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Podcast-Gespräch
Scholz nennt geschlechtergerechte Sprache "kleine Frage" und wirbt für mehr Gelassenheit
Dass der Bundeskanzler mit Anti-Gender-Polemik nicht viel anfangen kann, war bekannt. Nun hat er seine Haltung in einem Podcast-Gespräch zum Thema "Kompromiss" bekräftigt.

Olaf Scholz im Bundestag (Bild: Deutscher Bundestag / Florian Gaertner / photothek)
- 15. August 2023, 09:43h 3 Min.
Bei einem Auftritt im Podcast "Hotel Matze" hat Bundeskanzler Olaf Scholz für mehr Gelassenheit bei geschlechtergerechter Sprache geworben. Er glaube, dass Themen wie dieses letztendlich "kleine Fragen" seien, die aufkämen, wenn tatsächlich "etwas los" sei, etwa die Corona-Pandemie oder der Ukrainekrieg.
In dem Gespräch mit Podcast-Host Matze Hielscher ging es vor allem um den Wert von Kompromissfähigkeit in Leben, Gesellschaft und Politik. Auch beim "Gendern" empfiehlt der Kanzler denn auch diese Tugend. Der Kompromiss sei aber inzwischen weniger angesehen, als er es schonmal gewesen sei, so Scholz – und das, obwohl eigentlich jeder wisse, dass er zu einem guten Leben dazugehöre.
Scholz: Verschiedene Sprechweisen können in einem Raum existieren
Im Kino oder der Literatur seien es oft "Einzelgänger oder Einzelgängerinnen", die als "große Helden" aufträten und alleine große Probleme lösten. Die Wirklichkeit sei aber, dass, selbst wenn man sehr einflussreich sei, man viele andere brauche, die "mitmachen". Öffentlich würde ein Ideal der Kompromisslosigkeit gepflegt, während das im alltäglichen Leben der Menschen aber eigentlich anders sei, beklagt Scholz. Man brauche zwar Regeln, aber am Ende sei vor allem die Verständigung mit anderen wichtig – ein Seitenhieb auf Forderungen von Gegner*innen geschlechtergerechter Sprache, sich beim Sprechen und Schreiben an das amtliche Regelwerk zu halten?
Beim Klimaschutz etwa gehe es darum, engagiert und ambitioniert zu sein und zu versuchen, "möglichst viel hinzukriegen". Gleichzeitig müsse man dabei so vorgehen, dass alle Menschen einen Weg finden könnten, wie sie "da auch mitgehen" und sicher sein könnten, dass dies auch für sie eine gute Zukunft beinhalte. Eine solche Einstellung zu haben, sei für Scholz "ganz wichtig" – etwa auch bei der Frage danach, wie wir sprechen.
Der Kanzler habe es sich daher angewöhnt, oft Formulierungen wie "Handwerkerinnen und Handwerker" zu nutzen. Er finde es aber auch okay, wenn andere etwa sagten, es seien "viele Arbeiter*innen zusammengekommen" – genau so, wie wenn Scholz zum Beispiel im Osten Brandenburgs einer Handwerksmeisterin und Unternehmerin begegne, die sich selbst als "Maurer" vorstellt. Man könne all das in einem Raum und "mit größter Freundschaft" handhaben.
Mehr Gelassenheit
Auf die Beobachtung des Moderators, wonach es gerade beim Thema geschlechtergerechter Sprache eine große Komrpomisslosigkeit gebe, etwa am Arbeitsplatz seiner in Dresden als Lehrerin arbeitenden Schwester, antwortet Scholz, er werbe dafür, gelassen zu sein. Die Gesellschaft brauche mehr Gelassenheit und man müsse alles dafür tun, dass "wir uns in unserer Unterschiedlichkeit freundschaftlich begegnen".
Das funktioniere "natürlich besonders gut, wenn alle so sind" und nicht einige sagen "aber ich bin es nicht, nun müsst ihr euch nach mir richten". Scholz geht zudem davon aus, dass die Gesellschaft in Zukunft noch mehr Unterschiedlichkeit aufweisen werde, etwa zwischen Stadt und Land, unterschiedlichen Lebenskonzepten, Berufen und Träumen. Er argumentiere dafür, diese Unterschiede zu akzeptieren und als Bereicherung zu empfinden.
Auch, was die Funktion der Anti-Gender-Debatten angeht, hat Scholz eine Theorie. "Solche Dinge" würden für einige Menschen dann ganz wichtig, wenn "etwas los" sei, etwa die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg in den vergangenen Jahren oder Fragen der Globalisierung, die Menschen verunsicherten. Käme das zusammen, würden kleine Fragen manchmal "ganz groß" werden, obwohl sie "immer noch kleine Fragen bleiben, die man mit Gelassenheit untereinander gut lösen kann". (jk)














