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Folge 38 von 53

Schwule Symbole im Film: Fische, Hasen und Hunde

Man kann sich "einen Mann angeln" oder ihn auch ein wenig "zappeln lassen". Von Ralf Königs "Wie die Karnickel" bis zu "Lie Down With Dogs" gibt es viele schwule Fabeln zu entdecken.


Ein imaginierter Hase in "Xenia – eine neue griechische Odyssee" aus dem Jahr 2014 (Bild: Pro-Fun Media)

Fische – von Gefangenschaft hinter Glas bis zur Hosenforelle

Wegen seiner starken Vermehrung ist der Fisch in vielen Kulturen ein Fruchtbarkeits- und Phallussymbol. "Wie ein Fisch im Wasser" bringt Wohlbefinden zum Ausdruck. Ohne Wasser stirbt ein Fisch, wodurch nicht nur das Wasser als Lebenselixier, sondern auch der Fisch als sensibles Lebewesen wahrnehmbar ist. Fische in einem Aquarium (ähnlich auch Delfine in einem Delfinarium) dienen der Unterhaltung und können auch ein Abhängigkeitsverhältnis bzw. den Wunsch nach mehr Freiraum symbolisieren. Spannend ist hier auch die chinesische Symbolik: Aal = Penis; Gelber Aal = Homosexueller.

Gefangenschaft und Abhängigkeit

Mehrere Aquarien verweisen in Wieland Specks "Westler" (1985) offenbar auf eine besondere Form von Gefangenschaft, nämlich von den Einschränkungen durch die DDR, die den Schwulen ihres Landes nur wenige Freiheiten bot und die Liebe zweier Männer zwischen Ost- und West-Berlin erschwert. Dass sich die (BRD-)Zuschauer*innen bei diesem Blick in den schwulen DDR-Alltag "in die Rolle eines Zoobesuchers versetzt" fühlten (FAZ, hier zitiert nach Wikipedia), lag vermutlich auch an dem Aquarium, das die Männer in West-Berlin besitzen, um Fische in Gefangenschaft beobachten zu können. Ein zweites Aquarium bildet den Hintergrund einer Szene, in der ein Mann von seiner gelungenen Ausreise aus der DDR erzählt.


Gefangenschaft im Ost-West-Film "Westler"

Delfine sind zwar keine Fische, sondern Säugetiere, aber mit ähnlichen Assoziationen verknüpft. Das lässt sich gut aufzeigen beim Delfin mit dem Namen Zuti, der in "The Fruit Machine" (1988, hier online, 1:23:45 Min) in einem Delfinarium Kunststücke vorführen muss. Der schwule Eddie identifiziert sich mit ihm, weil auch er sich gesellschaftlich "dressiert" vorkommt und den Druck spürt "jemand sein zu müssen, der ich nicht bin". Gemeinsam mit seinem Freund Michael ist er auf der Flucht vor einem Killer, der durch einen Parallelschnitt als Hai dargestellt wird. Zu den homoerotischen Szenen gehört, wie Eddie gemeinsam mit Michael schwimmt und sich in einem Tagtraum selbst in einen Delfin verwandelt. In "Ohne Ausweg" (2008, hier online, 55:10 Min.) wird das Abhängigkeitsverhältnis von Fischen in einem Aquarium beschrieben und dabei deutlich und mehrfach mit dem Leben von Sexsklaven wie dem jungen Waldo parallelisiert, der wie ein Goldfisch gehalten wird, um ihn später an andere Männer zu verkaufen.


Der Traum, ein Delfin zu sein, in "The Fruit Machine" (1988)

Der Kurzfilm "Außerhalb des Aquariums" (2021) ist wohl eine Art positives Pendant dazu. Er schildert die Liebesbeziehung zwischen zwei schwarzen schwulen Männern, die sich frei entfalten können (Rezension und Trailer auf queer.de).

