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Folge 37 von 53

Schwule Symbole im Film: Mäuse, Ratten, Schmetterlinge und Vögel

Diese Folge beschäftigt sich mit kleinen Tieren, wobei die Bandbreite von hässlichen Ratten bis zu wunderschönen Schmetterlingen und Vögeln reicht.


David Bowie mit weißem Schmetterling in "Merry Christmas, Mr. Lawrence" (1983)

Mäuse und Ratten, die in Löcher schlüpfen und in der Gosse leben

Mäuse und Ratten lösen oft instinktive Furcht- und Fluchtreaktionen aus. Zum einen hat dies mit einer bedrohlich-phallischen Symbolik zu tun. Die Grundlage dafür ist, dass die Maus, die in ihr Loch schlüpft, traditionell mit Vaginalverkehr assoziiert wird. Zum anderen sind insbesondere Ratten, aber auch Mäuse als Schädlinge und Überträger von Krankheiten gefürchtet und haben im Mittelalter mit der Pest auch den Tod ins Haus gebracht. Weitere Bedeutungen ergeben sich durch umgangssprachliche Formulierungen wie "Mäuschen spielen" (= Neugierde) und Bezeichnungen wie "Rattenfänger" (= Verführer).

Die Maus, die in ein Loch schlüpft

Im Zusammenhang mit der phallischen Bedeutung von Ratten und Mäusen provozieren mehrere Filme durch schwule Szenen, in denen diese Tiere im Rahmen bizarr anmutender Sexpraktiken anal eingeführt werden. Diese Szenen wurden in neueren Filmen zunehmend deutlicher inszeniert. Die Tiere nur zur sexuellen Stimulation zu verwenden hätte an sich noch keine symbolische Bedeutung, aber ohne das Wissen um die Wirkung dieser Tierarten auf die Psyche wären diese Filmszenen wohl nicht entstanden.

Schon in "Ein Virus kennt keine Moral" (1986) wird im Rahmen einer Telefonberatung das anale Einführen von Meerschweinchen mit ähnlicher Bedeutung erwähnt. In "South Park" (Folge 6/14) demonstriert der schwule Lehrer Mr. Garrison vor seinen Schüler*innen, wie eine Ratte anal eingeführt wird. Ähnliches passiert in "Another Gay Movie" (2006) mit einer Rennmaus. Vorsichtige Andeutungen mit einer Ratte finden sich auch in "Scary Movie 4" (2006). Dieser Film ist Teil einer Reihe, die fast nur aus Anspielungen auf andere Filme besteht. Die Sexszene mit Ratten und Gleitcreme ist eine erkennbare Anspielung auf die einzige Sexszene in "Brokeback Mountain" (2006). In "Brüno" (2009) sehen die Zuschauer*innen einen Dildo und können sich deswegen auch bestimmt gut vorstellen, wofür die Mäuse in der Schublade verwendet werden sollen. Deutlicher ist wiederum eine Szene in Gaël Morels "Unser Paradies" (2011) inszeniert.


Schulunterreicht in "South Park" (Folge 6/14): Der schwule Lehrer Mr. Garrison zeigt seinen Schüler*innen, wie man eine Ratte anal einführt

Enthemmung, Krankheit und Tod

Nach Ratten wurde sogar ein eigenes Filmgenre benannt: Anknüpfend an die Vorstellung "von ekelerregenden Ratten als Wesen des Verfalls und des Todes […] entstanden eine ganze Reihe von Rattenfilmen […]. Diese Filme [des Tierhorror-Genres] werden manchmal 'ratsploitation' genannt" (Filmlexikon der Uni Kiel). Die Ratte als Überträger gefährlicher Krankheiten und als Todesbringer ist in "Pensionat Oskar" (1995) zu sehen: Der Familienvater Rune Runeberg lässt sich im Urlaub von dem geheimnisvollen Zauberer Petrus verzaubern, der eine Ratte als Haustier auf seiner Schulter sitzen hat. Mit der Entdeckung ihres sexuellen Verhältnisses droht Runeberg die Zerstörung seines bürgerlichen Lebens. Als Inbegriff des sozialen Todes träumt er von toten Menschen und Ratten.

