklärt.) Auch in späteren Filmen werden – teilweise in Verbindung mit anderen Farben wie Rot – schwule Opfer mit Weiß gekennzeichnet, wie bei Griff, der in "Gegen die Schwerkraft" (1997) im Gegensatz zu den Tätern ein weißes Auto fährt. Die weiße Kleidung und das weiße Auto in dem Kurzfilm "The Tears of Aids" (1996, 2:10 Min., hier online) erinnern daran, dass Weiß auch die symbolische Farbe von Safer Sex ist.

Weiß kann symbolisch auf junge und sexuell "unschuldige" Männer verweisen. Das lässt sich dann vermuten, wenn Schwule wie in "Muschimaus mag's grad heraus" (1973) und "Triple Crossed" (2013) weiße Kleidung tragen. Man beachte als weiteres Beispiel das fast weiße Hotelzimmer und die weiße Unterwäsche der beiden Männer in "The First Night" (2011, 7:00 Min., hier online). Auch das weiße Auto in "El Inicio" (2010, 12:30 Min., hier online) kann als Hinweis auf die sexuelle "Unschuld" der beiden Protagonisten Gringo und Rafa verstanden werden.


Weißes Bettzeug und weiße Unterwäsche in "The First Night" (2011)

Weiß – Fetisch, Reinheit, Lebensfreude

Traditionell verweisen weiße Hochzeitskleider auf die sexuelle Jungfräulichkeit der Braut. Für Brian in der US-Serie "Queer as Folk" (Folge 2/11) ist sexuelle "Unschuld" unbedeutend und eine Hochzeit eine spießige Veranstaltung. Statt auf eine Hochzeit geht er lieber auf eine Veranstaltung, bei der sich die Frage nach den Gemeinsamkeiten stellt: eine "White-Party" in einer schwulen Disco.

In manchen Filmen wirkt Weiß wie ein sexueller Fetisch, der mit der Vorstellung von Reinheit und sexueller Unschuld verbunden zu sein scheint, wie die in Weiß gekleideten schwulen Jungs, mit denen der Film "Right by me" (2005) beworben wird, oder der vollständig in Weiß inszenierte Kurzfilm "Middle-Earth" (2007). Die nassen, weißen T-Shirts der beiden sich liebenden Männer am Strand in "Junto a ti" (2013) wirken über die Farbe und betonen die Körper der Männer.

Weiß kann im filmischen Kontext und im deutlichen Kontrast zu dunklen Farben für unterschiedliche positive Aspekte wie Lebensfreude – z. B. in "In Half" (2012) – oder das vorbildliche Elternhaus – z. B. in "Bruderschaft" (2009) – stehen. Zur Bedeutung von Weiß als Farbe der Unschuld und Reinheit passt es recht gut, wenn sich in "Baby Cake" (2010, 4:28 Min., hier online) zwei Schwule und zwei Lesben über die Geburt eines Babys freuen und die Geburt ganz in Weiß zu sehen ist. In dem Film "Daybreak" (2008) mischt sich Weiß als Farbe des ungebrochenen Lichtes mit der symbolischen Bedeutung des Lichtes (Folge 50).


Die Farbe Weiß und viel Licht auf den Covern von "Daybreak" (2008) und "The Falls 3"

Kombination Weiß und Rot – Unschuld trifft auf sexuelle Leidenschaft

Mit Weiß und Rot lässt sich der Gegensatz von sexueller "Unschuld" und Leidenschaft in einer Beziehung darstellen. Wenn Lee in "Red Dirt" (2000) banal anmutend betont, dass er das von Griffith angemietete Haus statt in Weiß lieber in Rot angestrichen hätte, sagt dies viel über das Verhältnis der beiden Männer aus, weil Lee derjenige ist, der offen begehrt, während Griffith der sexuell Zurückhaltendere in dieser Männerfreundschaft ist.

Es gibt drei Filme, in der diese Farbkombination eine Rolle spielt: In "The Dead Boys' Club" (1992), "Scab" (2005) und "Tattoo" (2013) wollen jeweils zwei Männer Sex miteinander haben, wobei der Ältere bzw. Aktivere in Rot und der Jüngere bzw. Schüchternere in Weiß gekleidet ist. In "Chalk Lines" (2006) verändert sich mit Agostos erstem homo­sexuellem Erlebnis die Farbe einer Blume von Weiß (= Unschuld) in Rot (= Liebe) und symbolisiert damit seine nun erwachte Leidenschaft. In einigen Filmen wird die erste homo­sexuelle (vor allem anal-passive) Erfahrung von Männern mit vaginaler Entjungferung von Frauen parallelisiert, wobei die Farbe Rot dann auch für Blut stehen kann.


