
https://queer.de/?46879
"Sportswashing"
Queere Fußballfans kritisieren Henderson
Englische Fußballfans aus der queeren Community zeigen sich enttäuscht über ihr früheres Idol Jordan Henderson, das jetzt in Saudi-Arabien kickt – und den Verfolgerstaat damit gut aussehen lässt.

Facebook / Three Lions Pride) Die Fangruppe "Three Lions Pride" – hier bei der WM 2018 in Russland – ist nicht begeistert vom englischen Superstar Jordan Henderson (Bild:
- 6. September 2023, 14:18h 3 Min.
Der englische Nationalspieler Jordan Henderson hatte am Dienstag in einem Interview mit dem US-Magazin "The Atlantic" seinen Wechsel in den Verfolgerstaat Saudi-Arabien verteidigt und erklärt, dass er dort auch für LGBTI-Rechte eintreten könne (queer.de berichtete). Dieses Interview ist von LGBTI-Aktivist*innen scharf kritisiert worden. Der Fußballstar wird beschuldigt, dass er mit dem Wechsel all seine positiven Aktivismus für queere Rechte zunichte mache. In England hatte sich der 33-jährige Mittelfeldspieler mehrfach für LGBTI engagiert und etwa Kapitänsarmbinde oder Schnürsenkel in Regenbogenfarben getragen.
Die nichtbinäre Person Joe White, die in den queeren englischen Fangruppe "Pride in Football" und "Three Lions Pride" eine führende Position inne hat, erklärte etwa gegenüber der Nachrichtenagentur PA, dass der Wechsel Hendersons sogar schädlich für queere Menschen sein könnte, wenn er sich dazu in Saudi-Arabien nicht öffentlich äußere. "Wir haben das [bei der letzten WM] in Katar gesehen. Es ist schön, wenn man sagt, dass man solche Dinge unterstützt, aber in Wirklichkeit gab es dort keine Aktionen. Nichts hat sich verändert. Die Negativität wurde sogar noch verstärkt", so White. Dem Sender "Sky Sports" sagte White, dass Henderson in dem Interview Ignoranz über die Lage von LGBTI vortäusche, obwohl er sich hätte informieren können.
In einem älteren "Sky Sports"-Interview hatte White bereits betont, dass Henderson für ein Land spiele, "das unsere Existenz kriminalisiert". Das zeige eindrücklich, dass seine warmen Worte für die LGBTI-Community zuvor nur ein "PR-Gag" gewesen seien.
Auch Kop Outs!, die queere Fangruppe des FC Liverpool, kritisierte das Interview des ehemaligen Starspielers ihres Teams scharf. Der Fußballer helfe dem Verfolgerstaat Saudi-Arabien mit "Sportswashing", also damit, das eigene Ansehen durch sportliche Veranstaltungen zu verbessern. Das Interview mit dem "Atlantic" diene eher dazu, seine eigene "Marke" wieder aufzubauen. "Entschuldigung, das reicht einfach nicht aus", so Kop Outs! an Henderson. "Taten sprechen lauter als Worte."
Twitter / LFC_LGBTNo acceptance by Henderson of his role in sportswashing, trying to disguise the disgusting Saudi human rights record. This sounds more like an attempt to rebuild his "brand", sorry isn't good enough @JHenderson, actions speak louder than words. https://t.co/JGOI5fY55f
Kop Outs! (@LFC_LGBT) September 5, 2023
|
Henderson war im Juli nach zwölf Jahren beim FC Liverpool für eine angebliche Ablösesumme 18 Millionen Euro zum im saudi-arabischen Dammam angesiedelten Fußballclub al-Ettifaq gewechselt. Dort soll er 800.000 Euro pro Woche verdienen, was Henderson im "Atlantic"-Interview allerdings als "nicht wahr" zurückwies.
Saudi-arabische Clubs kauften zuletzt auch andere Fußballstars, darunter den portugiesischen Europameister Cristiano Ronaldo und den brasilianischen Olympiasieger Neymar (queer.de berichtete). Auch von der FIFA erhält der Verfolgerstaat Unterstützung: Der Weltfußballverband vergab Anfang des Jahres die für Dezember anberaumte Club-WM nach Saudi-Arabien (queer.de berichtete). (dk)