Einige Jahre später bestimmt eine weiße Laborratte mit unheimlich roten Augen François Ozons schwarze Komödie "Sitcom" (1998): Nach und nach infiziert sie mit ihren Bissen eine ganze Familie, die dadurch ihre sexuellen Hemmungen fallen lässt. Der Vater verwandelt sich in eine lebensgroße Ratte und wird erstochen. Der schwule Nicolas wird nun nicht nur vom gutaussehenden Abdu, sondern auch von seiner eigenen Mutter sexuell begehrt. Die Schlussszene zeigt die Beerdigung des Vaters, auf der Nicolas mit seinem Partner Abdu erscheint, während auf der Grabplatte eine weiße Ratte herumläuft.


Eine Laborratte bringt den Tod in François Ozons schwarzer Komödie "Sitcom" (1998)

HIV und Aids

Wegen ihres Bezugs zur Pest werden Ratten und Mäuse auch mit dem HI-Virus in Verbindung gebracht, auch wenn sich diese beiden Krankheiten in vieler Hinsicht, wie zum Beispiel in den Präventionsmöglichkeiten, stark unterscheiden. In dem Aids-Drama "Test" (2013) kämpft ein Schwuler gegen die Gefahr durch Aids und daneben auch gegen Mäuse in seiner Wohnung an. Der HI-Virus ist wie die Mäuse in seiner Wohnung nicht totzukriegen. Gegen Aids verwendet er später Kondome, eine Maus sperrt er in einen Käfig und schützt sich so vor den ihn umgebenden Gefahren. Einen eher indirekten Bezug zu Aids hatte einige Jahre zuvor der Horror-Thriller "Scab" (2005): Nach einer analen Vergewaltigung ohne Kondom verwandelt sich Ajay in einen Vampir, der Ratten in einen Mixer steckt und ihr Blut trinkt.

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Pornos – Ratten verweisen auf die soziale Situation


"Hood rats", die auf der Straße leben

Mit der diffamierenden, weil entmenschlichenden Bezeichnung "hood rats" sind obdachlose Menschen in einem Stadtviertel der unteren sozialen Schicht gemeint, so auch in einem gleichnamigen Porno. Eine Verbindung zu den Nagetieren wird auch darin gesehen, dass sie ihrer sozialen Situation so wenig entkommen können wie Ratten einer Falle (Urbandictionary: "Trapped in the hood like a rat in the maze"). Mit der Bezeichnung "gym rats" im Porno "Gym Rat Jackoff" sind Männer gemeint, die Fitness-Studios nur zum Zweck sexueller Aufrisse aufsuchen (Urbandictionary).

Im Schwulenporno "Horny Water Rats" kann die Bezeichnung "water rat" mit Prostitution assoziiert werden (Urbandictionary: "Derogatory Australian slang for a ship's prostitute"), während der Titel des in Deutschland produzierten Pornos "Water Rats" (aka "Wasserratten") des Labels "Wurstfilm" vermutlich nur die Bedeutung von Menschen hat, die sich gerne im Wasser aufhalten. Mit der Bezeichnung "Mausefalle" lässt sich – ganz ohne Symbolik – auch auf einvernehmliche SM-Rollenspiele verweisen ("Bound Gods. Mousetraps and motor cycles"). Ein Pornolabel heißt "Black Rat".


Schmetterlinge – Liebe, Lust und Leichtigkeit

Der zarte, sensible Schmetterling ist ein erotisches Symbol der Unschuld und Unberührtheit, indem er farbenprächtig die Schönheit der entfalteten Seele darstellt. Verliebte Menschen drücken ihre Gefühle mit der Metapher "Schmetterlinge im Bauch" aus. Wegen der Befreiung aus einem Kokon und der Verwandlung von einer unansehnlichen Raupe in einen schönen Schmetterling können diese Tiere auch eine vom Körper befreite Seele, eine seelische Wandlungsfähigkeit und in einigen Fällen auch Trans*-Identität symbolisieren. Wegen seiner kurzen Lebensspanne ist der Schmetterling auch ein Sinnbild des flüchtigen Lebens und der Vergänglichkeit.

