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Homosexuelle als "Abschaum der Gesellschaft"
Homophober Bischof verliert in Straßburg
Vor rund acht Jahren beschimpfte Bischof Ambrosius von Kalavryta sexuelle Minderheiten als "Abschaum der Gesellschaft". Später wurde er wegen Volksverhetzung verurteilt – zu Recht, wie jetzt der Menschenrechtsgerichtshof entschied.

Bischof Ambrosius von Kalavryta darf laut dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof Homosexuelle nicht entmenschlichen, auch nicht mit religiösen Argumenten
- 1. September 2023, 12:33h 2 Min.
Ein ehemaliges ranghohes Mitglied der griechisch-orthodoxen Kirche darf unter Berufung auf die freie Meinungsäußerung nicht gegen Homosexuelle hetzen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschieden (Lenis v. Griechenland, 47833/20).
Geklagt hatte Bischof Ambrosius von Kalavryta, der mit bürgerlichem Namen Athanassios Lenis heißt. Der heute 85-Jährige hatte 2015 als Leiter der Metropolie Kalavryta und Aigialeia im Streit um eingetragene Lebenspartnerschaften seine Landsleute aufgerufen, auf Homosexuelle zu "spucken", weil diese "keine Menschen", "geisteskrank" und der "Abschaum der Gesellschaft" seien (queer.de berichtete). 2019 verurteilte ihn ein griechisches Gericht wegen dieser Äußerungen zu einer Bewährungsstrafe (queer.de berichtete). Ein gutes halbes Jahr später trat der Geistliche vom Amt des Metropoliten zurück (queer.de berichtete). 2020 bestätigte ein Berufungsgericht die Verurteilung in großen Teilen.
Dagegen war Ambrosius vor den EGMR gezogen. Die sieben Richter*innen bestätigten jedoch einstimmig die Rechtsprechung der griechischen Gerichte. Sie führten aus, sie hätten bereits in vorherigen Urteilen entschieden, dass Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung so schwerwiegend sei wie Diskriminierung aufgrund anderer Merkmale wie ethnische Herkunft oder Hautfarbe.
EGMR: Homosexuellen darf nicht Menschsein abgesprochen werden
Zwar könnten Religionen "bestimmte Lebensstile" kritisieren. Allerdings ende diese Kritik, wenn eine Person queeren Menschen pauschal das Menschsein abspreche und dazu noch zur Gewalt aufrufe. Sexuelle Minderheiten seien in Griechenland zudem besonderer Diskriminierung ausgesetzt. Daher sei wichtig, dass "die Würde und der Wert von Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Ausrichtung" geschützt werde.
Ambrosius war in Griechenland sehr umstritten, weil er auch mit Anführern der griechischen Neonazi-Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) aufgetreten ist. Nach seinem Rücktritt kritisierte er auch seine Kirche, weil diese die Corona-Impfung empfahl. Damit werde die Kirchenführung ein "Werkzeug des Teufels", behauptete der Geistliche.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat, nicht zur Europäischen Union. Er entscheidet auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dem Europarat gehören 46 Mitgliedstaaten an – konkret sind dies alle europäischen Länder mit Ausnahme von Belarus, Kasachstan, dem Kosovo, Russland und dem Vatikanstaat. (dk)