Fische als "temporäre Hermaphroditen"

Auch die intergeschlechtliche Person Alex hat in dem Film "XXY" (2007) ein Aquarium mit Fischen (Clownfischen), die vermutlich durch ihre Gefangenschaft ebenfalls auf persönliche Einschränkung verweisen sollen. Unter der Überschrift "Leitmotiv" wird in Wikipedia auf eine wohl noch wichtigere Parallele zur Filmhandlung hingewiesen: "Clownfische sind temporäre Hermaphroditen: Alle Individuen sind am Anfang männlich und können später weiblich werden. Dieses Beispiel eines hermaphroditischen Organismus in der Natur durchzieht den ganzen Film."

Fische außerhalb des Lebenselixiers Wasser

Im Englischen wird der Begriff "fish out of water comedy film" für Komödien verwendet, deren Komik darin besteht, dass die Hauptperson aus ihrem gewohnten Umfeld genommen wird. Der Begriff "fish-out-of-water" ist auch in der deutschen Filmwissenschaft gebräuchlich (Wikipedia).

Einige Filme thematisieren zwar in schwulen Kontexten das für Fische lebensnotwendige Wasser, aber ohne Bezug zu dieser Komödiengattung, sondern eher in Verbindung mit Leiden und Tod. In "The Everlasting Secret Family" (1988) nimmt ein reicher älterer Geschäftsmann einen jungen Mann mit auf sein Zimmer und gleichzeitig einen Hummer aus dem Aquarium. Der ältere Herr verzehrt sich offenbar nach beiden und beide werden unter ihm leiden. In "Another Gay Sequel" (2008) wird die Frage verneint, ob es je eine Liebe zwischen einem schwulen Mann und einem Meermann geben könne, denn das sei vergleichbar mit "zwei Fische(n) ohne Wasser". Der Titel der Dokumentation "Fish out of Water" (2009) spielt zwar mit dieser Bedeutung, macht aber eher klar, dass Schwule und Lesben gesellschaftliche Akzeptanz so dringend benötigen wie ein Fisch das Wasser.


Über das Wasser als Lebenselixier: "Fish out of Water" (2009)

Sensibilität und Verantwortung

Ein Fisch ist ein sensibles Lebewesen, um das man sich kümmern muss. In "The living end" (1992) hat der Aids-Kranke Luke seinen Fisch nach seinem Ex-Partner Craig benannt. Der Fisch ist dabei so sensibel wie sein eigener Gesundheitszustand. Der Film hat kein Happy End – weder für den Fisch noch für Luke. Der Schuldirektor, der in "Mein Leben in Rosarot" (1997) die Fische in seinem Aquarium füttert, steht im Kontext des Films und seiner beruflichen Situation vermutlich für die Verantwortung gegenüber schutzbedürftigen Lebewesen. In "Eating Out 5" (2011) wird das Schutzbedürfnis junger schwuler Männer im Coming-out angesprochen: "Ein neuer Fisch muss auch erst im Beutel ins Aquarium, damit ihn keiner frisst."


Der Fisch und sein Besitzer sterben: "The Living End"

Als "fishbelly white" (= weißer Fischbauch) wird umgangssprachlich die hellere Farbe der Haut unter der Badebekleidung bzw. Unterwäsche bezeichnet, die noch keine direkte Sonne gesehen hat. Der Titel des Films "Fishbelly White" (1998, hier online, 13:20-16:20 Min.) verweist indirekt auf die sexuelle Zurückhaltung des jugendlichen Protagonisten, bei dem es zu einer homoerotischen Annäherung mit einem anderen Jungen in Unterhosen kommt.


Vorsichtige Annäherung in "Fishbelly White" (1998)

Sich "einen Mann angeln"

In weiteren symbolischen Bedeutungsebenen geht es manchmal um mehrdeutiges Angeln. Mit den beiden homophoben "Aufklärungs"filmen "Boys beware" (1961, 2:35 Min., hier online) und "Boys aware" (1973, 3:18 Min., hier online) sollten Kinder und Jugendliche vor Homosexuellen "geschützt" werden. Ist das Angeln in den beiden Kurzfilmen eine beliebige Form der Freizeitbeschäftigung oder bereits sexuell und mehrdeutig angelegt? Ich kann mir beides vorstellen.