Leichtigkeit, Schönheit und Zärtlichkeit

Bei Schmetterlingen in schwulen Film-Kontexten geht es vor allem um das Zarte und Gefühlvolle, das als feminin wahrgenommen und stereotyp mit Schwulen assoziiert wird. Für den Filmhistoriker Vito Russo ("Die schwule Traumfabrik" (1990). S. 37) ist der feminine Kostümbildner in "The Broadway Melody" (1929, auch Teil der Dokumentation "The Celluloid Closet", 1995, 8:25 Min., hier online) eine "Tunte, die mit stets erhobenen Händen wie ein Schmetterling herumschwirrt". In der deutschen Sex-Klamotte "Engelchen macht weiter. Hoppe, hoppe Reiter" (1969) gibt es einen Film im Film mit einem Schmetterlingssammler, der mehr Interesse an Schmetterlingen als an einer schönen nackten Frau hat und vermutlich als schwule Filmfigur konzipiert ist.


Leichtigkeit und Schönheit in "Pink Narcissus" (1971) und "Mr. Carefree Butterfly" (2017)

Homo­erotische Träumereien mit Schmetterlingen sind in "Pink Narcissus" (1971) eingebettet in eine Überdosis an Rosa und kitschigem Plüsch. Ähnliche homo­erotische Träumereien mit animierten Schmetterlingen sind rund 40 Jahre später in "Howl" (2010) zu sehen. Es sind mit Schwulsein assoziierte Formen von Träumen, Schönheit und Leichtigkeit, die durch Schmetterlinge zum Ausdruck gebracht werden. Bei "Mr. Carefree Butterfly" (= "Mr. Sorgenfrei, Schmetterling", 2017) wird darauf verwiesen, wie sehr der Protagonist die Leichtigkeit und die Freiheit des Lebens genießt. Die stereotype Gleichsetzung von Schmetterlingen mit Schwulen wird indirekt bestätigt, wenn in "Russian Tunnel" (2008, 10:30 Min., hier online) ein schwules Paar als "a couple of butterflies" verhöhnt und gedemütigt wird.

Schmetterlinge im Bauch – verliebt sein


Gabriel ist verliebt in "Jitters. Schmetterlinge im Bauch" (2010)

Die Frage in "Plutôt d'accord" (2004) "Are you a butterfly in love?" ist ebenso wie die in "Holiday Camp" (2010) nach Schmetterlingen im Bauch eine Frage nach dem schönen Gefühl, verliebt zu sein. "Jitters. Schmetterlinge im Bauch" (2010) handelt von dem Jugendlichen Gabriel im Coming-out, seinen Gefühlen für Markus und seinem Freundeskreis. In "Ein Kuss" (2016) kommen in einer visualisierten Phantasie-Vorstellung Schmetterlinge aus der Wohnung des schwulen Lorenzo, der kurz danach auch in einem Hemd mit Schmetterlings-Motiven zu sehen ist, die offenbar seine Liebesgefühle zum Ausdruck bringen sollen.

Sex

Das eher unschuldig anmutende Schmetterlings-Motiv kann auch mit Sex assoziiert werden. Im Film "Sweat" (2008) fallen die kleinen Schmetterlinge eigentlich erst durch das mit Weichzeichner gestaltete Filmplakat auf. Der junge Simon lernt in einer schwulen Sauna einen Mann mit Schmetterlings-Tattoo kennen. Die gleichermaßen zarte und zaghafte Begegnung in der Sauna und die Flüchtigkeit ihrer Begegnung sind mögliche Schmetterlings-Bezüge. Aus demselben Jahr stammt der Film "El reloj" (2008) mit einer homo­erotischen Spannung zwischen zwei Männern. Neben dem Bad gerät ein aufgespießter und eingerahmter blauer Schmetterling mehrfach ins Blickfeld, der symbolisch gut für die Einengung des schwulen Protagonisten durch die Familie stehen kann.


Blaue Schmetterlinge im Weichzeichner: die Werbung für "Sweat" (2008)

In "Down the river" (2004) wird der Sinn der Äußerung "Butterflies – looking for their flowers. Would they ever remember which flowers they've made love to? " durch eine darauffolgende Sexszene in einem Darkroom deutlich. Promiske schwule Männer werden so metaphorisch zu unsteten Schmetterlingen, die "von Blume zu Blume" bzw. von "Blüte zu Blüte" fliegen.