Unschuld in Weiß trifft auf Leidenschaft in Rot: "Tattoo" (2013)

Kombination Weiß und Rot – Unschuld trifft auf Gewalt

Am Ende von "Wrecked" (2009) stirbt ein Mann an seinem Drogenkonsum. Die Schlussszene ist recht auffallend zunächst in Weiß (= Himmel) und Rot (= Blut) gehalten und wird in den letzten Sekunden des Films in Rot überblendet. Rot bedeutet nicht nur Liebe, sondern auch Kampf. Wenn in "Männer al dente" (2010) der ältere, in Rot gekleidete, Bruder den jüngeren, in Weiß gekleideten, bekämpft, wird dies deutlich. In "Beneath the Skin" (2015) ist ein homophober Heterosexueller rot gekleidet und verfolgt mit seinem roten Auto das weiße Auto zweier Schwuler, die später von ihm zusammengeschlagen werden. In diesem Film ist auch der Himmel mehrfach rot gefärbt.

Weißer Schnee (als Zeichen des Winters und emotionaler Kälte) in Verbindung mit rotem Blut wirkt recht schnell so, als wäre man in einem von Grimms Märchen wie "Schneeweißchen und Rosenrot". Das Blut des ermordeten Schwulen im Schnee im Kurzfilm "Gefrorenes Herz" (2012, hier online) ist ähnlich kunstvoll arrangiert wie das Blut im Kunstschnee in "Clandestinos" (2007). Es ist ein optisch starker und dekorativer Farbkontrast, der sich besonders für kunstvolle Arrangements eignet.
Die Kampfparole "Rot-Weiß-Rot – bis in den Tod" in Peter Kerns "Blutsfreundschaft" (2009) hat eine andere Bedeutung: Sie bezieht sich auf faschistische Geschichte und auf die Farben der österreichischen Nationalflagge.

Pornos – Weiß wie die Unschuld und die Sauberkeit

Dass Weiß sexuelle "Unschuld" signalisieren soll, lässt sich in "The Score" (1974) vermuten, wo der sexuell unerfahrene Eddie beim Date mit einem Mann ein weißes T-Shirt trägt. Deutlicher ist diese Bedeutung, wenn junge und "unschuldig" wirkende Darsteller in einem weiß gehaltenen Film zu sehen sind ("White Nights") und im Titel zusätzlich auf sexuelle "Unschuld" verwiesen wird ("Innocence", "Innocence lost", "Young & innocence"). Auch einige Pornodarsteller, die derartige Rollen verkörpern, haben sich nach der Farbe Weiß benannt, wie "Dakota White" und "Orlando White", nach denen auch die Titel ihrer Filme benannt wurden. Pornotitel, in denen Notlügen ("White Lies") oder die Kriminalität von Männern mit weißen Westen ("White Collar Crimes") benannt werden, basieren indirekt auf der Bedeutung von Weiß als Farbe der Unschuld. Weiß als Zeichen von Sauberkeit ist auf dem Cover des Pornos "Deep Release" zu sehen, auf dem weiße Handtücher als Hinweis auf Sauberkeit und Hygiene verstanden werden können.

Pornos – Weiß wie die Hautfarbe

In Schwulenpornos bezieht sich Weiß fast immer nur auf die Hautfarbe ("Willing White Virgins", "White Boy Love"). Mit "White on Rice" und "Like White on Rice" wird der Sex zwischen einem (aktiven) Weißen und einem (passiven) Asiaten zum Ausdruck gebracht, was als rassistisches Stereotyp angesehen werden kann. Das schwule Pornolabel "White Tiger" bzw. "White Tiger Releasing" hat sich auf Pornos mit weißen Darstellern spezialisiert.