Eindeutiger ist in dieser Hinsicht "Hormone und andere Dämonen" (2003, hier online, ab 3:00 Min.), wo sich der schwule Lukas mit seiner Angel wortwörtlich eine trans* Person "angelt". In "Is it just me?" (2010) hat sich ein Mann einen Mann "geangelt", der von ihm als "echter Fang" bezeichnet wird. Ein Foto, das ihn beim Angeln eines Fisches zeigt, korrespondiert mit dieser Vorstellung.

Weitere Bedeutungen

Eine Dokumentation verdeutlicht ihre Position zu Schwulen und Lesben über den Filmtitel: "Fish can't fly" (2005). Im Kontext des Films macht der Titel deutlich, dass es nicht möglich ist, Schwule und Lesben durch Religion zu "heilen". Der rote Faden der Geschichte von schwulen, lesbischen, bi- und heterosexuellen Menschen in "Goldfish Memory" (2003) bildet die Überzeugung bzw. der moderne Mythos, dass sich Goldfische nur drei Sekunden erinnern können, was auf das Leben der Protagonist*innen übertragen wird.

Pornos mit Fisch-Motiven


"Hosen-Forelle" in "Trouser Trout"

Einige Schwulenpornos wie "Fishing Pole" und "Fly Fishing" zeigen Männer beim Fischen. Im Englischen hat das Verb "to fish" mehrere Bedeutungen und kann – vergleichbar mit der deutschen Formulierung – verschiedene Handlungen und Signale beschreiben, um sich einen Mann zu "angeln". Dass "to fish" im Englischen mit schwulem Sex gleichgesetzt werden kann, soll sich auf eine Filmszene in "Brokeback Mountain" beziehen (s. urban dictionary).

In einer ausgeworfenen Angelrute kann, wie in "Cremes Adventures" und "Fishing", ein Phallus-Symbol gesehen werden. (Früher wurde im Deutschen mit der "Rute" der Penis eines Mannes bezeichnet, heute nur noch der Penis von Tieren.)

In "Trouser Trout" (= Hosen-Forelle) wird über diese umgangssprachliche Bezeichnung für einen Penis der Fisch zu einem Phallus-Symbol.


Hasen – Rammeln wie die Karnickel

Hasen galten bereits in der Antike aufgrund ihrer Vermehrung als Fruchtbarkeitssymbol. Dies zeigt sich auch durch den eierlegenden Osterhasen in Verbindung mit dem Ei als Fruchtbarkeitssymbol. Auch heterosexuelle Begriffe für Frauen wie "Playboy-Bunnies" und "Betthäschen" sind (sexistische) Ausprägungen dieser Vorstellung und kennzeichnen Frauen zudem als "Jagdbeute". In der chinesischen Symbolik wird ein Teil einer homo­sexuellen Verbindung als "Hase" bezeichnet. Als "rabbit" wird in der US-Umgangssprache auch ein Vibrator bezeichnet oder ein Mensch, der viel Sex hat.

"Hase" und "Häschen" als Kosenamen

Es ist leicht als liebevoller Kosename erkennbar, wenn eine ältere Bardame (D: Charlotte von Mahlsdorf) zu Philipp sagt: "Zier dich nicht, Hase" ("Coming Out", 1989). In ähnlicher Form werden die Formulierungen "mein Häschen" in "Hot Dogs auf Ibiza" (1979) und "Hase" in "Latter Days" (2003) verwendet. In "Zorro mit der heißen Klinge" (1981) ist "Bunny Wigglesworth" die Selbstbezeichnung des hier als schwul dargestellten Zorro.

Das rosa Kaninchen

Mit einem rosa Kaninchen wird in verspielter Form ein sexuelles Symbol mit einer schwulen Symbolfarbe kombiniert. Das bekannteste Beispiel ist wohl das rosa Hasenkostüm in "Der Schuh des Manitu" (2001), das im Kino viele zum Lachen gebracht hat. Direkt damit vergleichbar sind das rosa Hasenkostüm in "Zwillinge" (2010, hier online, ab 00:40 Min.) und der rosa Hase auf dem Schreibtisch in "Out Now" (2005). Diese Zuschreibung funktioniert auch als Metapher, wenn von einem Mann gesagt wird, er sei so schwul "wie ein rosa Kaninchen" ("Law & Order: SVU", Folge 14/12, 2013).

