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Streit um sichere Herkunftsländer

LSVD warnt Ampel vor "neuerlichem Einknicken vor populistischen Argumenten"

In Georgien wird die Menschenrechtslage für queere Personen immer schlimmer – dennoch will das Innenminsterium dem Verfolgerstaat das Prädikat "sicher" verleihen, um Geflüchtete ohne große Prüfung abschieben zu können.


Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Georgien und Moldau pauschal als "sicher" anerkennen, obwohl dort queere Menschen verfolgt werden (Bild: BMI / Peter Jülich)

  • 28. August 2023, 14:13h 3 Min.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat die von der Ampelkoalition geplante Anerkennung Georgiens und Moldaus als "sicherer Herkunftsstaaten" kritisiert. Das Bundesinnenministerium von Ministerin Nancy Faeser (SPD) hatte vergangenen Mittwoch einen entsprechenden Referentenentwurf an Verbände geschickt und ihnen nur rund 48 Stunden Zeit für eine Stellungnahme gegeben. Am Freitag erklärte der LSVD, dass Georgien nicht das Prädikat "sicher" verliehen werden könne, da dort queere Menschen staatlich verfolgt würden.

"Bereits 1996 hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss ausführliche Vorgaben zur Einstufung von Ländern als sichere Herkunftsländer gemacht. Dabei wurde klargestellt, dass nur solche Staaten als sichere Herkunftsstaaten gelten dürfen, in denen Sicherheit vor Verfolgung 'landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen' besteht. Gegen die Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat spricht demnach, wenn eine soziale Gruppe wie LSBTIQ* nicht sicher ist vor politischer Verfolgung", erklärte LSVD-Bundesvorstandsmitglied Patrick Dörr. Er warnte vor einem "neuerlichen Einknicken vor populistischen Argumenten auf Kosten Schutzsuchender".

Bereits jetzt, so kritisierte Dörr, seien mit Ghana und Senegal zwei Staaten auf der Liste der "sicheren Herkunftsländer", in denen auf Homosexualität mehrjährige Haftstrafen stehen. Auch Georgien und Moldau würden Voraussetzungen nicht erfüllen. So wurden CSD-Besucher*innen in Georgien kürzlich nicht von der Polizei gegen rechtsextreme Übergriffe geschützt (queer.de berichtete). Zudem würden Teilen von Georgien – ebenso wie Teile Moldaus – faktisch von Russland kontrolliert, das die Verfolgung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten zuletzt verschärft hatte. Russland selbst als laut deutschem Recht nicht als "sicher", die kontrollierten Gebiete würden aber mit der Entscheidung der Bundesregierung dieses Prädikat erhalten.

Dass weder Ghana und Senegal noch Moldau und Georgien sicher seien, sei offensichtlich, so Dörr: Denn zu all den genannten Staaten gebe es schließlich positive Asylentscheidungen wegen der Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität.

Belgien macht das Gegenteil der Ampel

Der LSVD verwies auch darauf, dass Belgien gerade den entgegengesetzten Weg gehe: Das Land strich im April Georgien von seiner Liste der "sicheren" Ländern und führte als Grund u.a. "Gewalt, die mit Geschlechts- und/oder sexueller Orientierung verbunden ist", an.

Der Streit um die "sicheren Herkunftsländer" dauert bereits seit Jahren an. Als "sicher" sollen Staaten eingestuft werden, bei denen vermutet wird, dass es in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ohne genaue Prüfung der potenziellen Gefährdung des Geflüchteten ermöglichen.

LGBTI-Aktivist*innen argumentieren, dass kein Staat als "sicher" eingestuft werden kann, wenn dort Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität staatlich verfolgt werden. Konservative – etwa auch die Union – sehen das anders: Die CDU/CSU-Fraktion, stellte erst im April einen Antrag im Bundestag, auch Algerien, Marokko und Tunesien für "sicher" zu erklären (queer.de berichtete). In allen drei Staaten stehen jedoch Haftstrafen auf Homosexualität, die auch vollstreckt werden. (dk)

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