Wandlung zum Schönen

Als Symbol für Schönheit dient häufig der Schwan, der aber nur bedingt dazu geeignet ist, um eine Wandlung zum Schönen darzustellen. Eine bekannte Ausnahme davon ist Hans Christian Andersens Märchen "Das hässliche Entlein", dass sich leicht als Verarbeitung des sexuellen "Andersseins" des Autors deuten lässt. Obwohl sich die Form der Behandlung von Ente und Schwan in diesem Märchen als Coming-out-Parallele geradezu aufdrängt, wurden keine Filmbeispiele dazu gefunden.

Für eine Wandlung zum Schönen wird in Filmen häufig auf die hässliche Raupe verwiesen, aus der ein schöner Schmetterling entsteht. Die Äußerung "Eines Tages wird aus dir ein Schmetterling" in "Der Club der gebrochenen Herzen" (2000) ist ein Beispiel dafür, wie der Schmetterling die Metamorphose zum Schönen im Sinne einer positiven Selbstfindung verkörpern kann. Ted aus der US-Serie "Queer als Folk" (Folge 5/5) hat mit einer Schönheitsoperation nachgeholfen, ist aber frustriert: "Ich bin eine Raupe, die nie zu einem Schmetterling wird." Hier bietet sich auch ein Hinweis auf den lesbischen Film "Kokon" (2020) an: Thema des Films ist die große Unsicherheit, die bei der 14-jährigen Nora die Verwandlung ihres Körpers in den einer jungen Frau und ihre homo­sexuellen Gefühle auslösen. Schon der Titel weist hier metaphorisch auf die Wandlung hin.

Transformation und Trans­geschlechtlich­keit

Die Schmetterlingsart des sogenannten "Totenkopfschwärmers" ist nicht zuletzt als Plakatmotiv des Films "Das Schweigen der Lämmer" (1991) bekannt geworden. Wegen der namengebenden totenkopfähnlichen Zeichnung auf seinem Thorax galt dieser Schmetterling – obendrein als Nachtfalter mit Dunkelheit assoziiert – lange Zeit als unheilbringend und wird auch in diesem Film als Sinnbild für "das Böse" verwendet (Wikipedia). Der Schmetterling findet seine Parallele im Film in dem introvertierten Schmetterlingsfreund Jame Gumb, der sich für trans hält und Frauen ermordet, um sich aus ihrer Haut ein Kleid zu nähen, das er später tragen möchte. Auf diese Weise möchte er sich als trans­geschlechtliche Person – wie eine Raupe aus ihrem Kokon – befreien, verwandeln und verschönern. Wegen dieser Art der Darstellung eines trans­geschlechtlichen Mörders wurde der Film massiv kritisiert.

Einige Jahre später findet sich eine ähnliche Symbolik in der "Tatort"-Folge "Liebe, Sex, Tod" (Folge 356, 1997). Lukas Homann empfindet sich als Frau und übernimmt deshalb zum Teil den Namen und die soziale Rolle seiner verstorbenen Schwester Judith. Als Judith Homann arbeitet sie in einem Supermarkt und unter dem Pseudonym "Cocoon" in einem Sexclub, um sich Geld für eine Geschlechts­angleichung zu verdienen. Nicht nur der Name "Cocoon", sondern auch eine bereits mumifizierte Leiche und Schmetterlingsmotive auf Homanns Morgenmantel weisen auf Schmetterlinge und indirekt auf die beabsichtigte Transition hin. Eine Parallelmontage bei einem Besuch in Homanns Haus ist offenbar eine Referenz auf eine vergleichbare Szene in "Das Schweigen der Lämmer" (1991).

Geist, Seele und Tod

Auch Schmetterlinge anderer Spezies können für den Tod stehen. In "Merry Christmas, Mr. Lawrence" (1983) verkörpert David Bowie den schwulen britischen Soldaten Jack Cellier, der in japanischer Kriegsgefangenschaft bis zum Hals eingegraben wird, um ihn so langsam sterben zu lassen. Als sich ein weißer Schmetterling – Sinnbild für den Geist eines Toten – auf seinen Kopf setzt, soll dies für die Zuschauenden verdeutlichen, dass Cellier in diesem Moment gestorben ist.