Rammeln und Sex

Manchmal werden Bezüge zur lustbetonten schwulen Sexualität hergestellt, ohne dabei noch ausdrücklich an Kaninchen zu denken. Das bekannteste Beispiel dafür ist wohl "Wie die Karnickel" (2002), wo allein schon das "Wie" im Filmtitel zum Ausdruck bringt, dass es gar nicht mehr um die Tiere selbst, sondern um die von ihnen abgeleitete Bedeutung potenter Sexualität geht. Gleiches gilt für die "Wie"-Formulierungen, dass ein Schwuler "rammelt wie die Kaninchen" (US-Serie "Queer as Folk", Folge 3/2) oder "bumst wie ein Karnickel (GB-Serie "Queer as Folk", Folge 5/8). In "The Houseboy" (2007) zahlt ein junger Mann keine Miete, weil er sich seinen Vermietern als "Betthäschen" zur Verfügung stellt und sich um deren Kaninchen kümmert.


Ein rosa Hasen-Kostüm in "Der Schuh des Manitu" (2001)

Die Jagd auf Hasen

Das Jagen und Erschießen von Hasen steht für den Wunsch, sexuell zum Ziel zu gelangen. Das Erlegen von freilaufenden läufigen Hasen ist in "Maurice" (1987) durch einen Parallelschnitt als homo­sexuelle Ersatzhandlung inszeniert. Es ist passend, dass die beiden jungen Männer Nico und Dani in "Krampack" (2000) nicht nur ein sexuelles Verhältnis haben, sondern auch gemeinsam auf Hasenjagd gehen.

Das Fell über die Ohren ziehen

Einem Hasen "das Fell über die Ohren zu ziehen" deutet sprichwörtlich auf Gewalt und die Zufügung eines Schadens hin, was durch das Motiv des Hasen als sexualisiert erscheinen kann. In François Ozons Thriller "Ein kriminelles Paar" (1999) zieht ein Waldbewohner einem gefangenen Hasen das Fell über die Ohren und vergewaltigt anschließend den jungen Luc, den er ebenfalls gefangen hält und der ihm in ähnlicher Form wie der Hase hilflos ausgeliefert ist. Eine ähnliche Szene mit einem Hasen ist auch in "Wir waren ein Mann" (1979) zu sehen, einem Film, der während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Frankreich spielt.

Weitere Bedeutungen


Zwei Schwule und ihre Kaninchen in "Angora Ranch" (2006)

In einigen Filmen wird anhand von Hasen über schwule Sexualität reflektiert. In dem Kurzfilm "Mein schwules Kaninchen" (1999, hier online in franz. OF) geht es u. a. um Prägung, Sauberkeit und Moral. In "Angora Ranch" (2006, hier online) – abgeleitet von den Angora-Kaninchen – werden die Geschichten der beiden Männer Benny und Jack eng mit denen ihrer Kaninchen verbunden und nicht nur sie, sondern auch die Kaninchen verheiratet. In "Xenia – eine neue griechische Odyssee" (2014, hier Trailer) hat der schwule Dany ein weißes Kaninchen, imaginiert sich jedoch auch eines. Auf eine erfrischend neue Weise werden damit seine Phantasien – wie bei einer schwulen Variante von "Alice im Wunderland" – der von ihm erlebten Homophobie entgegengestellt.

Pornos

In Pornofilmen sind Hinweise im Titel auf läufige Hasen ("Horny Rabbit") und sonstige Rammler ("Rummel-Rammler"; "Outdoor-Rammler") eher selten.
Ein schwarzer Pornodarsteller nennt sich "Snow Bunni", wohl angelehnt an "Snow Bunnie" als eine umgangssprachliche Bezeichnung für Weiße, die Sex nur mit Schwarzen haben.


