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Nach Weltverbands-Entscheidung
Deutscher Schachbund boykottiert angeordneten Trans-Ausschluss
Der Schach-Weltverband will trans Frauen für mindestens zwei Jahre nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen lassen. Nicht mit uns, sagt jetzt der deutsche Mitgliedsverband. Und folgt der Regel einfach nicht.
- 24. August 2023, 11:29h 3 Min.
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass der Schach-Weltverband FIDE transgeschlechtliche Frauen für zwei Jahre von Frauenwettbewerben ausschließt und sie zwingt, in der offenen Kategorie anzutreten, in der alle Spieler*innen teilnehmen können. In dieser Zeit wolle man über die Einführung eines neuen Umgangs mit dem Thema nachdenken – legte aber schon jetzt umfassende diskriminierende Regelungen vor, die die nationalen Verbände befolgen sollten (queer.de berichtete).
Dass die den Weisungen des Weltverbands aber nicht unbedingt Folge leisten, das zeigt die Reaktion der deutschen Mitgliedsvereinigung, des Deutschen Schachbunds. Er will die Regeln zur Exklusion transgeschlechtlicher Frauen einfach nicht anwenden.
Bedenken, ob Regelung legal ist
Der DSB vertrete in der Sache eine klare Position, heißt es in einer verbreiteten Stellungnahme: "Wir schließen Trans-Frauen nicht aus." In Deutschland sei bereits in den 00er-Jahren eine transgeschlechtliche Frau Deutsche Meisterin geworden und auch in Zukunft dürften sie "selbstverständlich an allen deutschen Turnieren für Frauen teilnehmen".
Man stehe mit dieser Haltung gemeinsam an der Seite europäischer Partner-Vebände, etwa an der des französischen Schachverbandes. Der handhabe das genau so, schließe trans Frauen nicht aus.
"Wir haben ernsthafte Bedenken, ob diese neuen Regeln der FIDE mit der Rechtssituation in mehreren Ländern vereinbar sind. Wenn eine Person gesetzlich als Frau anerkannt ist, ist es für uns nicht nachvollziehbar, was die FIDE noch prüfen möchte und warum sie – wie in den neuen Regeln festgeschrieben – zwei Jahre dafür braucht", heißt es weiter.
Instagram / schachbund | Das Statement des Deutschen Schachbunds auf Instagram
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Aus Sicht des Schachbundes aus Deutschland seien die vom Weltverband erlassenen Regelungen zur Registrierung transgeschlechtlicher Schachspieler*innen "ein Beispiel dafür, wie Diskriminierung entsteht, wenn die Betroffenen in keiner Weise eingebunden werden". Man selbst möchte sich davon abgrenzen, setze sich für das Wohlergehen aller "unabhängig von Herkunft, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Hautfarbe, Behinderung, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität ein". Niemand solle Gewalt und Diskriminierung erleben müssen, so der Verband.
Die kanadische Schachspielerin Morgen Mills, die selbst transgeschlechtlich ist, sagte, dass im Vorfeld der Bekanntgabe der Entscheidung der FIDE überhaupt nicht klar gewesen sei, dass das Thema überhaupt diskutiert werde. Die neue Regelung sei "aus dem Nichts" gekommen. "Natürlich" sei da jetzt Enttäuschung und Spieler*innen seien schockiert darüber, exkludiert zu werden.
Die FIDE-Neuregelung betrifft nicht nur Frauen. Auch Männern werden nach einer Transition alle Titel aberkannt, die sie in der Frauen-Kategorie erworben hatten. Um beim Weltbund die eigene Identität zu ändern, muss erst beim nationalen Verband ein entsprechender Antrag positiv beschieden werden. Und: Die FIDE behält sich vor, die Transgeschlechtlichkeit von Spieler*innen in ihren Datenbanken extra auszuweisen und sie gegenüber Wettbewerbsveranstalter*innen zwangsweise zu outen. (jk)