Pornos zum Thema

In Schwulenpornos sind Schmetterlinge ein seltenes Motiv. In Fred Halsteds Porno "LA Plays Itself" (1972) werden zuerst Schmetterlinge in der freien Natur gezeigt, danach Zeitungsmeldungen über Morde und dann Schmetterlinge, die aufgespießt in Setzkästen präsentiert werden.

Der Porno "The Silence of the Twinks" greift als Parodie auf "Das Schweigen der Lämmer" (1991) den oben angeführten Totenkopfschwärmer auf. Ein dunkelhäutiger Pornodarsteller nennt sich "Black Butterfly".


Der Blockbuster "Das Schweigen der Lämmer" (1991) und die Porno-Parodie "The Silence of the Twinks" – beide mit dem Motiv des "Totenkopfschwärmers"


Vögel – schwule Turteltauben und schrille Vögel

Freie Vögel symbolisieren Gedanken, Phantasien und Ideen, die ihrem Wesen nach Freiheit benötigen. Der im Käfig eingesperrte Vogel ist ein häufig verwendetes Symbol der körperlichen und geistigen Einschränkung. Die Federn bestimmter Vögel sind für indigene Bevölkerungsgruppen Amerikas nicht nur Schmuck, sondern auch Symbol für Macht und Stärke. Das umgangssprachliche Wort "vögeln" bietet einen direkten sexuellen Bezug und der Traum vom Fliegen wird zum Teil als das Verlangen gedeutet, zum Geschlechtsverkehr fähig zu sein (Jean Boullet: "Erotische Symbole", 1967).

Vögel in Freiheit

Der Film "Nighthawks" (1978) handelt vom schwulen Nachtleben und sein Titel weckt männlich konnotierte Assoziationen mit wildem Nachtleben und einem in Freiheit lebenden und jagenden Falken. Den Titel lässt sich nur unzureichend mit "Nachtschwärmer" übersetzen, weil über den Vogel auch Assoziationen mit "wild", "geheimnisvoll", "dunkel" und "gefährlich" geweckt werden.

Der Titel des Films "Firebird" (2021), in dem sich auf einem sowjetischen Luftwaffenstützpunkt ein Soldat und ein Kampfpilot ineinander verlieben, bezieht sich in einer zentralen Stelle des Films auf Strawinskys Ballett "Feuervogel", das wiederum auf zwei russischen Volksmärchen basiert. Es lässt sich jedoch auch auf die berufliche Position und das Verhältnis der beiden Männer übertragen.

Weniger deutlich sind Szenen mit Vögeln am Himmel, die als Inbegriff sexueller Freiheiten verstanden werden können, wie in "Almas perdidas" (2008), "Jonathan – Die Passion" (2008), "Prora" (2012, 7:25, 20:54 Min., hier online), "Ronny & I" (2013, 7:15 Min., hier online) und "Arrival" (2016). In "Alter Ego" ("Tatort", Folge 844, 2012) erzählt der Vater eines Schwulen etwas über die Akzeptanz von Homosexualität und lässt danach eine Taube fliegen.

Manchmal sind Vögel am Himmel auch der Inbegriff von Hoffnung, wie im Liedtext "Ein kleiner Vogel erwartet mich am Horizont" in "Dienstfrei" (1990) und die trillernden Rotkehlchen als Symbol des Frühlings und der Hoffnung in "Breakfast on Pluto" (2005).

Der Titel des Films "Firebird" (2021), in dem sich auf einem sowjetischen Luftwaffenstützpunkt ein Soldat und ein Kampfpilot ineinander verlieben, bezieht sich an einer zentralen Stelle auf Igor Strawinskys Ballett "Feuervogel", das wiederum auf zwei russischen Volksmärchen basiert. Es lässt sich jedoch auch auf die berufliche Position und das Verhältnis der beiden Männer übertragen.