"Horny Rabbit" und "Rummel-Rammler"


Hunde – loyal und unterwürfig

Der Hund steht für Treue und Loyalität, die bis zur Unterwürfigkeit reichen kann. Soldatische Erkennungsmarken werden umgangssprachlich als "Hundemarken" bzw. "dog tags" bezeichnet. Über den Hund werden auch elende Zustände ("Hundeleben") und Geringschätzung bzw. Verachtung ("feiger Hund") gekennzeichnet. Die sogenannte "Hündchenstellung" bzw. "doggy style", bei der der passive Sexpartner auf allen Vieren kniet, trägt diesen Namen, weil sie jener Begattungsstellung bei Hunden ähnelt. Einen Hund zu spielen ist ein typisches sexuelles Rollenspiel-Szenarium.

Treue, Loyalität, Bürgerlichkeit

Als Symbol der Loyalität ist der Hund in "Wir waren ein Mann" (1979) zu sehen, wo zwei Männer einen fremden Hund finden, der danach bei ihnen bleibt. In "Brille mit Goldrand" (1987) freundet sich im faschistischen Italien ein jüdischer, gesellschaftlich ausgegrenzter Arzt mit einem Hund an, der später anderen Herren dient. In "Beginners" (2010) wird mit dem Motiv eines Hundes nicht nur geworben, sondern es wird später darauf verwiesen, dass er sein verstorbenes schwules Herrchen vermisst.

Hunde können so eingesetzt werden, dass ihre Besitzer dadurch besonders bürgerlich wirken, wie in "Resurrection" (2015) und bei dem schwulen Paar Greg Corbin und Terry Bates in der Zeichentrickserie "American Dad" (seit 2005). Sie haben auch ein Kind, das Francine für sie ausgetragen hat. In "First Birthday" (2011, hier online, 2:30 Min.) wird von einem Hund eines schwulen Paares so auf ein schreiendes Baby übergeleitet, dass der Hund wie ein Baby-Ersatz wirkt.


Greg, Terry und ihr Hund in der Zeichentrickserie "American Dad"

Auch in der Arte-Kompilation "Die Hunde im Film" (hier online) wird der Hund als Symbol für Treue (00:40 Min.) und "Familienglück" (3:30 Min.) bezeichnet, wofür ich den Ausdruck "Bürgerlichkeit" passender finde. Die Einschätzung, dass Dorothy (D: Judy Garland) in "Der Zauberer von Oz" ihr berühmtes Lied "Somewhere over the Rainbow" für ihren Hund Toto singe (9:25 Min.), halte ich für oberflächlich.

Dog tags

Soldatische Erkennungsmarken werden Hundemarken bzw. "dog tags" genannt, weil sie den bei Hunden üblichen Erkennungsmarken stark ähneln und/oder weil sie eine besondere Loyalität zur Armee ausdrücken. In schwulen Filmen sind sie als Ausdruck soldatischer "Männlichkeit" inszeniert und werden besonders fokussiert, wie in "Homophobia" (2012, hier online, 2:40 Min.) und "Triple Crossed" (2013). In einigen Filmen ist das Wort "dog tag" bzw. das entsprechende Bildmotiv bei der Anwerbung von zentraler Bedeutung, wie in "Dog Tags" (2008), "Shmor alai" (2010) und "The Strange History of Don't Ask, Don't Tell" (2011). In "Die jungen Wilden" (2008, hier online, 7:20 Min.) ist das "dog tag" als Symbol für "Wildheit" konträr zum Motiv des Ringes (= Bürgerlichkeit) inszeniert, das der Sexpartner in ähnlicher Form an einer Halskette trägt.

Geringschätzung und Verachtung

Ein sehr bekanntes Beispiel, bei dem über die Bezeichnung als "Hund" Verachtung ausgedrückt wird, bietet James Bond (D: Sean Connery) in "Diamantenfieber" (1971, hier Auszug, 3:05 Min.): Kurz nachdem er einen schwulen Agenten mit einer Bombe zwischen seinen Beinen getötet hat, betont er: "Den Hund hat's mit eingeklemmtem Schwanz zerrissen." In einem ähnlichen Zusammenhang steht auch die Äußerung von Werner Teichmann in "Anders als du und ich" (1957), dass sein Sohn Klaus Teichmann "nicht vor die Hunde gehen" darf. Sie ist Ausdruck seiner Angst, dass sein Sohn ein schwules Leben führen könnte. In diesen Kontext gehört auch der Hinweis vom Filmlexikon "Out im Kino" (2003. S. 158) bei dem Spielfilm "Head On" (1997) auf den Monolog von Alex aus dem Off: "Ich bin eine Hure, ein Hund, eine Fotze. Ich gleite in die Gosse"


