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Ein Engländer in Saudi-Arabien
Henderson an queere Community: "Ich kann die Wut verstehen"
Als Liverpool-Kapitän trug Jordan Henderson die Regenbogen-Kapitänsbinde, Regenbogen-Schnürsenkel und sprach sich wiederholt für die Gleichbehandlung von LGBTI aus. Jetzt kickt er in einem Staat, in dem Homosexuellen die Todesstrafe droht.

Mit seinem Wechsel in den brutalen Verfolgerstaat Saudi-Arabien kehrte Jordan Henderson, hier noch als Liverpool-Kapitän 2020 zu sehen, nach Ansicht vieler Aktivist*innen queeren Menschen den Rücken zu (Bild: IMAGO / PA Images)
- 5. September 2023, 14:10h 3 Min.
Nach seinem Wechsel zum im saudi-arabischen Dammam angesiedelten Fußballclub al-Ettifaq im Juli ist der englische Nationalspieler in der queeren Community heftig kritisiert worden. Der 33-Jährige, der sich früher oft für LGBTI-Rechte engagiert hatte, hat nun Verständnis für die Kritik geäußert: "Ich kann die Frustration verstehen. Ich kann die Wut verstehen", sagte er in Richtung der queeren Community in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit dem US-Magazin "The Atlantic" (Bezahlartikel). "Dazu kann ich nur sagen, dass es mir leid tut, dass sich Menschen so fühlen. Meine Absicht war niemals, jemanden zu verletzen."
Twitter / TheAthleticFC"Me playing in Saudi is a positive"
The Athletic | Football (@TheAthleticFC) September 5, 2023
"It's not about money"
"I understand criticism from LGBTQ+ groups"
"You have to respect Saudi religion & culture"
"If one person at #LFC asked me to stay, I would have"
Jordan Henderson speaks to @David_Ornstein & @AdamCrafton_
Ferner erklärte der Spieler: "Meine Werte ändern sich nicht, weil ich in ein anderes Land gehe, in dem die Gesetze möglicherweise anders sind." Sein neuer Club habe von seinem Engagement früher gewusst und ihn nie aufgefordert, sich zu verändern. "Ich denke, dass es gut ist, in Saudi-Arabien jemanden mit diesen Ansichten und Werten zu haben", behauptete Henderson.
Henderson mit alternativen Fakten zur WM in Katar
Von dem Austausch könne eine positive Entwicklung ausgehen. Dabei verwies er auf Katar. Dort habe die WM 2022 zu Berichterstattung über Fehlentwicklungen geführt. Das habe möglicherweise dazu geführt, "dass sie Regeln geändert haben, um die WM austragen zu können und ich denke, das ist positiv".
Allerdings ist von einer positiven Entwicklung in Katar wenig zu sehen, ganz im Gegenteil: Laut Berichten hat sich die Situation von LGBTI in dem Emirat nach dem Ende der WM noch verschlechtert (queer.de berichtete).
In dem Interview sagte Henderson auch, dass er "nicht ausschließen" würde, auch in Saudi-Arabien mit Regenbogenschnürsenkeln anzutreten, um für Gleichbehandlung queerer Menschen zu werben – allerdings mit einer (entscheidenden) Einschränkung: "Ich würde mich nicht respektlos gegenüber der Religion oder Kultur Saudi-Arabiens verhalten."
Die Kritik an seinem Wechsel habe ihn belastet, so Henderson weiter: "Wenn ich Dinge höre wie: 'Du hast uns den Rücken zugekehrt', dann tut mir das weh." Denn: "Ich habe Familie und Freunde in der LGBTQ+-Community."
Henderson war vor rund zwei Monaten nach zwölf Jahren beim FC Liverpool laut Medienberichten für eine Ablösesumme 18 Millionen Euro nach Saudi-Arabien gewechselt. Dort soll er 800.000 Euro pro Woche verdienen, allerdings wies Henderson diese Zahl im "Atlantic"-Interview als "nicht wahr" zurück. Geld sei ohnehin nicht sein Antrieb gewesen, behauptete er.
Twitter / SPL_ENTwo first-half assists from Jordan Henderson for Al Ettifaq
Roshn Saudi League (@SPL_EN) September 2, 2023
Leading by example in midfield#yallaRSL #RoshnSaudiLeague pic.twitter.com/cKUNVxZZnY
Der Wechsel des englischen Superstars war unter anderem vom schwulen deutschen Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger kritisiert worden. Die alte Marke ist tot!", attestierte der 41-Jährige. "Eine Zeit lang habe ich geglaubt, dass seine Unterstützung für die queere Community echt sein würde. Ich Dummerchen" (queer.de berichtete).
In Saudi-Arabien steht auf Homosexualität die Todesstrafe. Zudem geht der Staat gegen alles vor, was nach Akzeptanz für LGBTI aussehen könnte. So wird selbst Kinderspielzeug in Regenbogenfarben konfisziert (queer.de berichtete). (dk)