Pornos – Weiß wie Religion und Sperma

Mit dem schwulen Pornolabel "Mormon Boyz" gibt es seit 2010 ein Subgenre, in dem die Darstellung von schwulem Sex von Mormonen in religiös anmutende Rituale eingebunden wird, wobei der Reiz dieses Subgenres darin besteht, dass der schwule Sex in einer besonders homophoben Religionsgemeinschaft angesiedelt wird. Für diese Pornos sind weiße Inneneinrichtungen, weiße Kleidung und Darstellernamen wie "Elder White" typisch und ein (parodierter) religiöser Hintergrund dieser farblichen Inszenierung ist offensichtlich. In ähnlicher Form ist auch der Porno "The Cult" in Weiß gehalten, der von einem Propheten handelt, der im Rahmen religiös inspirierter sexueller Initiationsrituale Sex mit anderen Männern hat.

Bei anderen Pornotiteln steht Weiß für die Farbe von Sperma ("White Session", "White Nights"). Ein schwules Pornolabel heißt "White Water Production" – was auf der umgangssprachlichen Bezeichnung "white water" für Sperma basiert.


Weiß steht in "White Hot" für die Hautfarbe und in "The Cult" in einem religiösen Zusammenhang


Schwarz und Weiß – Kontraste ohne Schwarz-Weiß-Denken

Die Kombination Schwarz/Weiß wird in ihrer symbolischen Bedeutung meistens auf Gegensätze bezogen und kontrastierend eingesetzt. Weiß kann für Aspekte wie Reinheit, Tugend, Unschuld stehen und Schwarz für Schmutz, Wollust oder teuflisches Wesen. Es sind also Bedeutungen, die sich u.a. auf Religion, Charakter, Hygiene und sexuelles Verhalten beziehen können. Dabei wird schnell deutlich, dass Weiß meistens positiv und Schwarz meistens negativ besetzt ist. In anderen Filmen beziehen sich die Farbbezeichnungen Schwarz und Weiß auf die Hautfarbe.

Schwarz/Weiß – Filmszenen in Schwarz/Weiß gedreht

Es gibt viele Filme, die in Schwarz/Weiß gedreht wurden – zunächst weil Farbfilme entweder noch nicht möglich oder wesentlich teurer waren, später wegen der besonderen ästhetischen Wirkung. Das gänzliche oder teilweise Drehen eines Films in Schwarz/Weiß kann dann eine symbolische Bedeutung haben, wenn ein Zusammenhang dieser Gestaltung mit dem Filminhalt besteht oder gesehen wird. In "Der Zauberer von Oz" (1939) ist Dorothys (D: Judy Garland) reale Welt in Schwarz/Weiß gedreht, während die Phantasiewelt in Bonbon-Farben gezeigt wird. In "Forbidden Letters" (1979) schreibt ein inhaftierter Mann seinem Liebhaber erotische Briefe. Die Vergangenheit ist farbig gestaltet, während Filmszenen in der weniger positiven Gegenwart in Schwarzweiß gehalten ist (englische Wikipedia). Das triste hoffnungslose schwule Leben in "Die Konsequenz" (1977) soll ganz bewusst in Schwarz/Weiß gedreht worden sein. Die Vergangenheit und die Familie des schwulen Max in "Außerirdische" (1993) sind in Farbe, seine Gegenwart in Berlin ist dagegen zunächst in Schwarz/Weiß und erst später in Farbe zu sehen. In "Sunshine Secret" (2011, hier online) ist nur der Rückblick auf eine schöne Zeit mit dem Partner in Schwarz/Weiß gedreht. Vermutlich ist es kein Zufall, dass die Filme "Schwarz und Weiß" (OT: "Noir et blanc", 1986) und "Looking for Langston" (1989), die von Beziehungen zwischen People of Color und Weißen handeln, ebenfalls in Schwarz/Weiß gedreht wurden. In dem Schwarz/Weiß-Film "Gayniggers from Outer Space" (1992, hier online) wird die weiße Kleidung der schwarzen Protagonisten kontrastierend eingesetzt.


Hautfarben in "Looking for Langston" (1989)

Schwarz/Weiß – Ästhetik ohne Symbolik

Mit dem reizvollen Kontrast von Schwarz und Weiß wird in Filmen recht häufig gearbeitet, wie bei der Darstellung der schwulen Paare in "Bramadero" (2007), "Francisco und Thomas" (2009), "Burning Palms" (2010), "Amphetamin" (2010) und "Speechless" (2012). Die Farbgebung wurde dabei offensichtlich nur aus ästhetischen Gründen ohne symbolische Bedeutung vorgenommen. Das Gleiche gilt für "Hirsute" (2007), worin ein Mann in weißer Kleidung nach einer Zeitreise auf sich selbst in schwarzer Kleidung trifft, und für "Mi realidad" (2013), worin zwei Männer in einem schneeweißen Bett schwarze Unterhemden tragen.