"Dog tags" (2008) und "Diamantenfieber" (1971)

Hunde als Teil des Filmtitels

Es gibt zwar mehrere Filme, die das Motiv des Hundes anspielungsreich schon im Titel verwenden, wobei es sich aber meistens nur um Redensarten handelt, die mit der homo­sexuellen Handlungsebene nur wenig zu tun haben, wie bei dem homo­erotischen Buddy-Film "Die Letzten beißen die Hunde" (1974. OT: "Thunderbolt and Lightfoot") mit Clint Eastwood. Al Pacinos "Hundstage" (OF: "Dog Day Afternoon", 1975) verweist im Titel auf die unerträglich heißen Tage im Sommer. Er handelt von zwei Männern, die eine Bank überfallen und von denen einer schwul ist. Robert Altmans "Windhunde" (1983. Originaltitel "Streamers") handelt von (zum Teil schwulen) Soldaten, die nach Vietnam verschifft werden sollen. Was sich der deutsche Verleih bei diesem Titel gedacht hat, bleibt im Unklaren. In "Lie Down With Dogs" (1994) nimmt der schwule Tommie eine Stelle als Houseboy an. Der Titel ist eine Anspielung auf die Redensart "Wer sich mit Hunden hinlegt, wird mit Flöhen aufstehen".


Eine sprichwörtliche Verwendung von Hunde-Motiven in "Dog Day Afternoon" (1975) und "Lie Down With Dogs" (1994)

Schwule Rollenspiele – von Welpe bis zur Bulldogge

Wenn sich Schwule wie Hunde verhalten, geht es meistens um erotische Rollenspiel-Szenarien. Bei dem Film "Fögi ist ein Sauhund" (1998, hier Trailer) ist die Einvernehmlichkeit sehr fraglich, aber er baut wohl am deutlichsten auf der symbolischen Bedeutung von Hunden im Sinne von Erniedrigung auf: Der schüchterne Beni verliebt sich in den erfolgreichen Fögi, wird ihm sexuell hörig und lässt sich von ihm zur Prostitution abrichten. Beni schläft neben Fögis Bett und träumt von einem weißen Hund, mit dem er ein gemeinsames Glück erlebt. Erst als sich nach mehreren Jahren die Machtverhältnisse der Beziehung umdrehen, nimmt Beni selbstbewusst sein Hundehalsband ab.

Meistens geht es um zeitlich befristete sexuelle Rollenspiele mit Inszenierungen von Erniedrigung und Abhängigkeit, bei denen z. B. einer der beiden Männer ein Hundehalsband trägt, am anderen herumschnuppert und auf Befehl auf allen Vieren apportiert. Die Rollenspiele in "Ich liebe dich, ich töte dich" (1971) sind dafür ein recht frühes Beispiel. In "Spring" (2011) und in der Doku "Pup" (= Welpe, 2005, hier online, ab 1:00 Min.) geht es ums Bellen und das Apportieren auf allen Vieren. Dabei wird das Hundehalsband – wie auch in "Ein Jahr ohne Liebe" (2005, hier online in spanischer Fassung, ab 55:50 Min.) und in einer "K 11"-Folge (4/184) – als sexueller Fetisch inszeniert. Bei sexuellen Rollenspielen werden neben Halsbändern auch Masken und Maulkörbe eingesetzt, die neben ihrer praktischen Funktion oft auch einen symbolischen Ausdruckswert haben.


Die Hunde-Rolle als zentrales Thema des Films: "Fögi ist ein Sauhund" (1998) und die Inszenierung des Halsbandes in "Ein Jahr ohne Liebe" (2005)

"Bulldog in the White House" (2006) ist eine schwule politische Satire über das Weiße Haus und handelt vom realen Kolumnisten Jeff Gannon, der von 2003 bis 2005 als Reporter im Weißen Haus akkreditiert war, während er unter dem Namen "Bulldog" auch als Escort für Männer arbeitete.