Wellensittiche

Wellensittiche stehen in einem besonderen Maße für tief empfundene Einsamkeit und für den Wunsch nach einem treuen Partner. Es gibt zwei schwule Filme, die sich ausführlich mit Wellensittichen beschäftigen. In "Lucky Blue" (2007) lernt der schüchterne Olle den gleichaltrigen Kevin und seinen Wellensittich "Lucky Blue" kennen und verliebt sich in Kevin. Lucky Blue fliegt zuerst weg, kehrt später aber wieder zurück. Der Filmtitel "Lovebirds" (2008, hier in zehn Teilen online) bezieht sich auf das verliebte Männerpaar Alexis und Mario, die in ähnlicher Form wie ihre beiden Wellensittiche unter ständiger Beobachtung stehen. Erst beim Happy End werden sie von den Eltern, wie auch die Vögel, in die Freiheit entlassen.


Über die Freiheit des nächtlichen Jagens: "Nighthawks" (1978) und zwei Turteltauben und ihre Wellensittiche in "Lovebirds" (2008)

Vögel in einem Käfig

Ein anderes Bild von Vögeln bietet die erfolgreiche Trilogie "Ein Käfig voller Narren" (1978-1985). Hier sehen sich Heterosexuelle schrill-bunte schwule Travestiestars an, als wären sie Tiere in einem Zoo. Der Filmtitel des US-Remakes "The Birdcage. Ein Paradies für schrille Vögel" (1996) mit Robin Williams macht noch deutlicher, dass die Freiheit dieser bunten Tunten auf einen kleinen Mikrokosmos begrenzt ist.


Bunte Paradiesvögel in "Ein Käfig voller Narren" (1978-1985) und im Remake "The Birdcage. Ein Paradies für schrille Vögel" (1996)

Wie eingesperrte Vögel symbolisch die Einschränkungen menschlicher Freiheiten widerspiegeln, wird auch im Animationsfilm "Dear Dad, Love Maria" (2009) deutlich. Die trans Person Maria will als Vogel wegfliegen, wird jedoch vom Vater zunächst daran gehindert und kann erst in der Schlussszene als Vogel Richtung Freiheit fliegen.

Warum der kleine Junge in "From Beginning to End" (2009) beim Anblick von zwei frei fliegenden Vögeln Angst hat, in einen Käfig gesperrt zu werden, wird erst später deutlich: Er hat ein sexuelles Verhältnis mit seinem Bruder und es geht um die Frage, ob sie beide dafür ins Gefängnis und damit hinter Gitter kommen können. Bei den beiden Vögeln handelt es sich vermutlich um Wellensittiche, die in den sich ergänzenden Komplementärfarben Gelb und Blau dargestellt sind.

Pinke Flamingos

"Pink Flamingos" (1972) ist ein Kultfilm des schwulen Regisseurs John Waters, der mit diesem Film die extravagante Dragqueen Divine zum Underground-Star machte. In diesem Film – der einzelne lesbische und Trans-Szenen enthält – lebt Divine in einem Wohnmobil, vor dem pinke Gartenflamingos stehen.

Zwei schwule Kurzfilme lassen sich als Referenz auf diesen Film sehen. Zum einen "Gaydar" (2002, hier online), in dem zwei pinke Flamingos vor dem Haus des schwulen Randy stehen, und zum anderen der schwulenpolitische Animationsfilm "Flamingo Pride" (2011, hier online), in dem pinke Flamingos als schwul, Enten und Störche dagegen als heterosexuell dargestellt werden. Die Farbe Pink hat als schwulenpolitische Signalfarbe in den USA eine ähnliche Bedeutung wie Rosa in Deutschland.


Eine schwule Fabel: pinke Flamingos auf dem "Flamingo Pride" (2011)

Paradiesvögel und Turteltauben

Als "Paradiesvögel" werden nach Wikipedia umgangssprachlich Personen bezeichnet, die "nicht in konventionelle Schemen passen, auffallen, einen grellen Auftritt oder Lebensstil pflegen". Typische schwule Paradiesvögel findet man im bereits erwähnten Film "Ein Käfig voller Narren" (1978-1985) und auch die Trans*Personen in "Priscilla" werden als "Paradiesvögel" ("Out im Kino", 2003. S. 287) bezeichnet. In der Serie "Samt und Seide" bezieht sich der Titel der Folge "Paradiesvogel" (Folge 3/17, 2003, hier online) auf einen schwulen extrovertierten Mann, der allerdings gar nicht so auffallend ist, wie man es vom Titel her annehmen könnte.