Eine Zuordnung von Farbbedeutungen ist in der Regel nicht möglich, wenn schwule Männer in Filmen sowohl schwarze als auch weiße Kleidungsstücke tragen, wie z.B. in Derek Jarmans "The Garden" (1990), in "Dinero Facil" (2010), in "Disarm" (2010, 16:15 Min., hier online), in "The Closet" (2011) und in "Elicriso" (2013). Der Schwarz-Weiß-Kontrast eines schwulen Paares in François Ozons Film "Sommerkleid" (1996) bezieht sich nicht nur auf Kleidung, Haarfarbe und Brille, sondern – wie die Arte-Dokumentation "François Ozon aus musikalischer Sicht" (6:45 Min., hier online) zeigt – sogar auf die Farben ihrer Fliesen. In "Latter Days" (2003) tragen die schwulen Kellner die gleiche Kleidung (schwarzer Anzug, weißes Hemd) wie die neu hinzugezogenen Mormonen, womit auch über die Kleidung die Frage nach dem Trennenden und Gemeinsamen aufgeworfen wird und auch eine symbolische Bedeutungsebene beginnt.


François Ozons Film "Sommerkleid" (1996) in Schwarz-Weiß-Ästhetik

Schwarz/Weiß bei Bavo Defurne

Der schwule Regisseur Bavo Defurne baut in vielen seiner Filme mit Schwarz/Weiß einen meistens wertneutralen Kontrast ein. Seine Schwarz-Weiß-Ästhetik wird u.a. in "Matrosen" (1998) sowie in seinen Schwarz/Weiß-Filmen "Gerade jetzt im Frühling" (1996) und "Der Heilige" (1996) deutlich. Wertende Schwarz/Weiß-Kontraste kommen mindestens in zwei Szenen vor: die weiße Kleidung und die weiße Lilie St. Sebastians als Zeichen seiner Unschuld in "Der Heilige" (1996) und das Mobbing eines (guten) weiß gekleideten Mannes durch einen (bösen) dunkel gekleideten Matrosen in "Matrosen" (1998).


Der unschuldige St. Sebastian in "Der Heilige" (1996)

Schwarz/Weiß – Ausdruck von Gut und Böse

In "Gegen die Schwerkraft" (1997) steht das weiße Auto des schwulen Griff in Kontrast zum schwarzen Auto der homophoben Täter (= Gut/Böse) und in "Fögi ist ein Sauhund" (1998) schmeißt der von Drogen abhängige Fögi (in Schwarz) seinen Freund Benny (in Weiß) aus der Wohnung. Schwarz und Weiß können auch zur Kontrastierung von Neonazis und des Elternhauses ("Bruderschaft", 2009) oder von Trauer und Lebensfreude ("In Half", 2012) eingesetzt werden. In dem Kurzfilm "Violine" (2012) betritt der schwarz gekleidete Drogendealer Jan die helle Wohnung des feingeistigen Musikers Oli. In "House of Usher" (2008) trifft der unschuldig wirkende Victor Reynolds (weiß) auf den geheimnisvollen Fremden Roderick Usher (schwarz). Zwei schwule Männer (in meistens heller Kleidung) treffen in "The Naturalist" (2012) auf eine Frau, die als eine Art schwarze Witwe dargestellt ist. Die Verwendung der Farbe Schwarz im Zusammenhang mit Drogen, Gewalt und Tod ist leicht nachvollziehbar.


Ein schwarz gekleideter Drogendealer in der Wohnung eines Musikers in "Violine" (2012)

Mit der Farbsymbolik Schwarz/Weiß lässt sich auch das Sozialverhalten von Schwulen negativ oder positiv bewerten, etwa wenn die Farbe der Kleidung oder von Gegenständen die Gegensätze zwischen nicht geoutetem und geoutetem Leben ("Maricón", 2005) und – in der Positionierung des Films – zwischen promisker und monogamer Lebensweise ("Frühstück?", 2002) kennzeichnen. Übrigens: Es wurden keine Filme gefunden, die Homo- und Heterosexualität über diese beiden Farben als kontrastierend inszenieren oder Schwule durch die Farbe Schwarz pauschal diskreditieren.