Hundemetaphern – Schwule mit Hundeblick

Zu erwähnen sind auch noch einzelne Kommentare, in denen es nicht oder nur bedingt um Sexualität geht. In "Nicht der Homo­sexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971) heißt es, ein Schwuler sei so "lieb und verspielt wie ein Schäferhund", was als Kritik an der Angepasstheit vieler Schwuler zu verstehen ist. In der US-Serie "Queer als Folk" findet Emmett positive Worte für Teds "Hundeblick" (Folge 2/20) und der Stricher Hunter wird als "Streuner" (Straßenhund) bezeichnet (Folge 3/08). In "Jet Boy" (2001) kümmert sich der dominante Polizist Boon Palmer um einen sich prostituierenden Jungen. Ihr Verhältnis charakterisiert Boons mit einer Hundemetapher: "Im Gegensatz zu mir beißt er nicht, sondern wackelt mit dem Hintern."

Hunde, die sich wie Schwule verhalten

Die Parallelisierung von animalischer Sexualität von Hunden mit mann-männlicher Sexualität hat viele Gesichter: In der "Southpark"-Folge "Ein Heim für Tiertunten" (1/4, hier online) sieht man Hunde beim Sex, wobei die Parallelen zu schwulen Männern unverkennbar sind. Auch bei den "Simpsons" sollen einzelne Bilder und Dialoge von Hunden an homo­sexuelle Handlungen erinnern, wie das Herumschnüffeln am Schritt bzw. am Hintern (Folgen 3/19; 7/10; 22/16) und das Spielen mit dem Schwanz (Folge 19/12).

Schwule Hunde treten in den "Simpsons" auch als politisch bewusste Lebewesen in Erscheinung, die mit ihrem Coming-out kämpfen und dieselben Rechte wie heterosexuelle Hunde einfordern. So wird "Rin Tin Tin" als der "erste offizielle schwule Hund in Hollywood" vorgestellt (Folge 14/19) und es wird satirisch auf die Karriere der bekannten Zeichentrickfigur "Hucky" (US-Serie "The Huckleberry Hound Show") verwiesen, der zwar schwul sei, es aber früher während seiner Karriere "niemandem sagen" durfte (Folge 11/22). Auf dem Springfielder CSD sieht man auch die Gruppe der "Gay Dog Alliance" (Folge 13/9, Auszug hier online, ab 1:20), die anderen schwulen Hunden ein Vorbild ist.


Die "Gay Dog Alliance" auf dem CSD ("Die Simpsons", Folge 13/9)

Kleine Hunde sind rosa

Klischeehaft werden Schwule mit rosa Pudeln und kleinen Schoßhündchen gleichgesetzt. "Lange Beine, lange Finger" (1966) und "Die Chorknaben" (1977) sind dafür frühe, die "Tatort"-Folge 302 (1995) und "Burning Palms" (2010) zwei späte Beispiele. In einer Folge von "Happily Divorced" (Folge 2/5; hier online, 18:40 Min.) wird aus dem Subtext ausnahmsweise auch mal ein Text, wenn der schwule Peter angesichts des neuen Schoßhündchens sagt: "Noch schwuler geht's ja kaum" und dass er sich eigentlich einen "großen maskulinen Hund" gewünscht habe. Auch hier ist der Hund ein Ersatz für ein Baby.

Die "Simpsons"-Macher haben erkennbar keine Angst vor stereotypen Klischees und zeigen Schwule mit kleinen Schoßhündchen (Folgen 14/17; 22/11). Mehrere homo­sexuelle Anspielungen lassen sich bei der "Simpsons"-Figur Milhouse finden: Milhouse hat einen pinken (Folge 14/11) bzw. hellblauen (Folge 23/12) Plüschhund, gibt einem realen pinkfarbenen Pudel einen Zungenkuss (Folge 23/4) und verwandelt sich sogar einmal in einen pinkfarbenen Pudel (Folge 22/4). In den USA ist Pink als schwulenpolitische Signalfarbe mit dem Rosa in Deutschland vergleichbar.