In der Dokumentation "The Celluloid Closet" (1995, nur im Bonusmaterial) weist der Drehbuchautor Arthur Laurents darauf hin, dass es früher in New York mit dem "Bird Circuit" eine Ansammlung von Schwulenbars gab, deren Namen sich auf Vogelnamen bezogen und deren Zusammenhang mit dem schwulen Leben sich recht einfach erklären lässt. Bei "The Blue Parrot", "The Green Cockatoo" und "The Golden Pheasant" ging es vermutlich um Exotik und buntes Auffallen im Sinne von "Paradiesvögel", bei "The Golden Cockerel" um das Phallus-Symbol und bei "The Swan" möglicherweise um eine Referenz zu Hans Christian Andersens Märchen "Das hässliche Entlein", dessen Titelfigur eigentlich ein schöner Schwan ist.

Den Begriff "Turteltauben" gibt es seit dem 17. Jahrhundert als Bezeichnung für Verliebte. In "Kaputt" ("Tatort", Folge 1098, 2019) werden zwei schwule Polizisten, die ein Liebespaar sind, als "Turteltäubchen" diskreditiert, womit ihr Vorgesetzter seine Befürchtung eines auffälligen und für die Polizei schädlichen Verhaltens zum Ausdruck bringt.

Menschen in einem Käfig und die Ehe als Käfig

Das surrealistische Bild in Derek Jarmans "Wittgenstein" (1993), das den gleichnamigen Philosophen mit einem Vogel gemeinsam in einem Käfig zeigt, ist mehrdeutig. Es kann sich sowohl auf die illegale Liebe zu Johnny als auch auf die im eigenen Körper gefangene Seele beziehen.

Die Einschränkungen durch einen Käfig lassen sich mit denen einer Ehe vergleichen: "Ich finde nicht, dass wir zusammenleben, wir bewohnen nur denselben Käfig", sagt Maggie Pollitt (D: Elizabeth Taylor) in "Die Katze auf dem heißen Blechdach" (1958) zu ihrem (schwulen) Ehemann. Vergleichbar sind auch der Vogel in einem Käfig im Kontext der Ehe eines Schwulen in "Lilies" (1996) und der Tanzkäfig in einer Schwulendisco in der Folge "Im Pärchen-Koma" aus der Sitcom-Serie "How I Met Your Mother" (Folge 2/10, 2006).


Herumphilosophieren über einen Käfig im Käfig in "Wittgenstein" (1993)

Schwule Ornithologen

Mindestens in zwei Filmen mit schwulem Inhalt treten Ornithologen (Vogelkundler) auf. Zum einen im Film "Swoon" (1992), der die Geschichte der (realen) Mörder Nathan Leopold und Richard Loeb erzählt, wobei Leopold im wirklichen Leben ein Ornithologe war. In diesem Film wird ein Vogel aus der Unterhose geholt und bekommt dadurch auch eine phallisch-symbolische Bedeutung. Zum anderen meine ich Fernando, der in "Der Ornithologe" (2017, 1:10 Min., hier Trailer online) in Portugal auf der Suche nach seltenen Vögeln ist. Unterwegs lernt er sehr unterschiedliche Menschen kennen, wie betrunkene Schamanen und Lesben, die ihn kastrieren wollen. Er lässt sich auf Sex mit einem stummen Ziegenhirten ein und versucht später erfolglos, seinen Lebenspartner Sérgio anzurufen. Queer.de riet in einer Rezension: "Vor dem Kinobesuch informieren – oder kiffen."

"Vögeln" und weitere Bedeutungen

In der deutschen Sexkomödie "Die liebestollen Apothekerstöchter" (1972) verabreden sich zwei Schwule zum Sex: "Auf ins Gebüsch, zu den Vögeln." Es ist selten, dass ein assoziierter Zusammenhang mit dem umgangssprachlichen Ausdruck "vögeln" im Sinne von Sex so deutlich ausfällt.