Schwarz/Weiß – Hautfarbe

Wenn in einem Film Schwule mit unterschiedlichen Hautfarben vorkommen, hat die Hautfarbe nicht automatisch dadurch schon eine symbolische Bedeutung. Ich möchte jedoch auf drei Filme hinweisen, die eine solche symbolische Bedeutung enthalten. Im oben schon erwähnten Film "Schwarz und Weiß" (1986), der von einem S/M-Verhältnis zwischen zwei Männern handelt, bezieht sich der Titel möglicherweise nicht nur auf die Farbe des Filmmaterials und die Hautfarben der beiden Protagonisten, sondern auch auf Schwarz als Symbol für S/M. Den Hintergrund von "Black and White. Leben ohne Graustufen" (1998) stellt "das soziologische Phänomen dar, dass sich privilegierte Weiße aus reichem Elternhaus mit der schwarzen Hip-Hop-Kultur identifizieren" ("Out im Kino", 2003, S. 61), wobei über den Untertitel eine Verbindung zwischen Hautfarbe und gesellschaftlicher Situation vorgenommen wird. In dem Kurzfilm "Attack" (2005, hier online) wird ein Skinhead festgenommen, weil er People of Color angegriffen haben soll. Der Werbetext zum Film weist darauf hin, "that things may not be as 'Black & White' as they appear", womit sprichwörtlich davor gewarnt wird, nur "das Gute" und "das Böse", aber keine Schattierungen dazwischen erkennen zu können. (Hier gibt es eine sprachliche Nähe zum deutschen Ausdruck "Schwarz-Weiß-Malerei", vor der ebenfalls zu warnen ist.)


Schwarz als Hautfarbe und als Symbol für SM in "Schwarz und Weiß" (1986)

Pornos – Schwarz und Weiß – Hautfarben

Wenn die Titel von Pornos auf die Farben Schwarz und Weiß Bezug nehmen, geht es meistens um Hautfarben. Dabei werden durch Bild und Text Schwarze meistens als sexuell aktiv und Weiße meistens als passiv dargestellt ("Black Dicks and White Booty", "Black Dicks in My White Ass"), was dann eine symbolische Bedeutung hat, wenn Analverkehr nicht nur als Ausdruck sexueller Vorlieben, sondern als ein Symbol für sexuelle Dominanz und Unterwerfung inszeniert ist und dabei auch Parallelen zur gesellschaftlichen Situation gesehen werden können. Durch Bild und Text lassen sich sexuelle Dominanz und berufliche Dominanz miteinander verbinden ("Black Foremen. White Journeymen", "Black Cops. White Robbers", "Black Cops. White Seamen"). Manchmal werden in der sexuellen Aktivität von Männern unterschiedlicher Hautfarbe keine Unterschiede gemacht ("Black & White. Twinks in Lust", "Black Meat, White Heat") und in Ausnahmefällen sind auch Weiße aktiv und Schwarze passiv ("White Tops & Black Bottoms").

Verschiedene schwule Pornoseiten im Internet bieten die Möglichkeit einer thematischen Suche, wozu u.a. "Ebony and Ivory" (= "Ebenholz und Elfenbein") für Darstellung von Sex zwischen People of Colour und Weißen gehört. Es ist eine Formulierung, die auch durch das (nicht schwule) gleichnamige Lied von Paul McCartney und Stevie Wonder (1982) popularisiert wurde.

Pornos – Schwarz und Weiß – "Schuld" und "Unschuld"

In einigen Pornos wird auf Schwarz und Weiß aus ästhetischen Gründen ohne symbolische Bedeutung zurückgegriffen, wenn z.B. die Unterhosen eines Zwillingspaars in diesen Farben zu sehen sind ("The Peters Twins in Taboo").


Schwarz und Weiß aus ästhetischen Gründen in "The Peters Twins in Taboo" und aus symbolischen Gründen in "House of Detention"

Zu den wenigen Pornos, die Schwarz und Weiß in einer symbolischen Bedeutung zeigen, sich aber nicht auf die Hautfarbe beziehen, gehört "House of Detention" (= Haftanstalt), worin im Rahmen von SM-Rollenspielen der Fesselnde in einem schwarzen Harness und die zwei Gefesselten in weißen Unterhosen und mit weißen Seilen gefesselt dargestellt werden. Bei einvernehmlichen sexuellen Rollenspielen gibt es keine "Täter" und keine "Opfer" – die Farbsymbolik von Weiß für "Unschuld" und von Schwarz für "Täter" scheint aber dennoch zu greifen.

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