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Niedersachsen
Transphobe Eltern verhindern Schulaufführung von ARD-Film
Eine Grundschule organisierte die kostenlose Aufführung des Fernsehfilms "Einfach Nina" für die gesamte Schülerschaft. Weil es darin um ein achtjähriges trans Mädchen geht, legten Eltern ihr Veto ein – mit Erfolg.

Transfeindliche Eltern haben verhindert, dass die Schüler*innen der Grundschule Lemförde gemeinsam den Film "Einfach Nina" anschauen (Bild: ARD Degeto)
- 11. Oktober 2023, 15:28h 3 Min.
Der transfeindliche Kulturkampf hat die niedersächsische Provinz erreicht: In der Grundschule Lemförde (Landkreis Diepholz) haben Eltern nach einem Bericht der "Kreiszeitung" einen gemeinsamen kostenlosen Kinobesuch der Schüler*innen verhindert, bei dem der ARD-Fernsehfilm "Einfach Nina" gezeigt werden sollte. Dieser handelt von einem achtjährigen trans Mädchen aus Berlin.
Die transkritischen Eltern betonten demnach, dass sie sich nicht als transphob ansehen würden, behaupteten aber laut "Kreiszeitung" gleichzeitig, dass der Film "eine Form der sexuellen Früherziehung" sei. Ein Elternvertreter erklärte: "Die Proteste hatten nicht unbedingt etwas mit Intoleranz zu tun, sondern mit der Unsicherheit der Eltern."
Laut der Schulleitung hätten einige wenige Eltern zum Teil massiv gegen die am Donnerstag geplante Aufführung des Films protestiert – und das zum Unmut der Mehrheit der Eltern, die den Kinobesuch begrüßt hätten. Martin Hapke, der Chef des Schulelternrats, berichtete über Unverständnis vieler Eltern über die Absage, "weil es ein Alternativprogramm gab". So sei Kindern von Eltern, die den Trans-Film nicht dulden wollten, eine gesonderte Betreuung angeboten worden.
Eine Sprecherin des Regionalen Landesamts für Schule und Bildung (RLSB) erklärte gegenüber der "Kreiszeitung", die Filmvorführung sei abgesagt worden, da sie sonst für alle Beteiligten zu einem unverhältnismäßigen organisatorischen und bürokratischen Aufwand geführt hätte. Die Schule habe aber im Sinne Niedersächsischen Schulgesetzes gehandelt, als sie den Film ansetzte. Damit erfülle sie ihren Bildungsauftrag. Schließlich sei auch beabsichtigt gewesen, den Film im Unterricht vor- und nach dem Kinobesuch im Unterricht zu besprechen. Die Aufführung sei außerdem geplant worden, weil "ein ehemaliger Schüler der Grundschule Lemförde die Hauptrolle in dem Film spielt".
Transfeindlicher Kulturkampf belastet viele Länder
Der Streit im 3.500 Einwohner*innen zählenden Dorf spiegelt die sich verschärfende Rhetorik wider, die trans Menschen in vielen Ländern entgegenschlägt. Erst kürzlich machte etwa der britische Premierminister Rishi Sunak auf dem Parteitag seiner Konservativen aggressiv Stimmung gegen geschlechtliche Minderheiten (queer.de berichtete). Im amerikanischen Bundesstaat Florida ist sogar die Erwähnung von Trans-Identität – ebenso wie Homosexualität – bis zur zwölften Klasse verboten (queer.de berichtete). Auch in Deutschland wird mit dem Streit um das geplante Selbstbestimmungsgesetz eine Verschärfung der Rhetorik gegen trans Menschen befürchtet. Bereits jetzt macht eine breite Koalition – von der rechtspopulistischen AfD über die Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht bis zur Feministin Alice Schwarzer – Stimmung gegen trans Menschen.
LGBTI-Aktivist*innen fordern seit langem, queere Lebensweisen auch gegenüber jüngeren Menschen sichtbar zu machen, insbesondere um Mobbing in dieser Altersgruppe zu verhindern. Die Aufklärung müsse freilich altersgerecht sein. Der Film "Einfach Nina" enthält – anders als von den transphoben Eltern beklagt – keinerlei sexuelle Thematik, sondern zeichnet lediglich den Weg der achtjährigen Protagonistin nach.
"Einfach Nina" kostenlos in Mediatheken erhältlich
"Einfach Nina" war vergangenen Freitag im Ersten zu guten TV-Kritiken uraufgeführt worden. Dabei schauten 2,53 Millionen Menschen in der Primetime zu – und damit mehr als bei den parallel laufenden Shows "Lego Masters" (RTL, 1,58 Millionen) und "The Voice of Germany" (Sat.1, 1,13 Millionen). Der Film wird am Donnerstagmorgen um 6.35 Uhr und am Sonntagnachmittag um 13.45 Uhr im Sender One wiederholt. Außerdem ist er in der bis Oktober 2024 in der ARD-Mediathek und der ZDF-Mediathek verfügbar. (dk)
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