Zu den weiteren symbolischen Bedeutungsebenen, die sich aus den Filmen nicht direkt erschließen, gehören die Fasanenfedern aus einem Rabennest in "You are not alone" (1978) und die Erinnerung an eine Vogelfeder in "Time to shine, Mr Walter" (2011, 2:55-4:10 Min., hier online).

Schwarze Vögel verweisen auf den Tod

Der schwarze Rabe galt schon in der germanischen Mythologie als Symbol für den Tod und ist es bis heute geblieben. "Er sah gern hübsche Knaben [...], da holten ihn die Raben" wird über einen ermordeten Schwulen in "Sieben Tage Frist" (1969, 46:55 Min., hier online) gedichtet. In seiner Bedeutung als Todessymbol ist der Rabe in verschiedenen Filmen wie "It's Consuming Me" (2012, 0:14 Min., hier online) und "Oben ist es still" (2013) zu sehen. In "Papa, Papi, Kind" (2016, 6:15 Min., hier online) sind schwarze Vögel in Verbindung mit der Ermordung von Schwulen in der NS-Zeit zu sehen. In der "Tatort"-Folge 1117 (2020) ist in Verbindung mit der Leiche des 17-jährigen schwulen Schülers Jan Sattler ein schwarzer Vogel zu sehen, der vermutlich ebenfalls ein Rabe ist.

Der Anglist Jody Skinner verwies in seiner Arbeit "Bezeichnungen für das Homo­sexuelle im Deutschen" (1999, 2. Bd., S. 268) darauf, dass "Rabe" auch die Bedeutung hat von "Homo­sexueller, der sein Opfer bestiehlt", wozu jedoch keine filmischen Beispiele gefunden wurden.


Der schwarze Vogel bringt den Tod wie in "It's Consuming Me" (2012)

Es ist eine "rabenschwarze" Geschichte ("Out im Kino", 2003, S. 104), die in dem Film "Eh' die Fledermaus ihren Flug beendet" (1989) aus Ungarn erzählt wird, denn es geht darin um sexuellen Missbrauch und Mord. Damit wird jedoch noch nicht die "Fledermaus" im Filmtitel erklärt, deren Bedeutung sich auch nicht durch den Film selbst erschließt. (Der deutsche Titel ist dabei eine wortwörtliche Übersetzung des Originaltitels: "Mielött befejezi röptét a denevér"). Zwei Erklärungen bieten sich an: Zum einen kann eine Fledermaus manchmal einen grenzverletzenden Elternteil symbolisieren. Zum anderen sind mit Fledermäusen auch Assoziationen mit Vampiren, also blutsaugenden Nachtgestalten, verknüpft. Ich wollte auf diesen Film hinweisen, auch wenn Fledermäuse eigentlich keine Vögel, sondern Säugetiere sind und mit Vögeln auch nur wenige symbolische Überschneidungen haben.

Pornos – der Specht als Penis

In Titeln von Schwulenpornos wird das englische Wort "pecker" (= Specht) – als Kurzform von "woodpecker" – in seiner umgangssprachlichen Bedeutung von Penis verwendet ("Penis Pecker Prick"; "Red Hot Peckers"; "Woodie and His Pecker"). Pornotitel greifen auch oft auf den "eagle" (= Adler) zurück ("The cockeyed Eagle"), der eine Vielzahl von sexuellen Bedeutungen hat und auch als Metapher für scharfes Sehen (Adler) und gutes Aussehen (Mann) verwendet wird. Ein gespreizter Adler ("spread eagle") verweist deutlich auf das Spreizen der Beine.


Ein Adler als Teil des Logos (oben rechts) des Porno-Labels "Eagle Video" und ein Film des Porno-Labels "Falcon"

Bei Porno-Labels, die sich nach Vögeln benannt haben, dominieren kraftvolle Namen wie "Eagle Video" und "Blackhawk", die "Männlichkeit" und damit sexuelle Potenz signalisieren sollen. Das Label "Falcon" wurde 1971 gegründet und ist bis heute eines der bekanntesten schwulen Porno-Labels. Wie die kleineren Porno-Labels "Pink Bird" und "Dink Flamingo" tragen auch sie die Zeichnungen der entsprechenden Vögel im Logo. In einem späteren Kapitel über griechische Mythologie (Folge 53) wird es auch noch um den Phönix aus der Asche gehen.

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