Milhouse als femininer pinkfarbener Pudel ("Die Simpsons", Folge 22/4)

Große Hunde sind Waffen

Kampfhunde sind Waffen und sie werden in diesem Sinne auch im Kontext homo­sexueller Auseinandersetzungen eingesetzt, wie in "Clancy's Kitchen" (1997) und "In the Name of the Father" (2002). In "Jagdszenen aus Niederbayern" (1969) und in "Bent" (1997) wird mit kläffenden Kötern eine Hetzjagd auf Schwule gemacht. In "O Fantasma" (2000) stehen animalische Triebe im Fokus: Sergio fühlt sich mit Hunden eng verbunden und anderen Männern, die er begehrt, kann er sich nur lauernd und schnüffelnd nähern. Tagsüber streunt er wie ein herrenloser Hund umher. Bei einem Mann uriniert er auf sein Bett, um sein Revier zu markieren. Später vergewaltigt er einen Mann.

Weil es in dem Film "Die jungen Wilden" (2008, hier online, 5:55 Min.) um HIV-Prävention bei schwulen Männern geht, kann das Onanieren eines Schwulen vor einem kläffenden Kampfhund in diesem Kontext als Ausdruck für unsafen Sex verstanden werden. Der Film "Dog Pound" (= Hundezwinger, 2010) handelt von gefährlichen jugendlichen Strafgefangenen und massiven sexuellen Übergriffen. Passend zum Filmtitel schrieb Joachim Kurz eine Rezension unter der Überschrift "Unter bissigen Hunden".

Es ist eher selten, dass bei Vergewaltigungen Bezüge zu Hunden aufgebaut werden. Beispiele dafür sind der jahrelange sexuelle Missbrauch in "Touch" (2002) und die angedeuteten Vergewaltigungen in "Hostel" (2011, hier online, ab 03:00 Min.), wo ein Opfer wie ein Hund an einer Kette gefangen gehalten wird.

In eine ähnliche Richtung geht "The Power of the Dog" (2021), worin mit Phil und Peter zwei männliche Archetypen präsentiert werden, die sich im Konflikt befinden: der heterosexuelle Macho (Phil) und der schwule Schwächling (Peter). Am Ende der Geschichte wird der Filmtitel mit einem Zitat aus der Bibel (Psalm 22, 21) erklärt. Danach bezieht sich der Titel "auf die alte Symbolik von Hunden (Phil) als Aasfressern, die die Verletzlichen (Peter) ausbeuten" (Wikipedia).


Gefährliche Strafgefangenen werden in "Dog Pound" (2010) wie Hunde in einem Zwinger eingesperrt. Hunde als Aasfresser in "The Power of the Dog" (2021)

Pornos mit Hunde-Motiven

Auch in Schwulenpornos ist die Spannbreite der Darstellungsmöglichkeiten recht breit und reicht von sexuellen Rollenspielen ("Dog Fight", "Doggie Training") über die Sexposition ("Like a dog", "Doggy Style") bis zur Beschreibung elender Zustände ("Street Dogs", "Street Dogs of Chueca"). Bezeichnungen als "Welpen" sind in erster Linie als Hinweise auf das Alter der Protagonisten zu verstehen ("Snow Pups", "Cum Puppies" und "Puppy Love").


Animalisch wirkende Gewalt in "Dog Fight" und animalisch wirkende Sexualität in "Like a Dog"

Der in Schwulenpornos sehr präsente mehrdeutige Ausdruck "boner" (= Knochen und Erektion) wird manchmal mit einer Alliteration verknüpft ("Boner Buddies", "Bad to the Bone"), aber nur sehr selten – wie in "Boner! Man's best friend" – in der Bildgestaltung mit einem Hund kombiniert. Ähnliches gilt auch für "dog tags", die zwar auf dem Cover oft zu sehen sind ("Sex, Guys & Videotapes", "Proud"), aber offenbar nur in Bezug auf "Männlichkeit", nicht jedoch in Bezug auf Hunde eingesetzte Signale sind.

Bei mindestens zehn schwulen Pornolabels, die sich nach Hunden benannt haben, reichen die jeweiligen Wortbedeutungen von zart ("Puppy Boyz", "Puppy Productions") bis hart ("Bulldog XXX", "Pitbull").