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Wegen geplantem Protest
LGBTI-Aktivist Peter Tatchell unter "Hausarrest" in Indien
Die indische Regierung verhinderte eine Protestaktion des bekannten Aktivist Peter Tatchell: Er fordert, die Olympischen Spiele 2036 nicht in einem Staat auszurichten, der die Menschenrechte verletzt. Immerhin fänden diese Spiele genau 100 Jahre nach der Nazi-Olympiade in Berlin statt.

Peter Tatchell ist der bekannteste Menschenrechtsaktivist aus Großbritannien (Bild: X / Peter Tatchell)
- 16. Oktober 2023, 13:18h 3 Min.
Der britische LGBTI-Aktivist Peter Tatchell und sein Mitarbeiter Pliny Soocoormanee sind am Wochenende eigenen Angaben zufolge in einem Hotel in Mumbai unter Hausarrest gestellt worden. Tatchell war zuvor nach Indien gereist, um gegen Olympiabewerbungen autoritärer Staaten für die Sommerspiele 2036 zu protestieren. Zu den möglichen Ausrichtern gehören neben Indien China, Ägypten, die Türkei, Katar und Indonesien. Die indische Regierung untersagte jedoch jegliche Protestaktion. In Mumbai findet derzeit die Generalversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) statt.
Laut Tatchell erhielt er am Freitag Besuch von sechs Polizeibeamten in seinem Hotelzimmer, die ihn und seinen Mitarbeiter sechs Stunden lang verhört hätten. Danach hätten sie den beiden verboten, ihr Zimmer zu verlassen. Der Hausarrest sei erst nach 24 Stunden aufgehoben worden. Er habe dann einen Brief von der indischen Regierung erhalten, in dem er darauf aufmerksam gemacht wird, dass er sich nur mit einem Touristenvisum im Land aufhalte – und er damit nur touristische Dinge tun dürfe.
/ PeterTatchellNo longer under house arrest in #Mumbai BUT
Peter Tatchell (@PeterTatchell) October 15, 2023
India still bans me from protesting, lobbying, leafletting or holding a press conference about human rights abuses by nations seeking to host #2036Olympics
International #Olympic Committee is meeting here to plan for 2036 Games pic.twitter.com/zzHAVjOo6p
Tatchell hatte zuvor die Petition #NoSportsWashing gestartet, in der er sich gegen Olympische Spiele in autoritären Ländern ausspricht. "Das IOC muss garantieren, dass Athleten und Fans die Olympiade genießen können, ohne sich Gedanken machen zu müssen, wegen einer Regenbogen-Schleife oder Kritik an Menschenrechtsverletzungen im Gastgeberland festgenommen zu werden", heißt es darin. Der IOC müsse Anträge von Ländern ablehnen, die Menschenrechte missachteten. "2036 ist der 100. Jahrestag der Nazi-Olympiade von 1936. Lasst uns sicherstellen, dass sich Geschichte in 13 Jahren nicht wiederholt", forderte der Aktivist.
/ PeterTatchellThe 2036 #Olympics can show how sports can unite people of diverse backgrounds.
Peter Tatchell (@PeterTatchell) October 15, 2023
For that to happen, the @IOCmedia must have human rights at the centre of their minds when deciding who hosts the 2036 Games.
SIGN THE PETITION: https://t.co/XNPwrZ1ESu . #NoSportsWashing pic.twitter.com/kweR45XtUP
Der Oberste Gerichtshof Indiens hat zwar vor fünf Jahren das Verbot von Homosexualität aufgehoben (queer.de berichtete). Allerdings werden queere Menschen im bevölkerungsreichsten Land der Welt nach wie vor diskriminiert. Die hindunationalistische Regierung von Premierminister Narendra Modi gilt als extrem queerfeindlich. So sprach Modi vor wenigen Monaten gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Eherecht aus, weil die Ehe für alle ein "urbanes, elitäres Konzept" sei (queer.de berichtete). Zudem verhinderte die Regierung Anfang des Jahres die Ernennung eines Richters zum Obersten Gerichtshof, weil dieser offen schwul ist (queer.de berichtete).
Peter Tatchell ist der wohl bekannteste LGBTI-Aktivist Großbritanniens. Er wurde bereits mehrfach bei Protestaktionen festgenommen, etwa auch letztes Jahr anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar (queer.de berichtete). Auch zu Hause übt er gern Kritik: Kürzlich warf er etwa König Charles III. vor, sich nicht um LGBTI-Rechte zu scheren (queer.de berichtete).
Die nächsten drei Sommerolympiaden finden zunächst in queerfreundlichen Ländern statt: Nächstes Jahr richtet Paris das Sportevent aus, 2028 ist Los Angeles erneut an der Reihe, 2032 gibt sich das australische Brisbane die Ehre. Mitte der Dreißigerjahre könnten gleich die zwei größten Sportereignisse aus autoritären Staaten kommen: Saudi-Arabien gilt nämlich als Favorit für die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft der Herren 2034, obwohl dort auf Homosexualität die Todesstrafe steht (queer.de berichtete). (dk)















