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Islam

Seyran Ates: "Wir sind mit unserer Kraft am Ende"

Bedroht wird die queerfreundliche Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin seit ihrer Gründung 2017. Nach dem Bekanntwerden von islamistischen Anschlagsplänen ist die von Seyran Ates initiierte Gemeinde derzeit geschlossen – vielleicht für immer.


Seyran Ates (Mitte) am 21. Juli 2023 bei der feierlichen Hissung einer Regenbogenflagge an der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee (Bild: IMAGO / epd)
  • 25. Oktober 2023, 02:03h 3 Min.

Die Berliner Menschenrechtlerin und Gründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Moabit, Seyran Ates, fühlt sich an der Belastungsgrenze. "Wir sind mit unserer Kraft in diesem Moment am Ende", sagte sie im Interview mit t-online zu der Entscheidung, die Moschee vorerst geschlossen zu halten. Die Gemeinde der 2017 gegründeten Moschee, die für einen liberalen, progressiven und queerfreundlichen Islam steht, habe sich daran gewöhnt, mit Sicherheitsvorkehrungen zu leben, sagte Ates.

Die Anlaufstelle Islamdiversity in der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee hatte in der vergangenen Woche auf Instagram mitgeteilt, dass die Moschee bis auf Weiteres geschlossen bleibt. Sie begründete dies mit Informationen über mögliche Anschlagsrisiken im Zusammenhang mit IS-Terroristen aus Tadschikistan. Die Terroristen seien zwar inzwischen in Haft. Dennoch könne die Moscheegemeinde nicht weitermachen, als sei nichts passiert (queer.de berichtete).

Entscheidung soll nächstes Jahr getroffen werden

"Ob wir tatsächlich aufgeben und nur noch dezentrale Bildungsarbeit machen, werden wir im Laufe des nächsten Jahres entscheiden", sagte Ates im Interview. "Bis Ende nächsten Jahres wollen wir auf jeden Fall noch existieren. Wir müssen uns allerdings ein neues Konzept überlegen."

Laut der Moscheegründerin praktizieren die allermeisten Muslim*innen in Deutschland einen liberalen Islam, "allerdings sehr privat und ohne feste Anlaufstelle, versteckt sozusagen." Sie sei deswegen bis heute davon überzeugt, dass es einen Ort geben muss, an dem diese Menschen sichtbar werden. "Konservative Verbände sollten nicht die Deutungshoheit über den Islam in Deutschland haben."

Die Gefährdungslage sei "immer sehr hoch" gewesen, so die Ates weiter. "Deshalb habe ich seit Jahren Personenschutz. Den haben aber Mitarbeiter und Gemeinde nicht." Nun handele sich um eine besondere Situation: "Weil wir uns solidarisch mit Israel erklärt haben, sind wir wieder verstärkt Anfeindungen ausgesetzt."

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PEN Berlin erklärt sich solidarisch

Die Autor*innen-Vereinigung PEN Berlin erklärte Ende vergangener Woche ihre Solidarität mit der Moschee-Gründerin. Der islamistische Terrorismus bedrohe auch in Deutschland die offene Gesellschaft, sagte PEN Berlin-Sprecher Deniz Yücel. Hierzulande gebe es niemanden, dessen Leben seit so langer Zeit von Islamisten bedroht werde wie Seyran Ates.

Ates ist eine in der Türkei geborene deutsche Rechtsanwältin, Autorin und Frauen- und Menschenrechtlerin. Seit 2022 ist sie Vorstandsmitglied im Berliner CSD-Verein. Aus islamistischen Kreisen gab es immer wieder Drohungen gegen sie. Sie lebt deshalb seit Jahren unter Polizeischutz. "Ich bin sehr häuslich geworden, das ist notwendig, und trotzdem lebe ich damit in einem sehr harmonischen Frieden", sagte Ates zu ihrer Situation. "Der Personenschutz gewährt mir den Luxus, frei zu denken und zu sprechen. Das ist so viel mehr wert als meine physische Freiheit." (mize/dpa)

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