Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?46687

Umfrage

79 Prozent der US-Queers fühlen sich wegen Anti-Trans-Kampf weniger sicher

Erschreckende Zahlen der Human Rights Campaign: Die Gesetze gegen transgeschlechtliche Menschen führen zu Verunsicherung und Umzugswünschen unter großen Teilen der queeren und transgeschlechtlichen US-Bevölkerung.


Die republikanische Kampagne gegen Trans schlägt sich auf das Wohlbefinden aller LGBTI nieder (Symbolbild) (Bild: Anemone123 / pixabay)
  • 18. August 2023, 09:41h 4 Min.

Die US-amerikanische LGBTI-Organisation Human Rights Campaign überprüft die Situation und das Wohlbefinden der queeren Minderheiten der Vereinigten Staaten regelmäßig mit Studien und Umfragen. Auch in diesem Jahr befragten Forscher*innen ihre Zielgruppe wieder im Auftrag der NGO.

Besonders ins Auge fällt dabei die Situation in Florida, wo der republikanische Gouverneur neben den Verboten von geschlechtsangleichenden Behandlungen unter anderem mit dem "don't say gay"-Gesetz die schulische Aufklärung und Erziehung zu LGBTI und ihren Rechten verhindern lässt.

Die Forscher*innen interessierten sich vor allem für die Frage der Auswirkungen der verschiedenen Verbote geschlechtsaffirmierender Behandlungen für Kinder und Jugendliche im laufenden Jahr, die effektiv auch die Behandlung von Erwachsenen erschweren bis verunmöglichen, sowie eigenständige Reglementierungen der Versorgung Erwachsener. Das ist nach Angaben der Organisation inzwischen in 32 Staaten der Fall. Über 14.000 Erwachsene aus 50 US-Bundesstaaten wurden befragt. Die Ergebnisse: schockierend.

Extreme Verunsicherung im ganzen Land

Insgesamt 43 Prozent der LGBTI-Erwachsenen in den USA sagen, dass die Einschränkungen und Verbote der geschlechtsaffirmierenden Behandlungen die körperliche und/oder psychische Gesundheit entweder von ihnen selbst oder von ihren Angehörigen beeinträchtigen. Auf die transgeschlechtlichen Erwachsenen reduziert, liegt der Wert bei 80 Prozent.

Dass der Kampf vor allem gegen transgeschlechtliche Menschen auf cisgeschlechtliche Schwule, Lesben sowie Bi- und Pansexuelle durchschlägt, lässt sich auch mit den Zahlen der Human Rights Campaign belegen. 79 Prozent der erwachsenen LGBTI berichten, dass die Verbote der medizinischen Behandlung ihnen das Gefühl geben, als queere Person weniger sicher zu sein. Bei transgeschlechtlichen Erwachsenen lag dieser Wert bei 94 Prozent. Etwa ein Drittel der LGBTI-Erwachsenen sagen, dass sie es entweder erwägen oder sogar tatsächlich bereits umgezogen sind, um nicht in einem Staat zu leben, der die geschlechtsaffirmierende Behandlung verbietet.

Die Human Rights Campaign hat auch einige O-Töne von den Befragten eingefangen, die die Stimmung unter LGBTI des Landes greifbar machen. Ein cisgeschlechtlicher Schwuler der Gruppe der 35- bis 54-Jährigen aus Tennessee sagte etwa: "Ich habe Freund*innen mit transgeschlechtlichen Minderjährigen, die weggezogen sind, die gerade wegziehen, und ich denke stark daran, aufgrund dieser Gesetze in meinem Staat ebenfalls wegzuziehen."

Eine genderqueere Person sagte: "Ich fühle mich verpflichtet, in Georgia zu bleiben und das Narrativ zu verändern." Eine nichtbinäre Person aus Michigan meinte bei der Befragung: "Meine Eltern sind dabei, zu altern und ich werde nicht in der Lage sein, in dem Staat, in dem sie leben, für sie zu sorgen, weil mein*e Partner*in und ich, beide trans, dann Kinder haben wollen. Wenn wir zurück nach South Carolina ziehen, könnten wir sie dort verlieren." Ein Schwuler aus Utah spricht gar mit Blick auf die Präsident*innenschaftswahlen über seine Pläne, die USA zu verlassen: "Ich suche aktiv nach einem anderen Land zum Umziehen für den Fall, dass Anti-LGBTI-Kräfte damit beginnen, die Rechte von LGBTI bundesweit zu beschränken."

- w -

Florida als Hotsport der Queerfeindlichkeit

Die Situation in Florida ist besonders alarmierend. 36 Prozent der LGBTI aus Florida möchten aus dem südlichen Bundesstaat wegziehen oder haben sogar bereits Schritte in diese Richtung unternommen. Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste: 49 Prozent der LGBTI des Staates geben demnach an, mit Blick auf die Situation womöglich die Vereinigten Staaten ganz verlassen zu wollen. Bei den transgeschlechtlichen Erwachsenen wollen sogar 81 Prozent Florida in Richtung eines anderen Staates verlassen.

Ein cisgeschlechtlicher Schwuler aus der Gruppe der Über-55-Jährigen sagte zu den Forscher*innen: "Meine Familie hat in Florida seit 1853 gelebt. Ich habe mich erstmal dazu entschieden, zu bleiben und zu kämpfen, aber traurigerweise könnte es sein, dass ich zukünftig entscheide, zu gehen." Und ein Enbie der Gruppe der 18- bis 34-jährigen Befragten meint: "Ich fühle mich, als würde ich meine grundlegendsten Rechte über meinen Körper und mein Recht, im öffentlichen Raum zu existieren, verlieren. Ich fühle mich entmenschlicht."

Im Juni hatte die Human Rights Campaign in einem öffentlichkeitswirksamen Schritt den nationalen Notstand für queere Menschen ausgerufen. Es gebe einen "nie dagewesenen Anstieg an queerfeindlichen Angriffen in Landesparlamenten", so der in Washington, D.C. ansässige Verein. Mehr als 80 Anti-LGBTQ-Gesetze sind bis jetzt alleine im laufenden Jahr unterzeichnet worden, mehr als doppelt so viele wie 2022. Dabei war das Jahr 2022 in dieser Hinsicht bereits das Schlimmste in der Geschichte (queer.de berichtete).

Im Juni wurden darüber hinaus Zahlen des Meinungsforschungsinstitut Gallup zum Rückgang der Akzeptanz queerer Menschen in der US-Bevölkerung bekannt. So halten laut einer aktuellen Erhebung nur noch 64 Prozent der Amerikaner*innen schwule oder lesbische Beziehungen für moralisch akzeptabel. Im vergangenen Jahr waren es noch 71 Prozent gewesen. Und: Nur noch 43 Prozent halten es für moralisch akzeptabel, "das Geschlecht zu ändern" (queer.de berichtete). (jk)

-w-