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Heimkino
Warum "Cassandro" einer der schönsten queeren Filme des Jahres ist
In seinem Biopic "Cassandro" erzählt Oscar-Preisträger Roger Ross Williams die wahre und zutiefst bewegende Geschichte des schwulen Lucha-Libre-Kämpfers Saúl Armendáriz, der die machohafte Wrestling-Welt auf den Kopf stellt.

Saúl Armendáriz alias Cassandro (Gael García Bernal, li.) bei einem Wettkampf (Bild: Amazon Prime Video)
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25. September 2023, 13:21h 3 Min.
Nicht jede Lebensgeschichte ist – anders als man in Hollywood manchmal zu glauben scheint – tatsächlich ein Biopic wert. Doch hin und wieder lassen sich eben doch Biografien, die so erstaunlich sind, dass sie unbedingt auf die Leinwand gehören. Oder zumindest auf den Bildschirm. Und genau das ist der Fall bei "Cassandro", einem der schönsten Filme des Jahres, der nun exklusiv bei Prime Video zu streamen ist.
Cassandro heißt mit bürgerlichem Namen Saúl Armendáriz (Gael García Bernal), ein junger, in den USA geborener Mann mit mexikanischen Wurzeln, der im Grenzgebiet zwischen El Paso und Ciudad Juárez sein Geld unter anderem bei Lucha-Libre-Kämpfen verdient, der mexikanischen Version des Show-Wrestlings. Aufgrund seiner nicht gerade überragenden Körpergröße und natürlich auch, weil er aus seiner Homosexualität kein wirkliches Geheimnis macht, ist er – unter dem Namen El Topo (der Maulwurf) – aufs Verlieren abonniert. Doch dann lernt er eine neue Trainerin Sabrina (Roberta Colindrez) kennen, die seiner Karriere eine ganz neue Richtung verpasst.
Mit Make-up und flamboyanten Kostümen im Boxring

Poster zum Film: "Cassandro" kann exklusiv auf Prime Video gestreamt werden
Unter ihrer Anleitung erfindet er sich als sogenannter Exótico, also als eine Art Drag-Wrestler, neu und tritt – inspiriert von der legendären mexikanischen Schauspielerin Verónica Castro sowie seiner eigenen, ihn aus vollem Herzen unterstützenden Mutter (Perla de la Rosa) – in vollem Make-up und flamboyanten Kostümen unter dem Namen Cassandro an. Die Beschimpfungen des Publikums scheinen seinen Ehrgeiz dabei nur noch mehr anzustacheln, und je beharrlicher er sich im Ring bewährt, desto mehr begeistert er auch die Zuschauer*innen.
Als Filmfigur ist Armendáriz, in Kombination mit seinem definitiv nicht deckungsgleichen Alter Ego Cassandro, ein so wunderbarer Charakter, dass man Regisseur und Ko-Autor Roger Ross Williams (der aktuell auch hinter der Doku-Serie "The Super Models" steckt) dafür in den Himmel loben müsste. Doch es gibt diesen inzwischen 53-jährigen Mann eben wirklich – am Film über sein Leben war er als Berater beteiligt, und es ist wahrlich eine Freude, durch "Cassandro" nun einen Einblick in seine Geschichte zu bekommen.
Ein Film voller Warmherzigkeit und Selbstermächtigung
Dass Armendáriz' Weg durch die Macho-Welt des Lucha Libre ohne allzu traumatische Erfahrungen auskommt und selbst die Beziehung zum verheirateten und ungeouteten Kollegen Gerardo (Raúl Castillo aus "Looking" und jüngst "The Inspection") keine übermäßig tragische Wendung nimmt, ist überraschend, aber letztlich auch eine große Stärke des Films. Denn so sehr es Williams, der sonst eigentlich nur dokumentarisch arbeitet, um Wahrhaftigkeit geht, so sehr erfreut er eben auch damit, dass hier Warmherzigkeit und Selbstermächtigung großgeschrieben werden.
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Von der rührenden Mutter-Sohn-Beziehung über einen heißen Flirt zwischen Cassandro und seinem von Bad Bunny gespielten Assistenten bis hin zum großartigen Soundtrack steckt "Cassandro" voll wunderbarer Momente. Und Bernal, der seit "Y Tu Mamá También" vor 22 Jahren ohnehin eine Ehrenmitgliedschaft in der queeren Community hat, spielt in der Titelrolle so eindrücklich und emotional nuanciert wie kaum je zuvor.
Cassandro. Drama, Filmbiografie. USA 2023. Regie: Roger Ross Williams. Cast. Gael García Bernal, Roberta Colindrez, Perla De La Rosa, Joaquín Cosío, Raúl Castillo. Laufzeit: 99 Minuten. Sprachen: deutsche Synchronfassung, englische Originalfassung. Untertitel: Deutsch (optional). Seit 22. September 2023 weltweit exklusiv bei Prime Video
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